Elaine Ingham - Bodenbiologin

Moderator: kraut_ruebe

Manfred

Re: Elaine Ingham - Bodenbiologin

#11

Beitrag von Manfred » Mi 27. Aug 2014, 13:07

Das sind doch zwei Seiten der selben Medaille, bzw. die Diskussion ob das Glas halb leer oder halb voll ist.
Diese Pflanzen verstehen es, extreme Standortbedingungen zu nutzen.
Durch ihr Auftreten mildern sie das Extrem. Das mag schlecht für sie selbst sein, aber gut für anderen Pflanzen, die danach kommen.
Und würden sich Ihnen nicht ständig wieder neue Chancen eröffnen, wären sie längst ausgestorben.

Extreme sind z.B. offener Boden, Verdichtung, Staunässe, unterschiedliche Verfügbarkeit von Nährstoffen usw. usw.
Diesen Zustand beheben sie dann und ebnen so den Weg für eine standortangepasste, langzeitstabile Flora.
Ampfer kann z.B. verdichtete Bodenschichten durchwurzeln und Nährstoffe aus tieferen Schichten wieder nach oben holen. Sterben seine wurzeln dann ab, können sich andere Pflanzen die geschaffenen Kanäle zu Nutze machen.
Brennnesseln können überschüssigen Stickstoff binden und damit viel Pflanzenmasse erzeugen (Kohlenstoff aus der Luft binden) und pendeln so das C-N-Verhältnis wieder ein.
Andere Pflanzen schützen offenen Boden schnell gegen Erosion (zumindest in unserem feuchten Klima) usw.

Rati
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Re: Elaine Ingham - Bodenbiologin

#12

Beitrag von Rati » Mi 27. Aug 2014, 13:12

Manfred hat geschrieben:Das sind doch zwei Seiten der selben Medaille, bzw. die Diskussion ob das Glas halb leer oder halb voll ist.
...
ja ist natürlich richtig. Und roland hat ja utebos Frage sehr gut beantwortet.
Wollte nur darauf hinweisen, das es nicht ihr Job ist den Boden zu verbessern. Ich finde das ist manchmal besser um die Funktionalität des Systems besser zu verstehen. :)

Grüße Rati
Was ist ist! Was nicht ist ist möglich!"
[Einstürzende Neubauten 1996]

utebo
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Re: Elaine Ingham - Bodenbiologin

#13

Beitrag von utebo » Mi 27. Aug 2014, 15:11

Rati hat geschrieben:
roland hat geschrieben:...Die "Unkräuter" sind oft Ruderalpflanzen - die haben ganz andere Wurzeln und andere Wurzelmikroben, sie sind ja darauf spezialisert, unfruchtbare Böden fruchtbar zu machen...
Eigentlich sind Ruderalpflanzen (auch Pionierpflanzen) darauf spezialisiert auf nährstoffarmen oder anderweilig benachteiligten Böden (versalzen zB)zu überleben. Wären sie darauf spezialisiert Böden fruchtbar zu machen würden sie sich ja evolutionär selber das Wasser abgraben, den sobald eine bessere Bodenqualität vorliegt, werden diese Pionierpflanzen verdrängt.

Grüße Rati
Aber genau das geschieht ja im Laufe der Sukzession.
Ich spiel' mal weiter Teufel's Advokat :flag:
Was ist mit störungsangepassten, lichtbedürftigen und schnell reagierenden Pflanzenarten, die abgebrannte Waldflächen besiedeln; darunter sind nicht nur Annuelle sondern auch ausdauernde Pflanzen wie Weidenröschen oder Adlerfarn. Nicht umsonst wird in vielen Ländern Brandrodung betrieben, um schnell an offene, *nährstoffreiche* Flächen zu kommen, auf denen sich dann zumindest kurzfristig hervorragend Gemüse usw. anbauen lassen.

utebo
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Re: Elaine Ingham - Bodenbiologin

#14

Beitrag von utebo » Mi 27. Aug 2014, 15:16

Noch was zum Thema:
Das fünfte Pilz-Phylum: die Glomeromycota
Arthur Schüßler
Institut für Botanik, TU Darmstadt

http://www.genetik.bio.lmu.de/research/ ... ler_04.PDF

Manfred

Re: Elaine Ingham - Bodenbiologin

#15

Beitrag von Manfred » Do 28. Aug 2014, 23:48

Ein halbstündiges Beratungsgespräch mit einem Gewächshausgärtner:

https://www.youtube.com/watch?v=aaIKVb8EcRc

Manfred

Re: Elaine Ingham - Bodenbiologin

#16

Beitrag von Manfred » Fr 29. Aug 2014, 19:06

Ich habe inzwischen noch etwas in Videos und Texten von Elaine Ingham gewühlt. Das Credo ist eigentlich immer das gleiche und auch logisch:

-Verdichtungen beheben (auch alte Pflugsohlen)
-Staunässe beheben
-Humusgehalt erhöhen und mit einer ausgewogenen Mischung an regional angepasstem Bodenleben impfen. Sie empfiehlt dazu guten (also aerob und mit gutem C:N-Verhältniss hergestellten) Kompost aus der Region (weil der dann auch das gewünschte, regional angepasste Bodenleben enthält). Am besten selbst hergestellt. Wo Kompost nicht eingesetzt werden kann, sollte frischer Komposttee aus solchem Kompost verwendet werden.
-Jedes Umgraben soll (außer einer evtl. anfangs nötigen, einmaligen, tiefen Bodenlockerung) vermieden werden

Das hat mich auch wieder an Mark Shepards Buch erinnert.
Er lockert seinen Boden mit einem Tiefenlockerer / Tiefengrubber / Yeomans plow. Dabei musste er in den ersten Jahren relativ flach arbeiten, kam dann aber mit zunehmender Verbesserung der Bodenstruktur und des Humusgehaltes immer tiefer.

