Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?
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Manfred
Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?
Ein Animationsfilm des schweizerischen Bundesamtes für Umwelt über die Stickstoffkreisläufe.
Nicht mängelfrei (es fehlt z.B. die Rückführung der menschlichen Ausscheidungen in der Beschreibung der früheren Abläufe, außerdem wird die Pufferkapazität des Bodens ignoriert, usw.), aber die Grundsätze sind gut erklärt:
https://www.youtube.com/watch?v=eN_R7RgMOq8
Nicht mängelfrei (es fehlt z.B. die Rückführung der menschlichen Ausscheidungen in der Beschreibung der früheren Abläufe, außerdem wird die Pufferkapazität des Bodens ignoriert, usw.), aber die Grundsätze sind gut erklärt:
https://www.youtube.com/watch?v=eN_R7RgMOq8
- emil17
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Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?
Bei dem Film des BUWAL wurde auch die Denitrifikation (aus Nitrat kann auch wieder Luft-N2 werden) weggelassen. Gäbe es sie nicht, wäre das Stickstoffproblem noch grösser. Dieser Prozess, der auch in überdüngten Böden stattfindet, vernichtet einen grossen Teil des Fäkalien-Stickstoffs.
Stickstoffschübe im Bodenabfluss entstehen oft, wenn viel Grünmasse entfernt wird, weil dann in der Folge auch Wurzeln absterben und der darin enthaltenen organische Stickstoff frei wird. Man kann das gut an den mastigen Schlagfluren in Wäldern wenige Jahren nach Fällung sehen.
Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Lösung von Umweltproblemen nur auch mit Zwang flächendeckend durchgestzt werden kann.
Sowohl Katalysatoren bei Verbrennungsmotoren, wie das Verbot, Jauche im Winter auszubringen (ich erinnere mich daran, dass früher oft auf Schnee gegüllt wurde), wie die Begrenzung der erlaubten Anzahl Grossvieheinheiten pro Hektar Betriebsfläche, wie der Anschlusszwang an Kläranlagen wären nur mit Motivation und Information nie durchgesetzt worden.
Stickstoffschübe im Bodenabfluss entstehen oft, wenn viel Grünmasse entfernt wird, weil dann in der Folge auch Wurzeln absterben und der darin enthaltenen organische Stickstoff frei wird. Man kann das gut an den mastigen Schlagfluren in Wäldern wenige Jahren nach Fällung sehen.
Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Lösung von Umweltproblemen nur auch mit Zwang flächendeckend durchgestzt werden kann.
Sowohl Katalysatoren bei Verbrennungsmotoren, wie das Verbot, Jauche im Winter auszubringen (ich erinnere mich daran, dass früher oft auf Schnee gegüllt wurde), wie die Begrenzung der erlaubten Anzahl Grossvieheinheiten pro Hektar Betriebsfläche, wie der Anschlusszwang an Kläranlagen wären nur mit Motivation und Information nie durchgesetzt worden.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.
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Benutzer 3991 gelöscht
Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?
Ich hab mal ne Studie über Abwasser von - ich glaub so Anfang 1900 - gelesen, wo es um das Einbringen ungeklärter Abwässer von Städten ging, zu dieser Zeit hat man Fäkalien und auch allerlei Müll in die Flüsse entsorgt. An Ort und Stelle soll es gestunken und gebrodelt haben, und in einiger Entfernung gabs Massenblüten von Algen. Je nach Fließgeschwindigkeit soll es dann - wenn ich mich jetzt recht erinnere - so 60 - 80 km weiter zu einem großen Fischreichtum geführt haben. Die Autoren waren nicht der Meinung, das "sauberes" Wasser in Flüssen unbedingt günstig ist, da es dann weniger Fische gäbe.
Schien mir auch irgendwie schlüssig.
Schien mir auch irgendwie schlüssig.
- emil17
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Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?
Ist eine Frage der Menge. Wenns 50km weiter unten wieder eine Stadt hat ...
Ich habe Bilder gesehen aus den 1930er Jahren, da haben die Jungs auf zugefrorenen Teichen und Flüssen Methanblasen unterm Eis angebohrt und angezündet.
