Waldsterben durch "Umweltschutz"?

hobbygaertnerin
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Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#31

Beitrag von hobbygaertnerin » Fr 8. Jul 2011, 08:00

Hallo Sabi(e)ne,
hast du schon Erfahrungen mit "Alter Baumwirtschaft"?
Bis ein Wald aufgebaut ist, kann man mehr als 3 Generationen rechnen. Was machst du, wenn ein Orkan den ganzen Wald zerstört?
Das überleben auch tiefwurzelnde Bäumen nicht. Sich dann hinstellen und den Vorfahren Vorwürfe zu machen, weil sie nach damaligen Wissen Waldwirtschaft betrieben haben- macht keinen entwurzelten und zerstörten Baum wieder lebendig.
Da hilft nichts als Augen zu und durch, den Wald wieder aufräumen und neu anpflanzen.
Ohne Einzäunung und Pflege bekommt man keine Jungbäume in die Höhe. Was würde es nützen, sich über zu viel Wild aufzuregen.
Der saure Regen tut dem Waldboden auch nicht gut, aber was würde es hier nützen, sich mit der ganzen Gesellschaft anzulegen. Wir streuen im Wald Steinmehl bei den Jungbäumen, ist eine ziemliche Plagerei, man sieht aber, dass damit den Bäumen was gutes getan wird.

In den Kriegsjahren im letzten Jahrhundert wurden die Wälder ausgeräumt, das Laub für Einstreu genutzt. Man kann es an den Jahresringen sehr gut ablesen, das Wachstum ging hier ziemlich zurück.
Wir haben Laubwald und ich bin immer erstaunt, dass das abfallende Laub nicht zu dicken Humusschichten führt, sondern im Kreislauf von den Bäumen verarbeitet wird.
Ohne Not plündern wir den Wald nicht aus, das Laub und die feinen Äste steht den Bäumen zu.
Was mich nachdenklich macht, dass die Pilze aus den Wäldern verschwinden. Ohne Mykhorizza gehts den Bäumen nicht gut.
Aber auf der anderen Seite, wie die Bäume mit der hohen Strahlungsdichte an Handymasten klarkommen, interessiert leider auch niemand.
So gesehen, alte Baumwirtschaft recht und schön, die Bäume müssen mit den heutigen Belastungen klarkommen, wir leben nicht mehr im Mittelalter.
Waldwirtschaft ist nicht nur aus der Holznutzung zu sehen, sondern auch als Wasserspeicher, als Klimapuffer.
Wenn es den Bäumen schlecht geht oder sie verschwinden, dann haben wir gravierende Probleme.
Gruss
hobbygaertnerin

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emil17
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Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#32

Beitrag von emil17 » Fr 8. Jul 2011, 11:22

Man muss sich halt immer bewusst sein, dass wir andere Zeitmasstäbe haben als der Wald.
Viel mehr als Wildverbiss begrenzen und wachsen lassen muss man in der Waldwirtschaft eigentlich nicht tun, wenn man naturnah und nachhaltig wirtschaften will. Und natürlich nicht mehr rausholen als nachwachsen kann. Ab und zu die Dickungen auslichten, um Schneedruckschäden zu minimieren und die bevorzugten Arten und schönen Exemplare zu begünstigen, dann reicht es auch schon. Aber man tut es für Enkel und Urenkel.
Wenn man Arten anpflanzen will, die sich nicht von selbst einfinden, dann wird es viel mühsamer, weil die oft lange brauchen, um anzuwachsen, und dann von der bereits vorhandenen Vegetation arg bedrängt werden.


Ich finde, die andiskutierten Fragen über den Sinn des Anlegens neuer Obstgärten und der Nachfolge sind sehr wohl zum Thema passend. Man kann die eigenen Kinder nicht dazu zwingen, die gleichen Hobbies zu haben wie man selbst, und solange man die Lebensmittel in jedem Supermarkt fast nachgeworfen bekommt ist es ein Hobby, weil nicht überlebensnotwendig. Ich bin dankbar, dass meine Eltern mich nicht gezwungen haben, ihren Hobbies zuzudienen, also muss ich akzeptieren, dass meine Kinder ihr Leben auch selbst gestalten. Dennoch pflanze ich Hochstammbäume, obwohl (weil) ich schon weit über 40 bin; das ist kein Kriterium.
Die schlichte Tatsache, dass man Land bewirtschaftet und sich daran freut, das von Menschen vorbereitet wurde, die wir nicht kennen (wer hat seinen Obstgarten von Eltern oder Grosseltern nahtlos übernommen?), ist schon eine Verpflichtung dazu, so zu pflanzen, dass andere weitermachen können, wenn wir einmal nicht mehr können oder nicht mehr sind.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Benutzer 72 gelöscht

Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#33

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Fr 8. Jul 2011, 12:12

hallo!
emil17 hat geschrieben:Die schlichte Tatsache, dass man Land bewirtschaftet und sich daran freut, das von Menschen vorbereitet wurde, die wir nicht kennen (wer hat seinen Obstgarten von Eltern oder Grosseltern nahtlos übernommen?), ist schon eine Verpflichtung dazu, so zu pflanzen, dass andere weitermachen können, wenn wir einmal nicht mehr können oder nicht mehr sind.
:daumen:

In dem Buch steht unter anderem, dass die Tiere, wenn sie auch mit Laub gefüttert werden, einen Mist produzieren, der mehr (Mikro-)Nährstoffe (also eine viel bessere Düngewirkung) enthält - aber noch wichtiger ist, dass man mit Laub statt Stroh einstreut, weil das Laub auch noch Nährstoffe bringt, das Stroh aber "leer" ist. Ob das stimmt, weiß ich nicht - mir hat die "Verschwörungstheorie" gefallen, dass die Düngeindustrie dahinter ist, den Bauern einzureden, sie müssen mit Stroh statt mit Laub einstreuen, damit eben der Mist weniger gehaltvoll ist und mehr Kunstdünger verkauft werden kann ... Wobei ich mir nicht sicher bin, ob es nicht einfach einfacher ist, mit Stroh einzustreuen als mit Laub - wie aufwendig ist es denn den Stall mit Laub einzustreuen? (eine Frage an die Tierhalter)

Man kann Gemüse im Moosbett im Keller einlagern - klingt vernünftig, ich hab schon öfter gelesen, dass Moos leicht desinfizierend wirkt.

Brombeerblätter taugen auch als Winterfutter? Sabi(e)ne, sind da nicht zu viele Stacheln dran? :hmm:

Und dann steht da noch, dass man die Bäume, die einen steilen oder rutschigen Hang befestigen sollen, schnaiteln muss, weil sie sonst zu groß werden, zu schwer und den Hang erst recht zum Rutschen bringen bzw. auseinanderbrechen oder früher sterben, was auch zu Instabilität führt ...
Wobei man da zugeben muss, dass "die Natur" keine Probleme hat mit rutschenden Hängen, der Mensch sehr wohl! Aber ist nicht auch der Mensch ein Teil der Natur?
Für mich las sich die Hauptbotschaft des Buches eher so:
altes Wissen geht verloren - altes Wissen, wie man auch in schwierigen Gegenden vom eigenen Land leben kann und so "Umweltschutz" betreibt - weil es stimmt schon, wenn bei uns der Wald total unberührt bleibt, holen wir die Sachen eben von woanders her - und das, obwohl eine mäßige und "sachverständige" Nutzung dem Wald/den Bäumen/der Natur gar nicht schadet!

Ich glaub, es geht um Kreislaufwirtschaft.....

Ach ja: auf unserem Grundstück konnte ich keine Bäume entdecken, die "geschnaitelt" aussehen - aber jede Menge inzwischen riesig groß gewachsene wilde Haselnüsse und ich hab mich immer gefragt, wozu die gut sein könnten (ich hab gelernt, in allem, was hier so wächst, etwas "nützliches" zu sehen) - in dem Buch steht, man kann Haselnussruten, wenn regelmäßig geschnitten, auch zum Flechten verwenden??
Und bei mediawiki hab ich gelesen, dass man sie zum Räuchern verwenden kann - :hhe: also doch "kein Zufall", dass die hier wachsen - früher wurden bei uns Forellen geräuchert -

Nutzen, was da ist - und das so, dass es nicht kaputtgeht dabei - auch das hab ich aus dem Buch als "Botschaft" herausgelesen....

liebe Grüße!