So schaut es aus, wenn diese Maschine arbeitet:
http://www.yeomansplow.com.au/images/ye ... eader3.png
Man darf sie aber nicht bei zu nassen Bodenbedingungen einsetzen, sonst verschmieren die damit geschnittenen Rillen.
Gefahren wird idealer Weise entlang der Höhenlinien der Fläche, quer zum Hang.
Die so erzeugten, tiefen Schlitze haben mehrere Vorteile:
-Alte Verdichtungssohlen werden durchbrochen und können so durchwurzelt werden.
-Niederschlagswasser dringt schnell und tief in den Boden ein, statt oberflächlich abzulaufen.
-Es entsteht eine gewisse Drainagewirkung. Wasser von Stellen mit Staunässe wird durch die Schlitze im Gelände verteilt.
-Die Bodenbelüftung wird verbessert.
-Es erfolgt keine wendende Bodenbearbeitung, d.h. die Schichtung des Bodenlebens bleibt weitgehend erhalten und die Wurzeln (bei Grünland) werden nur relativ wenig beschädigt.
-Bei Agroforstsystemen werden die flachen Wurzeln der Bäume zerschnitten und die Bäume so zum Tiefwurzeln gezwungen, was die Wasser- und Nährstoffkonkurrenz mit den dazwischen angebauten Feldfrüchten / dem Grünland verringert.
-Die Schlitze können zur Nachsaat von gewünschten Arten verwendet werden. Teilweise werden dazu direkt auf den Grubber kleine Sämaschinen aufgebaut.

Evtl. könnte man an die Schare sogar Düsen anbauen, mit denen Komposttee in die tieferen Schichten gebracht wird, um das Bodenleben dort schneller zu aktivieren?

Manfred

Re: Elaine Ingham - Bodenbiologin

#17

Beitrag von Manfred » Fr 29. Aug 2014, 19:13

Hab noch ein paar Bilder von einem Yeomans mit Sämaschinen gefunden:
http://www.keylinevermont.com/Plow_Images.html#0

Manfred

Re: Elaine Ingham - Bodenbiologin

#18

Beitrag von Manfred » Sa 30. Aug 2014, 06:33

Evtl. hätte ich zum besseren Verständnis "höhenparallel" schreiben sollen.
Die Keyline ist im ersten Ansatz auch nur eine Höhenlinie. Halt die durch den Keypoint, in dem das Gelände bricht.
Bei der ursprünglichen Einsatzidee des Yeomans Plow in Australien geht es im wesentlichen darum, das Wasser in den Boden zu bekommen und es dort breit ins Gelände zu verteilen. Deshalb folgt man den Höhenlinien. Würden man den Hang rauf und runter fahren, würde das Wasser sich nicht quer verteilen, sondern möglichst den Hang runter fließen. Damit würde man die Wasserverteilung sogar noch verschlechtern.

Warum Yeomans den Keypoint so überbetont hat, erschließt sich mir nicht wirklich. Ich denke es liegt daran, dass man diesen öfter für klassische Wassersammel- und Verteilbauwerke nutzt, weil es der höchstmögliche Punkt im Gelände ist, den man dafür halbwegs wirtschaftlich nutzen kann. Oberhalb würden die Dammbauwerke auf aufwändig, gemessen am gestauten Wasservolumen. Und baut man weiter unten, verschenkt man bewässerbares Gelände.
Außerdem macht es Sinn, Weideflächen entlang der Keylines zu teilen, wegen der unterschiedlichen Wuchseigenschaften ober- und unterhalb.
Für den Einsatz des Tiefenlockerers sind eigentlich nur die Höhenlinien von Interesse. Man bearbeitet ja das ganze Gelände, soweit befahrbar.

utebo
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Re: Elaine Ingham - Bodenbiologin

#19

Beitrag von utebo » Sa 30. Aug 2014, 14:46

Ich hab auch Probleme mit Bodenverdichtung auf meiner Ziegen-'Hausweide' (2000m2) vor allem seit dem obernassen Jahr 2012 (wir haben normal schon c. 1200-1300mm, 2012 gab's noch ordentlich extra, vor allem den ganzen Sommer lang). Leider hab' ich keinen Yeoman's plough und man kommt so oder so mit Maschinen nicht drauf. Ich brauche sowas: https://meadowcreature.com/broadforks
Leider exportieren die nicht nach Europa. Diese Leichtbauteile für den Garten würden's auf der Podsol-Braunerde-Weidefläche nicht bringen. Kennt Ihr vielleicht jemanden in Europa, der sowas solides(!) schweisst?

Manfred

Re: Elaine Ingham - Bodenbiologin

#20

Beitrag von Manfred » Sa 30. Aug 2014, 15:08

Such mal nach Doppelgrabegabel Ohmden.
In einem langjährigen Gemüsegarten mit entsprechend lockerem Boden gut zu verwenden.
Auf unseren schweren Lehmböden in Grünland müsstest du das Gerät mit dem Vorschlaghammer einschlagen und wenn du es dann versuchst zu kippen, sind die Griffe ab...

So ein Ding schweißt dir jeder Dorfschmied zusammen. Für die Zinken muss man aber hochwertigen Stahl verwenden, sonst sind sie schnell verbogen.

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