Fragen zum Obstbaumschnitt

Das Faultier
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Fragen zum Obstbaumschnitt

#1

Beitrag von Das Faultier » Mi 26. Jan 2011, 21:17

Vielleicht könnt Ihr mir mal helfen,
indem Ihr mir mal einige echt schwierige Fragen zum Thema Obstbaumschnitt stellt ?

Ich bin nämlich gebeten worden, mal so eine kleine Vorlesung zu dem Thema zu halten.
Publikum: sehr gemischt ( Landschaftsgestalter, Kleingärtner, Waldbauern, Biofanatiker und wahrscheinlich
eine große Menge aus der Ecke der echten Grünen )

Das Faultier

Benutzer 72 gelöscht

Re: Fragen zum Obstbaumschnitt

#2

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Mi 26. Jan 2011, 21:42

hallo!

:engel: ist ein Wundverschluß wirklich nötig oder gibt es Alternativen?

(das tät zumindest mich sehr interessieren...)

liebe Grüße!

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Bloomy
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Re: Fragen zum Obstbaumschnitt

#3

Beitrag von Bloomy » Mi 26. Jan 2011, 22:47

Oh, danke für das Angebot ;)

Eine Frage beschäftigt mich nämlich tatsächlich. Habe von Obstbäumen keine Ahnung und vor einem Jahr diesen Zwetschgenbaum übernommen:
IMG_1769_2.jpg
IMG_1769_2.jpg (60.53 KiB) 3542 mal betrachtet
Wie man sieht, wachsen im Inneren einige Äste senkrecht hoch. Normalerweise würde ich denken, dass man diese Art von Ästen sofort entfernt, wenn sie noch jung sind, da sie "nichts bringen" und das Innere der Krone dicht machen. Nun sind diese aber ja schon sehr massiv geworden. Daher frage ich mich, ob es für den Baum mittelfristig besser wäre, sie zu lassen oder sie zu entfernen... Es geht mir nicht um Top-Erträge. Aber der Baum sieht insgesamt sehr "unharmonisch" aus. Falls es sich empfiehlt, diese dicken, steil nach oben wachsenden Äste zu entfernen, frage ich mich auch, wann dafür der beste Zeitpunkt wäre...

Eine fachkundige Meinung würde mich sehr interessieren. Vielen Dank :)

hunsbuckler
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Re: Fragen zum Obstbaumschnitt

#4

Beitrag von hunsbuckler » Do 27. Jan 2011, 01:00

Hallo, ich würd mich nicht als fachkundig bezeichnen, aber hab auch solche ehrwürdigen Pflaumengreise im Garten.
Ich bin bei Eingriffen sehr zurückhaltend, weil Pflaumen zum anhaltenden Bluten neigen und auf starke Rückschnitte mit explosiver Wasserreiserbildung reagieren.
Das scheint mir, soweit erkennbar, auch bei Deinem Baum so gewesen zu sein - oder täusche ich mich, daß die geraden Äste direkt unterhalb alter Kapp-stellen entspringen ?
Bei deren Entfernung würde die Ausgleichsreaktion des Baumes das Problem verschärfen.
Bei meinen Bäumen entferne ich nur (fast) abgestorbene oder sich kreuzende Zweige.
Ich kenne zwar Obstbaumprofis, aber deren Verstümmelungsaktionen sind mir in diesem Fall zu brutal. :ua:
Liebe Grüße, Hans www.jugendrettet.org

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Waldläuferin
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Re: Fragen zum Obstbaumschnitt

#5

Beitrag von Waldläuferin » Do 27. Jan 2011, 11:39

Hallo Faultier,
ich finde Obstbaumschnitt schwierig. Wenn ich unten stehe, sehe ich (oder glaube zu sehen), welche Äste weg müssen. Wenn ich auf der Leiter stehe mit der Säge in der Hand, weiß ich nicht mehr, welche Äste das waren.
Markieren?
Gibt es einen Trick?
Grüße
Waldläuferin
Fertig ist besser als perfekt.

