regenerative Landwirtschaft mit Viehbeweidung

Moderator: kraut_ruebe

Eule
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Re: regenerative Landwirtschaft mit Viehbeweidung

#51

Beitrag von Eule » Mo 12. Jul 2021, 18:42

Eberhard hat geschrieben:
Mo 12. Jul 2021, 18:13
Irgendwo, die Quelle habe ich mir nicht gemerkt, hatte ich gelesen, dass eine solche Photosynthese durchaus in einem halben Meter Tiefe noch stattfindet. Ob ein paar Zentimeter mehr oder weniger ist mir aber völlig egal und unwürdig einer Diskussion.
wenn die Behauptung physikalischer Unmöglichkeiten (Sonnenlicht 1/2 oder 1m tief in der Erde) in einer deiner Quellen einer Diskussion unwürdig ist, bzw. dir völlig egal, lässt das gewisse Zweifel an der Zuverlässigkeit vom Rest deiner Ausführungen entstehen, das ist dir aber schon klar..?
Mir ist nur diese eine Sache sofort ins Auge gesprungen, weil so offensichtlicher Unfug, - den Punkt aufzuklären, wäre aber hauptsächlich in DEINEM Interesse :pfeif:

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Re: regenerative Landwirtschaft mit Viehbeweidung

#52

Beitrag von Rohana » Mo 12. Jul 2021, 20:34

Eberhard hat geschrieben:
Mo 12. Jul 2021, 13:34

Mutter Natur sendet euch auf diesem Weg eine sehr wichtige Nachricht: Wenn ihr Dünger
ausbringt und eure Pflanzen danach besser wachsen, dann habt ihr nicht das nötige Leben
im Boden.
Ah, bei Frau Ingham wachsen Pflanzen mit Luft und Liebe?

Man kann, zumindest über ein paar Jahre, auf vielen Böden von den (u.a. im Humus) gebundenen Nährstoffen zehren und fröhlich behaupten man bräuchte nicht zu düngen, insbesondere wenn die Erntemenge/Fläche nicht sonderlich hoch ist. Das funktioniert bis mal ein Nährstoff deutlich im Mangel ist. Ob dann wirklich das Bodenleben schuld ist... naja, Kurse, Bücher und Hilfsmittel verkaufen sich bestimmt besser wenn man alles auf's Bodenleben schieben kann :hmm:
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

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Re: regenerative Landwirtschaft mit Viehbeweidung

#53

Beitrag von emil17 » Di 13. Jul 2021, 07:56

Eberhard hat geschrieben:
Mo 12. Jul 2021, 12:49
Ja, wenn man verkürzt oder nicht richtig lesen kann, wirkt es witzig. Vorhandensein <> Verfügbarkeit, das müsste man auch wahrnehmen und verstehen.
Ja, siehst du, genau deswegen habe ich Dich zitiert und deswegen kam der Vergleich mit dem Wasser, denn die Unterscheidung zwischen Verfügbarkeit und Vorhandensein hast du ja selber nicht gemacht:
Die 6 to Stickstoff pro m2 entsprechen grössenordnungsmässig dem Gewicht des Luft-Stickstoffs in der Atmosphäre über 1 m2 Erdoberfläche. Grössenordungsmässig, weil wenn man es genauer nähme, wären es bei dem Stickstoffanteil der Luft von 78 Volumen% auf Meereshöhe (auf diese Höhe werden Kenndaten der Erdatmosphäre üblicherweise bezogen; falls nicht, darf das erwähnt und begründet werden) etwa 7.5 t, da Sauerstoff eine etwas grössere Molmasse hat als Stickstoff und alle anderen Bestandteile der Luft für diese Abschätzung vernachlässigt werden können.
(Da nicht jeder Quadratmeter Erdoberfläche mit produktiver Vegetation bewachsen ist und es sowas wie Wind und Wetter gibt, wäre die vorhandene Stickstoffmenge pro Vegetationsfläche sogar noch erheblich grösser, aber lassen wir das.)