Nach dem Krieg kamen die kaum abbaubaren synthetischen Tenside sowie Unmengen von Phosphat hinzu.
Auf dem Land hat man wohl noch lange mit Latrine gedüngt, das mögen Trichinen und Eingeweidewürmer aller Art.
Zum Teil heute noch ist wegen zu hoher Nährstoffwerte im Wasser das Tiefenwasser von Seen mit geringem Wasseraustausch sauerstofflos und damit klinisch tot. Manche dieser Seen wurden künstlich belüftet. Die eingedrückte Pressluft führt nicht nur zu einer Anreicherung des Wassers mit Sauerstoff, sondern auch zu einer Umwälzung, wie man im Kleinen an jedem Aquarium sehen kann.
Bei einer Bevölkerungsdichte von 200 bis gegen 800 EW pro km2 grossräumig in Ballungsgebieten würde ohne Abwasserreinigungsanlagen jedes Gewässer zur Kloake.
Ich habe Bilder gesehen aus den 1930er Jahren, da haben die Jungs auf zugefrorenen Teichen und Flüssen Methanblasen unterm Eis angebohrt und angezündet.
Nach dem Krieg kamen die kaum abbaubaren synthetischen Tenside sowie Unmengen von Phosphat hinzu.
Auf dem Land hat man wohl noch lange mit Latrine gedüngt, das mögen Trichinen und Eingeweidewürmer aller Art.
Zum Teil heute noch ist wegen zu hoher Nährstoffwerte im Wasser das Tiefenwasser von Seen mit geringem Wasseraustausch sauerstofflos und damit klinisch tot. Manche dieser Seen wurden künstlich belüftet. Die eingedrückte Pressluft führt nicht nur zu einer Anreicherung des Wassers mit Sauerstoff, sondern auch zu einer Umwälzung, wie man im Kleinen an jedem Aquarium sehen kann.
Bei einer Bevölkerungsdichte von 200 bis gegen 800 EW pro km2 grossräumig in Ballungsgebieten würde ohne Abwasserreinigungsanlagen jedes Gewässer zur Kloake.
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Manfred
Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?
Wünschenswert wäre halt, für das Fäkalienproblem eine ganzheitliche Lösung zu verfolgen.
Wir haben ja nicht zu viele menschliche und tierische Fäkalien in Deutschland. Für die Düngung der Felder würden wir noch viel mehr benötigen und könnten uns dann viel an künstlichem Stickstoffdünger und bergbaulich gewonnenem Phosphatdünger sparen.
Die Probleme liegen in der ungleichmäßigen Verteilung der tierischen Fäkalien und in der Vermischung der menschlichen Fäkalien mit allerlei Giftstoffen in den Abwassersammelanlagen.
Aber statt das Problem der Abwasserpanscherei wenigstens in den Neubaugebieten mal grundsätzlich anzugehen, beharrt man lieber auf jahrzehntealten, überholten Lösungen und baut an die hinten dran immer weitere teure, großtechnische Anlagen (weitere Klärstufen, Müllverbrennung, Phosphatrückgewinnung etc.).
In der Landwirtschaft das selbe Bild. Statt die Tiere wieder in die Fläche und auf die Flächen zu bringen, führen die wiederholten Anpassungen der Düngeverordnungen zu immer neuen großtechnischen Lösungen. Die Gülle wird in Fest und Flüssig separiert und mit Schiffen und Lastzügen über hunderte Kilometer transportiert.
Immer schneller, höher, weiter und teurer. Ein Rennen, dass die verbliebenen kleinen landwirtschaftlichen Strukturen völlig zerschlägt und bald nur noch Großbetriebe zulässt.
Vernünftig lösen könnte man das nur durch einen angemessenen Außenschutz und ein Importverbot bzw. hohe Importkosten für Futtermittel.
Wenn ich Tiere wieder in die Fläche und auf die Flächen bringen will, dann gibt es dahin nur einen Weg: Es muss wirtschaftlich vorteilhaft werden, die Tiere in und auf der Fläche zu halten. Und das nicht nur gegenüber den inländischen, sondern auch gegenüber allen ausländischen Mitbewerbern.