Landfrau

Re: Fragen zum Obstbaumschnitt

#6

Beitrag von Landfrau » Do 27. Jan 2011, 14:30

Faultier,

1. eigentlich keine schwierige Frage, aber ideologisch belastet - es gibt ja immer die Wasdagegenhaber, auc beim Obstbaumschnitt, allen Ernstes:
Warum muss / soll / tut man Obstbäume überhaupt schneiden?
Oder andersrum: was passiert, wenn man Obstbäume nicht schneidet?

2. Was ist eine (Kultur-)sorte?

3. Wie fördert man die Fruchtholzbildung bei den verschiedenen Arten?

4. Wie bringt man einen bisher gar nicht tragenden Baum in den Ertrag?

5. Woher kommt Alternanz, wie kann man mit Schnittmaßnahmen dagegen wirken?

6. Wofür dienen Hochstämme, bei denen man viele Arbeiten wie Schnitt und (chemiefreie) Fruchtausdünnung nicht oder nur unter gefährlichen Umständen ausführen kann?

7. Kann man Süßkirschen kleingartentauglich halten?

8. Wie erzeugt man einen Austrieb an einer gewünschten Stelle? Wie erhöht man den Ertrag?

9. Welche Hygienemaßnahmen beim Schnitt und warum?

10: Ganz banal: Unterschied Winter- / Sommerschnitt - würde auch Bloomys Frage beantworten. Und die nach den Wassertrieben.

11. Warum soll man nicht bei Frost schneiden?

12. Ist es mit einmal schneiden getan oder muss man das regelmäßig machen?

13. Unterschied Erziehungs-, Verjüngungs-, Erhaltungsschnitt.

14. Mögliche Kronenformen bei den versch. Obstsorten und Unterlagentypen und deren Vor- und Nachteile.

15. Warum schneidet man Bäume nach dem Pflanzen so stark zurück?

16. Wie funktioniert das Überwallen?

17. Wie vermeidet man Fäulnis an Schnittstellen?

Sehr unterschiedliches Niveau vielleicht und dass es sehr schwierig ist, bei einer inhomogenen Zuhörerschaft alle "mitzunehmen".

Der Experte im Publikum schreibt den Vortragenden nach seinem ersten Lapsus womöglich ab, der Laie versteht trotzdem nur Bahnhof.


Den "Lucas", Werner Funke und Heiner Schmid würde ich als Autoren empfehlen.

Viel Freude und Erfolg.

Landfrau

smallfarmer
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Re: Fragen zum Obstbaumschnitt

#7

Beitrag von smallfarmer » Do 27. Jan 2011, 20:50

Hallo Faultier
Obstbaumschnitt ist sicher ein Abend füllendes Thema. Wäre schön, wenn du uns berichten würdest wie es gelaufen ist.
Ich könnte mir gut vorstellen , dass da der eine oder andere Korinthenk... im Publikum sitzt.
Meine Fragen an dich wären
1.Erkläre die Schnittbegriffe wie z. B. Absetzen, Zapfenschnitt, Terminalknospe und Beiauge
2.Erkläre die verschiedenen Schnittformen, Schnittzeitpunkte und Schnittarten
3.Was versteht man unter Formieren
4.Was vesteht man unter Knipbäumen
5. Erläutere verschiedene Baumformen und deren verschiedene Schnittformen
6. Stelle moderne Schnittwerkzeuge vor
7. Was ist von der Veredlungszange zu erwarten?
8. Was sind die wichtigsten Schnittformen der Handveredlung?
Bestimmt kommt auch noch eine Frage zu neuen resisten Kernobstsorten, deren Geschmack und Eignung für den Hausgarten. Bekämpfung von Birnengitterrost ist bei uns Thema.
Viel Spaß beim Vortrag.Wäre schön zu hören wie es gelaufen ist.
smallfarmer

Das Faultier
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erste spontane Antwortversuche

#8

Beitrag von Das Faultier » Sa 29. Jan 2011, 21:36

Ich möchte jetzt mal spontan versuchen, alles möglichst kurz und
prägnant zu beantworten.
Wo sich noch Unklarheiten ergeben, will ich mich dann noch belesen
oder konsultieren.
ina maka:
ist ein Wundverschluß wirklich nötig oder gibt es Alternativen?
Da gibt es viel Für und Wider.
Dafür spricht, daß das frische Holz sofort verschlossen ist und somit
keine holzfressenden Pilze einwachsen können.
Sobald aber das Holz trocknet und Risse im Anstrich entstehen, muß
nachgestrichen werden, sonst sind diese kleinen Risse dann eine
Eintrittspforte für Wasser und Sporen. Möglicherweise bildet sich
dann unter dem Anstrich eine feuchte Zone.

