Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

Manfred

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#3621

Beitrag von Manfred » Fr 4. Feb 2022, 23:14

Emil, indem du mir eine Straftat unterstellst, gewinnen deine Aussagen nicht an inhaltlichem Wert.

Denke einfach mal darüber nach, wie du dir eine ideale Welt vorstellst, in einer fernen Zukunft, und wie man dorthin gelangen könnte.
Wie sieht die Landwirtschaft in dieser Zukunft aus?
Wie sieht die Schuhproduktion in dieser Zukunft aus?
Wie werden die Einkommen und die Lebensqualität der Landwirte und Schuhmacher deiner Zukunft gesichert?
Und die aller anderen Menschen?

Benutzeravatar
emil17
Beiträge: 11096
Registriert: Di 21. Sep 2010, 08:07
Wohnort: In der Schweiz da, wo die Berge am höchsten sind

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#3622

Beitrag von emil17 » Sa 5. Feb 2022, 09:24

Ich unterstelle dir nichts, ich lese nur was du geschrieben hast.

Selbstverständlich denke ich über eine bessere Welt nach.
Ebenso selbstverständlich gibt es mehrere Ansichten dazu, wie die aussehen soll und wie man dorthin gelangen könnte.
Deshalb kann ein Staat niemals die bessere Welt erschaffen, er kann und soll nur allen ermöglichen, mit gleichen Voraussetzungen sein eigenes Leben und das seiner Angehörigen in diesem Sinne zu gestalten, indem er die in gesellschaftlichem Konsens erarbeiteten Spielregeln für alle und ohne Ausnahme durchsetzt. Die Bürger sind in der Pflicht, aktiv daran mitzuwirken und das Wohl der Gesellschaft von den kurzfristigen Auswirkungen auf ihr eigenes Einkommen zu unterscheiden.
Also durchaus im Sinne der amerikanischen Verfassung von 1776 - aber schau, was die Juristen und Wirtschaftslobbyisten daraus gemacht haben ...
Daraus ergibt sich doch zwanglos, dass alle gleichberechtigt mitzureden haben und dass niemand für andere die ideale Welt definieren kann.
Wenn meine Welt nicht so gut ist wie ich sie gerne hätte, dann bin ich selbst zuerst in der Pflicht, das in meinem Sinne zu ändern. Verglichen mit unseren Vorfahren haben wir trotz aller Übelstände viel bessere Voraussetzungen dazu.

Ich sehe folgende dringend nötige Verbesserungen auf der Ebene der Staaten, um näher an ein Ziel zu kommen, das man nie wird erreichen können:
a) Sämtliche Umweltbelastungen und sozialen Nachteile eines Produktes müssen in die Ware eingepreist werden, selbstverständlich auch bei Import. Selbstverständlich kann man das nur von anderen fordern, nachdem man hier selbst korrekt handelt.
b) Weniger wäre mehr - vor allem bei Konsumartikeln, die nur scheinbar die Lebensqualität verbessern. Da jeder andere Vorlieben hat, muss das niemand für andere entscheiden, wenn a) gegeben ist.
c) Eine wirtschaftliche Sicherung der Einkommen als Voraussetzung für Lebensqualität bedingt eine viel höhere steuerliche Belastung der leistungslosen Einkommen zugunsten derjenigen, die die Arbeit tatsächlich machen.
d) Es muss unterschieden werden zwischen Eigentum, das der Lebensqualität dient (z.B. um seinen Lebensunterhalt damit zu erwerben, etwa Hof und Land des Selbstbewirtschafters), und Eigentum, das nur dazu dient, auf Kosten der anderen zu leben. Das erste verdient staatlichen Schutz, das zweite nicht. Wo man die Grenze zieht, ist wiederum Ergebnis eines gesellschaftlichen Konsens.