Aber so genau wollen wir es gar nicht wissen, deshalb versteht nichts von der Sache und kann nur verkürzt oder nicht richtig lesen, wer nicht einfach so glaubt, was grundlegenden physikalischen und chemischen Gesetzmässigkeiten widerspricht?

Niemand hier zweifelt daran, dass das Bodenleben wesentlich für jeden Boden und deshalb auch für jedes erfolgreiche Gärtnern oder Landwirtschaften ist.
Zaubern können auch Mikroorganismen nicht, weshalb etwa Photosynthese ohne Licht nicht funktionieren kann (das ergibt sich schon aus dem Begriff Photosynthese selber).
Auch die genialsten Mikroben können nicht mehr Stickstoff bereitstellen, als in irgendeiner mineralisch oder organisch gebundenen Form im Boden vorhanden ist. Das können unmöglich Tonnen pro Quadratmeter sein. Was Pflanzen über stickstofffixierende Endosymbionten liefern können, das sind einige Kilo bis maximal wenige 10 Kilo pro m2, und das behalten diese Pflanzen erstmal selber; sie haben ja mit ihren Photosyntheseprodukten diese Bakterien gefüttert und also teuer dafür bezahlt. Ins Bodenleben kommt dieser Stickstoff erst, wenn sich diese Pflanzen zersetzen.

Daher kommt auch die Erfahrung in der Landwirtschaft, wonach die Ernten zurückgehen, wenn man dauernd mehr mit der Ernte aus dem Boden rausholt als man wieder dazugibt. Das kann einige Jahre durch gebundene Nährstoffe im Boden ausgeglichen werden, aber die Aussage, Bodenleben ersetze Dünger (bitte an die Definition dieses Begriffs denken, nicht alles was düngt kommt aus der Düngerfabrik!), ist deswegen noch lange nicht richtig. Wie man die Nährstoffkreisläufe schliessen kann und wie man es tun soll und wie nicht, darüber ist damit noch nichts ausgesagt - weshalb nicht jeder automatisch für hemmungslosen Kunstdüngereinsatz ist, der nicht alles glaubt, was Wundermikroben bewirken können sollen.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Eberhard
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Re: regenerative Landwirtschaft mit Viehbeweidung

#54

Beitrag von Eberhard » Di 13. Jul 2021, 16:37

Luftstickstoff selber ist weder organisch noch mineralisch im Boden gebunden.
Erhard Hennig hat geschrieben:Ich wiederhole: Luftstickstoff wird
a) von den frei im Boden lebenden Azotobakter gebunden und
b) von Rhizobien, den Knöllchenbakterien, die aber nur in einer Lebensgemeinschaft mit den Leguminosen leben können.
Das Lesen von Quellen (die ich in Unterscheidung zu vielen hier recht oft anführe) erfolgt sichtbar recht unterschiedlich, oder gar nicht. Das Geschrei, wenn man aber mal explizit darauf hinweist, keine Quelle anzugeben, ist dafür gleich richtig laut. Da hat jede(r) so seinen Stil.

Das hier ist das Thema von ScoutSV. Dieser kann sichtbar sehr gut einordnen, was ihn interessiert und was ihm hilft. Dabei würde ich es belassen wollen.
Mit freundlichem Glück Auf!

Eberhard

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Re: regenerative Landwirtschaft mit Viehbeweidung

#55

Beitrag von emil17 » Di 13. Jul 2021, 17:48

Eberhard hat geschrieben:
Di 13. Jul 2021, 16:37
Luftstickstoff selber ist weder organisch noch mineralisch im Boden gebunden.
Das Kind ist schon in den Brunnen gefallen ...