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Thomas/V.
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Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#34

Beitrag von Thomas/V. » Fr 8. Jul 2011, 12:26

mit Stroh einzustreuen als mit Laub - wie aufwendig ist es denn den Stall mit Laub einzustreuen? (eine Frage an die Tierhalter)
Ich streue auch mit Laub den Hühnerstall ein (im Winter). Sie bekommen das Laub vom Hof, was zusammengekehrt und trocken in der Scheune eingelagert wird. Die Hühner scharren gern drin rum, wenn sie nicht raus können bzw. wenn ich im Schnee nur ein paar m2 freischaufle zum frische Luft schnappen.
Zusammen mit Stroh und dem Kot ergibt Laub einen sehr schönen Kompost. Damit dünge ich im Garten alles.
Der Kompost braucht allerdings lange zum verrotten, weil ich ihn nicht mehrmals umsetze. Andrerseits ist er nach ca 3 Jahren so krümlig, das er kaum gesiebt werden muß.
Laub aus dem Wald zu holen fände ich allerdings schon arg belastend, normalerweise hat man doch Laubbäume irgendwo auf dem Grundstück.
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Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#35

Beitrag von Sabi(e)ne » Fr 8. Jul 2011, 17:33

@Hobbygaertnerin: ein Zitat aus einer der Rezensionen:
Ich verstehe nun auch, weshalb nach der mit modernster Technik betriebenen winterlichen Holzernte im Frühjahr kaum Kröten, Frösche und Molche ihr angestammtes Wald-Winterquartier verlassen (wie im Landkreis Bamberg in jüngster Zeit mehrfach geschehen). Zitat: "Die Harvester üben durch enorm breite Reifen nur noch einen geringen Druck auf den Boden aus. Fahrspuren sieht man daher nicht mehr so oft, jedoch wird durch die Vibration des gewaltigen Motors ein Effekt wie von einer Rüttelwalze erzielt. Das schnelle Zittern beiwirkt eine Bodensetzung, der Boden kann auf bis zu zwei Meter Tiefe in seiner Beschaffenheit verändert werden. Luftkanäle und Poren fallen in sich zusammen..."
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Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#36

Beitrag von Sabi(e)ne » Fr 8. Jul 2011, 17:47

@Ina: Im Alpenraum gibt es viele Höfe, wo schlichtweg kein Korn wächst, dessen Stroh man einstreuen könnte - umso irrer die Idee, es zuzukaufen zur Einstreu....

Und Ziegen stören sich nicht wirklich an Stacheln. :)
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Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#37

Beitrag von MeinNameistHASE » Fr 8. Jul 2011, 19:49

in den Alpen streuen viele mit sägespänen ein, die vom Brennholzsägen übrig bleiben.
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Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#38

Beitrag von Sabi(e)ne » Fr 8. Jul 2011, 20:47

:michel: Ich hab mal ein bißchen rumgegugelhupft mit Suchwort "tree fodder" - das Thema ist weltweit von hohem Interesse und bekannt.
Die Mehrheit der Veröffentlichungen liegt voll in Machatscheks Argumentation, daß damit Kunstdünger bis zu 100% vermieden werden kann, und über den Mist die Flächen und Bäume zurückgedüngt werden, vor allem mit Mineralien. Das ganze System erntet ja quasi über die Sonne den Energiebedarf von Mensch und Tier...

@Manfred: es geht doch grad nicht um den reinen Holzwert als Verzinsung eingesetzten Kapitals, sondern um Lebensräume und echte Kreislaufsysteme - nicht um Geldvermehrung und persönlichen Profit.
Wer ist besser dran, wenn Energie knapp wird: der konvi-Landwirt mit seinem hohen Dieselverbrauch und Kunstdünger, oder jemand mit so einem bereits etablierten Kreislaufsystem? ;)
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Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#39

Beitrag von Waldschrat » Di 12. Jul 2011, 13:23

Also zum Thema Einstreu kann ich nur sagen, dass diverse Laubsorten dafür sehr gut geeignet sind, außerdem fällt prima Kompost an. Außerdem getrockneter Adlerfarn, der angeblich auch Ungeziefer vertreiben soll (keine Ahnung ob er das wirklich tut).

