Wo würdet ihr hingehen, wenn ihr frei wählen dürftet?

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DieterB
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Re: Wo würdet ihr hingehen, wenn ihr frei wählen dürftet?

#21

Beitrag von DieterB » Mo 19. Sep 2011, 09:38

Manfred hat geschrieben:Hattet ihr schon Sprachkentnisse, als ihr umgezogen seit?
Als Tourist kommt manja immer irgendwie durch, und wenn man es aufmalen muss. Behördengänge etc. im Hinterland stell ich mir komplizierter vor? Obwohl man sich da ja auch Hilfe nehmen könnte, bis man selber fit genug in der Sprache ist...
Die Menschen hier sind sehr tolerant und geduldig. In Frankreich z. B. wirst du nicht fuer vollwaertig genommen wenn du nicht tadellos Franzoesisch sprichst. Aber hier kannst du die Sprache so sehr maltraetieren wie du willst, das nimmt man dir nicht uebel. Junge Leute sprechen meistens Englisch. Aber fuer Behoerdengange oder um mit Verkaeufern und Handwerkern zu verhandeln, ist es schon von Vorteil, die Landessprache zu beherrschen. Beim Hauskauf solltest du ohnehin einen Anwalt nehmen. Immobilienagenturen haben meistens English- oder Deutschsprachiges Personal.

Dieter

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emil17
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Re: Wo würdet ihr hingehen, wenn ihr frei wählen dürftet?

#22

Beitrag von emil17 » Mo 19. Sep 2011, 10:06

DieterB hat geschrieben:In Frankreich z. B. wirst du nicht fuer vollwaertig genommen wenn du nicht tadellos Franzoesisch sprichst.
Man IST nicht vollwertig, wenn man nicht französisch kann, nur weiss das ausserhalb Frankreichs keiner :)
Im Gegensatz zu den Amis, von denen viele schlicht nicht wissen, dass es noch andere Sprachen als Englisch gibt.
(/Vorurteilsmodus aus)
Wenn man nicht sozial isoliert bleiben und von den ganz praxisorientierten Kenntnissen der Lokalbevölkerung profitieren will - darauf zu verzichten können sich nur Sektengurus oder Extremveganer leisten - dann muss man die Landessprache können. Das dürfte überall auf der Welt so sein. Das Diplom in International Busines English nützt wenig, wenn man den Nachbarn fragen muss, wo die Grenze zu seinem Grundstück denn nun genau ist oder wo genau man Stacheldraht oder Wasserleitungsrohr bekommen kann.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Re: Wo würdet ihr hingehen, wenn ihr frei wählen dürftet?

#23

Beitrag von Buchkammer » Mo 19. Sep 2011, 11:01

@DieterB
Besten Dank für deinen ausführlichen Beitrag. Wenn Heinrich Böll Selbstversorger gewesen wäre, hätte er sein irisches Tagebuch sicher in diesem Stil verfasst, denn genau an dieses Buch hat mich dein Beitrag erinnert. Im Ernst, schreib noch ein paar Zeilen dazu und mach daraus ein Buch. :daumen:

In Portugal war ich auch ab und an mal. Vornehmlich aber in den großen Städten Porto und Lissabon. Die Groß- bzw Hauptstädte sind wahrscheinlich überall gleich: viel zu hektisch und für Naturmenschen zum Leben nicht geeignet.

Außer dem Baikalsee als Domizil könnte ich mir auch ein Leben an der irischen Westküste vorstellen. Etwas rauhe See aber ein mildes Klima durch den Golfstrom und die Ir(r)en, die ich kennen lernen durfte, hatten eine lockere Mentalität. Wobei man aber auch bedenken sollte, dass die Kirchen in Irland noch immer gut gefüllt sind. Über 85 % der Bevölkerung bekennen sich zum römisch-katholischen Glauben. Das ist sicher nicht nachteilig, aber es kann eventuell zu Verständigungsschwierigkeiten kommen, wenn man einer anderen ode gar keiner Religionsgemeinschaft angehört.

Das mit der sogenannten Voreingenommeheit der Franzosen wegen der meist fehlenden Sprachkenntnisse kann ich bestätigen. Wobei, wenn man sich in diesem Land (oder in jedem anderen) als Gast vehält, auch als Gast behandelt wird. In einigen Gegenden Frankreichs ist man auch heute noch nicht so gut auf Deutsche zu sprechen. Meist rührt das noch aus den Greueltaten des 2. Weltkrieges her, in denen wegen Partisanenaktivitäten ganze Dorfbevölkerungen ausgelöscht wurden.

Aber was haben wir noch im Angebot? Spanien? Sicher auch ein schönes Land, aber auf der Mittelmeerseite wohl nur südlich ab Valencia für Selbstversorger geeignet, da die nördlichen Gebiete von Touris übervölkert werden. Nachteil: In Spanien kann es in südlichen Gefielden während der Sommerzeit ziemlich heiß werden.