Alternative:
Man schneidet den Baum in völliger Saftruhe bei sonnigem Wetter,
so leicht über Null Grad Celsius. Es muß eine sehr scharfe Säge benutzt
werden, damit eine sehr glatte Schnittfläche entsteht.
Das frische Holz trocknet sofort ab. Trockene und glatte Schnittstellen
sind für die meisten Pilzsporen nicht zum Einwachsen geeignet.
Später drückt der Baum von unten Saft gegen das trockene Holz. Dieser Saft
dringt aber nicht bis nach oben, er verschließt aber das Holz von innen
weiter.

Farben oder andere Chemikalien sollten auf keinen Fall für Wundverschluß
verwendet werden, denn die Nebenwirkungen der Zusatzstoffe sind ein Risiko.
( Wenn Dioxin schon im Futterfett ist, was ist dann wohl in Farben drin?
ich tippe auf: Schwermetalle aller Art, Restchemikalien aller Art also
auch Dioxin, Weichmacher, Fungizide der übelsten Art, eben alles, für das
es bei Farben keine Grenzwerte gibt )
Bloomy:
Wie man sieht, wachsen im Inneren einige Äste senkrecht hoch. Normalerweise würde ich denken, dass man diese Art von Ästen sofort entfernt, wenn sie noch jung sind, da sie "nichts bringen" und das Innere der Krone dicht machen. Nun sind diese aber ja schon sehr massiv geworden. Daher frage ich mich, ob es für den Baum mittelfristig besser wäre, sie zu lassen oder sie zu entfernen...
Hunsbuckler hat das wesentliche schon gesagt.
Das Problem dieses Baumes ist zunächst, daß er eine Hohlkrone bildet
( hättest mal das Bild von etwas größerer Entfernung machen müssen ).
Es werden also immer nach einem Schnitt einige starke Jungtriebe versuchen,
die Kronenmitte zu schließen und gleichzeitig die Spitze zu bilden.
Weiterhin ist erkennbar, daß der Baum auf jede Schnittmaßnahme mit
starkem Neuaustrieb reagiert hat. Das hat zwischenzeitlich den Ertrag gemindert.

Es ist ein alter Baum. Den würde ich nicht mehr stark verändern wollen.

Also: laß den einen mittleren Neutrieb so stehen, wie er ist,
die anderen schneide nur dann heraus, wenn sie wirklich zu einer starken
Kronenverdichtung geführt haben. Besser ist, Du lichtest sie nur etwas aus.
Versuche insgesamt so wenig wie möglich herauszuschneiden, damit der Baum
aus eigenem Antrieb seine Symmetrie wieder finden kann.

Im Sommer werden immer noch einige neue Triebe entstehen. Dort, wo sie
nur zur Verdichtung führen, reiße sie aus.
Möglicherweise können sie an anderen Stellen im Winkel von ca. 45° etwas
nach Außen gezogen werden.
Waldläuferin:
Wenn ich unten stehe, sehe ich (oder glaube zu sehen), welche Äste weg müssen. Wenn ich auf der Leiter stehe mit der Säge in der Hand, weiß ich nicht mehr, welche Äste das waren.
Markieren?
Gibt es einen Trick?
Oh ja!
Selber unten stehen bleiben und jemand jüngeren hoch schicken zum Schneiden.
Oder:
Schere und Säge an einer langen Stange befestigen und alles von unten aus
machen.
Ich selbst steige manchmal 10x hoch und runter, bis ich zufrieden bin.
Hab ja Zeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.