Wir zwei reiben uns vor allem daran, dass ich industriell betriebene Landwirtschaft als eine (von mehreren) Hauptursachen unserer Umweltprobleme ansehe, während das für dich ausser Diskussion steht. Des weiteren bin ich grundsätzlich anderer Meinung, wenn es darum geht, ob der Staat fördern soll, nur um Produzenten das wirtschaftliche Überleben zu sichern, und wo er durch Vorschriften in die Produktion eingreifen darf.
Und ja, ich habe Mühe damit, wenn Fakten bestritten werden, um Übelstände einer Produktionsweise oder eines Gewerbezweiges nicht diskutieren zu müssen.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Benutzeravatar
Tscharlie
Beiträge: 1056
Registriert: Do 27. Jan 2022, 08:45
Familienstand: verheiratet

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#3623

Beitrag von Tscharlie » Sa 5. Feb 2022, 10:07

Ich denke schon dass das Parlament eventuell auch die EU oder die Weltgemeinschaft Regeln vorgeben müssen.
Wobei nur die Rahmenbedingungen vorgegeben werden.

Ein Beispiel: Es dürfen nur Stoffe hergestellt werden, die entweder (wie Metalle) zu 100 % recyelbar sind oder von der Natur binnen sagen wir 10 Jahren wieder aufgenommen werden.

Schon wäre das Problem Plastik in der Umwelt gelöst.
Heute ist es so: Ihr habrt einen Gartenzaun, den streicht ihr mit einer "Wasserlasur" in der Meinung: alles gut.
Nichts ist gut, das Gift das das Holz vor verrotten schützen soll ist in euren Grundwasser. (Diese Stoffe sind in der Landwirtschaft seit langem verboten!)
Im Laufe der Zeit baut sich die Lasur ab, nein tut sie nicht denn das enthaltende Acryl wird nur ein Microplatirkteilchen zerlegt und landen in eurem Garten.

Also nicht so sehr auf das Plastik in den Oceanen schimpfen, wenn ihr es im Vorgarten selbst produziert.

Einmal hat das übrigens binnen weniger Jahre geklappt, alle haben weltweit mitgezogen. Das was das Problem mit den FCKWs, nur die Autoindustrie hat an ihren Klimaanlagen mit FCKW festhalten wollen. Ich würde wenn es um Erhaltung der Welt gehen jeden fragen, außer die Autoindustrie.
Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier. M.Gandhi

Benutzeravatar
Rohana
Förderer 2018
Förderer 2018
Beiträge: 5624
Registriert: Mo 3. Feb 2014, 21:31
Familienstand: verheiratet
Wohnort: Oberpfalz

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#3624

Beitrag von Rohana » Sa 5. Feb 2022, 11:56

emil17 hat geschrieben:
Sa 5. Feb 2022, 09:24
Wir zwei reiben uns vor allem daran, dass ich industriell betriebene Landwirtschaft als eine (von mehreren) Hauptursachen unserer Umweltprobleme ansehe, während das für dich ausser Diskussion steht.
Naja... für dich ist ja jegliche moderne Landwirtschaft gleich industriell. Ist für viele andere auch so, ändert aber nichts daran dass so ziemlich sämtliche unter dieser Prämisse getroffenen Forderungen vor allem den Strukturwandel vor Ort beschleunigen und die grundlegenden Probleme der Landwirtschaft in andere Regionen der Welt auslagern. :im:
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