Zum Thema Nutztiere und Wald. Also wir hatten vor drei Jahren ziemlichen Ärger mit dem Forstamt deswegen. Waldweide ist in D nicht erlaubt. Wir haben uns letztendlich darauf geeinigt, dass ein Stück "Wald", auf welchem wir die Schafe eingezäunt hatten, tatsächlich doch noch als Obstwiese gelten kann (war total verwildert, aber im Kataster noch als "Garten" gekennzeichnet). So haben die Biester dann auch ganze Arbeit geleistet, Jungbäume brav vernichtet, Laub von gefällten Bäumen verputzt usw.

Ich glaube auch wirklich nicht, dass Schaf, Ziege & Co. im Wald etwas verloren haben, siehe Verbiss von Jungpflanzen. Da reicht schon der normale Wildbesatz, um eigentlich erwünschte Waldpflanzen wie z.B. Eiche, an der Ansiedelung zu hindern. Es ist ja meistens so, dass man Waldflächen, die sich natürlich verjüngen sollen (bzw. wo mehr Laubbäume sich ansiedeln sollen), mittlerweile mit hohem Zaun vor dem Wild schützen muss.

Ansonsten (wo das Wild nicht überhand nimmt) siedelt sich im Wald alles mögliche an. Unsere Försterin staunt immer wieder, was hier auf unseren 17ha "Wildnis" so alles steht. Normalerweise würden Kiefern und Eichen vorherrschen. Eigenartigerweise wachsen auch sehr schöne Fichten (Sandboden, aber hoher Grundwasserstand...wohl kaum ideal), Eschen, Erlen, Bergahorn (was hat der hier verloren), Buchen, und "Unkraut" wie Birken, Pappeln usw.

Ich denke, das mit dem sauren Waldboden hat diverse Ursachen. Monokulturen aus Nadelbäumen einerseits, das Thema saurer Regen bis vor wenigen Jahren andererseits. Das Bodenleben ist auf den Laubbaumstandorten bei uns hier allem Anschein nach halbwegs in Ordnung, Regenwürmer und anderes Getier zersetzt das Laub. Auf den Kieferstandorten sieht es da anders aus.

Ich hab irgendwo gelesen, dass die Böden in Europa sowieso mit Stickstoff überfrachtet sind, u.a. weil durch den Regen Stickstoff zugeführt wird, der von Autoabgasen stammt. Dann wäre das aber nicht nur im Wald ein Problem (kann dazu jemand was Genaueres sagen?)

Generell kann man aber schon sagen, dass der Wald nun nicht unbedingt "überdüngt" ist, es herrscht wohl eher, v.a. im Vergleich zum Stickstoffreichtum, ein Mangel an anderen Nährstoffen vor. Größere Probleme wird das wohl irgendwann dort geben, wo der Wald systematisch leergeräumt wird, also Kahlschlag und dann noch die Reste (Äste usw) als Energieholz rausholen!! :hmm: Von nachhaltiger Waldwirtschaft kann da wohl keine Rede mehr sein.

Klingt zwar blöd, aber wir versuchen die Nährstoffentnahme per Holzschlag dadurch auszugleichen, dass wir die Holzasche nachher dahin zurückgeben, wo wir das Holz hergenommen haben. Geht natürlich nur, wenn man das Holz selber "verbraucht" und nicht weiterverkauft. Zur Holzaschedüngung gibt es wie bei allen Sachen unterschiedliche Meinungen (Thema Schwermetalle), mir erscheint das Vorgehen aber logisch. Man kann eben nicht ewig was wegnehmen (Holz - und damit auch gebundene Nährstoffe) und nix wieder zurückgeben. Und die Schwermetalle würden auch freigesetzt, wenn der Baum einfach umkippt und zersetzt wird. Oder nicht?
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Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#40

Beitrag von Waldschrat » Di 12. Jul 2011, 14:49

Sabi(e)ne hat geschrieben: (...) Waldbesitzer und Jäger bilden da eine ziemlich unheilige Union, die leider ihre Fortsetzung auch in der Politik findet - wie können wir überTropenwaldrodung schimpfen,wenn wir nicht wirklich besser sind? :motz:
Hallo Sabine,

also Waldbesitzer und Jäger als "Union" zu bezeichnen...man muss wohl froh sein, dass die sich nicht gegenseitig abknallen, jedenfalls hier bei uns. Mein Mann und ich sind da nicht die Einzigen, die sich beschweren. Ein Jäger ist doch meistens froh, wenn ihm alle 2 min ein fetter Hirsch über den Weg läuft. Dass der dann sogar schon im Sommer (also eigentlich nicht zur größten Notzeit) die Bäumchen abknabbert und dem Waldbesitzer damit den letzten Nerv raubt, davon will er nichts wissen. Die Förster nehmen hier regelmäßig den Schaden durch Wildverbiss auf, wonach dann die Jägerschaft ihre Abschussquoten erhöht bekommt. "Unser" Jäger hier füttert sogar im Sommer verbotenerweise das liebe "Vieh" (Körner, alte Brötchen, Äpfel usw).