Nun würde man natürlich auch noch wissen wollen, wie es quantitativ mit der Bereitstellung von Stickstoff aus der Luft durch Mikroben aussieht; wenn diese Bakterien es einfach so machen würden und Stickstoffversorgung kein Problem wäre, weil - ich zitiere - "Stickstoff braucht man offensichtlich nicht erzeugen, bei einem Anteil in der Luft von etwa 78 Prozent ist recht viel davon da. Auf dem Quadratmeter liegen wohl so um die 6 Tonnen."
dann wäre es schwer verständlich, warum in den meisten natürlichen Ökosystemen Gaben von mineralischem Stickstoff deutlich wachstumssteigernd wirken.
Wenn man da durch N-fixierung freilebender Bodenmikroben im Bereich von einigen Gramm N pro m2 und Jahr ist, ist das für Pioniervegetation, für die Erstbesiedlung durch Moose und Flechten und für den Beginn einer Bodenbildung von entscheidender Bedeutung.
Für Böden, die der menschlichen Ernährung dienen sollen ist es hingegen unbedeutend wenig.
Die Natur liefert selber eine Fingerzeig: frei lebende Mikroben tun es fakultativ und nehmen mineralischen Stickstoff lieber aus dem Boden auf, wenn etwas davon da ist. Leguminosen schalten ihre Knöllchenbakterien bei N-Überversorgung ab oder/und werden durch andere Pflanzenarten verdrängt. Die meisten Pflanzen magerer Standorte verlegen sich lieber darauf, das Letzte aus dem Boden herauszuholen, statt selber Stickstoffbakterien zu halten. Da muss also irgend ein Haken an der an sich tollen Sache sein, dass Stickstoff einfach da ist.
Bitte bedenke auch, dass es im Garten um Böden geht, denen dauernd durch Ernte sehr viel Eiweiss und damit Stickstoff entzogen wird. In Ökosystemen mit geschlossenem Stoffkreislauf spielt das keine Rolle, denn da reichern sich jährliche geringe Überschüsse über lange Zeit an, eben weil nichts herausgeholt wird. Das erklärt dann auch zwanglos, dass unter einem Buchen- oder Fichtenwald nur durch die Tätigkeit von Bodenmikroben und dem wenigen, was durch den Regen kommt, sich über die Jahrhunderte sehr stickstoffreiche Böden bilden können.
Eberhard hat geschrieben:
Di 13. Jul 2021, 16:37
Das hier ist das Thema von ScoutSV. Dieser kann sichtbar sehr gut einordnen, was ihn interessiert und was ihm hilft. Dabei würde ich es belassen wollen.
Würde ich an deiner Stelle auch, denn sonst musst du doch noch erklären, wie das mit der Photosynthese ohne Licht nun eigentlich funktioniert.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Eberhard
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Re: regenerative Landwirtschaft mit Viehbeweidung

#56

Beitrag von Eberhard » Do 15. Jul 2021, 10:29

Für Photosynthese im Boden tiefer als die Oberfläche habe ich bei einer Nachrecherche keine Hinweise gefunden, vielleicht habe ich da etwas falsch aufgefasst. Wie aber schon geschrieben, fasse ich so etwas als Chance ein, die man ggf. nutzen könnte. Es ist also nicht die Frage auf Leben und Tod, bei einem solchen Irrtum springe ich nicht von der Brücke (und die Spatzen können sich freuen, ein Korn gefunden zu haben).

Allerdings wurden Cyanobakterien in Tiefen bis zu 607 Metern gefunden, lebend. Da betreiben sie dann andere, aber durchaus auch interessante Stoffwechsel.
Aus https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4838734/
Nützliche Mikroben sind eine Alternative zu anderen Managementpraktiken. Die Cyanobakterien haben die Fähigkeit, atmosphärisches N 2 zu fixieren , organische Abfälle und Rückstände zu zersetzen, Schwermetalle, Pestizide und andere Xenobiotika zu entgiften, den Nährstoffkreislauf zu katalysieren, das Wachstum pathogener Mikroorganismen in Boden und Wasser zu unterdrücken und auch einige bioaktive Verbindungen zu produzieren wie Vitamine, Hormone und Enzyme, die zum Pflanzenwachstum beitragen ( Higa, 1991). Diese Biowirkstoffe können die Bodenqualität und das Pflanzenwachstum verbessern und die Kosten für die Pflanzenproduktion minimieren, indem sie die guten Pflanzenmanagementpraktiken wie Fruchtfolge, Verwendung von organischem Dünger, minimale Bodenbearbeitung und die biologische Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten ergänzen. Der Einsatz von Cyanobakterien in der Landwirtschaft verspricht bei richtiger Anwendung eindeutig positive Auswirkungen auf die Pflanzenproduktivität ( Higa und Wididana, 1991 ).