Manfred

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#3625

Beitrag von Manfred » Sa 5. Feb 2022, 13:49

emil17 hat geschrieben:
Sa 5. Feb 2022, 09:24
Wir zwei reiben uns vor allem daran, dass ich industriell betriebene Landwirtschaft als eine (von mehreren) Hauptursachen unserer Umweltprobleme ansehe, während das für dich ausser Diskussion steht.
Du weißt so gut wie ich, dass das nicht zutrifft.
Ganz im Gegenteil.
Du bist derjenige, der die Zerschlagung der aktuellen Agrarstrukturen zugunsten noch viel größerer Strukturen befürwortet oder zumindest als unausweichlich in Kauf nimmt.
Die kritisierst die aktuellen Strukturen als industriell. Was sollen dann die entstehenden noch viel größeren Strukturen sein?
Deine Aussagen sind ein ständiger Widerspruch. Du förderst genau das, was du angeblich ablehnst.
Des weiteren bin ich grundsätzlich anderer Meinung, wenn es darum geht, ob der Staat fördern soll, nur um Produzenten das wirtschaftliche Überleben zu sichern, und wo er durch Vorschriften in die Produktion eingreifen darf.
Das mag sein.
Ich stelle wiederholt fest, dass die deutschen Produzenten die an sie gestellten Forderungen nicht leisten können, wenn nicht entweder die Mehrkosten durch Zuschüsse ausgeglichen werden oder ein konsequenter Außenschutz dafür sorgt, dass keine Ware mehr ins Land gelangt, die die Forderungen an die heimische Produktion nicht ebenfalls erfüllt.
Du dagegen siehst es für völlig normal an, die heimischen Produzenten massiv finanziell zu benachteiligen und so ihre Existenzen zu zerstören.
Und ja, ich habe Mühe damit, wenn Fakten bestritten werden, um Übelstände einer Produktionsweise oder eines Gewerbezweiges nicht diskutieren zu müssen.
Ja. Das geht mir umgekehrt genauso...

Manfred

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#3626

Beitrag von Manfred » Sa 5. Feb 2022, 17:48

DLG-Mitgliedernewsletter 05/2022

Der Handlungsdruck steigt
Dr. Albert Hortmann-Scholten zum Schlachtschweinemarkt

Die explosionsartig ansteigenden Corona-Neuinfektionen setzen den Schweine- und Ferkelmarkt erneut unter Druck. In den Schlacht- und Zerlegebetrieben fehlen zahlreiche Arbeitskräfte. Befürchtungen werden laut, dass sich erneut ein Schweinestau bilden könnte, wie im Herbst 2020. Von der Absatzseite werden die Märkte ebenfalls durch die Schließungen von Gastronomie und Kantinen massiv gedrosselt. Der Warenabfluss stagniert.

Mittlerweile wird vielen Marktbeteiligten klar, dass es sich am Schweinemarkt nicht mehr um ein normales zyklisches Preistief handelt, sondern um einen dramatischen Strukturanpassungsprozess. Von diesem ist der gesamte Fleischsektor einschließlich der vor- und nachgelagerten Bereiche betroffen. Der nach der Rindersparte ökonomisch bedeutendste Sektor der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft ist stark gefährdet. Landwirte, die weiterhin mit der Schweinehaltung Geld verdienen wollen, müssen sich über folgende drei Punkte im Klaren sein:

Aufgrund der kostenträchtigen Auflagenflut und einer ausufernden Bürokratisierung hat die Bundesrepublik seine Marktführerschaft sowohl innerhalb der Europäischen Union als auch auf dem Weltmarkt verloren. Die von hiesigen Erzeugern in den letzten 18 Monaten freigesetzten Marktanteile sind von EU-Wettbewerbern ohne Probleme - auch auf den asiatischen Märkten - übernommen worden. Von der Krise in Deutschland profitieren u. a. Spanier und Dänen. Dort steigt die Produktion schneller als sie bei uns zurückgeht. Eine zyklische Preiswende kann daher kaum erwartet werden. Statistiker prognostizieren für den EU-Binnenmarkt im laufenden Jahr einen Selbstversorgungsgrad von 127 Prozent bei gleichzeitig rückläufigem Pro-Kopf-Verbrauch. In Deutschland wird der Schweinefleischverzehr in diesem Jahr die 30-Kilogramm-Grenze unterschreiten. Selbst wenn wir zum Frühsommer aufgrund einer besseren Nachfrage steigende Schweine- und Ferkelpreise sehen werden, wird aufgrund der hohen Produktionskosten die Gewinnschwelle nicht erreicht.

