Glyphosat-Diskussion
Re: Glyphosat-Diskussion
Ich kenne keine andere Branche, in die so stark von außen eingegriffen wird.
Vergleich einfach mal die Diskussionen zu Wohngiften hier im Forum mit denen zur Landwirtschaft. Erste schlafen nach ein paar Beiträgen ein, obwohl die meisten Menschen davon viel stärker betroffen sind als vom Pflanzenschutzmitteleinsatz.
Vergleich einfach mal die Diskussionen zu Wohngiften hier im Forum mit denen zur Landwirtschaft. Erste schlafen nach ein paar Beiträgen ein, obwohl die meisten Menschen davon viel stärker betroffen sind als vom Pflanzenschutzmitteleinsatz.
Re: Glyphosat-Diskussion
Zur Abwechslung mal wieder was zum Thema:
http://www.europarl.europa.eu/news/de/n ... -Zulassung
http://www.europarl.europa.eu/news/de/n ... -Zulassung
- emil17
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Re: Glyphosat-Diskussion
Das kannst du nicht so sehen, denn sonst musst du auch noch deine Arbeitszeit rausrechnen, weil sich der Acker ja nicht von alleine pflügt und ansät.Manfred hat geschrieben: Das Bodeneigentum ist eine Kapitalanlage und getrennt zu betrachten. D.h. wenn ich wissen will, was meine Arbeit in der Landwirtschaft einbringt, dann muss ich den Pachtanspruch für das Eigenland rausrechnen.
Leider tun das viele Landwirte nicht und lügen sich so selbst etwas vor.
Von dem steuerpflichtigen Betriebsgewinn kann man (fiktive) Pachtzinsen an sich selber ja auch nicht abziehen. Abzugsfähig sind nur Kosten, die nötig sind um den Betrieb zu führen und die man tatsächlich hat, d.h. Zinsen für Betriebs- und Investitionskredite, Amortisationen (Abschreibungen), Miete und Pacht für einkommensbildende Infrastrukturen (also nicht für die Privatwohnung).
Land und Gebäude sind doch das, was eine Voraussetzung ist, um Einkommen als Landwirt überhaupt erzielen zu können.
Wenn ich eine Fläche Acker habe, die mich ausser Vermögenssteuern nichts kostet, dann kann ich dort entsprechend hohen Geldwert erwirtschaften, eben weil ich die Pacht nicht reinbringen muss.
Wenn du auf einer Fläche, die 300 E/ha Pacht kostet, noch 100 E/ha Deckungsbeitrag rauswirtschaftest, dann kommst du doch gleich weit, wie wenn du die gleiche Kultur auf 1/4 der Fläche Eigenland machst, aber mit weniger Zeitaufwand und weniger Stress. Denn drei Viertel arbeitest du für den Verpächter.
Im freien Markt gehen die Pachtzinsen immer so hoch, dass der Deckungsbeitrag für den Bewirtschafter minimal wird. denn erst dann findet der Pächter keinen mehr, der eine noch höhere Pacht bezahlt. Typischer Grenznutzeneffekt.
Die Frage, ob ich zusätzlich Land pachten soll, um für 50 Euro Deckungsbeitrag pro ha arbeiten zu müssen, sollte man sich stellen.
Ebenso soll man sich überlegen, ob man sich selbst auf dem eigenen Acker abrackern soll, wenn man am Schluss 50 Euro pro ha mehr hat, als wenn man die Fläche verpachtet und dann dem Pächter zuschauen kann, wie der sich abschindet.
Es ist dies die gleiche Überlegung, die ein Sozialhilfeempfänger macht: lieber 640E fürs Rumsitzen als 720E und dafür 40 Stunden pro Woche beim Aldi Verkaufsregal nachfüllen müssen.
Für mich ist die Folgerung daraus die gleiche wie für mein Privatleben hier: Hauptsache unproduktive Fixkosten senken, dazu gehören Zinsen für Kredit, Mieten und dergleichen. Dafür keine neue Karre und keine neue Küche auf Pump.