Ansonsten muss ich als Waldbesitzer da mal die Ehre unserer Zunft verteidigen. Schwarze Schafe gibt es überall, siehe meinen letzten Beitrag - Kahlschlag und Wald leerräumen.

Einerseits wollen wir raus aus den nicht erneuerbaren Energien, also raus aus dem Erdöl. Man muss aber Alternativen haben und die sehen bei allem, was C-H-O Verbindungen als Grundlage hat (z.B. Treibstoffe, Plastik, organische Chemie also), so aus, dass man auf nachwachsende Rohstoffe angewiesen sein wird. Wer keinen Weizen und Mais buchstäblich verbrennen will, wird Holz, Holzabfälle nehmen müssen. Die Landwirtschaft wird in den nächsten Jahrzehnten genug zu tun haben, die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren, deswegen wird man nicht ewig einjährige Energieplantagen anlegen können. Also bleibt - das Holz. Holz aus einheimischer Produktion ist sinnvoll, wenn Du auch nur halbwegs eine Kontrolle haben willst, wie es um den Wald nach dem Einschlag bestellt ist. Es werden nicht nur tropische Urwälder zerstört, sondern auch solche in unserer Nähe, z.B. in Russlands Norden. Hierzulande wird der Wald zwar intensiv genutzt - aber er bleibt als solcher erhalten und es wird für Nachwuchs gesorgt.

In Deutschland (keine Ahnung wies anderswo aussieht) ist verpflichtet, wer Holz einschlägt, hat für den Nachwuchs zu sorgen. Das nennt sich nachhaltige Waldwirtschaft, ist seit mittlerweile 200 Jahren in Deutschland üblich - und mittlerweile Gesetz.

http://de.wikipedia.org/wiki/Forstwirtschaft

Probier heutzutage mal, einmal als solchen deklarierten Wald umgewidmet zu bekommen. Ein Ding der Unmöglichkeit. Was Wald ist, bleibt auch Wald (Ausnahmen gibt es, die sind aber äußerst rar).

Davor sah es so aus, dass der Wald nach gusto gerodet wurde, kein Mensch hat sich darum gekümmert, was danach kommt. Es war ja erstmal genug Wald für alle da.

Ein Faktor für die damalige Waldzerstörung war z.B. auch die hier teilweise angepriesene Nutzung des Waldes als Weide (Waldhutung). Zum Schluss stehen noch die großen Bäume - der Nachwuchs wurde abgefressen. Nachhaltig ist das nicht, aber ziemlich romantisch - oder? Der Hirte füttert die Schweinchen im Eichelwald... :hmm: Wald im eigentlichen Sinne ist das aber nicht mehr. Sterben die alten großen Bäume, ist der Hutewald passe und es ist eine Weide entstanden. Viel anders wird es in Brasilien auch nicht gemacht. Urwald roden, Rinder drauf.

Mein Mann und ich waren grad hier um die Ecke in Tharandt, wo die nachhaltige Waldwirtschaft für Deutschland quasi erfunden wurde:

http://www.tharandt2011.de/

In Praxi sieht das so aus, dass Förster und Forstamt durchaus kontrollieren, wie es der Waldbesitzer mit seinem Wald so hält. Siehe unser Ärger mit der angeblichen Waldweide - die keine war. Mittlerweile gibt es fliegende Drohnen, die über den Wald fliegen und Fotos machen. Meist nur nach Sturmschäden zur Schadensaufnahme, aber der Einsatz wird bestimmt erweitert werden. Wir hatten schon Beamte auf unserm Grundstück, die die Eichen gezählt haben, damit wir auch ja keine zuviel fällen.

Deutschland als schon sehr dicht besiedeltes Land besteht zu einem Drittel aus Wald - dieser Anteil soll noch erhöht werden. Schau Dir mal GB und Frankreich zum Vergleich an..