Dann wären da noch Schweden oder Norwegen. Sicher viel Platz für Selbstversorger, aber dann doch wieder zu kühl und zu lange Winter.

Am Ende ist es im eigenen Garten vorerst eigentlich auch sehr schön. Nicht für alle Zeiten und bis an das Lebensende, aber man besitzt sozusagen ein eigenes kleines Paradies, in dem man, sofern es die Gartenverordnung zulässt, schalten und walten kann, wie es einem beliebt. Während der Gartenarbeit lernt man von und mit der Natur und besitzt die notwendige Zeit, um die Vor- und Nachteile seines zukünftigen Domizils genau abzuwägen. Und wenn es einmal soweit ist, sollte man sich auch nicht alleine in die große weite Welt begeben, sondern in einer Gruppe Gleichgesinnter, so wie es Little Joe vortrefflich beschrieben hat.

Vielen Dank für eure Meinungen.
Gestern war ich klug und wollte die Welt verändern. Heute bin ich weise und möchte mich verändern. (Rūmī)
https://www.bewusste-menschen.de/

DieterB
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Re: Wo würdet ihr hingehen, wenn ihr frei wählen dürftet?

#24

Beitrag von DieterB » Mo 19. Sep 2011, 12:06

Buchkammer hat geschrieben:Das mit der sogenannten Voreingenommeheit der Franzosen wegen der meist fehlenden Sprachkenntnisse kann ich bestätigen. Wobei, wenn man sich in diesem Land (oder in jedem anderen) als Gast vehält, auch als Gast behandelt wird. In einigen Gegenden Frankreichs ist man auch heute noch nicht so gut auf Deutsche zu sprechen. Meist rührt das noch aus den Greueltaten des 2. Weltkrieges her, in denen wegen Partisanenaktivitäten ganze Dorfbevölkerungen ausgelöscht wurden.
Ich mag die Franzosen sehr gern, deshalb darf ich auch mal ein bisschen laestern. Bei meiner ersten Anstellung in Paris (in den 70ern) konnte ich schon fliessend Franzoesisch und hatte keine Probleme mit den Kollegen. Nach einigen Monaten in dem Buro musste ich einen Anruf auf Deutsch beantworten. Als ich noch am Hoerer war, merkte ich wie meine Kollegen mich mit offenem Mund anstarrten. Als ich auflegte, sagte einer ganz verbluefft: "du kannst ja richtig sprechen!". Da war mir klar, dass auch wenn ich ein gutes Verhaeltnis zu den Kollegen hatte, man mich doch die ganze Zeit nicht richtig fuer voll genommen hatte, weil mein Akzent sich von ihrem unterschied.

Wenn ich mich an eine andere Episode erinnere, muss ich heute noch Lachen. Ich war mit einem franzoesischen Kollegen auf Kundenbesuch in Korea. Im Taxi, auf der Rueckkehr ins Hotel nach einem ueppigen Kundenessen, fragte er mich, ob ich denn wuesste, was man nach einem guten Essen in Frankreich sagt? Ich verneinte. Daraufhin druckste er so ein bisschen herum und war nicht sicher, ob er es wagen sollte. Schliesslich sagte er es mir doch: „au moins les Bosches n'e l'auront pas“ (wenigsten kriegen es die Deutschen nicht). Alles was man schon im Magen hatte, konnten sich die deutschen Besatzer nicht mehr holen. Ich fand das so liebenswuerdig und so menschlich, ich hab mich vor lachen kaum noch eingekriegt. Mein Kollege war auch sehr zufrieden, dass ich es so gut aufnahm.

lg. Dieter

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Re: Wo würdet ihr hingehen, wenn ihr frei wählen dürftet?

#25

Beitrag von emil17 » Mo 19. Sep 2011, 12:45

Bei allen Diskussionen um den Euro - ich finde, es ist ein Wunder, dass nach den ewigen Kriegszügen über die Grenze, im 17. und 18. Jhdt beliebig oft, zuletzt 1870, 1914 und 1940, nun aus ehemaligen Erbfeinden offenbar doch Nachbarn geworden sind.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Re: Wo würdet ihr hingehen, wenn ihr frei wählen dürftet?

#26

Beitrag von Knurrhuhn » Mo 19. Sep 2011, 14:01

emil17 hat geschrieben:
DieterB hat geschrieben:In Frankreich z. B. wirst du nicht fuer vollwaertig genommen wenn du nicht tadellos Franzoesisch sprichst.
Man IST nicht vollwertig, wenn man nicht französisch kann, nur weiss das ausserhalb Frankreichs keiner :)
Im Gegensatz zu den Amis, von denen viele schlicht nicht wissen, dass es noch andere Sprachen als Englisch gibt.
(/Vorurteilsmodus aus)
Wenn man nicht sozial isoliert bleiben und von den ganz praxisorientierten Kenntnissen der Lokalbevölkerung profitieren will - darauf zu verzichten können sich nur Sektengurus oder Extremveganer leisten - dann muss man die Landessprache können.
Emil - Du hattest Deinen Vorurteilsmodus noch an! :motz: :pft: ;)

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Re: Wo würdet ihr hingehen, wenn ihr frei wählen dürftet?