Denn sobald du viel Kredite bedienen musst, bist du der Sklave der anderen. Wo bleibt die Freiheit des selbständigen Unternehmers, wenn es nur eine Möglichkeit gibt, zu überleben - nämlich immer mehr rauszuholen und sich immer mehr zu verschulden? Dieses Hamsterrad dreht sich auch ohne mich schnell genug.
Glaub ich dir. Nur so kommst du nicht raus aus der Nummer.Manfred hat geschrieben:Für meine einzelbetrieblichen Entscheidungen sind diese Träumereien aber keinen Pfifferling wert.
Konkurrenzfähig bleiben um jeden Preis - um jeden - heisst doch nur, das Land und alles andere bis zum letzen ausnutzen. Und dann steht man am Ende trotzdem mit abgesägten Hosen da.
Wenn du die Produktion in t/ha mit dem kaufkraftbereinigten bäuerlichen Einkommen über die letzen hundert Jahre betrachtest, ist das Einkommen viel langsamer als die Produktion gestiegen. Oft sogar gegenläufig.
Die angepriesenen Massnahmen sind immer die selben: Kosten senken, rationalisieren, effizienter werden.
Wie in der Wirtschaft: Wachstum braucht das Land, koste es was es wolle.
Also Glyphosat aufs fast erntereife Getreide, weil man dann etwas mehr dafür kriegt als was das Glyphosat dafür gekostet hat. Alle anderen machen das aber auch. Der Zentner Korn kostet dann wieder etwas weniger. Du bist gleich weit wie vorher, musst nun aber so wirtschaften. Dafür hat man das Zeug in den Lebensmitteln. Die werden zu Dumpingpreisen verkauft, ein Drittel davon landet im Müll. Was vom Steuerzahler subventioniert exportiert wird, ruiniert damit die Bauern in den Importländern. Und keiner kann etwas dafür.
Da stimmt doch grundsätzlich etwas nicht. Zudem ist die Kur (noch effizienter, bitte!) identisch mit der Krankheit.
Ihr lasst Euch doch nur ausbeuten und müsst das aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen auch noch wollen.
Spätenstens wenn es heisst, der Konsument müsse dies und das in Kauf nehmen (Glyphosat im Bier, damit wir wieder beim Thema sind), streike ich. Und ich bin nicht allein.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.
Re: Glyphosat-Diskussion
@Reisende:
Versteuern muss der Bauern den Gewinn ja sowieso. Und zwar mit dem vollen Einkommensteuersatz und nicht nur mit 25% Kapitalertragssteuer wie bei Aktiengeschäften.
Es geht nur darum, sich selbst nichts vorzulügen und klar zu unterschieden, welcher Teil des Einkommens aus Kapitalvermögen und welcher aus Arbeit und unternehmerischer Leistung stammt. Der Pachtanspruch für die Eigentumsflächen ist dabei ganz klar den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen.
Versteuern muss der Bauern den Gewinn ja sowieso. Und zwar mit dem vollen Einkommensteuersatz und nicht nur mit 25% Kapitalertragssteuer wie bei Aktiengeschäften.
Es geht nur darum, sich selbst nichts vorzulügen und klar zu unterschieden, welcher Teil des Einkommens aus Kapitalvermögen und welcher aus Arbeit und unternehmerischer Leistung stammt. Der Pachtanspruch für die Eigentumsflächen ist dabei ganz klar den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen.
- emil17
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Re: Glyphosat-Diskussion
Der Grund dafür ist einfach: Landwirtschaft ist flächenrelevant, kriegswirtschaftlich wichtig (Ernährungssicherheit: Deutschland hat in beiden Weltkriegen erfahren, was es heisst, wenn Lebensmittel knapp werden) und hat eine lange Tradition, also auch eine politische Interessenvertretung, die erst in neuester Zeit an Einfluss verliert.Manfred hat geschrieben:Ich kenne keine andere Branche, in die so stark von außen eingegriffen wird.
Vergleich einfach mal die Diskussionen zu Wohngiften hier im Forum mit denen zur Landwirtschaft.