Zudem wirst Du in D meines Wissens keinen echten "Urwald" mehr finden, Wald der also frei vom menschlichen Einfluss ist. Bayrischer Wald usw. werden neu als Urwald "gezüchtet", stehen aber traditionell seit Jahrhunderten unter menschlichem Einfluss. Wald ist in D überwiegend "Forst", also quasi eine angepflanzte Holzplantage, die alle paar Jahrzehnte für Holzeinschlag genutzt wird (der meist nur eine Auslichtung und keinen Kahlschlag darstellt). Dieses Recht muss man den Waldbesitzern schon lassen, ihren Grund und Boden nachhaltig (!) zu bewirtschaften. Dass es dabei Probleme gibt ist logisch. Bodenverdichtung durch zu schwere Maschinen ist auch auf den Äckern ein Problem. Wanderer, pilzsammler usw. sollten sich, bevor sie sich lautstark echauffieren, mal bewusst sein, dass sie gerade auf anderer Leute Privatgrund herumlaufen. Im Schweizer TV hab ich vor ein paar Tagen dazu einen schönen Spot gesehen (Unser Wald - Nutzen für alle), es ging um diverse Waldnutzungsarten. Mountainbiker, Jogger, Pilzesammler... können sich da gerne erholen, aber sie sollten auch Rücksicht drauf nehmen, dass der Wald auch wirtschaftlich genutzt wird. "Fragen Sie ihren Waldbesitzer".

In D hat man sich als Waldbesitzer dafür zu rechtfertigen, dass man nicht den romantischen Vorstellungen irgendwelcher Städter nachkommt.

Den romantisch verklärten, so nie existenten "toitschen Wald" nun dadurch "retten" zu wollen, dass man nochmal 5% der dt. Waldfläche "stillegt", ist an Dummheit und Arroganz nicht zu überbieten. De facto würde das eine Enteignung bedeuten, wie sie bei der Errichtung der bereits bestehenden Nationalparks schon durchgeführt wurde. Der Allgemeinheit ist dahingehend geholfen, dass auch ihr der Zutritt zu den Kernbereichen verwehrt ist und sie sich nur dort tümmeln kann, wo sie unter sich ist (Aussichtspunkte usw).

Vielleicht sollte sich homo sapiens sapiens langsam daran gewöhnen, dass er auf "seinem" Planeten mit bald 8 Mrd. Exemplaren nun mal eben schwerlich einen Platz findet, der nie von ihm beeinflusst wurde. Einen solchen Platz gibt es nicht, weder in der tiefsten Antarktis, dem Regenwald oder dem toitschen Eichenwald. Wir sollten die Ressourcen die wir noch haben schonend behandeln. Um eine Nutzung kommen wir leider nicht herum, da uns langsam die Alternativen (siehe Erdöl) ausgehen.

um wieder zur eigentlichen Thematik "Alte Baumwirtschaft" zu kommen: Mehr Mischwälder und weniger Monokuklturen mit saurem Nadelrohhumus: Ja bitte. Waldweide, Wald leerräumen: wenn ihr Steppe wollt, bitte.

Zu der Thematik kann man auch gut googeln, Bsp. Waldhutung. Alte Waldhutungen stehen zwar unter Schutz, da sie eine einmalige Pflanzengemeinschaft darstellen. Man muss aber die Kehrseite sehen, dass solche Wälder nicht in der Lage sind, sich selbst zu verjüngen, da sämtlicher Nachwuchs und zum teil auch Samen der Bäume (z.B. Eicheln) von den Tieren verzehrt werden (Eichelmast). Eine solche Landschaft ist

1: eine Kulturlandschaft, also durch den Menschen geschaffen und keineswegs natürlich und
2.:nicht nachhaltig, irgendwann stirbt da auch die letzte 1000jährige Eiche - und nur Gras kommt nach.
3. ist die Anlage einer neuen Waldhutung durch das Waldgesetz in D eindeutig verboten. Die Waldbesitzer unter euch sollten sich das also überlegen...

Und überlegt Euch auch, aus Spaß an der Freude mal eben einen Hektar Wiese mit Waldbäumen zu begrünen. Ab einem gewissen Bestockungsgrad gilt das dann als Wald und fällt unters Waldgesetz.
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