"Dein Honig verbreitet sich ja wie die Pest" schallte es mir letztens auf einer Versammlung entgegen.
"Mein Honig taucht regelmäßig im ländlichen Bereich von Madadaskar auf? Wie kommt der dort hin und woher weiß er das?" dachte ich mir.
Habe es dann doch noch rechtzeitig als Kompliment erkannt und bedankte mich mit den Worten: "Danke, dafür geb ich mir auch viel Mühe und investiere viel Zeit in die Vermarktung. Schön das das hier anerkannt wird".
Mit einem leicht irritierten Blick zog er dann von dannen.
Als ich mit meiner Imkerei begann, wurde mir recht schnell klar, dass wenn ich mich da vergrößern will schnell eine vernünftige Verkaufsform geschaffen werden muss.
Honigverkauf an der Haustür bei meiner Wohnlage nicht sehr erfolgsversprechend
Weihnachtsmärkte etc.? Ja, ist mal ganz putzig und lustig und macht mal auch Spass. Darauf angewiesen sein, regelmäßig? Nein, nichts für mich.
Glücklicherweise wohne ich direkt neben einem Golfplatz. Bei dem dazugehörigen Restaurant nachgefragt ob man da nicht seinen Honig präsentieren kann.
Wollten sie.
Und ab da begann die Zeit, wo ich immer knapp an Honig war, lief es doch überraschend gut
Mit dem Golfclub zusammengesetzt, ob man nicht noch was mit Bienen und Golfclub/Anlage aufziehen kann.
Da es eine "Naturgolfanlage" ist, hab ich offene Türen eingerannt.
Schwupps standen dafür zwei "Werbevölker" auf dem Golfclub.
Ein Interview wurde auch noch mit mir geführt
Die Beuten die man dort sieht sind übrigens von uns Sabiene
Dann für mich die Supermärkte entdeckt.
Der erste ist der Schwerste. Aber selbst der war relativ problemlos.
Zu meiner Überraschung ging der Marktinhaber auch gleich auf meinen Vorschlag ein, dass man den vielleicht seperat präsentiert und er nicht einfach neben dem ganzen anderen ködderigen Honig steht.
So kam ich dann zu meinem ersten Regal, der mitten im Eingangsbereich in der Gemüseabteilung steht
Schild mit regional draufstellen (was er ja ist). Läuft.
Irgendwann nochmal ein schickeres und praktischeres Regal ausgesucht http://www.ikea.com/de/de/catalog/products/20275885/, welches auch noch recht günstig ist
Diverse Fächer für diverse Sorten, unten noch zwei Körbe rein, für die freiwillige Glasrückgabe. Marktinhaber freundliche Etiketten drucken lassen die mit sortenspezifischen Barcodes bedruckt sind.
"Konzept erstellen. Erledigt.", dachte ich mir.
Damit nach und nach noch weitere Märkte erobern können.
Bei einem Markt im Nachbarort grandios gescheitert.
Ich gehe, positiv ausgedrückt, oftmals recht "visuell zielgerichtet" durch meine Umwelt, so auch an dem Tag, wo ich in dem Markt eine Verkäuferin fragte, ob ich den Marktinhaber sprechen kann, zwecks eventuellem Verkauf regionalen Honigs. Vorher in der Honigabteilung nachgeschaut, ob da ein regionaler steht. Stand keiner.
Die befragte Verkäuferin stellte sich als recht resolut heraus.
Irritiert und leicht erbost fragte sie mich, ob ich blind wäre oder sie veräppeln wolle, wäre ich doch vor 5metern an dem Honigbären vorbeigegangen.
Ja, da bin ich an einem ca. 2.2m hohen handgeschnitzten Braunbären vorbeigelaufen, der einen Korb vor sich präsentiert, gefüllt mit Honiggläsern und in der anderen Hand einen weiteren Korb für leere Gläser.
Der Honig von einem mir unbekannten Imker aus dem Nachbarverein, welcher direkt im Ort wohnt, wo der besagte Supermarkt steht. Anerkennend den Hut vor dem Bären ziehend, trottete ich von dannen.
Für den Verkauf von 1-2Sorten super Präsentation von dem Bärenmann. Der braucht keine Barcodes
Mit der Zeit werden natürlich auch andere Imker auf einen aufmerksam, wenn plötzlich ihr Supermarkt ihres Vertrauens meinen Honig verkauft.
Aufgrunddessen gemachte Erlebnisse und Erfahrungen waren vielfältig. Manche waren Narzissmus fördernd, andere interessant, einige lästig und manche etwas seltsam.
Sowie es Nachteile bringt, bringt es auch Vorteile. Zumindest mein Imkerverein hat mich lieb
Ende Oktober, anfang November 2014 klingelte das Telefon.
Schnell stellte es sich für mich heraus, dass es ein mir unbekannter Imker aus dem Nachbarverein war. Er wolle aus gesundheitlichen Gründen seine gesamte Imkerei verkaufen. Er hätte gehört, dass ich da vielleicht Interesse dran haben könne.
