Quorum Sensing und Komposttees 3

Moderator: kraut_ruebe

Eberhard
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Re: Quorum Sensing und Komposttees 3

#101

Beitrag von Eberhard » Mo 8. Apr 2024, 20:39

Schwafeldrang? Nett. Ohne eigene Langeweile und Hochneugier tät's man nicht bemerken.
Blaukorn IST Kunstdünger.
Pestizide ohne Gänsefüßchen - das nennen manche Pflanzenschutz ...
Und wozu Humus? Es geht auch anders - sagen manche ...
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Eberhard

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emil17
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Re: Quorum Sensing und Komposttees 3

#102

Beitrag von emil17 » Mo 8. Apr 2024, 20:51

Wenn du Alwin Seifert als Vorbild hernimmst: Der hatte eine Vergangenheit als Landschaftsgärtner und einen grossen Schaugarten und hat regelmässig Führungen gemacht und am Beispiel erklärt. Sein Erfolg lag wohl nicht zuletzt darin, dass er die Leute dort abgeholt hat, wo sie standen. Das ging über sichtbar gesunde Pflanzen und gute Erträge, die er in seiner Anlage zeigen konnte. Hätte er nur theoretisiert und alle brüskiert, die ihm nicht einfach so alles glaubten, wäre er heute vergessen.

Auch ein als lebendiger Organismus verstandener Boden ist den Gesetzmässigkeiten der Physik und Chemie unterworfen, auch wenn da noch sehr viel mehr ist. Daraus ergibt sich zwingend, dass Grundsätze wie die Erhaltung der Energie und die Unveränderbarkeit chemischer Elemente auch für diese Systeme gelten. Andersrum wird auch ein Schuh draus: Was chemisch oder physikalisch unmöglich ist, muss falsch sein, egal wieviel Biologie zur Erklärung herangezogen wird. Aus genau diesem Grund wird sich kein Patentamt mehr mit einem neuartigen Perpetuum mobile beschäftigen, egal wie bahnbrechend es nach Meinung des Erfinders ist.

Die Forschung hat seit Seiferts Zeiten in Genetik, Analytik, Physiologie und Biochemie gewaltige Fortschritte gemacht. Diese Ergebnisse sollte man nicht ignorieren. Das schmälert die Leistungen der frühen Pioniere des biologischen Landbaues und der nachhaltig-regenerativen Landwirtschaft nicht, auch wenn ihnen die eigentlichen Zusammenhänge dahinter noch wenig bekannt waren.
Frau Francé-Harrar beispielsweise wird unter anderem deshalb in Wissenschaftskreisen nicht oft zitiert, weil ihre theoretischen Erklärungen heute zum Teil überholt und oft mit esoterischen oder pseudoreligiösen Erwägungen durchmischt sind. Das ändert an ihrer Leistung, den Wert der Kreislaufwirtschaft und des Humus im Landbau und für die Ökosysteme erkannt zu haben, nichts. Als Autorin hat sie selbstverständlich die Freiheit, so zu schreiben, und möglicherweise konnte man in ihrer Zeit und mit ihrer Biografie gar nicht anders.
Nur ist das heute nicht mehr zeitgemäss. Daran sind nicht zuletzt auch Leute schuld, die aus dem Thema eine Religion machen.

