Baum "wipfeln"

Wicheler
Sponsor 2016
Sponsor 2016
Beiträge: 612
Registriert: Mi 22. Apr 2015, 09:06

Baum "wipfeln"

#1

Beitrag von Wicheler » Mo 18. Jul 2016, 19:14

Hallo,

da ich mich ja für Klotzbeuten interessiere, habe ich mittlerweile auch viel alte Literatur gelesen. Die Zeidler haben früher, ich nenn sie mal "Hoffnungsbäume" gewipfelt, daß heißt die Krone gekappt, damit der Baum nicht mehr in das Längenwachstum investiere, sondern schnell dicker wurde. Gleichzeitig wurde die "Hebelkraft" des Windes verringert, wenn die "Zeidlerhöhle", die Bienenwohnung, in den Stamm geschlagen wurde.

Ich habe aber mal einige Tannen, so "bodybücklingoberarmdick" in der Hälfte abgeschnitten, die sollten als Sichtschutz stehen bleiben. Die sind aber lange Zeit vor sich hingekümmert und irgendwann eingegangen.

Deshalb meine Frage an die Baumspezialisten, wenn ich eine Kiefer, unten so gut 60cm Durchmesser, in 2/3 Höhe abschneide, wächst die weiter oder stirbt die langsam ab? Die Bäume drumrum schneide ich ab, damit sie genug Licht bekommt. Im weiten www kann ich da nichts richtiges finden. Ich habe aber schon öfter Bäume, Fichten, Tannen, Kiefern, gesehen, in denen die Spitze rausgebrochen war, und die eine, manchmal auch zwei neue Spitzen gebildet haben.
Gruß Dieter

centauri

Re: Baum "wipfeln"

#2

Beitrag von centauri » Mo 18. Jul 2016, 20:12

Das kann man nicht so einfach sagen.
Es kommt immer darauf an was oben noch an grünen Ästen vorhanden ist.
Der Baum braucht einfach genügend Grünzeug um weiter wachsen zu können.
Und Kiefern treiben ja nicht mehr neu durch wie es z.B. bei vielen Laubbäumen der Fall wäre.

Fred
Beiträge: 832
Registriert: Mi 23. Okt 2013, 02:04

Re: Baum "wipfeln"

#3

Beitrag von Fred » Di 19. Jul 2016, 02:14

Wipfeln ist etwas, das dem Baum immer Vitalität kostet. Vorallem dann, wenn die Schnitstelle nicht verwachsen kann, was eine Frage der Schnittführung ist. Im günstigen Fall braucht das bei so einem Stamm Durchmesser Jahrzehnte, und solange können Keime leicht eindringenl. Wobei Nadelbäume, wie oben gesagt weniger Regenerationsmöglichkeiten als Laubbäume haben. Wobei ich von Kiefern konkret da auch keine Erfahrungen habe. Unter Nadelbäumen ist eigentlich nur Eibe komplett Schnittverträglich. Schnitthecken mit Fichten werden manchmal gemacht, bekommen schnell Löcher, wenn man zuviel schneidet, Kiefernhecke...mir noch nirgends begegnet. Andererseits gibt es alte Kiefern, die mit 2/3 Abgestorbenen Stamm noch lange leben, meist aber spezielle Gebirgsarten ((Pinus longaeva, pinus cembra). Eine Beeinträchtigung ist es auf alle Fälle.

Wird in der Literatur auch angegeben, welche Baumarten, die Zeidler damals gewipfelt haben?

Wicheler
Sponsor 2016
Sponsor 2016
Beiträge: 612
Registriert: Mi 22. Apr 2015, 09:06

Re: Baum "wipfeln"

#4

Beitrag von Wicheler » Di 19. Jul 2016, 09:24

Hallo,

die Zeidlerbäume wurden früher sicher nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgewählt, sollten halt ein Leben lang halten. Die Bienen selbst haben einfach natürliche Höhlungen gesucht.

Dieser Auszug (von hier ---> http://tree-beekeeping.org/die-zeidlerei/baumkunde/)

Die besonderen Eigenschaften von Kiefern- und Eichenholz sprechen dafür ihre traditionelle Rolle als Beutenbäume beizubehalten. Die Kiefer kann durch Harzfluss sehr effektiv auf Wunden reagieren. Der Duft von Holz und Harz soll Beobachtungen polnischer Kollegen zu Folge auch die Bienen anlocken. Außerdem hat Kiefernholz gute Dämmeigenschaften. Das Holz der Eiche lässt sich zwar aufgrund seiner Härte schwer bearbeiten, ist dafür aber aufgrund seines hohen Tanningehaltes dauerhaft und wenig fäuleanfällig. Inwieweit sich der spezielle Geruch der Eiche negativ auf die Entscheidung eines Bienenvolkes bei der Quartierswahl auswirkt, ist noch unklar. Die potenzielle Eignung anderer Bäume ist noch unklar und muss erforscht werden. Bei Buchen bspw. wird vermutet, dass künstlich angelegte Höhlen wieder zuwachsen können und stammnah abfließendes Regenwasser ein ungeeignetes Feuchteklima schafft.

schreibt von Kiefer und Eichen, ich habe aber auch von anderen Bäumen gelesen, leider hab ich mich mehr für den Betrieb eines Zeidlerbaumes/ einer Klotzbeute interessiert und nicht so sehr auf die Baumart geachtet.