Sektoral werden die Belastungen in der gesamten Erzeugungskette zunehmen. Alleine durch die Folgen der Corona-Krise sind auf Dauer Zusatzkosten z. B. aufgrund von höheren Hygiene- und Arbeitsschutzmaßnahmen entstanden, die in einem schrumpfenden Markt kaum an den Endverbraucher weitergegeben werden können. In allen Betrieben der vor- und nachgelagerten Industriebereiche steigen neben den variablen auch die Fixkosten überproportional an, da der verringerte Mengenumsatz zu Überkapazitäten führt. Schlachthöfe und Mischfutterbetriebe werden aufgrund der geringeren Produktion zu Betriebsschließungen gezwungen. Im gesamten Sektor wird man verstärkt über Kooperationen oder Fusionen nachdenken müssen. Aufgrund dessen etablieren sich auch im Rotfleischbereich Integrierte Produktionssysteme. Durch die Corona Krise haben viele Schweinehalter gelernt, dass sie sich vertraglich absichern müssen. Aufgabe der Branchenverbände wird es sein, dass Vertragskonstruktionen entwickelt werden, die auf Erzeugerseite eine Kostendeckendung erlauben.

Der Lebensmittelhandel (LEH) will vermehrt Fleisch aus alternativer Erzeugung an den dt. Markt bringen. Die vom LEH geschaffene Haltungsinitiative wird aufgrund von Wettbewerbsnachteilen ausländische Produzenten noch besser ins Spiel bringen. Denn die präferierten Haltungsformen 3 und 4 sind derzeit alleine aus baurechtlichen Gründen kaum in der Breite auszurollen. Zudem werden offenkundige Zielkonflikte zwischen Immissions- und Tierschutz und den damit zusammenhängenden ökonomischen Herausforderungen von der Politik kurzfristig nicht gelöst. Erst bis Ende 2022 will die neue Bunderegierung ein Paket aus Haltungskennzeichnung, Finanzierung und geändertem Genehmigungsrecht für Stallbauten erarbeiten. Bei der Herkunftskennzeichnung setzt das BMEL auf eine europäische Lösung, was sich noch schwieriger gestalten dürfte.
Angesichts der desaströsen wirtschaftlichen Lage werden viele Betriebe bis dahin längst ihre Hoftore geschlossen haben. Der Handlungsdruck auf die Brache, vor allem aber auf die Politik steigt.
Fazit: Für viele Schweinehalter stellt sich jetzt die Grundsatzfrage: Weiter Eigenkapital verbrennen oder aussteigen. Auch wenn einige Frühindikatoren mittelfristig für eine Preiserholung sprechen, wird sich die verfahrene Situation kaum wie in früheren zyklischen Preistiefs durch eine Angebotsreduktion der deutschen Schweinehaltung lösen. Für den politisch geforderten Umbau der Tierhaltung und eine damit hoffentlich einhergehende bessere wirtschaftliche Lage auf den Höfen ist eine breite gesellschaftlich Unterstützung erforderlich.
Heißt eingedeutscht: Auch in der kleinen Marktnische Frischfleisch (wo nur die Edelteile bezahlt werden, der Rest bleibt billige Verarbeitungsware) der Haltungsstufen 3 und 4 werden ohne 5 x D (das schon wieder am Wanken ist, weil die Verbraucher den Mehrpreis nicht Zahlen, sondern die billigere Aktionsware kaufen) die deutschen Schweinehalter keine Überlebenschance finden, weil das Fleisch dafür aus Südfrankreich und Spanien aus den aufgrund des Klimas dort eh schon vorhandenen Offenställen importiert wird.

Wenn die Politik nicht massiv eingreift, werden mittelfristig nur noch 10 bis 20 % des Schweinefleisch-Eigendarfs aus D kommen, für Nischenmärkte. Alles andere ist hier wirtschaftlich nicht mehr darstellbar. Wer unter den derzeitigen Rahmenbedingungen in dem Markt bleibt, verbrennt sein Vermögen.
Wir verschieben mehrere Milliarden an Wirtschaftsleistung und Steueraufkommen ins Ausland, zerstören unsere Versorgungssicherheit, verlängern die Transportwege und für den Großteil der Tiere wird keine Verbesserung erreicht, sondern für viele das Gegenteil. Und die Infrastruktur und die Fachkräfte, die wir dabei verlieren, werden in Zukunft kaum wieder herstellbar sein. Dabei haben wir heute schon viel zu wenige Landwirte, um die Tierhaltung zu den angeblich gewünschten, viel personalintensiveren Formen umzubauen. Gut organisierte konventionelle Mastbetriebe benötigen heute ca. 0,5 bis 0,7 Stunden Arbeitszeit je erzeugtem Mastschwein. Im Biobereich auf Stroh sind es ca. 1,5 Stunden. Der Marktanteil von Bioschweinefleisch liegt irgendwo bei 1 - 2%.
D.h. selbst wenn wir es schaffen würden, das aktuell noch vorhandene Personal komplett in der Schweinehaltung zu behalten, könnten wir damit nach gewünschten Standards nur noch 50% der ehemaligen Produktion fahren.
Das Personal wird aber jedes Jahr weniger und es gibt fast kein Nachwuchs mehr.