Das Faultier

Das Faultier
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und weiter geht's

#9

Beitrag von Das Faultier » Sa 29. Jan 2011, 22:35

Landfrau:
1. eigentlich keine schwierige Frage, aber ideologisch belastet - es gibt ja immer die Wasdagegenhaber, auc beim Obstbaumschnitt, allen Ernstes:
Warum muss / soll / tut man Obstbäume überhaupt schneiden?
Oder andersrum: was passiert, wenn man Obstbäume nicht schneidet?
Ohne Schnitt entsteht die natürliche Kronenform.
In der Jugend ist das durchaus in Ordnung.
Je älter der Baum aber wird, um so mehr fruchtet er auf Kosten des Neuaustriebes.
Das führt zur langsamen Vergreisung. Früchte und Blätter befinden sich dann nur noch
in einer dünnen und dichten Zone am Außenrand der Krone. Die Fruchtqualität
verschlechtert sich langsam.

Wir schneiden,
- um die Krone licht zu halten,
- um ständig den Zuwachs von jungen langen Trieben anzuregen,
- und somit die Ertrgszone breit und locker zu halten,
- das bringt etwas weniger, aber bessere Früchte,
- beugt Alternanz vor, und hält den Baum jung und gesund.
Landfrau:
2. Was ist eine (Kultur-)sorte?
Das Gegenteil von Wildsorten. Also alle Apfelsorten vom Menschenhand gepflanzt.
In Deutschland gab es mal den Holzapfel als einheimische Wildsorte.
Die meisten Wildsorten dürfte es heute noch zwischen Türkei, Kaukasus
und Kasachstan geben.
Manchmal pflanzt man Wildsorten zur besseren Befruchtung mit in
den Garten oder in die Intensivanlage.
( vor solchen Fragen hab ich Respekt )
Landfrau:
3. Wie fördert man die Fruchtholzbildung bei den verschiedenen Arten?
Der Baum weiß selbst, wann er das Alter hat, um Fruchtholz und Früchte zu bilden.
Man kann das verfrühen, indem man auf schwachwüchsige Wurzelunterlagen veredelt
oder indem man einige Triebe bis fast waagerecht herunterbindet.
Die brutalen Chirurgen stechen auch Wurzeln ab oder sie schnüren die Rinde mit
Draht ab bzw. sie schneiden daran herum.
All dies geht aber zu Lasten der Vitalität des Baumes.
Landfrau:
4. Wie bringt man einen bisher gar nicht tragenden Baum in den Ertrag?
Ursachenforschung ist angesagt.

- Alter Baum, der nicht blüht: roden, wenn aber rundherum gar nichts blüht,
Bodenuntersuchung machen,
- Baum blüht, Früchte nicht ansatzweise vorhanden: starke Befruchtersorte pflanzen,
z.B. Wildapfel, Cox Orange, James Grieve, Goldparmäne,
- Baum blüht und Blüten werden vom Frost zerstört: roden, oder warten auf Klimawandel,
- Früchte bleiben sehr klein und fallen vom Baum: aufschneiden und nach Schädling
suchen, diesen dann rigoros von der Artenliste spritzen,
- jüngerer Baum ohne Fruchtholz und ohne Blüten: warten, einige Zweige herunterbinden,
alternativ: Edelhölzer schneiden und auf M9 pfropfen,
- falls es keine Insekten in der Gegend mehr gibt: Zuchthummeln kaufen
( und das meine ich bitterernst, der Mensch killt zur Zeit Milliarden Insekten )
Landfrau:
5. Woher kommt Alternanz, wie kann man mit Schnittmaßnahmen dagegen wirken?
Einige Sorten alternieren gern. Alternanz bedeutet, der Baum erholt sich von
starkem Fruchtbehang im Vorjahr.
Man kann Alternanz ausgleichen, indem man so schneidet, daß der Neuaustrieb immer
recht stark ist. Man nimmt die Kronenhöhe etwas zurück, lichtet gut aus und man
schneidet in den folgenden Jahren schrittweise die alten Triebe zugunsten neuer
Triebe vollständig heraus.
Der Baum fruchtet dann etwas weniger, aber er fruchtet jedes Jahr, weil immer
junges Fruchtholz ausreichend vorhanden ist.
Landfrau:
6. Wofür dienen Hochstämme, bei denen man viele Arbeiten wie Schnitt und (chemiefreie) Fruchtausdünnung nicht oder nur unter gefährlichen Umständen ausführen kann?
Ideal für Streuobstwiesen oder große Gärten - ohne Chemie und ohne Fruchtausdünnung.
Man läßt sie wachsen, lichtet nur regelmäßig etwas aus, hat viel Fallobst für Most
oder als Schweinefutter, viel Naschobst für die Kinder, Kuchenobst usw.
Pferde, Schweine und Hunde haben keine Chance, die besten Früchte zu ernten.
Unter dem Baum ist Platz ( zum Rasenmähen oder das Weideviech zu treiben).
Das Motiv: Masse, ohne Qualität überzubetonen.