#27

Beitrag von Olaf » Mo 19. Sep 2011, 14:58

Wir war´n mal auf nem Campingplatz in Italien, neben uns ne Französin mit 2 kleinen Kindern.
Platzregen, und als der vorbei war, drohte ihr Zelt abzusaufen. Ich hab ihr wortlos, ich kann kein französisch, meinen Campingspaten hingehalten und ein bisschen geholfen. Zum Dank schob sie mir ihren halben Joint zwischen die Lippen. Normalerweise rauch ich so was nicht, aber man will ja nicht unhöflich sein. :grr:
Wir haben sie dann abends zum Essen eingeladen, meine Frau kann leidlich französisch und mußte dann immer noch für mich übersetzen.
Nach dem x-ten Glas Wein hatte das wohl auch die Französin satt - und spach plötzlich ENGLISCH!
Geht also doch :mrgreen:
Olaf
Eigentlich bin ich ein netter Kerl.
Wenn ich Freunde hätte, könnten die das bestätigen.

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Re: Wo würdet ihr hingehen, wenn ihr frei wählen dürftet?

#28

Beitrag von Theo » Mo 19. Sep 2011, 21:03

Frau Hollerbusch hat geschrieben:Emil - Du hattest Deinen Vorurteilsmodus noch an! :motz: :pft: ;)
Viele "Vorurteile" beschreiben ganz einfach Tatsachen.
emil17 hat geschrieben:Bei allen Diskussionen um den Euro - ich finde, es ist ein Wunder, dass nach den ewigen Kriegszügen über die Grenze, im 17. und 18. Jhdt beliebig oft, zuletzt 1870, 1914 und 1940, nun aus ehemaligen Erbfeinden offenbar doch Nachbarn geworden sind.
Kunststück, wenn der eine Kernwaffen hat und der andere nicht. :pfeif:
Olaf hat geschrieben:Nach dem x-ten Glas Wein hatte das wohl auch die Französin satt - und spach plötzlich ENGLISCH!
Geht also doch :mrgreen:
Das machen sie normalerweise nur unter Androhung von Folter :engel:
Gruß
Theo

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Re: Wo würdet ihr hingehen, wenn ihr frei wählen dürftet?

#29

Beitrag von emil17 » Mo 19. Sep 2011, 22:13

Theo hat geschrieben:Kunststück, wenn der eine Kernwaffen hat und der andere nicht.
Wobei der ohne Kernwaffen deutlich im Vorteil ist.
Ich meinte das aber durchaus ernst - vor 60 Jahren war die gemeinsame Grenze der beiden Länder eine Reihe von Bunkern, strategischen Hindernissen und Zollkontrollen - jetzt steht irgendwo zwischen verwitterten Gefallelendenkmalen ein Schild, das eine Landesgrenze anzeigt und die Tatsache, dass gewisse Verkehrsregeln anders sind.
Dass ich in Deutschland angekommen bin, merke ich am deutlichsten an den Schildern. "Eltern haften für ihre Kinder" und "Betreten auf eigene Gefahr" - sowas ist mir in Frankreich noch nie aufgefallen.
Französisches Savoir-Vivre mit deutschen Qualitätswaren - das käme dem Paradies, und hiermit sind wir wieder beim Thema, schon recht nahe.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Re: Wo würdet ihr hingehen, wenn ihr frei wählen dürftet?

#30

Beitrag von Theo » Mo 19. Sep 2011, 23:06

emil17 hat geschrieben:Wobei der ohne Kernwaffen deutlich im Vorteil ist.
Du meinst, weil der nicht entscheiden muss, wann er sie einsetzt?
emil17 hat geschrieben:Ich meinte das aber durchaus ernst - vor 60 Jahren war die gemeinsame Grenze der beiden Länder eine Reihe von Bunkern, strategischen Hindernissen und Zollkontrollen - jetzt steht irgendwo zwischen verwitterten Gefallelendenkmalen ein Schild, das eine Landesgrenze anzeigt und die Tatsache, dass gewisse Verkehrsregeln anders sind.
EU und Euro werden schon dafür sorgen, dass es bald wieder richtige Grenzen gibt.
emil17 hat geschrieben:Dass ich in Deutschland angekommen bin, merke ich am deutlichsten an den Schildern. "Eltern haften für ihre Kinder" und "Betreten auf eigene Gefahr" -
Und ich an den Irren auf der Autobahn :bang:
emil17 hat geschrieben:Französisches Savoir-Vivre mit deutschen Qualitätswaren - das käme dem Paradies,
Kulinarisch ist mir Italien lieber - die Küche ist nicht so affig-übertrieben, und der Kaffee ist auch überall besser.
Gruß
Theo

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