Waldsterben durch "Umweltschutz"?

Benutzer 72 gelöscht

Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#11

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Mo 4. Jul 2011, 22:51

hallo!

Machatschek als Autor hat an und für sich mein volles Vertrauen (bin totaler Fan von "eßbare Landschaften") also werd ich mir das Buch sicher besorgen!
Ich hoffe, die Stadtbücherei hat es...
Unser Grundstück ist ja großteils Nordhang und außer Bäumen wächst da nicht viel (vor allem an den steilen Stellen).
Wir haben auch eine Fichtenmonokultur geerbt - deshalb war ich sofort neugierig bei der Aussage, es gäbe vielleicht Haustiere, die Nadeln fressen, und hab ecosia bemüht - hihi: auf folgende Seite bin ich dabei gestoßen :duckundweg:

Es ist sicher was dran, dass Laub (Nadeln auch, echt??) für unsere Nutztiere nahrhaft und gesund ist - aber dass der Wald das "Beerntet-Werden" braucht, kann ich mir nicht vorstellen - ich denke auch eher, es liegt am Lichtmangel und außerdem :hmm: wo schon Baum an Baum dicht steht, wie sollen da neue Bäume wachsen können?
Bei uns, da wo die Bäume nicht so eng stehen, wachsen viele Wildpflanzen und es keimen so viele Bäume, dass ich immer wieder welche rausreiße, denn ich will, dass es so locker besiedelt bleibt (eben, weil mir viel am Unterwuchs liegt) - aber "aufgeräumt" hab ich dort noch nie.
Tät ich sicher, wenn ich Tiere hätt, die es verwerten könnten!

liebe Grüße!

Benutzer 146 gelöscht

Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#12

Beitrag von Benutzer 146 gelöscht » Mo 4. Jul 2011, 23:07

Oh weh, Sabine - Deine Überschrift ist ja fast schon Spiegel-Online-würdig :ohoh:
Ich schlage eine Umbenennung in "historische Formen der Waldnutzung versus moderne Forstwirtschaft" vor :)

Gruß

frodo

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Theo
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Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#13

Beitrag von Theo » Di 5. Jul 2011, 08:47

Sabi(e)ne hat geschrieben: - bitte lesen vorm Urteilen. :pfeif:
Es kann nicht jeder immer zu jedem Thema dicke Wälzer durchlesen. Wie wärs, wenn du mal hier kurz zusammenfasst, worum es geht? ;)
Gruß
Theo

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ToK_ToK

Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#14

Beitrag von ToK_ToK » Di 5. Jul 2011, 11:36

Die Waldfläche in Deutschland beträgt nach der zweiten Bundeswaldinventur[17] 11.075.798 Hektar, entsprechend 31 % der Staatsfläche.
Vor-Zensus-Daten: 81.802.300 Einwohner, davon 53.877.800 zw. 15...65 (also altersmäßig arbeitsfähig).

Macht rechnerisch ca. 2056 m²/grundsätzlich arbeitsfähigem Einwohner.
Viel Spaß beim Fegen :-)

Thomas

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Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#15

Beitrag von Rati » Di 5. Jul 2011, 14:54

ToK_ToK hat geschrieben:...Macht rechnerisch ca. 2056 m²/grundsätzlich arbeitsfähigem Einwohner.
Viel Spaß beim Fegen :-)...
:lol:

Endlich!
Endlich weis ich wo der Sinn in diesem Lied steckt: http://www.youtube.com/watch?v=xL-fY7a0yz0
:haha:

Davon abgesehen kann ich mir auch nicht vorstellen das es so ist wie der Herr Autor beschreibt. Denn wie schon mehrfach heir geschrieben, wer hat den den Wald aufgeräumt bevor der mensch es tat?

Vorstellen kann ich mir aber, das in einem Wirtschaftswald im Gegensatzt zu einem Urwald eine deutlich geringere Biodiversität vorliegt, womit der Nährstoffkreislauf einfach gewisse Störungen aufweist, die am Ende zu überdüngung führen könnten.

Grüße Rati
Was ist ist! Was nicht ist ist möglich!"
[Einstürzende Neubauten 1996]

viellieb

Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#16

Beitrag von viellieb » Di 5. Jul 2011, 16:45

Die Großtierfauna Europas und ihr Einfluß auf Vegetation und Landschaft http://home.arcor.de/limnologie/Beutler.htm

lg derflip

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Theo
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Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#17

Beitrag von Theo » Di 5. Jul 2011, 18:27

Im Mittelalter gab es hier mal deutlich weniger Wald, weil man das Vieh hineingetrieben hat. Man hat es dann aber rechtzeitig eingesehen und es ist bis heute verboten.
In den Mittelmeerländern war man weniger klug.
Gruß
Theo

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Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#18

