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Tiefenpflügen

Verfasst: So 7. Apr 2019, 17:08
von Benutzer 72 gelöscht
Ich bin zufällig über einen Artikel aus dem Jahr 2014 gestoßen. Da wird behauptet, sehr tiefes Pflügen wäre gut für´s Klima und für den Humusaufbau.
Ich hab leider keine gegenteiligen Ergebnisse gefunden - also diese Studie vom Thünen-Institut ist ja inzwischen schon abgeschlossen.
Was bedeuten jetzt die Ergebnisse? :rot:
agrar-nachrichten
oder besser hier ?

Kennt jemand diese Studie, weiß wer mehr darüber?

Ganz ohne Pflügen/Befahren mit schweren Maschinen funktioniert unsere Landwirtschaft nicht/noch nicht, oder??
Was passiert mit den ganzen Humusbestandteilen ("Nährstoffen"), wenn sie so weit unten sind, werden die nicht ausgewaschen?

Ich werde obigen Text erst abends lesen können, aber vielleicht kennt sich ja ein Profi sowieso besser aus damit! :)

Re: Tiefenpflügen

Verfasst: Di 9. Apr 2019, 12:59
von Sonne
Irgendwie dachte ich, es sei besser für Boden und Kleinstlebewesen eben nicht so tief zu pflügen bzw umzugraben.

Oder krieg' ich da was nicht richtig mit? :hmm:

Re: Tiefenpflügen

Verfasst: Di 9. Apr 2019, 14:41
von Manfred
Da werden halt Pflanzenreste und die organische Substanz des Oberbodens tief vergraben und dann dort wegen Sauerstoffmangel nur langsam abgebaut.
Funktioniert 1 Mal. Beim 2 Mal Tiefpflügen holst du das vorher vergrabene Zeug ja wieder hoch.

Mit Humusaufbau im Sinne der regenerativen Landwirtschaft hat das wenig bis nichts zu tun.
Dauerhumus entsteht kaum aus dem Abbau von Pflanzenresten, sondern über den Liquid-Carbon-Pathway, also durch die Abgabe von Exsudaten über die Pflanzenwurzeln an das Bodenleben. Der Humus entsteht dann aus den Resten der Körper der so ernährten Bodenorganismen und dem von den Bodenpilzen abgegebenen Glomalin.

Es gab jahrzehntelang Versuche zum Humusaufbau über Pflanzenreste, die kaum bzw. nur sehr langsame Erfolge gebracht haben.
Und dann kamen die regenerative agriculture Typen und haben innerhalb weniger Jahre ohne äußere Zufuhr organischer Substanz mehrere Prozent Humus aufgebaut und damit die Bodenkunde auf den Kopf gestellt.

Re: Tiefenpflügen

Verfasst: Mi 10. Apr 2019, 07:57
von viktualia
Danke.
Du hast da grade, ganz locker, Jahre des Suchens in einem knappen Satz zussammen gefasst.
Dauerhumus entsteht kaum aus dem Abbau von Pflanzenresten, sondern über den Liquid-Carbon-Pathway, also durch die Abgabe von Exsudaten über die Pflanzenwurzeln an das Bodenleben. Der Humus entsteht dann aus den Resten der Körper der so ernährten Bodenorganismen und dem von den Bodenpilzen abgegebenen Glomalin.
Auch wenn ich zwei Begriffe nochmal nachschlagen musste...
https://de.wikipedia.org/wiki/Exsudation_(Pflanze)
https://de.wikipedia.org/wiki/Glomalin

Re: Tiefenpflügen

Verfasst: Mi 10. Apr 2019, 08:13
von Teetrinkerin
Wie kann man diesen Prozess fördern?

Re: Tiefenpflügen

Verfasst: Mi 10. Apr 2019, 08:46
von Benutzer 72 gelöscht
Manfred hat geschrieben:Funktioniert 1 Mal. Beim 2 Mal Tiefpflügen holst du das vorher vergrabene Zeug ja wieder hoch.
Danke, Manfred. :) Da hätt ich auch selber draufkommen können ...
Stimmt ja wohl, beim nächsten Mal tiefenpflügen holt man alles wieder raus.
Kann also keine Lösung sein - allein schon deshalb nicht :aeh:
Teetrinkerin hat geschrieben:Wie kann man diesen Prozess fördern?
Das ist eine Frage!!
bin auch auf die Antwort gespannt.
Irgendwo hier oder in einem Vorgänger-Forum hab ich mal gelesen, dass es bestimmte Bodenlebewesen gibt, die dafür sorgen, dass so ein Dauerhumus in bearbeiteter Erde entstehen kann. Also andere Spezies als in Wald/Wiese oder Komposthaufen!!

Ich bin irgendwie auch auf der Suche nach diesen Informationen. :rot:

Brauchen die regelmäßiges hacken? Dauerbedeckung? Vertragen die auch "nackte Erde"? Welche Pflanzen fördern sie?