Es ist übrigens das Schicksal fast aller Forscher, dass ihre Erkenntnisse irgendwann überholt sind. So wird heute keiner mehr Linné als Autorität zitieren, wenn es um die Systematik der Pflanzen oder Tiere geht. Sein Verdienst besteht darin, überhaupt die Idee einer Systematik nach gemeinsamen Merkmalen erfunden zu haben, um eine Ordnung in die unüberschaubare Vielfalt der Lebewesen zu bringen. Die Einteilung, die er verwendet hat, ist aber heute völlig veraltet, unter anderem, weil es genetische und molekularbiologische Analytik gibt, während zu Linnés Zeit noch nicht einmal die Grundlagen der organischen Chemie entwickelt waren. Wer also eine Einteilung einer Pflanzengruppe immer noch nach Linne vornimmt und sich auf diesen beruft, riskiert, nicht ernst genommen zu werden.
Am Beispiel der Systematik lässt sich auch gut zeigen, dass man mit der Definition und Anwendung von Begriffen sehr genau sein muss. Als klassisches und allgemein verständliches Beispiel taugt der Begriff Fisch. Wal"fische", Hai"fische" und Knochenfische (Forellen, Makrelen ... ) sehen alle ähnlich aus, weil man als Schwimmer im Wasser eben so aussehen muss, wenn es funktionieren soll. Entwicklungsgeschichtlich sind sie aber unabhängig voneinander entstanden. Ob jetzt zwei das Gleiche meinen, wenn sie Fisch sagen, ist also erst klar, wenn man den Kontext der Unterhaltung kennt.
Warum ich das schreibe? Nicht alles, was Zellen ausscheiden und dadurch ihre Umwelt beeinflussen, oder als Signal von aussen wahrnehmen, ist Quorum sensing.

Zuletzt ist da noch ein Problem der Logik. Pioniere neuer Erkenntnis sind meist Geisterfahrer in ihrem Umfeld, aber der Umkehrschluss gilt leider nicht.
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Re: Quorum Sensing und Komposttees 3

#103

Beitrag von emil17 » Mo 8. Apr 2024, 21:10

Eberhard hat geschrieben:
Mo 8. Apr 2024, 20:39
Blaukorn IST Kunstdünger.
Pestizide ohne Gänsefüßchen - das nennen manche Pflanzenschutz ...
Und wozu Humus? Es geht auch anders - sagen manche ...
Kannst du dich in die Lage von Leuten versetzen, die für andere Nahrung erzeugen, um davon ihren Betrieb zu führen und ihre Familie zu ernähren? Da gelten noch andere Regeln als nur, was für Mikroben gut ist. Schliesslich muss was dabei rumkommen, denn ein Landwirt ist auch ein Mensch, der Einkommen erwirtschaften muss, um davon anständig zu leben. Das ist furchtbar langweilig und gewöhnlich, aber trotzdem so.
Wenn man pro Quadratkilometer Fläche rund 300 Einwohner hat und diese alle essen sollen, dann muss die entsprechende Menge Nährstoffe aufs Feld, die dann in der Ernte enthalten ist. Das geht nicht durch natürliche Nachlieferung alleine.
Ja, diese rein chemisch zu begründende Tatsache ist unbequem. Ich hätte es auch lieber anders. Zum Glück bin ich in der bequemen Lage, dass ich die Kartoffeln für erstaunlich wenig Geld im Laden nebenan kaufen kann, wenn meine nicht wollen oder alle sind, oder wenn die Krautfäule die halbe Ernte vernichtet hat. Aber warum sind überhaupt welche dort zu kaufen? Und wieviel kreative Freiheit ist nur möglich, weil es eine leistungsfähige Landwirtschaft gibt und deshalb nicht 80% der Leute den ganzen Tag Pferdeäpfel sammeln oder von Hand Unkraut zupfen müssen, wie etwa in Nordkorea?

Anderes Beispiel, aus meiner Erfahrung. Ich bestelle Land in den Alpen. Da gibts humusreiche Böden, herrliche Blumenwiesen, Lärchen, Fichten und Birken. All diese Pflanzen haben gemeinsam, dass sie gut mit nährstoffarmen Böden zurechtkommen. All diese Pflanzen haben leider auch gemeinsam, dass man sie als Mensch nicht essen kann oder wenn, dann liefern sie keine Kalorien. Soll ich jetzt eigrosse Kartoffeln legen und doppelt soviele haselnussgrosse Kartoffeln ernten, soll ich mich mit 15 ... 20 kg Roggen pro ha zufriedengeben, oder muss ich irgendwas zugeben, was denen fehlt? An den Mikroben kanns nicht liegen, denn Bodenanalysen zeigen, dass die Nährelemente selbst nicht ausreichend vorhanden sind.