Es ist völlig irre, was Politik und NGOs aktuell treiben. Einfach nur blindwütige Zerstörung.

Benutzeravatar
Tscharlie
Beiträge: 1056
Registriert: Do 27. Jan 2022, 08:45
Familienstand: verheiratet

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#3627

Beitrag von Tscharlie » Sa 5. Feb 2022, 18:02

2020 war der Selbstversorgungsgrad für Schweinefleisch in Deutschland bei 120 %.

Generell gilt, der Verbrauch in Deutschland geht seit längerem schon zurück.
Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier. M.Gandhi

Benutzeravatar
emil17
Beiträge: 11096
Registriert: Di 21. Sep 2010, 08:07
Wohnort: In der Schweiz da, wo die Berge am höchsten sind

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#3628

Beitrag von emil17 » Sa 5. Feb 2022, 20:04

Rohana hat geschrieben:
Sa 5. Feb 2022, 11:56
Naja... für dich ist ja jegliche moderne Landwirtschaft gleich industriell. Ist für viele andere auch so, ändert aber nichts daran dass so ziemlich sämtliche unter dieser Prämisse getroffenen Forderungen vor allem den Strukturwandel vor Ort beschleunigen und die grundlegenden Probleme der Landwirtschaft in andere Regionen der Welt auslagern. :im:
Ich merke gerade, dass da ein Missverständnis vorliegt: Die Tatsache, dass industrielle Landwirtschaft Umweltprobleme verursacht, heisst nicht, dass man damit aufhören soll, sondern dass sich einiges ändern muss. Dann kann man nämlich auch ohne schlechtes Gewissen die Vorteile rationeller Lebensmittelerzeugung geniessen.

Was den Strukturwandel vor Ort angeht, das ist eine andere Baustelle. Es hat wohl damit zu tun, dass wegen Konkurrenz und Effizienz jede produktionserschwerende Auflage gleich zu vielen Betriebsaufgaben führt. Aber man kann nicht einfach weitermachen und fördern, denn damit zementiert man Übelstände, auch wenn die die Bauern nicht alleine zu verantworten haben. Wie ein Ausweg aussehen könnte, das wäre doch mal ein Diskussionsthema hier. Das Thema betrifft nicht nur die Landwirtschaft.
Manfred hat geschrieben:
Sa 5. Feb 2022, 13:49
Du bist derjenige, der die Zerschlagung der aktuellen Agrarstrukturen zugunsten noch viel größerer Strukturen befürwortet oder zumindest als unausweichlich in Kauf nimmt.
Ich sage in Diskussionen, an denen ich persönlich teilnehme, gerne selber, was ich befürworte. Zum Beispiel befürworte ich, dass Landwirtschaft gefördert wird, aber nur dann, wenn diejenigen, die den ganzen Geldsegen bezahlen, auch mitzureden haben, wie und was gefördert wird.
Manfred hat geschrieben:
Sa 5. Feb 2022, 17:48
Wir verschieben mehrere Milliarden an Wirtschaftsleistung und Steueraufkommen ins Ausland, zerstören unsere Versorgungssicherheit, verlängern die Transportwege und für den Großteil der Tiere wird keine Verbesserung erreicht, sondern für viele das Gegenteil. Und die Infrastruktur und die Fachkräfte, die wir dabei verlieren, werden in Zukunft kaum wieder herstellbar sein. Dabei haben wir heute schon viel zu wenige Landwirte, um die Tierhaltung zu den angeblich gewünschten, viel personalintensiveren Formen umzubauen.
Wer sind "wir"? Soviel ich weiss, versucht der Staat, mit Wirtschaftsföderungsprogrammen Gewerbe und Industrie anzuziehen, indem er seine Standortsvorteile darlegt. Oft ist auch noch Steuerrabatt und dergleichen im Spiel.
Es sind die Unternehmer selber, welche die Produktion auslagern, um ihre Gewinne zu optimieren. Keiner zwingt sie dazu.
Weniger Kostendurck, geringere Lohnnebenkosten, weniger Umweltauflagen, weniger Bürokratie ... mag alles sein. Dennoch ist es der alleinige Entscheid der Geschäftsführung, zu verlagern.