Und: man kann sich auch eine 5m lange Holzstange schnitzen und daran
Werkzeuge befestigen - vieles geht vom Boden aus zu machen.
Landfrau:
7. Kann man Süßkirschen kleingartentauglich halten?
- Veredeln auf schwache Wurzelunterlagen, z.B. GiSelA5,
- Baumschnitt regelmäßig im Sommer nach der Ernte, das nimmt Reservestoffe,
- Boden abmagern und Wasserversorgung wenn möglich verschlechtern,
- auch wenn ich dagegen bin: Wurzelschnitt im Frühling,
Landfrau:
8. Wie erzeugt man einen Austrieb an einer gewünschten Stelle?
Austrieb aus schlafenden Augen bekommt man u.a. auf dem Scheitel bogenförmig nach
unten gezogener Äste oder an jeder höher gelegenen Schnittstelle, wenn man darunter
keine Seitenäste mehr hat.
Wenn dies sehr alte Triebe sind, dann sollte man die Borke vorsichtig abschälen,
ohne aber die darunter liegende lebende Rinde zu beschädigen.

Will man an einem steil stehenden Trieb eine Knospe zum Austreiben zwingen,
so schneidet man im Frühling über der Knospe eine Kerbe in die Rinde.
Landfrau:
... Wie erhöht man den Ertrag?
Wenn man sich diese Frage vor dem Pflanzen stellt, so wählt man die best-
passendste Wurzelunterlage aus ( M9 bringt bei gutem Boden und idealen
Pflanzabständen den besten Hektarertrag )

Bei vorhandenen Bäumen:
- Bodenlockerung u. -Verbesserung - ohne mit Stickstoff zu überdüngen,
- gleichmäßige Wasserversorgung,
- Raubinsekten fördern, jegliche Früchte mit Schädlingen oder Pilzbefall
sofort entfernen,
- Krone mäßig auslichten, Neuaustrieb fördern, nach unten hängende alte Triebe
dafür schrittweise entfernen, so daß die Krone groß und licht wird,

Anfangs wird der Ertrag dadurch etwas niedriger, später mit wieder steigenden
Kronenvolumen aber höher bei gleichbleibender oder besserer Qualität.

Landfrau:
9. Welche Hygienemaßnahmen beim Schnitt und warum?
Schnittwerkzeuge desinfizieren, um z.B. Monilia oder Pustelpilze nicht
zu übertragen. Dazu nimmt man am besten die heiße Seifenlauge, wenn man Weißwäsche
macht.
Landfrau:
10: Ganz banal: Unterschied Winter- / Sommerschnitt - würde auch Bloomys Frage beantworten. Und die nach den Wassertrieben.
So banal ist das gar nicht.
Winterschnitt wirkt wachstumsfördernd, weil der Baum versucht,
sein ursprüngliches Krunenvolumen wieder zu erlangen und er hat dazu
alle Reservestoffe zur Verfügung.
Winterschnitt bremst aber die Fruchtung.

