So sehe ich das auch, Richard.
Ich würde den Boden nur gerne noch deutlich weiter spannen.
Ich kopiere dazu mal drei Beiträge hier rein, die ich neulich zum Thema Glyphosat auf der FB-Seite einer Freundin geschrieben habe:
"Da musste ich jetzt doch schmunzeln.
Trotzdem halte ich wenig davon, ein Werkzeug (Glyphosat) zu verbieten.
Da sind wir wieder beim klassischen Problem, dass es wenig bringt, Krebs mit Kopfschmerztabletten zu behandeln.
Die direkten Alternativen (Umbruch statt konservierender Bodenbearbeitung, andere Herbizide, mechanische Unkrautbekämpfung) sind nicht wirklich besser als Glyphosat, teilweise sogar schädlicher.
Die Umstellungshürde hin zu konservierenden Bodenbearbeitung wird erhöht und Glyphosat steht auch dort nicht mehr zu Verfügung, wo sein Einsatz evtl. das kleinste Übel wäre, z.B. bei der Bekämpfung invasiver Arten oder Problemarten im Dochtstreichverfahren.
Sinnvoller wäre, die Praxisforschung an Ackerbauverfahren mit reduziertem Pflanzenschutzbedarf und besserem Bodenschutz voranzutreiben, um den Betriebsleitern funktionierende Alternativen an die Hand geben zu können. Siehe z.B. die Arbeit von Gabe Brown oder Friedrich Wenz."
Die Antwort war:
"Wie machen es denn dann die Biobauern??"
Dann wieder ich:
"Wir Biobauern produzieren für einen anderen Markt, mit einer anderen Kosten- und Preisstruktur. Deshalb ist das nur sehr eingeschränkt vergleichbar. Die meisten ersetzen dabei die Herbizide durch mechanische Bearbeitung, mit entsprechend hohem Energie- und Kostenaufwand. Und was so eine Maschine von den Kleintieren übrig lässt, kann man sich auch ausmalen:
https://www.youtube.com/watch?v=wU_V0czCKLU
Auch wird nach meiner Beobachtung im Biobereich noch mehr auf wendende Bodenbearbeitung gesetzt (mit entsprechend negativen Auswirkungen auf das Bodenleben) als konventionell. Wobei da unsere Gegend wenig repräsentativ ist. Durch die kleinen Strukturen kommt neuere, teure Bodenbearbeitungstechnik nur langsam in den Betrieben an oder ist in den Leistungsklassen gar nicht verfügbar.
Und Verfahren mit deutlich reduziertem Pflanzenschutz (chemisch wie mechanisch) erfordern sehr viel Wissen und Können und teils teure Maschinen. Das erreicht man nicht durch ein Glyphosat-Verbot. Eher im Gegenteil. Die Leute müssen dann auf andere konventionelle Methoden ausweichen, was die Schwelle eher höher als niedriger macht.
Wenn du magst, kannst du dich ja evtl. im Forum der Gesellschaft für konservierende Bodenbearbeitung etwas einlesen:
https://www.gkb-ev.de/
Der ganze Bereich No-Till ist noch ziemlich stark von Herbiziden abhängig. Es tut sich einiges, z.B. Direktsaat in angewalzte Zwischenfrüchte, aber das steckt alles noch zu sehr in den Kinderschuhen als das man solche Verfahren von heute auf morgen flächendeckend einsetzen könnte."
Antwort:
"Also wie immer nicht so einfach wie man denkt......Wenn ich Deine Argumenation mal etwas abkürze ist das für Dich so, als würde man Autofahren verbieten, nur weil es dabei so viele Unfälle gibt und es die Umwelt belastet."
Ich:
"Der Vergleich trifft es auch nicht wirklich. Ich Rolle die Sache von der anderen Seite auf: Wo wollen wir (ich) hin? Welche Art Landwirtschaft und Lebensqualität wollen wir? Ich hätte gerne eine nicht nur nachhaltige (nicht schlechter machende) sondern eine wiederaufbauende (besser machende) Landwirtschaft, die das wieder heilt, was wir und viele Generationen vor uns zerstört haben. Ich möchte die Sicherung und Erhöhung der Biodiversität (das ist mit ersterem eh untrennbar verbunden) und eine gute Lebensqualität und Entlohnung für alle Menschen, auch für die Bauernfamilien. Wenn ich da hin will, dann muss ich diese "Zukunftsvision" als Kontext für meine Entscheidungen verwenden und mögl. jede Entscheidung daran messen, ob sie in ihrer Gesamtheit und ihren denkbaren Folgen die gerade effektivste Entscheidung auf diesem Weg ist. Und das nicht nur regional, sondern global.