Die derzeit angewandten traditionellen landwirtschaftlichen Managementpraktiken beruhen stark auf der Anwendung von chemischen Düngemitteln und Pestiziden und Praktiken wie intensiver Bodenbearbeitung und übermäßiger Bewässerung, die ansonsten zu ständig steigenden Kosten der landwirtschaftlichen Produktion, Übernutzung natürlicher Ressourcen wie Boden und Wasser führen und auch schaffen Umweltverschmutzung ( Kumar et al., 2012). Jetzt müssen solche nachhaltigen landwirtschaftlichen Praktiken eingeführt werden, die nicht nur umweltfreundlich, sondern auch kostengünstig sind und uns wirklich helfen, die langfristige Ernährungssicherheit zu erreichen. Zu den wichtigsten Zielen einer nachhaltigen Landwirtschaft gehören die Produktion sicherer und gesunder Lebensmittel, die Erhaltung natürlicher Ressourcen, die wirtschaftliche Lebensfähigkeit, die Wiederherstellung und der Erhalt von Ökosystemleistungen. Ein umweltfreundlicher Managementansatz für komplexe Agrarökosysteme ohne die Wechselwirkungen zwischen vielen ökologischen Komponenten wie Wasser, edaphischen und klimatischen Faktoren einschließlich der lebenden Komponenten zu stören, bietet den langfristigen Anstieg für eine nachhaltige Produktivitätssteigerung. Es kann vorgeschlagen werden, dass, wenn die vier großen Ökosystemprozesse, dh Energiefluss, Wasserkreislauf, Mineralkreisläufe und Ökosystemdynamik,zusammenarbeiten, ohne die Harmonie oder Homöostase einzelner Komponenten zu stören, können letztendlich die Kosten der landwirtschaftlichen Produktion senken.
Man könnte auch sagen: Was man bei intakten natürlichen Bedingungen an positiven Effekten bekommt, weiß man oft nicht so wirklich, aber das Füllhorn ist groß.

Um zusätzlich den Bogen zu schlagen vom "toten Boden" im Erstbeitrag des Themas hin zu mehr Fruchtbarkeit: Milchsäurebakterien (spielen in der Darstellung von Hennig eine Rolle) und Photosynthesebakterien sind wesentliche Komponenten der Effektiven Mikroorganismen. Also könnte man auch an den Einsatz dieser oder preiswerterer Ersatzlösungen durchaus nachdenken.
Mit freundlichem Glück Auf!

Eberhard

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Re: regenerative Landwirtschaft mit Viehbeweidung

#57

Beitrag von emil17 » Do 15. Jul 2021, 12:31

Die Spatzen könnten natürlich Rückschlüsse ziehen, wenn es eine erfolglose Nachrecherche braucht, um offensichtlich unmögliche Dinge als eigenen Irrtum in Betracht zu ziehen.
Seis drum ...
Bei der Abhandung ging vergessen, dass manche Cyanobakterien auch sehr heftige Toxine erzeugen, die zu tödlichen Vergiftungen bei Mensch und Tier führen können.
Um zur Ausgangsfrage des Themenerstellers zurückzukommen ("Das hier ist das Thema von ScoutSV. Dieser kann sichtbar sehr gut einordnen, was ihn interessiert und was ihm hilft. Dabei würde ich es belassen wollen."), wäre jetzt die Frage, wie man die Fähigkeiten von Cyanobakterien ausnutzen kann, um auf 1000 m2 regenerative Landwirtschaft mit Viehbeweidung zu betreiben.
Ich glaube, dass die Fläche dazu einfach viel zu klein ist. Ein praktikabler Ausweg wäre wohl, dass man den grösseren Teil der Fläche abzäunt und durch einen Tierhalter kurzfristig intensiv beweiden lässt und dafür von ihm irgend etwas bekommt, etwa Mist um daraus Kompost für die verbleibende Gartenfläche zu machen.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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