Sommerschnitt wirkt Wachstumshemmend, weil der Baum mit dem grünen Blatt
Reservestoffe verliert. Die muß er im Folgejahr erst einmal wieder im Boden
aufarbeiten. Vgl. 7.)
Sommerschnitt - im richtigen Maße wirkt Fruchtfördernd.
Im Sommer ausgerissene Jungtriebe kommen im laufenden Jahr nicht mehr,
denn die Zeit für Austrieb aus schlafenden Knospen ist vorbei, vgl. Bloomy's Zwetschge.
Landfrau:
11. Warum soll man nicht bei Frost schneiden?
Nicht bei unter -5° in der Nacht, um das Ausfrieren der Schnittstellen
zu vermeiden.
Landfrau:
12. Ist es mit einmal schneiden getan oder muss man das regelmäßig machen?
Hat man einen Baum einmal geschnitten, dann sollte man ihn jährlich und dafür
in geringstmöglichen Umfang weiter schneiden, so bleibt er jung und vital und die
Schnittwunden sind relativ klein.
Starke Eingriffe führen zu Wurzeltod, Ertragsausfall, evtl. auch
zeitweiligen Verlust der Abwehrkräfte.
Landfrau:
13. Unterschied Erziehungs-, Verjüngungs-, Erhaltungsschnitt.
in kürze:
Erziehung - während die Krone aufgebaut wird
Erhaltung - Krone ist fertig und muß nur im Bestzustand gehalten werden
Verjüngung - Krone ist vergreist, soll zu starkem Neuaustrieb angeregt werden

Erhaltung bedeutet auch regelmäßiges Verjüngen,
Verjüngung bedeutet auch, daß Erziehung zumindest teilweise wieder beginnt,
je nach Tiefe des Eingriffes.

Landfrau:
14. Mögliche Kronenformen bei den versch. Obstsorten und Unterlagentypen und deren Vor- und Nachteile.
Nur im Groben für Äpfel auf gutem Boden:
Starkwüchsige ( z.B. Sämling, MM109 ) für Hoch o. Halbstamm,
Mittelwüchsige ( z.B. M7, MM106 ) für Halbstamm, Niederstamm, große Buschformen,
Schwachwüchsige ( z.B. M27, M9, M26 ) für Spalier, Spindelbusch, Kordon,

An dem Thema bin ich leider immer noch dran. Boden und Wasserversorgung
sind ebenfalls wichtige Bedingungen - je mieser, um so stärker muß die
Unterlage sein.
Nicht jede Edelsorte harmoniert mit jeder Unterlage.
M26 oder Supporter sind recht gut verträglich. M9 ist vielfach getestet.
Weiterhin wirkt eine hohe Spannung zwischen Starker Edelsorte und schwacher
Unterlage in Richtung kurze Lebensdauer und teilweise veränderten Fruchteigenschaften.
Gravensteiner z.B. wird seine Fruchteigenschaften nur mit starker Unterlage
voll entwickeln.
Landfrau:
15. Warum schneidet man Bäume nach dem Pflanzen so stark zurück?
Um das Gleichgewicht zwischen Wurzel und Krone anfänglich zu halten.

Auch hier hab ich Experimente gemacht, bin aber noch nicht fertig.
Ein sehr starker Rückschnitt nach Pflanzung führte zu Kümmerwuchs.
Geringer Rückschnitt brachte nur Verzweigung.
Gar kein Rückschnitt brachte geringen Austrieb und in den Folgejahren
die besseren Alternativen für den Erziehungsschnitt.

Landfrau:
16. Wie funktioniert das Überwallen?
Luftkontakt des Kambium löst Bildung von Hormonen aus, die die Überwallung
in Gang setzen. Deswegen ist Abschrägen der Rinde an der Schnittstelle sinnvoll
und die Wundbehandlung sollte sparsam und genau gemacht werden.
Zunächst werden die Zellen mit Luftkontakt umgewandelt, dann entsteht die neue
Struktur der Rinde und darunter entsteht die erste Schicht Holz. Die Fasern
gehen zumindest anfangs genau mit der Kambiumwunde mit und das führt dazu, daß
sich das Holz wulstförmig um die Schnittwunde legt. Der Zuwachs des umgebenden
Holzes drückt die Wulst weiter in Richtung Zentrum der Schnittwunde.

Noch nicht ganz klar ist mir, warum sich manche Schnittwunden so schön flach
überwallen. Kann nur vermuten, daß sich die Holzfaser möglichst geradlinig
ziehen will. Somit verstärkt sich das Wachstum in den Bogen hinein.
So macht es ein krummer Stamm ja auch.

Landfrau:
17. Wie vermeidet man Fäulnis an Schnittstellen?
Siehe ganz oben.
Schneiden bei kühl-trockenem Wetter während der Saftruhe,
saubere und sehr scharfe Schnittwerkzeuge verwenden,
Wundbehandlung.