Re: Tiefenpflügen

Verfasst: Mi 10. Apr 2019, 19:32
von viktualia
Teetrinkerin hat geschrieben:
Wie kann man diesen Prozess fördern?
und Ina fragte auch danach -
"bestimmte Bodenlebewesen" - Ina, die sind doch alle Teil des Kreislaufs.
Was für mich so erhellend an dem Satz war, war die "Entmystifizierung" des Humus´. Hab mich sooo lange gewundert, wie was Totes so viel Leben erzeugen könne. Und jetzt kann ich sehen, dass "Humus", (als Begriff, wie "Kompost"), zwar Nährstoffe verfügbar macht, i.S. v.: weil sie halt da sind, wenn Humus/Kompost da ist - dass aber eigentlich der Humus "nur" ein Zeichen dafür ist, dass der Boden LEBT und das ist halt der Punkt:
lebendiger Boden.
Und den bekommt man durch lebendige Pflanzen hin, Dauerbegrünung. Und lebendige Wesen, die die Exsudate "schlürfen". (Und dann selber als Nahrung dienen. Kreislauf halt.)

"Wald, Wiese und Komposthaufen", ja, die haben andere "Gemeinschaften" an Lebewesen als ein Acker;
aber die Verwirrung kommt nicht durch einen dort liegenden Unterschied, das Prinzip gilt auch da: Vielfalt, "Umsatz", Fruchtbarkeit.

Der link spricht von ner Methode, Kohlenstoffe zu speichern; es geht da um Autoabgase, die weg sollen und ob man sie nicht einfach verbuddeln könne.
Die Abbauprozesse im Kompost funktionieren natürlich nicht, weil Pflanzen/Wurzeln da was am abgeben seien, da wird zersetzt;
was auf einem gesunden Boden in einem anderen Maßstab geschieht. Und auch nicht im Boden, sondern auf ihm.

Das war der Punkt, der mich solange irritiert hat: wie das Geschehen IM Kompost die Natur im Boden simulieren können solle???
Es ist die Vielfalt - dass in einem gesunden Boden nicht nur so viel gestorben, sondern so viel gelebt wird, wie im Kompost.

Lieferant der Nährstoffe sind halt nicht (nur) die toten Pflanzen-(u.a.)Teile, wie im Kompost, sondern es sind die Wurzelausscheidungen, ist die Exsudation, die "den Tisch deckt".
Auf dass eine Riesengemeinde an Mikroben, Pilzen, Nematoden, Asseln und Würmern sich dran laben kann. Das dann wieder wie im Kompost, aber nicht als Leichenschmaus, sondern ein Reigen des Lebens, der auch unsern Tisch deckt.
Wenn wir nicht mit unsern Konkurrenz-Konzepten quer schiessen....
Den Boden bedecken und Mischkulturen, nix "Es kann nur einen geben", sondern mehr "Einer für alle, alle für Einen", ein Kreislauf halt.

Der Tod ist nicht das Ende, jedenfalls nicht in der natürlichen Natur. Wir inszenieren da draussen halt unsere Ängste; die Lösung ist weit weniger kompliziert, als man angesichts der Probleme meinen könnte: Vielfalt statt Monotonie.
Ja, es gibt diverse Dinge die passen hier, aber nicht dort, aber das hat mit dem Prinzip nix zu tun.
Feinabstimmung, kein entweder/oder.

Re: Tiefenpflügen

Verfasst: Mi 10. Apr 2019, 21:31
von Manfred
Teetrinkerin hat geschrieben:Wie kann man diesen Prozess fördern?
Indem man mögl. das ganze Jahr über eine Mischung lebender Pflanzen auf der Fläche hat, die mögl. viel Photosynthese betreiben. (Nackter Boden und abgestorbene Pflanzen betreiben keine Photosynthese).
Die Bodenoberfläche mögl. ganzjährig bedeckt halten, mit lebenden Pflanzen und ersatzweise Mulch, um das Bodenleben vor Austrocknung, direkter Sonnenstrahlung und starken Temperaturwechseln zu schützen.
Gegebenenfalls den Gasaustausch und Wasserhaushalt des Bodens mit technischen Mitteln fördern, falls starke Verdichtungen vorliegen.
Bei sehr wenig belebten Böden können Mikrobenimpfungen (z.B. mit gutem, aeroben Kompost oder Komposttee) den Aufbau des Bodenlebens in der Anfangsphase beschleunigen.

Re: Tiefenpflügen

Verfasst: Mi 10. Apr 2019, 21:33
von Benutzer 72 gelöscht
Also ist es gar nicht so schlecht, dass unser Komposthaufen bewachsen ist??

Re: Tiefenpflügen

Verfasst: Do 11. Apr 2019, 00:19
von Fred
ina maka hat geschrieben:Ich bin zufällig über einen Artikel aus dem Jahr 2014 gestoßen. Da wird behauptet, sehr tiefes Pflügen wäre gut für´s Klima und für den Humusaufbau.
Wenn ich mir das durchlese, dann ist in dem Artikel mehr die Hoffnung ausgedrückt, daß dies so sein könnte, und daß in der projektierten Forschungsarbeit dies ergründet werden soll. Wobei ich nicht davon ausgehe, daß sich diese Hoffnung erfüllt.

Was Vorteilhaft sein kann, wenn eine regelmäßig "normal" gepflügte Fläche einmal tiefer bearbetet wird, daß dann die durch Entmischung an Pflugsohle entstandene Verdichtungsschicht entfernt wird. Das kann sich in darauffolgenden Jahren als Vorteilhaft erweisen. Dafür gibt es aber auch weniger gnadenlose Verfahren als so Etwas.