Man kann nun natürlich argumentieren, dass die Gesellschaft die Unternehmer durch hohe Steuern und Auflagen dazu zwinge, so zu handeln, um zu überleben.

Das ist ein ruinöser Wettberwerb der Gemeinwesen, der dazu führt, dass die grossen Unternehmen Staaten und Länder und Gemeinden gegeneinander ausspielen und dass schliesslich nur noch die sesshaften Leute die ganze Steuerlast tragen müssen, weil die Unternehmen ja abwandern könnten, wenn der Staat mit Steuern und Umweltschutzauflagen zu lästig wird.
Zudem wird verkannt, dass nur ein funktionierender Staat gute Produktionsvoraussetzungen schaffen kann. Deshalb, und nicht weil den grossen Unternehmen das deutsche oder schweizerische Volkswohl am Herzen liegt, sind Unternehmen hier. Viele davon nehmen auch ihre Verantwortung wahr, bilden Lehrlinge aus, statt der Konkurrenz Fachkräfte abzuwerben, erpressen die Gemeinden nicht mit Wegzugdrohungen und zahlen Steuern.
Aber allzuviele wollen die Regierungen dazukriegen, alle diese Kosten auf den Mittelstand abzuwälzen, der ihnen nicht ausweichen kann. In der Schweiz beispielsweise legt das Parlament dem Volk dauernd solche Mogelpackungen vor. Wie viele Kleingewerbler gehören auch die Mehrzahl der Landwirte hierzu.
Ich finde es aber normal und gerecht und nicht weiterer Begründung bedürftig, dass man für das bezahlt, wovon man profitiert.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Benutzeravatar
emil17
Beiträge: 11096
Registriert: Di 21. Sep 2010, 08:07
Wohnort: In der Schweiz da, wo die Berge am höchsten sind