Landfrau:
Sehr unterschiedliches Niveau vielleicht und dass es sehr schwierig ist, bei einer inhomogenen Zuhörerschaft alle "mitzunehmen".
Der Experte im Publikum schreibt den Vortragenden nach seinem ersten Lapsus womöglich ab, der Laie versteht trotzdem nur Bahnhof.
Darin bin ich wiederum einigermaßen firm.
Die gute Nachricht: es ist keine öffentliche Veranstaltung, also keine
Zufallshörer mit Konfliktpotenzial. Alles Fachleute. Aber trotzdem
einige sehr grün.
Hab aber nur 90 Mniuten Zeit. Dafür aber zwei interessante Vorredner:
Baurecht und Pflanzenschutz.


Der rote Faden sieht aktuell etwa so aus:

- Ertragsziele
- Standortfaktoren
- Sorten und Wurzelunterlagen
- Wachstumsgesetze und Reaktionen auf Eingriffe
- Erziehung verschiedener Kronen
- Erhaltung und Verjüngung
Das alles packe ich in Fehler und Problemsituationen aus dem Alltag ein.
Wichtig ist mir, den Zusammenhang zwischen Ertragsziel, Standort, Sorte,
Schnittmaßnahmen und realem Ertrag rüber zu bringen und damit auf eine
strategische Denkweise zu orientieren.

Der Hinweis auf die Literatur ist Gold wert.
Werde mir also alles holen, um mich noch schnell auf die modernen Lehrmeinungen
zu updaten.

Das Faultier

Das Faultier
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Begriffsdefinitionen können den Praktiker piesacken

#10

Beitrag von Das Faultier » Sa 29. Jan 2011, 23:57

Smallfarmer:
1.Erkläre die Schnittbegriffe wie z. B. Absetzen, Zapfenschnitt, Terminalknospe und Beiauge
Absetzen - auf eine bestimmte Höhe bis zu geeignetem Seitentrieb
herunterschneiden.

Zapfenschnitt: Wichtige Äste werden zurückgeschnitten und dann
unterhalb der Schnittstelle von jeglichen Seitentrieben befreit.
Evtl. wird grobe Borke abgeputzt. Aus schlafenden Augen soll dann ein
kräftiger Austrieb erfolgen. Die Triebe werden dann im Sommer selektiert
und gezogen. Ergebnis: fast neue Krone.

Terminalknospe == zentrale Endknospe eines jungen Langtriebes,
aus dieser wächst der Trieb im Folgejahr weiter.

Beiauge == zur Seite zeigendes Auge,
( muß ich noch mal recherchieren )
Smallfarmer:
2.Erkläre die verschiedenen Schnittformen, Schnittzeitpunkte und Schnittarten

Zeitpunkte - siehe oben,
Schnittform u. -Art ? ähm - da muß ich schaun - gut daß Du das gefragt hast.
siehe 5.
Smallfarmer:
3.Was versteht man unter Formieren
Das Ziehen der Triebe mit Bindfaden oder Draht ?
Jetzt komme ich richtig in's Schwimmen.
Diesen Begriff hab ich wohl vor 20 Jahren das letzte mal gehört.
Smallfarmer:
4.Was vesteht man unter Knipbäumen
Ein in kürzester Zeit unter Labornahen Bedingungen herangezogenen Baum.
Wenn Veredelung gelungen, dann ins Gewächshaus, volle Gabe Nährlösung,
ideale Temperatur von Winter bis Herbst, Einkürzen, Neutrieb bildet unter
Idealbedingungen und Nährstoffüberschuß gleich noch Seitentriebe und
schon kann der Baum verkauft werden. Abhärtung passiert während Transport.
( bei solchen Fragen muß ich nur aufpassen, daß ich nicht aus Versehen
die ganze Branche und die UNO verunglimpfe )

Damit komme ich aber zu Auswahlkriterien:
- saisongerecht wurzelnackte Ware,
- kräftige Wurzeln entsprechend Unterlage,
- stabile, vollständig verheilte Veredelungsstelle,
- kräftige, feste Triebe in voller Länge mit gesunder Endknospe,
- möglichst symmetrisch,
Smallfarmer:
5. Erläutere verschiedene Baumformen und deren verschiedene Schnittformen
Autsch - das ist ja der halbe Vortrag.
Werde mich beschränken auf folgende Kronenformen
- Spalier, Kordon, Schnurbaum,
- Spindelbusch, Buschbaum,
- Gerüstastspindel,
- schlanke Spindel: Niederstamm
- freie Spindel: Halb- u. Hochstamm,

Unter den Aspekten Ertrag, Gesundheit und Langlebigkeit favorisiere ich
die freie Spindel als naturnahe Kronenform. Wichtig sind:
- Symmetrie und vielfältige Verzweigungen,
- lange junge Triebe mit Fruchtholz,
- kleinstmögliche Schnittwunden, geringstmögliche Eingriffe,

Um dies mit Ertragsbeginn und Standortbedingungen passend zu verbinden,
wählt man eine passende Unterlage, i.d.R. die schwachen für Busch und Sonderformen,
mittlere und starke für Halb- und Hochstamm.
Smallfarmer:
6. Stelle moderne Schnittwerkzeuge vor
Respect: Du meinst aber jetzt nicht die elektrische Kettensäge
am Teleskopstiel, die Hydraulische Astschere oder den Mähbalken ?

Nein! Scharfe Säge, scharfes Messer, scharfe Schere.
( Um solche Fragen werde ich mich herumwinden, wie ein
Regenwurm um den Amselschnabel. )
Smallfarmer:
7. Was ist von der Veredlungszange zu erwarten?
Auch da muß ich passen.
Hab ich nicht, kann mir aber nur vorstellen, daß man damit
Hilfskräfte im Akkord arbeiten lassen kann. Wird sich wohl durchsetzen
auf den indischen Zuchtfeldern.
Ich kann mir auch vorstellen, daß alle Pflanzenteile durch einen
Veredelungsautomaten laufen aus dem am Ende die verpackte Ware im
Container herauskommt.
Smallfarmer:
8. Was sind die wichtigsten Schnittformen der Handveredlung?
Mit den Formen bringst Du mich an meine Grenzen.
Ich kenne:
- Pfropfung gleichstarker Teile,
- Spaltpfropfung und Kerbpfropfung,
- Augenveredelung,
Smallfarmer:
Bestimmt kommt auch noch eine Frage zu neuen resisten Kernobstsorten,
deren Geschmack und Eignung für den Hausgarten.
Na das gesamte Pillnitzer Sortiment, Robinola und Topaz.
Werde mir noch die Liste besorgen.
Wenn ich nicht so geizig wäre, hätte ich ja welche zur Verkostung mit
nehmen können. Aber ich denke, die meisten Teilnehmer werden die alle
schon durchprobiert haben.

Haus- und Kleingarten hat eine besondere Spezifik, nämlich den
Platzmangel, Grenzabstände und extremer Befallsdruck.
Da stehen Mülltonne und Kompostbehälter schon mal direkt unter
dem Apfelbaum und 2m weiter schaut schon der Waschbär unter dem
Dachziegel hervor. Also - eine Zierquitte !
Oder die Riesequitte von Vranje - ein Statussymbol - und gegessen
wird dann der Apfel aus dem Outletstore.
Smallfarmer:
Bekämpfung von Birnengitterrost ist bei uns Thema.
Gut - heißt also für mich, vorsichtshalber den Katalog der
zugelassenen chemischen Pflanzenschutzmittel mitnehmen.

Birnengitterrost: je mehr Kriechwacholder gepflanzt wird,
um so höher der Befallsdruck. Bekämpfung am Birnenbaum muß
darum vorbeugend jedes Jahr und über längeren Zeitraum erfolgen.

Solche Fragen leite ich gleich an die Intensivobstbauern weiter.
Die werden dann mal mit der Sprache rausrücken, wie viel Tonnen
Spritzmittel sie jährlich pro Hektar anwenden.
Freue mich jetzt schon auf die verlegenen Gesichter.

Danke Dir, ich sehe nämlich jetzt meinen Nachholbedarf.

Das Faultier

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