Beitrag von Sabi(e)ne » Di 5. Jul 2011, 18:56

:mrgreen: Theo, ich bin ja schon gut, aber 500 Seiten "mal kurz zusammenfassen" geht da nicht.
Aber ich hab ein relativ kurzes, aber gutes Interview mit dem Autor gefunden: http://www.br-online.de/download/pdf/al ... tschek.pdf, die letzten 3 Seiten beschreiben recht gut, um was es im wesentlichen geht.
Und wenn die Rede vom Wald ist, wie er früher war, ist damit nicht das gemeint, was heute darunter verstanden wird.
Die Nutzung dieser Wälder war eine ganz andere als ausschließlich auf Holz und Gewinn fixiert - schon allein weil kein Bauer soviel Holz brauchte :mrgreen: .
Futter für die Tiere war weitaus wichtiger.
Geendet hat das Ganze, weil unabhängige und selbstversorgende Bauern höchst unerwünscht waren, die Industrialisierung brauchte billige Arbeitskräfte, und die Leute mit Geld wollten schöne Jagdreviere, ohne Haustiere, die ihrem Wild das Futter wegfraßen..als ganz grobe Vereinfachung).

Ich sag keineswegs, daß das damals das Paradies gewesen sei, aber der Umgang mit der Natur war ein anderer.
Und nein, der Wald wurde nicht permanent gefegt, sondern nur ca. jedes 7. Jahr an der gleichen Stelle.
Die Leute haben in Generationen gedacht, nicht in kurzen Zeiträumen und an den eigenen Gewinn.
(da ließ man durchaus ein Stück Land für 15 Jahre verbuschen mit Erlen, um danach wieder erholten Boden und fette Wiese zu haben....)
Wer pflanzt denn noch große Baumarten, damit seine Kinder mal Walnüsse oder Maroni haben werden?

Er hat auch einen schönen Abschnitt drin, wie der Bauer auf seinen Apfelbaum schaut, und jeden Apfel nutzt, sei es als Futter, sei es für Saft, getrocknete Äpfel, als Wein und Brand, oder jede Woche im Lager ausgelesen, als Frischobst bis zum Frühjahr.
Im Gegensatz ist heute jeder unperfekte Apfel "Müll", man beachtet höchstens noch die schönsten, und kauft sein "Markenobst" lieber... :roll:

Und er differenziert sehr zwischen "Landwirt" und Bauer - ohne dabei zu romantisieren. Bauer ist halt der, der sich und seine Familie und Tiere unabhängig von außen gut versorgen kann, und der mit der Natur arbeitet, statt wie der Land- oder Forstwirt gegen sie. Keine Ausbeutung, sondern kluge Nutzung durch sehr viel Wissen.
I love life. And it loves me right back.
And resistance is fertile. :-)

Words are no substitute for actions...

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Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#19