Alles andere ist verlogene Augenwischerei und beschleunigt nur die Industrialisierung der Landwirtschaft statt sie zu stoppen oder sogar umzukehren.
Wir haben ja nicht zu viele menschliche und tierische Fäkalien in Deutschland. Für die Düngung der Felder würden wir noch viel mehr benötigen und könnten uns dann viel an künstlichem Stickstoffdünger und bergbaulich gewonnenem Phosphatdünger sparen.
Die Probleme liegen in der ungleichmäßigen Verteilung der tierischen Fäkalien und in der Vermischung der menschlichen Fäkalien mit allerlei Giftstoffen in den Abwassersammelanlagen.
Aber statt das Problem der Abwasserpanscherei wenigstens in den Neubaugebieten mal grundsätzlich anzugehen, beharrt man lieber auf jahrzehntealten, überholten Lösungen und baut an die hinten dran immer weitere teure, großtechnische Anlagen (weitere Klärstufen, Müllverbrennung, Phosphatrückgewinnung etc.).
In der Landwirtschaft das selbe Bild. Statt die Tiere wieder in die Fläche und auf die Flächen zu bringen, führen die wiederholten Anpassungen der Düngeverordnungen zu immer neuen großtechnischen Lösungen. Die Gülle wird in Fest und Flüssig separiert und mit Schiffen und Lastzügen über hunderte Kilometer transportiert.
Immer schneller, höher, weiter und teurer. Ein Rennen, dass die verbliebenen kleinen landwirtschaftlichen Strukturen völlig zerschlägt und bald nur noch Großbetriebe zulässt.
Vernünftig lösen könnte man das nur durch einen angemessenen Außenschutz und ein Importverbot bzw. hohe Importkosten für Futtermittel.
Wenn ich Tiere wieder in die Fläche und auf die Flächen bringen will, dann gibt es dahin nur einen Weg: Es muss wirtschaftlich vorteilhaft werden, die Tiere in und auf der Fläche zu halten. Und das nicht nur gegenüber den inländischen, sondern auch gegenüber allen ausländischen Mitbewerbern.
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Benutzer 3991 gelöscht
- emil17
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Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?
Wer ist "man"?Manfred hat geschrieben: Aber statt das Problem der Abwasserpanscherei wenigstens in den Neubaugebieten mal grundsätzlich anzugehen, beharrt man lieber auf jahrzehntealten, überholten Lösungen und baut an die hinten dran immer weitere teure, großtechnische Anlagen (weitere Klärstufen, Müllverbrennung, Phosphatrückgewinnung etc.).
Die Landwirtschaft beschäftigt nur noch 3% der Bevölkerung, deshalb sind die Strukturprobleme dort ein Kollateralschden, wenn man dafür frei ins Ausland exportieren darf. Kein Grund, hier nichts ändern zu wollen, aber das ist nun mal die politische Grosswetterlage.
Immerhin wird an sehr vielen Orten Trennung von Oberflächenwasser (einschliesslich Dachwasser) von Hausabwasser verlangt. Viele Häuslebauer tun das, was man immer tut, wenn etwas angeordnet wird: darüber schimpfen.
Gewässerqualität verglichen mit den 1960er Jahren: trotz höherer Bevölkerung über alles betrachtet massiv besser dank technischer Abwasserbehandlung. (Schweiz, in D dürfte es ähnlich sein, weiss ich aber nicht.) Der Dorfbach oberhalb Klein-Kuhdorf ist anders zu betrachten als der Rhein unterhalb Köln.
Grundsätzlich kostet Abwasserbehandlung oder Fäkalienbeseitigung nun mal Geld. Alternativen müssen sich daran messen lassen, dass sie auf Flächen mit 230 Einwohner pro km2 (Bevölkerungsdichte Deutschland), in Ballungsräumen auch 1000 und mehr, funktionieren müssen. Funktionieren bedeutet nicht nur, die Scheisse muss weg, sondern es soll keine Gesundheitsgefährdung und keine Geruchsbelästigung davon ausgehen, und die Bevölkerung muss bereit sein, mitzumachen und es zu bezahlen.