ja, viele Leute, in der Landwirtschaft und auch in Privatgärten, hauen zuviel Kunstzeugs drauf weil es billig und bequem ist. Aber deshalb ist die Verwendung solcher Produkte noch lange nicht pauschal ein Verbrechen.
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Re: Quorum Sensing und Komposttees 3

#104

Beitrag von Eberhard » Mo 8. Apr 2024, 21:19

Für den Vorbeitragautor ist Schwafeldrang passender zugeordnet.
Nicht alles, was Zellen ausscheiden und dadurch ihre Umwelt beeinflussen, oder als Signal von aussen wahrnehmen, ist Quorum sensing.
Selten dämlich. Das sind Deine wirren Gedanken, nie meine Worte.

Erkenntnisse überholt? Naja, das Streuen von Stickstoffdünger ist einfacher und sauberer und profitabler, als sich mit Azotobacter und natürlicher Stickstoffbindung zu beschäftigen. Dumm nur, dass Dünger immer teurer wird und auch Nebenfolgen hat.
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Re: Quorum Sensing und Komposttees 3

#105

Beitrag von emil17 » Mo 8. Apr 2024, 22:00

Eberhard hat geschrieben:
Mo 8. Apr 2024, 21:19
Selten dämlich. Das sind Deine wirren Gedanken, nie meine Worte.
Wie war das genau mit der Ausscheidung von Antibiotika ... als typischer Fall von Quorum? (hier)

Na ja. Ich habe etwas Mühe mit Leuten, die mich dauernd zwingen, mich zwischen höflich oder ehrlich entscheiden zu müssen. Zum Beispiel weil sie sich nie an das erinnern, was sie selber behauptet haben, wenns dann doch nicht passt.

Die Geschichte mit stickstoffbindenen Bakterien hat natürlich ihre Vorzüge.
Aber, und das ist eigentlich das Problem, das dich nicht interessiert, die Mehrheit der Menschheit aber schon:
Reicht das, um soviel Stickstoff zu binden, wie Nahrung produziert werden muss, um all die Leute sattzukriegen, die es nun einmal gibt und die genauso ein Recht auf anständige Ernährung haben wie die, für welche Kunstdünger pauschal des Teufels ist?
Dann wäre da noch Phosphor. Pflanzen und Mykorrhizapilze sind zwar Weltmeister darin, aus dem Boden zu holen was drin ist, aber mehr als das können auch sie nicht.
Zur Erinnerung: Landwirtschaft ist eine praxisorientierte Kunst. Es zählt, was tatsächlich geerntet werden kann, nicht was theoretisch gerntet werden könnte, wenn ...
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Re: Quorum Sensing und Komposttees 3