An meinem Weiher steht eine Kiefer, die gut geeignet wäre. Leider ist sie von gleichhohen, aber dünneren Erlen umgeben, die teils schon sehr "schief" stehen und nach und nach umfallen werden. Also möchte ich die Fällen. Dadurch zerstöre ich aber den "Baumverbund. Die Kiefer ist scheinbar auch "in die Höhe gewachsen" im Konkurrenzkampf ums Licht. Außerdem steht sie nicht ganz senkrecht, da sich dicht daneben eine ebenso hohe Eiche breitmacht. Als rel. freistehender Baum wird sie dem Winddruck wohl nicht lange standhalten. Außerdem schwäche ich den Stamm ja durch die Höhle zusätzlich. Deshalb meine Frage zum "Wipfeln".

Zeidlerhöhlen werden i.d.R. in 5-6 m Höhe angelegt. Den Bienen dürfte die Höhe egal sein. ..... wenn ich mir das so überlege, ob die Zeidler die Statik des Baumes bedacht haben und die Schwächung extra hoch gelegt haben, um den langen Hebel des Baumes über der Höhle zu vermeiden?

Ich denke aber, auch wenn der Baum abstirbt, wird er noch 10 Jahre oder mehr stehenbleiben. Den Schnitt kann ich ja abdecken, damit kein Wasser eindringen. kann.
......und später als :opa: sollte ich mich vielleicht besser "bodennah" bewegen ;)
Gruß Dieter

centauri

Re: Baum "wipfeln"

#5

Beitrag von centauri » Di 19. Jul 2016, 09:51

Die Anlage einer Bruthöhle in grossen Höhen hatte einen rein wirtschaftlichen Grund.
Immerhin stellt die untere Hälfte des Baumes 80% seines Wertes dar. ;)
Und genauso wie Heute wurde Früher wirtschaftlich gedacht.
Und wenn man Früher einen Balken mit 15 m brauchte war das mit Sicherheit wichtiger als die Zeidlerei.
Wenn der Baum irgendwann ins Brennholz wandert ist es eher egal wo du die Höhle anlegst!
Wenn Du im unteren Bereich eine Bruthöhle anlegst gehen eben 2 - 3 m verloren.
Also mit der Statik hatte das damals erst mal weniger zu tun.

Jul
Beiträge: 425
Registriert: So 19. Apr 2015, 21:05
Wohnort: Ein schnuggeliges Bergdörfchen in Norditalien

Re: Baum "wipfeln"

#6

Beitrag von Jul » Di 19. Jul 2016, 12:56

Ich könnte mir vorstellen, dass es mit Esskastanienbäumen ganz gut gehen könnte.
Hier wurden die Bäume früher zur Herstellung von Balken benutzt und dazu entweder direkt über der Erde oder einige Meter darüber abgesägt. Der Baum treibt dann neue, sehr gerade Äste, die sich gut für Dachstühle uä verwenden lassen. Und darunter wird der Stamm natürlich immer dicker und dicker.
Richtig alte Kastanien sind oft ohnehin hohl...
Und bei Feuchtigkeit vergammelt das Holz kaum, außerdem lieben die Bienen die Blüten.
Den Honig mag dann allerdings nicht jeder, schmeckt recht kräftig.

Manfred

Re: Baum "wipfeln"

#7

Beitrag von Manfred » Di 19. Jul 2016, 13:31

Das Holz von Nadelbäumen mit Wipfelbrüchen wird oft durch Pilze verfärbt und sinkt deutlich im Wert.
Heute steuert man das Verhältnis von Längen- zu Dickenwachstum eigentlich dadurch, wann und wie viel Platz der Baum im Wald erhält.

Fred
Beiträge: 832
Registriert: Mi 23. Okt 2013, 02:04

Re: Baum "wipfeln"

#8

Beitrag von Fred » Di 19. Jul 2016, 14:49

Von einem Imker wurde mir erzählt, daß Schwärmende Bienenvölker eine Behausung in 4m Höhe bevorzugen würden, da sie sich dort vor Zwei- und Vierbeinern die nach Honig gelüstet sicherer fühlen.
Zeidlerei im Mittelalter war recht wichtig, vorallem wegen dem Wachs, das die Kirche für ihr "Programm" benötigte. Deshalb war ihnen selbst das führen einer Armbrust erlaubt, die zeitenweis ja verpöhnt war, da man damit auch die gepanzerte Oberschicht vom Pferd holen konnte.