Technischer Umweltschutz ist ohne Vorschriften und Kontrolle nicht durchsetzbar, denn dann würden alle Betriebe darauf verzichten (müssen), um Kosten zu sparen und konkurrenzfähig zu bleiben.
Die ganzen Tante-Emma-Läden und Kleingewerbler (Schuhmachereien, Bäckereien, Schmiede usw.), wo ein noch viel tiefgreifenderer Strukturwandel stattgefunden hat, hat man schlicht und einfach sterben lassen. Die Leute mussten sich eine ganz andere Existenz aufbauen oder ans Fliessband, und niemand hat ihnen dabei geholfen. Dafür haben wir Ikea, MacDo, Aldi, Hornbach und so weiter.
Dass in Sachen Haushaltchemikalien nicht alles zum besten steht, ist unbestritten. Aber ein Problem kann nicht dazu herhalten, ein anderes zu ignorieren.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.
- emil17
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Re: Glyphosat-Diskussion
1. Es gibt keinen Pachtanspruch aus Eigentumsflächen. Das merkst du spätestens dann, wenn keiner deine Flächen pachten will. Es gibt nur einen Markt für Pachtland.Manfred hat geschrieben: Es geht nur darum, sich selbst nichts vorzulügen und klar zu unterschieden, welcher Teil des Einkommens aus Kapitalvermögen und welcher aus Arbeit und unternehmerischer Leistung stammt. Der Pachtanspruch für die Eigentumsflächen ist dabei ganz klar den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen.
2. Wenn jeder zum Schluss kommt, verpachten sei bequemer als sich abrackern, um mit viel Zeitaufwand und Risiko noch das bisschen Deckungsbeitrag nach Abzug des Eigenpachtwerts mitzunehmen, dann gibt es keine Pächter mehr und also auch keine Pachtzinsen.
Das ist das Grundübel des Glaubens daran, dass Kapital ein Recht auf Ertrag habe. Das Geld für den Eigenpachtwert kommt aus dem Verkauf der Ernte, also aus realer Arbeit. Kassierst du die Pacht, statt selbst zu wirtschaften, dann hat der Pächter für Dich gearbeitet, denn du hast nichts geleistet, ausser ihn deine Flächen benutzen zu lassen.
Eine faire Aufteilung würde den Verpächter weniger und den Pächter mehr am Ertrag beteiligen. Wieso soll der, der die ganze Arbeit hat und dafür verantwortlich ist, dass es überhaupt eine Ernte gibt, viel weniger kriegen als der, der bloss darauf verzichtet, selber etwas zu machen?
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.
Re: Glyphosat-Diskussion
@Emil:
Noch mal: Was da alles schiefläuft, ist doch hinlänglich bekannt.
Wo ist dein Lösungsansatz, den der einzelne Bauer jetzt umsetzen kann?
Ich bastle dran, für meine Sparte. Ich lerne jeden Tag dazu. Aber ich bin nach wie vor weit davon entfernt zu sagen: So funktioniert es bei mir, das könnt ihr nachmachen... Das wird noch ein langer Weg.
Die Richtung ist klar: Die Wertschöpfung muss von den Zulieferern und Abnehmern wieder zurück in die Landwirtschaft. Der Teufel steckt im Detail.
Noch mal: Was da alles schiefläuft, ist doch hinlänglich bekannt.
Wo ist dein Lösungsansatz, den der einzelne Bauer jetzt umsetzen kann?
Ich bastle dran, für meine Sparte. Ich lerne jeden Tag dazu. Aber ich bin nach wie vor weit davon entfernt zu sagen: So funktioniert es bei mir, das könnt ihr nachmachen... Das wird noch ein langer Weg.
Die Richtung ist klar: Die Wertschöpfung muss von den Zulieferern und Abnehmern wieder zurück in die Landwirtschaft. Der Teufel steckt im Detail.
Re: Glyphosat-Diskussion
Also, Emil hat hier mMn ganz klar recht.
