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von emil17 » Di 18. Apr 2017, 13:09
Die Lohnkosten kannst du nur so (als entgangene Einnahmen) rechnen, wenn du einen Job mit einem Nettolohn von 12.50 (nach Abzug von Wegkosten usw.) hättest und den aus Zeitmangel nicht annehmen könntest, weil du dich um den Garten kümmern musst.
Nach Definition ist der Lohn das Entgelt geleisteten Aufwandes, also der Ertrag in Naturalien. Das wäre, wenn du Geld als Mass nimmst, dann der Verkaufswert der Summe aller marktfähigen Karotten und Himbeeren, die du rausgeholt hast und hättest verkaufen können.
Wenn du mit dem rechnest, was du sonst hättest kaufen müssen, ist der Ertrag etwas besser, weil keine Vermarktungskosten anfallen und man mit dem eigenen Erntegut etwas weniger heikel als der Kunde im Supermarkt ist.
Aber selbst wenn du alle Lebensmittel selber erzeugtest, hättest du deswegen noch lange kein Bargeld in der Tasche. Das ist das grosse Problem aller Selbstversorger, und deshalb ist es gut, einen Teilzeitjob zu haben oder sich gruppenweise zu organisieren.
Wenn du im Garten nichts erzeugst, z.B. weil eine Kultur fehlschlägt, hast du dann Geld verloren oder bloss weniger Ertrag aus deinem Steckenpferd?
Wieviel kostet es dich, eine CD deiner Lieblingsband zu hören? 45 Min zu 12.50 pro Stunde = ca. 9.20 Euro?
Ich halte es für ein Privileg, einen Job zu haben, der soviel einbringt, dass er mir Zeit für den Garten und andere wenig produktive Tätigkeiten ermöglicht. Wenn ich eine betriebswirtschaftliche Vollkostenrechnung für meine "Ich AG" mache, ist der Spass weg oder ich rechne mich selber schön, um dieser unangenehmen Einsicht zu entgehen.
Was du vergessen hast, sind z.B. die Eigenkapitalkosten (wieviel hätte das Geld, das ich aufwenden musste, um das Grundstück zu kaufen und urbar zu machen, an Ertrag abgeworfen, wenn ich es anders eingesetzt hätte?).
Deshalb regeln sich Pachtzinsen für gewerblich genutzte Flächen so ein, dass der Pächter, also der, welcher die Arbeit macht, sich gerade so stellt, dass er in normalen Jahren noch einen bescheidenen Ertrag erwirtschaftet. Ist die Pacht zu hoch, lässt er es ganz bleiben, weil unterm Strich nichts mehr rauskommt. Ist die Pacht zu tief, kann der Verpächter mit dem Zins hoch, ohne dass der Pächter aufgibt. Deshalb hängt die Pacht auch davon ab, was es in der Gegend für andere Verdienstmöglichkeiten gibt (wenn ich mit 400 Arbeitsstunden eine Ernte erziele, die 1000 Euros netto bringt, arbeite ich für 2.50 die Stunde - wenn ich in der Fabrik mehr bekomme, höre ich auf damit).
Deshalb ist Geld für mich kein gutes Mass, um den Ertrag eines selbst genutzen Grundstückes zu bewerten.
Aufwand ist für mich bloss das, was ich mit Geld kaufen muss, weil ich es nicht anders beschaffen kann oder weil ich warum auch immer keine Lust dazu habe, es selber herzustellen oder zu flicken.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.