Das größte Problem in der deutschen Landwirtschaft, das ich aktuell sehen kann, ist die Degradation und Erosion der Böden und der damit einhergehende massive Biodiversitätsverlust (vermutlich mehr als 90% aller Arten und der Großteil der lebenden Biomasse leben im Boden, fast vollständig ignoriert von unseren Naturschutzverbänden).
In Deutschland ist diese Problem wegen unsere sehr guten klimatischen Voraussetzungen und den hohen Produktionsstandards viel kleiner als anderswo (im weltweiten Schnitt werden je kg erzeugter Lebensmittel noch immer über 10 kg Boden erodiert) aber trotzdem verlieren wir weiter Boden. Wenn wir nachhaltig oder sogar wiederherstellend werden wollen, dann muss diese Entwicklung gestoppt und umgekehrt werden.
D.h. wir müssen die Erosion auf so niedriges Niveau drücken, dass mehr Mineralboden (durch Zersetzung des Untergrundgesteins) neu gebildet als erodiert wird. Und wir müssen mehr Humus (organische Bodensubstanz) aufbauen als wir verbrennen.
Evtl. hast du die beiden Quellen-Videos und Spatenproben gesehen, die ich neulich auf FB gestellt habe. Die zeigen recht anschaulich, was ich meine.
Wir haben heute das Wissen, wie man Erosion stoppt und Humus aufbaut. Dazu ist es nötig, die Bodenbearbeitung zu minimieren (mögl. nur noch No-Till-Direktsaat, soweit die angebauten Kulturen das zulassen) und den Boden ganzjährig zu bedecken und mit lebenden Wurzeln zu durchwurzeln.
Das Problem ist die praktische Umsetzung im Ackerbau, besonders in unserem feuchten Klima mit kurzer Vegetationsperiode.
Man muss sich auch von der Vorstellung verabschieden, dass Bioanbau da in irgendeiner Forum pauschal besser wäre. Die EU-Biovorschriften beinhalten keine Kriterien zum Boden- und Klimaschutz. Und Bioackerbau mit vermehrter Bodenbearbeitung ist in der Hinsicht destruktiver als vieles, was im konventionellen Bereich passiert. Von Bio-Importprodukten gar nicht zu reden, die teilweise mit massivster Bodenzerstörung und dem Aufbrauchen fossiler Grundwasserreserven erzeugt werden. Vom ursprünglichen, ganzheitlichen Biogedanken hat das Künast-Billig-Importbio für alle kaum etwas übrig gelassen. Natürlich gibt es weiter überzeugte Biobauern, die einen ganzheitlichen Ansatz (soweit sie ihn verstehen) umzusetzen versuchen. Aber im großen und Ganzen ist Bio einfach ein knallhartes Geschäft zu Minimalstandards geworden.
Von den konventionellen Betrieben, die in D bereits auf mögl. Bodenschonende Methoden (No-Till, mögl. ganzjährige Bodenbedeckung) umgestellt haben, sind in ihren Abläufen fast alle auf ein Totalherbizid angewiesen, mit dem sie vor Aussaat der nächsten Kultur den vorherigen Zwischenfrucht- oder Untersaat-Aufwuchs abtöten.
Das ist natürlich noch weit vom angestrebten Idealzustand (siehe oben) entfernt, aber doch deutlich bodenschonender als fast alles andere, was im deutschen Ackerbau passiert.
Es wird wie gesagt viel experimentiert. Einige sind schon recht weit (siehe z.B. das Ecodyn-System von Friedrich Wenz), es gibt auch Ansätze, die Herbizide durch elektrische Abtötung des Aufwuchs (z.B. Electroherb von Zasso) etc. Diese Verfahren sind aber alle noch sehr wissens- und kostenaufwändig, stecken in den Kinderschuhen und haben bisher kaum Verbreitung.
Mir wäre wichtig, dass diese Arbeit und dieses Wissen viel mehr unterstützt und verbreitet werden, statt Glyphosat durch noch giftigere Herbizide (siehe z.B. den diesjährigen Dicamba-Skandal in Nordamerika) oder eine Wiederintensivierung der Bodenbearbeitung ersetzt werden. Beides würde deutlich mehr Schaden als Nutzen bringen. Dann lieber noch ein paar Jahre mit Glyphosat, dafür aber Lösungen, die sowohl den Boden schonen als auch dauerhaft und nachhaltig den Bedarf an Totalherbiziden reduzieren, mögl. auf null.
Das würde uns wirklich vorwärts bringen, statt nur den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben."
Evtl. mach dieser Wortwechsel einiges klarer für die Verfechter der einfachen Antworten hier im Thread.