Interessante Seite zur Zeidlerei. Wobei ich wie dort auch empfohlen mehr zum auslichten und rückschneiden der Krone tendiere , was leichter verheilbare Wunden hinterlässt (kaum Starkastschnitte), und auch eher die Stammverlängerung zurückschneiden, wo sie noch nicht so dick ist, wie das bei Obstböumen gemacht wird, Wipflung aber nach Möglichkeit vermeiden. Man kann die Krone auch ohne soweit zurückschneiden, daß die Statisch deutlich erleichtert wird. Mehr als 1/3 Blattmasse sollte man eh nicht herunterschneiden.

Wicheler
Sponsor 2016
Sponsor 2016
Beiträge: 612
Registriert: Mi 22. Apr 2015, 09:06

Re: Baum "wipfeln"

#9

Beitrag von Wicheler » Mi 20. Jul 2016, 09:07

Hallo,

bei der Baumart habe ich leider nicht die "Qual der Wahl", der einzige Baum der mir dick genug ist, ist halt die Kiefer. Die daneben stehende Eiche ginge vielleicht auch noch, ist aber etwas dünner und .......viel härter.

Eine Erle habe ich noch als "Zukunftsbaum" ins Auge gefaßt. Die werde ich in 10m Höhe abschneiden, um das Dickenwachstum anzuregen. Die anderen werden Brennholz, damit ich mehr Licht bekomme. Hier dürfte das neu Ausschlagen eigentlich kein Problem sein, die wachsen ja wie Unkraut.

Das Wipfeln möchte ich wirklich gern machen, um mehr Licht auf die Talsohle zu bekommen. Das Tal ist eng und schmal, in Nord- Südrichtung, hat also nur Mittags volle Sonne. Da der Teich z.Z. ziemlich zugewachsen ist, wächst kaum etwas Bienenfreundliches direkt auf dem Teichgrundstück. Viele Bäume, meist Erlen, sind im Konkurrenzkampf ums Licht meist sehr dünn und hoch und neigen schon zum Umfallen. Ich muß also ein wenig regulierend eingreifen.

@ Manfred

Ob das Holz sich verfärbt und später noch wirtschaftlich zu nutzen ist, spielt bei dem einem Baum eigentlich keine Rolle. Ist halt mein "Spielbaum"!
In den letzten 40-50 Jahren ist auf diesem Grundstück nicht ins Wachstum der Bäume eingegriffen worden. Ich muß also den jetzigen Zustand so hinnehmen. Später soll alles ein wenig kleiner, offener und vielfältiger wachsen. Das möchte ich dann auch ein wenig steuern. Da muß ich mich aber erst mal richtig schlau machen.

@ Fred

Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Bienen eine bestimmte Höhe vorziehen. Geht man mal von der Ausgangssituation eines Schwarmes aus, gibt es höchstens die Königin, die schon mal eine andere Behausung gesehen hat und einen Vergleich ziehen könnte. Alle anderen Bienen kennen nur den Stock, aus dem sie stammen. Schwärmen die Bienen, haben sie noch kein festes Ziel. Aus der Traube, die sich vor dem Stock bildet fliegen dann "Sucherbienen", die eine passende Behausung kurzfristig suchen. Dadurch können sie nicht wählerisch sein. Eine gewisse Höhe resultiert wahrscheinlich eher aus den Umständen, das Baum/ Spechthöhlen halt meist oben sind, Höhlungen an Häusern meist unter dem Dach sind oder Felsspalten o.Ä. unten meist zugewachsen und feucht sind.
:hmm: Das sind meine Gedanken dazu, ob sie stimmen?


Hobos ( http://www.hobos.de/was-ist-hobos/infos/aktuelles/ ) hat das Verhalten der Bienen sehr aufwändig untersucht und beschrieben. Gibt übrigens ein Buch davon in der SV Bibliothek, z.Z. ist das Büchlein bei mir, wenn also einer Interesse dran hat....
Gruß Dieter

Fred
Beiträge: 832
Registriert: Mi 23. Okt 2013, 02:04

Re: Baum "wipfeln"

#10

Beitrag von Fred » Mi 20. Jul 2016, 18:55

Wicheler hat geschrieben: Das Wipfeln möchte ich wirklich gern machen, um mehr Licht auf die Talsohle zu bekommen.
Wenn man mehr Licht auf einem Grundstück mit Bäumen möchte, sollte man genau schauen ob Wipflen oder nicht besser Aufasten zielführender ist. Kommt auf die örtlichen Gegebenheiten an, kann man von der ferne nicht sagen. Ich sehe hier eben viele Grundstücke mit gekappten Bäumen, wo das Haus nun im Sommer Sonne und im Winter Schatten hat (Nein, keine PV-Anlage...).

Antworten

Zurück zu „Sonstige Gehölze und Forstwirtschaft“