Wildmohn hat geschrieben:
Die Realität im Agrarsektor sieht momentan größtenteils so aus:
-Pestizideinsatz
-Antibiotikamissbrach in der Tierhaltung
-Nitatüberschuss im Trinkwasser vor allem im ländlichen Bereich
-Problematik des Insektensterbens und somit Dezimierung des Vogelbestandes
-geringe Biodiversität auf Grund einseitiger Anbaumethoden (Mono-,bzw. Reinkulturen)
Hm. Du scheinst viel zu glauben, aber wenig zu wissen.
Weltweit werden auf ca. 1/3 der Landwirtschaftsflächen Pestizide eingesetzt, übrigens auch im Ökolandbau. Das kann man also stehen lasen.
Antibiotikamissbrauch in der Tierhaltung gab es in D m.W. mal in den 70ern, zur Mastleistungssteigerung.
Wo genau siehst du denn heute Antibiotikamissbrauch? Die deutsche Landwirtschaft hat den Einsatz in den letzten Jahren ja nochmal deutlich reduziert. Und jetzt wird überlegt, den Einsatz von Reserveantibiotika in der Nutztierhaltung komplett zu verbieten.
Dagegen wissen wir, dass der mit Abstand größte Teil von Antibiotikaresistenzen aus dem Humanbereich stammt und über die Abwässer der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen verbreitet wird. Ebenso werde im Hausierbereich exzessiv und ohne nennenswerte Kontrolle Antibiotika eingesetzt. Ich denke, da sollten endlich die Hausaufgaben gemacht werden, um die drohenden Gefahren abzuwenden.
In meinem Betrieb gab es dieses Jahr eine Behandlung bei einem Kalb, dass sich ein Bein gebrochen hatte und sich dann eine Infektion einfing. Das hätte ich natürlich auch töten können.
Ich sähe auch kein grundsätzliches Problem darin, den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung komplett zu verbieten. Das sollte dann natürlich auch für Haustiere gelten. Ist halt eine Abwägung von Tierschutzethik gegen die Gefahren von Resistenzbildungen. Es müssten dann natürlich viel mehr Tiere notgetötet werde, um Leid zu vermeiden.
Solange aber weiter Tierprodukte aus Ländern importiert werden dürfen, die in dieser Hinsicht quasi gar keine Auflagen haben, frage ich mich halt wieder, wieso die Grünen das ihren Wählern verschweigen und wieso sie nicht dagegen vorgehen. Wenn ich z.B. sehe, wer so alles Garnelen und Tilapia aus asiatischen Kulturanlagen kauft, frage ich mich schon, ob die wirklich darüber nachdenken, was sie essen und wählen.
Über das Thema Nitrat könnte ich inwzwischen ein Buch schreiben. Die meisten Menschen wissen ja leider nichtmal, dass Nitrat für den Menschen ungefährlich ist und das Problem beim Nitrit liegt, für das es eh viel strengere Grenzwerte gibt. Sie wissen nicht, dass die aktuell sehr niedrigen Grenzwerte auf der überholten Annahme beruhen, aus Nitrit könnten sich im Magen Nitrosamine bilden. Die Menschen wissen nicht, dass eine zu starke Absenkung der Nitratwerte im Boden zur Mobilisierung von Schwermetallen führt, die dann ins Trinkwasser gelangen. Sie wissen nicht, dass in naturbelassenen Gewässern weit höhere Nitratwerte vorkommen als im deutschen Trinkwasser. Sie wissen nicht, dass die vom Bundesumweltamt nach Brüssel gemeldeten Daten durch selektive Auswahl manipuliert sind, und sie wissen nicht, dass nur ganz wenigen Regionen die erhöhten Nitratwerte auf eine hoche Dichte an Tierhaltung und Biogasanlagen zurückzuführen sind. In vielen Regionen haben wir erhöhte Nitratwerte, weil es dort zu wenig Tierhaltung gibt, wodurch der Bodenhumusgehalt so gering geworden ist, dass die wegen Dungmangel eingesetzten chemischen Düngemittel durchgewaschen werden. Auch die Austragungen aus dem Siedlungsbereich, durch Chemikalieneinsatz auf Flugplätzen etc. scheinen weitgehend unbekannt zu sein. Leider sind die Grünen hier nicht bereit, sich auf eine sachliche Dabatte einzulassen. So werden die Probleme wohl weiter ansteigen. Durch die massive neue Dünge-Bürokratie ist in nicht mal 10% der Fälle eine Besserung zu erwarten, und das hätte man viel einfacher vor Ort lösen können.
Dass die Insektenzahlen auf landwirtschaftlihen Flächen zunehmen, ist ebenfalls nicht bekannt. Für die Rückgänge auf Naturschutzflächen, wie in der Krefelder Studie, und durch den Nährstoffmangel in Gewässern, wie im Bodensee, ist die Landwirtschaft dagegen nicht verantwortlich. Das haben schon die zuständigen Behörden alleine zu verschulden.
Die Korrelation mit teilweise gesunkenen Vogelbeständen ist übrigens gering. Die Ursachen dafür sind hauptsächlich durch das viel geringeren Futterangebot im Siedlungsbereich (durch die seit den 1950er Jahren fast komplett entfallene Kleintierhaltung) und in der massiv angestiegenen Prädation durch die explodierten Raubwild-, Rabenvogel- und Greifvogelbestände verursacht. Dort, wo die Nahrungsquellen im Siedlungsbereich durch Wiederaufnahme der Kleintierhaltung und Gärtnerei wiederhergestellt werden, und wo einige Idealisten die Raubwildbejagung wieder intensivieren, steigen die Vogelbestände ja umgehend wieder an. Hier wäre es sehr hilfreich, wenn die Grünen sind endlich von ihren ideologischen Positionen verabschieden würden. Inzwischen ist die Situation durch die Misswirtschaft im Naturschutzbereich so dramatisch, dass eine einzige Jagdfarm in Schottland einen höheren Brutbestand an Goldregenpfeifern beherbergt, als alle deutschen "Vogelschutzgebiete" zusammen. Einfach weil in Schottland getan wird, was zum Schutz der Bodenbrüter nötig ist, während die "Vogelschützer" in D genau das verhindern.
Auch was die Biodivesität angeht, kann ich dir nicht folgen. 90% der Biodiversität finden im Boden statt. Am stärksten leidet die Biodiversität dort, wo der Boden gezielt (und völlig widernatürlich) ausgemagert wird, wie im Vertrags"naturschutz". In der Landwirtschaft dagegen sehen wir einen stark zunehmenden Anteil von pflugloser Bearbeitung, Zwischenfruchtanbau und Untersaaten, wodurch die Biodiversität in den den letzten Jahren wieder stark zugenommen hat. In D hängen wir da leider im internationalen Vergleich deutlich zurück, weil sich unsere kleinen Betriebe mangels Gewinnen die teure Technik nicht leisten können. Aber auch da zeichnet sich Besserung ab. Wie die Krefelder Daten zeigen, haben wir dagen in den "Naturschutzgebieten" einen massiven Rückgang an Pflanzen- und Insektenarten, durch die störungseliminierende Prozessschutz-Ideologie.
Fang bitte an, die Dogmen zu hinterfragen, in denen du dich verfangen hast.
Nur durch die Bereitschaft, alles ständig und immer wieder zu hinterfragen, ist echter Erkenntnisgewinn möglich.