Je mehr Flächen ein Landwirt an Eigentum hat, desto weniger muss er zupachten und desto geringer sind die Ausgaben. Der Gewinn steigt also, wenn die restlichen Faktoren konstant gehalten werden. Und es geht doch letztlich nur um den Gewinn, denn davon lebt man.
Und natürlich muss man auch weniger in einem Beruf verdienen, wenn man Mieteinnahmen aus geerbten Immobilien hat, um den gleichen Lebensstandard zu haben wie wenn man keine Immobilien hätte...
Ansonsten ist es auch logisch, dass die Pachtpreise fallen, wenn jeder Landeigner auf die Idee käme, sein Land nicht mehr selbst zu bewirtschaften, sondern zu verpachten. Der Markt würde mit Land geflutet.
@manfred
Ja, es geht wohl nur über Nischen, Direktvermarktung, "Bio", etc.
Je mehr Flächen ein Landwirt an Eigentum hat, desto weniger muss er zupachten und desto geringer sind die Ausgaben. Der Gewinn steigt also, wenn die restlichen Faktoren konstant gehalten werden. Und es geht doch letztlich nur um den Gewinn, denn davon lebt man.
Und natürlich muss man auch weniger in einem Beruf verdienen, wenn man Mieteinnahmen aus geerbten Immobilien hat, um den gleichen Lebensstandard zu haben wie wenn man keine Immobilien hätte...
Ansonsten ist es auch logisch, dass die Pachtpreise fallen, wenn jeder Landeigner auf die Idee käme, sein Land nicht mehr selbst zu bewirtschaften, sondern zu verpachten. Der Markt würde mit Land geflutet.
@manfred
Ja, es geht wohl nur über Nischen, Direktvermarktung, "Bio", etc.
Re: Glyphosat-Diskussion
Ich finde diesen Dikussionsverlauf zum Thema "Glyphosat" etwas abwegig. Jede Branche hat ihre Eigenheiten, aber in diesem Fall nimmt der Gesprächsfaden einen eigenartigen Verlauf. Womit wir beim Thema Geld angekommen sind. Der Profit, also nach dem minimal Prinzip, bestimmt den Ablauf in der Landwirtschaft. Um "verkaufbare", da "genormte" Produkte zu erzeugen, wird ohne Rücksicht auf Verluste, in diesem Fall die Umwelt, gespritzt, was die Düse hergibt. Die zu bearbeitende Fläche ist der "Produktionsgrund" , der zunehmend mit den eingesetzen Giften steril und verseucht gehalten wird, um ein Produkt zu erzeugen, welches in der belasteten Form in unseren Körpern landet und die Biodiversität massiv einschränkt.
Um auf den Ursprung dieser Disskussion zu kommen: Glyphosat ist nicht tragbar, da dieses Mittel uns in allen Bereichen durseucht hat, die Biodiversität einschränkt und die Folgen nicht absehbar sind, weshalb es verboten werden sollte.
Um auf den Ursprung dieser Disskussion zu kommen: Glyphosat ist nicht tragbar, da dieses Mittel uns in allen Bereichen durseucht hat, die Biodiversität einschränkt und die Folgen nicht absehbar sind, weshalb es verboten werden sollte.
Re: Glyphosat-Diskussion
ich bin MutterManfred hat geschrieben:Ich kenne keine andere Branche, in die so stark von außen eingegriffen wird.


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Deshalb kann man die Landwirtschaft auch nicht so wie die meisten anderen Branchen behandeln - den Gewinn streicht einer ein, die Gifte müssen alle ertragen, denn die machen keinen Halt vor Grundstücksgrenzen (so ähnlich wie die lieben Bienen).Wildmohn hat geschrieben:....Der Profit....Die zu bearbeitende Fläche ist der "Produktionsgrund" ..... die Biodiversität massiv einschränkt.
Ich habe nichts gegen Bauern! nur gegen Gift, weil das tötet - es geht mir nicht "nur" um Menschen!!!!
übrigens bin ich heute, als ich meine gmx-mail lesen wollte, über die Schlagzeile gestolpert, dass einige Schokonussauftriche Aflatoxine enthalten......