Was mir neu war.
Für einen mittleren 4stelligen Betrag könne ich seine 13Völker samt Beuten (nicht mein Maß), inklusive Bienenhaus und seinem Honigverkaufsstand im Supermarkt, der aus einem handgeschnitzten ca. 2,2m hohen Holzbären besteht.
Der Bärenmann.
Der Honigbeschicker des Marktes der Schande, geziert mit dem Bildnis der Blindheit.
Selbst ich bemerkte schnell, wie unheimlich schwer es ihm viel, sein Leben, seine Leidenschaft auf den Markt zuwerfen. Deswegen unterließ ich es ihn drauf hinzuweisen, dass er mir da einen recht exorbitanten Preis abverlangt, für Völker, Beuten und einen Verkaufsstand in einem Supermarkt, über den er ja nun überhaupt nicht zu entscheiden hat. Der Marktinhaber bestimmt ja wer was bei ihm verkaufen kann. Ich verneinte freundlich und verabschiedete mich.
Anfang Januar bekam ich dann mit, dass der Bärenmann verstorben ist.
Nach einer Zeit der ethischen und moralischen Abwägung ein Präsentationsglas geschnappt und hin zum Markt.
Vorgestellt, Glas überreicht, Bilder gezeigt, "da in dem Markt steh ich auch""ich weiß" "gut" Handschlag drauf, Anfang März soll ich kommen und anfangen zu liefern. Um den Bären wird sich wohl zwischenzeitlich gekümmert, ist er ja nix für mich.
Anfang Februar hab ich dann den Vorsitzenden des Nachbarimkervereins getroffen. Wir kennen uns haben keinerlei Probleme miteinander.
Er hätte ja ein neues Vereinsmitglied, hat wohl aus MeckPomm oder Brandenburg rübergemacht, der nun permanent bei ihm anrufen würde, weil ich ihm den Marktstand weggenommen hätte. Ehrlich und mit reinem Herzen konnte ich das verneinen. Doch, doch der hat den Bienenstand und den Verkaufsstand für einen geringen 4stelligen Betrag aufgekauft.
"Dieser Verkauf ist nicht über meinen Tisch gegangen", erwiderte ich. Nach einem gezogenen Gleichnis von Drogengangs in der Bronx, die ihre Reviere abstecken und Verkaufsbereiche verschachern, sah er auch schnell ein, dass man nicht einfach so einen Marktstand verkaufen kann, ohne den betroffenen Markt einzubeziehen. "Ein Choleriker vor dem Herren" wäre er, bei meiner Frage, warum er mich nicht einfach anruft und das ich froh sein könne, dass er es nicht getan hat.
Nächsten Tag zum Markt gefahren, Busch abklopfen.
Marktinhaber hat sich inzwischen breitschlagen lassen von einem neuen Imker im Dorf, der die Marktpräsentation inklusive Bären von dem Bärenmann gekauft hat auch dessen Honig präsentiert wird. Es war ihm zumindest unangenehm als ich mein erstaunen zum ausdruck brachte. Regal würde ich nicht aufstellen können, ich käme zu den ködderigen Honigen, der lokalere Imker auch, dafür wird ein halber Meter Dreyerhonig weggeräumt. Der andere Imker hätte auch nur eine Sorte, der würd dann neben mir und in dem Holzbären stehen.
Wäre ja seiner.
Vielleicht ist es einigen verständlich, dass ich spontan eine große Antipathie dem diesem *piep* Drecks *piep* Bären entgegengebrachte habe.
Ausserdem geht alles Leergut zum Bären hin
Habe den Markt gedanklich schon als Problembären abgehakt. Bei einem gleichen Honigpreis, mit im Ort regional und nicht 10Km entfernt regional plus Bären hat man es mit mehr Auswahl trotzdem schwer.
Denke mal, der der mich preistechnisch stark unterboten hat, sonst wär das wohl so nicht gelaufen.
Nun komme ich heut abend von der Arbeit, Marktinhaber hat aufs Band gesprochen. Solle mich melden wegen Honiglieferung.
Angerufen.
Nennt mir eine überraschend hohe Zahl an Gläsern.
"Ja, dass hab ich noch nie gehabt" "die sind alle hochgegangen" diverse Kunden hätten sich beschwerd das Honig kräftigst am gären wäre (also standen max. 4Wochen im Supermarkt).
Er hätte das gesamte Regal inklusive Bären von des anderen Imkers Honig geräumt.
Das wärs erstmal mit ihm sagte man mir.
Mein Honig wäre mittlerweile im Bären, das Regal wäre halt noch zu füllen und überhaupt es bald Ostern, da brauchen wir Honig.
Wahrscheinlich wird er erstaunt sein, dass ich den ollen Bären nicht will.
Vielleicht sollte ich den Verkaufstands-Bären einfach verkaufen, ist zwar nicht mein Bär, aber prinzip scheint ja üblich zu sein
Wolkenflug