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#3629

Beitrag von emil17 » So 6. Feb 2022, 22:59

Manfred hat geschrieben:
Sa 5. Feb 2022, 13:49
Du bist derjenige, der die Zerschlagung der aktuellen Agrarstrukturen zugunsten noch viel größerer Strukturen befürwortet oder zumindest als unausweichlich in Kauf nimmt.
Was habe ich damit zu tun ???
Das besorgt die Landwirtschaft doch sehr erfolgreich selber. Die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche bleibt gleich. Alle Betriebe müssen wachsen und effizienter werden, um zu überleben. Mehr Absatz ist auch nicht in Sicht, denn mehr als die Hälfte aller Deutschen sind übergewichtig. Quelle (was auch ein interessantes Licht auf die Behauptung wirft, jede Drosselung der landwirtschaftlichen Produktion gefährde die Lebensmittelversorgung).
Also passiert logischerweise was?
Manfred hat geschrieben:
Sa 5. Feb 2022, 17:48
Auch in der kleinen Marktnische Frischfleisch ... die deutschen Schweinehalter keine Überlebenschance finden, weil das Fleisch dafür aus Südfrankreich und Spanien aus den aufgrund des Klimas dort eh schon vorhandenen Offenställen importiert wird.
Wenn das importierte Schweinefleisch tiergerecht und nachhaltig erzeugt wird, ist doch bis auf den Transportweg dagegen nichts einzuwenden, zumal dann nicht, wenn die Umweltbelastung und der Energieverbrauch in Offenstallhaltung geringer gehalten werden kann? Diese Ware dürfte von der Qualität her der inländischen mindestens gleichwertig sein.
Dieselbe Logik andersrum würde z.B. bedeuten, dass man z.B. hierzulande Orangen- und Bananenproduktion in Gewächshäusern fördern müsste, denn dann wären wir auch darin endlich autark und auch da haben die Südländer unfaire Konkurrenzvorteile wegen dem besseren Klima.
Manfred hat geschrieben:
Sa 5. Feb 2022, 17:48
Für den Großteil der Tiere wird keine Verbesserung erreicht, sondern für viele das Gegenteil.
Das wäre zu begründen, und zwar von dem, der das behauptet.
Offenstallhaltung ist für das Tier sicher nicht a priori schlechter als Intensivmast in klimatiserten Masthallen und die Südeuropäer wissen auch, wie Schweinehaltung geht.
Manfred hat geschrieben:
Sa 5. Feb 2022, 17:48
Es ist völlig irre, was Politik und NGOs aktuell treiben. Einfach nur blindwütige Zerstörung.
Du kannst sicher begründen, warum die NGOs (welche? warum?) daran mit schuld sein sollen. Meines Wissens sind es NGOs, die an vorderster Front mit gegen Freihandelsabkommen und Globalisierung um jeden Preis kämpfen.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Benutzeravatar
Rohana
Förderer 2018
Förderer 2018
Beiträge: 5624
Registriert: Mo 3. Feb 2014, 21:31
Familienstand: verheiratet
Wohnort: Oberpfalz

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#3630

Beitrag von Rohana » Mo 7. Feb 2022, 00:29

emil17 hat geschrieben:
So 6. Feb 2022, 22:59
Die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche bleibt gleich. Alle Betriebe müssen wachsen und effizienter werden, um zu überleben. Mehr Absatz ist auch nicht in Sicht, denn mehr als die Hälfte aller Deutschen sind übergewichtig.
Die landwirtschaftliche Nutzfläche bleibt nicht gleich, die wird kleiner, weil immer mehr davon für Gewerbe, Infrastruktur und Wohnraum überbaut wird. Und warum sollte Absatz zwingend nur im Inland sein? Solange D in Massen Nahrungsmittel importiert, solange darf die Landwirtschaft auch exportieren. Mit der Forderung nach mehr Bio wird übrigens automatisch die Produktion gedrosselt. Wenn das dann mal auf 100% der Fläche passiert, bricht da einiges weg. Wenn die Deutschen es schaffen nur mit deutschen Produkten übergewichtig zu sein, DANN kann man darüber reden :aeh:
Manfred hat geschrieben:
Sa 5. Feb 2022, 17:48
Auch in der kleinen Marktnische Frischfleisch ... die deutschen Schweinehalter keine Überlebenschance finden, weil das Fleisch dafür aus Südfrankreich und Spanien aus den aufgrund des Klimas dort eh schon vorhandenen Offenställen importiert wird.
Wenn das importierte Schweinefleisch tiergerecht und nachhaltig erzeugt wird, ist doch bis auf den Transportweg dagegen nichts einzuwenden, zumal dann nicht, wenn die Umweltbelastung und der Energieverbrauch in Offenstallhaltung geringer gehalten werden kann? Diese Ware dürfte von der Qualität her der inländischen mindestens gleichwertig sein.
Und hierzulande beschränkt man Transport immer mehr... :roll: abgesehen vom WENN der "tiergerechten" und "nachhaltigen" Erzeugung - natürlich ausserhalb sämtlicher Kontrollen unsererseits.

Regional und nachhaltig ist nicht immer und überall bzw. für alle Produkte das selbe. Ist halt die Frage was es denn nun sein soll, bzw wie man Nachhaltigkeit überhaupt definiert, ob und welche Kompromisse man eingeht... und ob sich die breite Masse darüber beim Einkauf Gedanken macht :im:
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

Antworten

Zurück zu „Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion“