Leider habe ich jetzt auch ein Flaschenkälbchen. Heute Nacht ist eine Geburt gewaltig in die Hose gegangen.
Ich war gestern spät noch auf der Weide für eine Kontrolle. Bei einer Färse schauten die 2 Klauen des Kälbchens aus der Scheide. Ich dachte: Schön, es geht los. Wart ich, bis es da ist. Nach einer guten Stunde Zusehen bei den Wehen hatte sich immer noch nichts weiterbewegt. Mehrfach kamen Maul und Zunge des Kälbchens zum Vorschein und rutschten dann wieder rein.
Bei mir keimte der Verdacht, dass sie evtl. schon länger als ich dachte im Geburtsvorgang ist und es sich um eine Schwergeburt handelt. Deshalb habe ich mich entschieden einzugreifen.
Da die junge Damie ausgerechnet eine der scheusten der Herde war, konnte ich mich nur ganz vorsichtig nähern und auch nur, wenn sie gerade gelegen hat. Nach ca. einer weiteren Stunde bin ich dann an die Füße des Kälbchens gekommen und konnte es mit einem Strick herausziehen.
Beide waren zwar völlig platt (war ja verständlich) und blieben ausgestreckt liegen, aber das Kalb atmete und ich war guter Dinge.
Also zurück zum Auto, die Ohrmarken holen.
Nach zwei Minuten bin ich wieder bei den beiden und sehe das Malheur: Die Kuh hatte die Gebärmutter herausgedrückt. Vermutlich kam nach der Geburt noch eine heftige Wehe oder so und die Gebärmutter saß wegen der langen Drückerei nicht mehr fest genug.
Es war schon stockfinster. Also gleich heim und den Tierarzt gerufen, ein paar Lampen eingesammelt und ein Seil, um die Kuh für die Behandlung anhängen zu können.
Es kommt bei Kühen immer wieder mal vor, dass nach der Geburt die Gebärmutter (der Tragesack) herausgedrück wird. In vielen Fällen kann der TA sie wieder reindrücken und die Scheide so zunähen, dass die Gebärmutter abheilen kann. Wir hatten so einen Fall schon mal vor einigen Jahren bei einer Milchkuh. Decken würde man so ein Tier nicht mehr, aber wenigstens hätte sie noch ihr Kälbchen aufziehen können.
Leider ist es uns in der Nacht nicht mehr gelungen, das Tier zu fangen. Bis wir zurück auf die Weide kamen, war sie aufgestanden und nicht mehr zu beruhigen. Mit 3 Mann konnten wir wie weder mit dem Lasso fangen noch in die Fanganlage treiben.
Als auch noch die Akkus der Lampen leer waren, mussten wir gegen Mitternacht aufgeben und haben beschlossen, beim ersten Tageslicht den nächsten Versuch zu starten.
Früh morgens war ich wieder draußen und habe zuerst ihr Kalb in die Fanganlage geschafft, in der Hoffnung, sie würde folgen. Das Funktioniert in der Regel gut. Bei der Dame half es leider gar nichts. Also den Rest der Herde zur Anlage geockt und versucht, sie nachzutreiben. Sie war nicht zur Anlage zubekommen. Um halb sieben hatte ich ihr endlich einen Saum und ein langes Seil angelegt. Tierarzt gerufen, Traktor geholt und sie an den Traktor gehängt, damit sie nicht wieder flüchten kann. Dann noch sauberes, warmes Wasser besorgt, damit wir die Gebärmutter etwas reinigen können, vor dem wieder Reindrücken.
Bis ich mit dem Wasser zürück kam, war auch der Tierarzt da. Leider konnte er noch noch den Tod feststellen. Sie hatte wohl innere Blutungen, verstärkt durch die Anstrengungen bei den Fangversuchen.
Das ist das Doofe an der ganzjahres Freilandhaltung. Im Stall kommt man an jedes Tier schnell ran, wenn es behandelt werden muss. Auf der Weide kann das sehr aufwändig werden, wenn ein Tier bockt. Sie war dran gewöhnt, regelmäßig durch die Fanganlage zu gehen. Aber jetzt, im Notfall, nichts zu machen.
Das Kälbchen habe ich mit nach Hause genommen um in leeren Stall in eine Kälberbucht gesetzt.
Hoffentlich hat es in der Nacht noch etwas Biestmilch trinken können. Von dem Bauern im Umkreis hatte leider auch keiner eine frische Mutter wo man etwas Biestmilch hätte abzapfen können.
Ich habe am Vormittag von der Biokontrollstelle die Genehmigung erhalten, einen konventionellen Spezial-Milchaustauscher für solche Fälle (wenig oder keine Biestmilch) einzusetzen.
Wenn wir das Kälbchen durchbringen, muss es halt konventionell vermarktet werden.
Drückt dem kleinen Stierkalb die Daumen. Munter ist es. Es steht auf und trinkt aus der Flasche. Aber ohne den Immunschutz durch die Biestmilch und den Mutterkontakt sind die Kleinen sehr anfällig für Krankheitserreger.