#106

Beitrag von Eberhard » Di 9. Apr 2024, 08:58

Landwirtschaft ist eine praxisorientierte Kunst.
Rechnen ist, wenn man eins und eins und eins zusammenzählen kann. Das Verweisen auf die Fähigkeiten von Mykorrhiza bleibt zu großen Teilen eine Luftübung, wenn man in der Praxis per Pflügen die Hyphennetzwerke zerlegt oder auch durch Kunstdüngung die Lebensgrundlage für die Pilze entzieht, weil sich Pflanzen über dann zeitweilig reichlich vorhandene wassergelöste Ionen leichter ernähren, teilweise wegen ihres Wasserbedarfes zwangsernährt werden. Wie die Mykorrhiza auf den oberirdisch ausgebrachten Pflanzenschutz reagiert, weiß man auch nicht. Zur "Sicherheit" nimmt man an, dass es da gar keine negativen Auswirkungen gibt und geben kann.
In Summe stellt man also eine Menge an, um die Erwartung zu haben, dass die Mykorrhiza trotzdem mit 100 Prozent Gewehr bei Fuß bereitsteht? Wenn man oben aberntet, ist die Fläche leer, wenn man unten abräumt, legt jemand, den wir noch nicht kennen, einen Schalter auf den alten 100-Prozent-Betrieb um.
Das Rad, was man da drehen muss, ist also etwas größer ...
die, für welche Kunstdünger pauschal des Teufels ist?
Diejenigen, die einerseits von Wundern und andererseits vom Teufel reden, sind blanke Ideologen. Da werden konträre Auffassungen gnadenlos überhöht, um sie dann mit schwachen Argumenten zerlegen zu können. Ich habe es sehr häufig von Dir erlebt, dass Du "Fakten" (Blitze aus Deinem Kurzschlusskasten) mir in den Mund legen wolltest und Dich dann daran abarbeitest, oft unter Weglaufen vom ursprünglichen Thema. Wenn aber viel an sich und einiges Kluges (wenn auch nicht themennah) genannt wurde, darf man sich als SIEGER der Diskussion gegenüber dem GEGNER fühlen. Quantität bildet eine eigene Qualität.

Humusreichtum in Kombination mit Nährstoffarmut? Was bezeichnest Du als Humus? Und was als Reichtum?
Um es volkstümlich auszudrücken: Dauerhumus ist eigentlich der Bauchspeck, die Rücklage für schlechte Zeiten. Um den anzulegen und zu halten, sollten die Zeiten nicht allzu schlecht sein.
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Re: Quorum Sensing und Komposttees 3

#107

Beitrag von Eberhard » Di 9. Apr 2024, 09:25

Der Titel des zugewiesenen Teil-Forums ist Aufbauende Landwirtschaft (Regenerative Agriculture).
Es wäre doch mal interessant, wenn sich Schreiberlinge mit dem eigentlichen Thema Aufbauende Landwirtschaft auseinandersetzen.
Wer damit nichts anfangen kann, der kann das doch mit einer kurzen Notiz fixieren (damit man sich vor den anderen sichtbar positioniert hat) und dann auch vom Teilforum ganz wegbleiben. Wenn einem der ganze Erdteil suspekt ist, sollte eine Diskussion über eine Brücke oder Sanddüne dort INHALTLICH doch völlig verzichtbar sein.

Forum für Regenerative Landwirtschaft
Was sagt das aus, wenn Manfred seinen Beteiligungsschwerpunkt verlagert? Hier scheint er abgemeldet zu sein.
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Re: Quorum Sensing und Komposttees 3

#108

Beitrag von Rohana » Di 9. Apr 2024, 10:19

Er wird sich sicherlich freuen wenn du ihm da auf den Keks gehst :) allerdings, so regenerativ du auch unterwegs sein magst, was hast du mit Landwirtschaft zu tun?
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

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Re: Quorum Sensing und Komposttees 3

#109

Beitrag von Bernd Belgien » Di 9. Apr 2024, 10:32

Ihr macht echt Jagdforum... :bang:

Eberhard
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Re: Quorum Sensing und Komposttees 3

#110

Beitrag von Eberhard » Di 9. Apr 2024, 12:19

um all die Leute sattzukriegen, die es nun einmal gibt und die genauso ein Recht auf anständige Ernährung haben
Hungertod ist ein Totschlagargument. Daspielt dann sogar Moral keine große Rolle mehr.

0,8 Mrd. Menschen sind unterernährt. 2,1 Mrd. Menschen sind übergewichtig/fettleibig.
https://www.youtube.com/watch?v=81vp4aEpTD8
ab etwa 6:05

Welche Gedanken kann man da haben?

@Rohana: Danke für Dein Wiederum-Gezicke. Die Quellen von Manfred verfolge ich mit Interesse und Zustimmung. Das Konfliktpotential ist da recht niedrig.
Mit freundlichem Glück Auf!

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