Beitrag von emil17 » Di 5. Jul 2011, 19:13

Mal meine Ansicht von der Sache.
a) Wald ohne Mensch funktioniert besser als Mensch ohne Wald - dass man aufräumen "muss" ist ein Problem in unseren Köpfen.
b) Die Fichte hat einen hohen Massenzuwachs, einen hohen Anteil an Nutzholz vom Gesamtholz, und ist bezüglich Standortsansprüchen ziemlich flexibel. Zudem ist sie eine beim Schalenwild wenig beliebte Baumart, wird also bei hohem Reh- oder Hirschbestand herausselektiert (bleibt übrig).
Anpflanzungen sind so dicht, dass darunter nichts wächst und sich eine dicke Schicht aus Nadelstreu bildet.
c) Verjüngungen auch in reinen Fichtenwäldern, die in den Nordalpen sehr verbreitet sind, gehen fleckenweise vor sich, indem in alten Beständen Flächen von einigen ha Grösse geworfen werden. Dort bildet sich dann eine typisch, artenreiche Schlagflur, mit Holunder, Himbeere, Weidenröschen und anderen, und es kommen darin wieder viele Baumarten auf - wenn der Wildbestand und der Förster dies zulassen. Man kann das sehr gut in menschenleeren Gebieten wie British Columbia studieren.
d) Man kann selbstverständlich Holz, Reisig, und Streu aus einem Wald herausholen.
In einer Subsistenzwirtschaft am Rande des Hungers (d.h. bei maximaler Bevölkerungsdichte) wird man das tun müssen. In solchen Gesellschaften sind aber auch die Wälder entweder in Feudalbesitz (egal, wenn die dummen Bauern aus Brennholzmangel frieren, Hauptsache der Fürst hat seine Hirschjagd) oder degradiert und übernutzt. Oder, es gibt wie im Kanton Bern vor dem Einmarsch der Franzosen 1798, ein Erbrecht, wo ein Kind den Hof erbt und die anderen nichts bekamen - Knecht werden oder sich als Sölnder verdingen, war ein typisches Schicksal damaliger Zeit. Gut für den Wald, schlecht für den Menschen. Ich behaupte, Streunutzung war Überlebensnotwendigkeit für die Armen, nicht Einsicht in Nährstoffkreisläufe.
e) die Stickstoffeinträge durch die Luft sind heute in der Grössenordnung von dem, was zwischen den Kriegen in hoffernen Dauerwiesen gedüngt wurde. welche Auswirkung ein einseitiges Stickstoffangebot auf die Bäume hat, ist unklar.
f) Mit der Streu entzieht man dem Wald nicht nur Stickstoff, sondern auch Kali, Phosphor und anderes, was dem Boden entweder durch chemische Verwitterung des Gesteins oder durch den biologischen Kreislauf zurückgelifert werden muss.
g) Die Auswirkung der Bodenqualität auf die Holzgüte ist vielfältig. Bei Fichte ist sie eher negativ (die Herkünfte mit dem hochwertigsten Holz kommen aus dem Alpenrandgebiet, die ertragsstärksten Standorte, gemessen in Euro pro Jahr und Hektar, liegen allerdings nicht dort). Bei Eiche, Esche und einigen anderen Edellaubhölzern nimmt die Holzqualität mit der Güte des Bodens zu - so stehen die berühmente hochpreisigen Furniereichen des Spessart auf Ackerböden, die im dreissigjährigen Krieg wegen "Bevölkerungsschwund" (plündernden Soldaten, Hungersnot, seuchen) aufgegeben wurden. Esche wächst auf trockenene Standorten einigermassen, das Holz, weswegen man sie schätzt, bildet sie aber nur auf erstklassigen Böden aus. Die Bergulme ist bezüglich Bodengüte sehr anspruchsvoll, die Tanne auch.
h) wegen unserem Klima ist ein grosser Teil der Nährstoffe in den Böden gespeichert, Wälder in Mitteleuropa sind deshalb gegenüber Übernutzung viel toleranter als solche im Mittelmeergebiet oder in den Subtropen und Tropen. Aber auch bei uns gibt es grosse Unterschiede, so dürfte Kiefernwald auf Quarzsand empfindlicher sein als Buchen-Fichten-Tannen-Mischwald auf tiefgründiger Braunerde.
i) Die Trennung der Nutzflächen in Agrarland und Wald hat in neuester Zeit, wo Bodenspekulation und masslose Bautätigkeit die grössten Umweltbedrohungen sind, viel Schlimmes verhindert, weil zumindest die Waldflächen der Spekulation entogen sind.
j) In Gebirgsgegenden gibt es grosse Waldstrecken, die so steil und abgelegen sind, dass dort vermutlich nie eine intensive Nutzung stattgefunden hat, ohne dass das dem Wald geschadet hätte.

Das Buch ist sicher lesenswert. Aber man sollte nicht vergessen, was für uns unvorstellbar, für die Mehrheit früher Alltag war: Dreiviertel der Zeit wurde damit verbracht, sich zu kümmern, dass an nächsten Tag irgendwas auf den Tisch kommt. Und alle Geschichten von der guten alten Zeit in diesem Kontext lesen.
Wers nicht glaubt, dem empfehle ich eine Wanderung n abgelegen Teile des Tessins - wo kommen all die winzigen Ackerterrassen und verfallenen Ställe an den steilsten und abgelegensten Orten her, die heute im Gebüsch verschwunden sind, wer hat die gemacht, und warum wohl?
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Re: Waldsterben durch "Umweltschutz"?

#20

Beitrag von emil17 » Di 5. Jul 2011, 19:34

Zum Interview mit Machatschek:
Das ganze krankt einfach daran, dass heute die Bevölkerungsdichte viel zu gross ist. Deutschland hat etwa 230 EW pro km2, und in ganz Mitteleuropa dürften es ähnlich viel sein (in CH und A auch, wenn man die unbesiedelbaren Hochgebirgsflächen abzieht). Wenn man all diese Leute auf eigenem Boden ernähren müsste, also keine Lebensmitel und Tierfutter importieren, und auch keine Fremdenergie (Dieseltreibstoff, Kunstdünger!) einsetzt, sondern alles auf dem Land erzeugt, dann sähe alles ganz anders aus, und dann würde man Giersch- und Brennesselsuppen nicht aus Naturverbundenheit essen, sondern aus Hunger.
Ich kann mir auf meinem Land auch den Bauch mit Himbeeren und anderem vollschlagen, aber wenn das jeder auf seinen knapp 4000 m2 täte (soviel sind es pro EW allerhöchstens, wenn man Gewässer, Siedlungsflächen und andere "unproduktive" Flächen abzieht), weil er es muss, um satt zu werden, dann sähe es hier bald sehr anders aus.

Oder nochmals anders:
wenn man 10 Leuten anbietet, entweder naturverbunden, aber dauernd ums Essen besorgt sein müssen, und es gibt nicht immer alles in beliebiger Menge, oder Fernsehen, Gummibärchen, Fussball, Multimedia und Reisen nach Belieben - mindestens 9 davon würden wohl was wählen?
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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