Das Problem sollte man schon realistisch betrachten. Es gibt nun mal die Schwemmkanalisation und ein Verzicht darauf sowie auf Abwasserbehandlung scheint unrealistisch. Es würde zudem einen ziemlichen Eingriff in unsere Kultur bedeuten. Wie soll man Millionenstädte wie Berlin (rund 800 t Kacke pro Tag, das sind etwa 800 Kubikmeter) bewirtschaften und was haben die Einwohner dazu zu sagen?
Alternativen wie Pflanzenkläranlagen funktionieren in dünn besiedelten Landstrichen gut, würden aber pro Person rund 4m2 Fläche erfordern - für Deutschland wären das dann 32'000 ha Fläche, die man wohl der Landwirtschaft abzwacken würde. Für Agglomerationen, also für rund 2/3 der Einwohner von Deutschland und der Schweiz, leider keine Alternative.
Phosphatgewinnung aus Abwasser hat sicher Zukunft, zur Zeit kann aber wegen billigerem mineralischem Phosphat noch nicht kostendeckend gearbeitet werden.
Sobald das der Fall ist, wird sich die Privatindustrie um die Scheisse streiten.
Die Grossindustrie baut von selbst interne Kläranlagen für ihr Abwasser und betreibt Wasserrecycling, wenn sich das für sie rechnet. Das tut sie aber sonst nur dann, wenn sie durch hohe Kosten und Vorschriften, die auch durtchgesetzt werden, dazu gezwungen wird. Lobbyarbeit zur Verhinderung (Gefährdung von Arbeitsplätzen, Konkurrenzfähigkeit ... ) ist oft billiger.
Die Gemeinden, welchen die Last der Abwasserbehandlung obliegt, haben die finanziellen Mittel dazu nicht, alles umzustellen. Werden die wahren Kosten der Abwasserbehandlung einschliessllich aller Kollateralschäden den Erzeugern (=uns) überwälzt, wird Abzocke geschrien. Würde die Gemeinde das aus eigener Initiative machen, würde Geldverschleuderung geschrien.
Betriebswirtschaftlich macht in der Landwirtschaft Trennung der Nährstoffkreisläufe (Dünger kaufen, Stallhaltung, Jauche ist Abfall) offenbar Sinn, denn sonst würde es nicht gemacht. Ökologisch ist es eine Katastrophe. Also wieder mal Vorschriften nötig, um die schlimmsten Missbräuche zu verhindern. Noch mehr Vorschriften, um Stallhaltung zu verbieten? Falls nicht, wie sonst?
Derzeit ist der Endverbraucher Mensch ganz vom Nährstoffkreislauf ausgeschlossen. In der Schweiz ist Klärschlamm als Dünger verboten, wegen zu hoher Schwermetallgehalte. Ebenso werden pro Jahr in der Schweiz etwa 20'00 t Knochen aus Schlachthöfen und Metzgereien verbrannt, weil man sie wegen BSE nicht mehr zu Düngemittel verarbeiten darf. Das wird man sich nicht mehr lange leisten können.
Was kann man realistisch in grossem Masstab und mit Ausnutzung der bestehenden Infrastrukturen machen? Thermische Nutzung von Klärschlamm und Phosphatrückgewinnung aus Abwasser und Asche ist immerhin eine praktikabel scheinende Möglichkeit. Wie gesagt, es muss für einige zehn Millionen Einwohner funktionieren, damit sich das Problem quantitativ entschärft.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.
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Manfred
Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?
Emil, das ist das Problem mit dir. Du schaffst es einfach nicht, dich aus dem klassischen, detailfixierten, problemorientierten Denken zu lösen. Das ist menschlich, führt aber bei komplexen Zusammenhängen immer tiefer in die Scheiße statt zu einer Lösung.
Der ganzheitliche Denkansatz dreht die Sache komplett um. Zuerst schaut man nach den Zusammenhängen, dann überlegt man, wo man hin will, und dann überlegt man sich einen Plan. Und man stellt die Umsetzung dieses Plans unter eine ständige Überwachung unter der Annahme, der Plan sei falsch. Führt eine Maßnahme nicht zum erwünschten Ergebnis, muss sie umgehend korrigiert werden.
Desweiteren achtet man darauf, welche Einheiten sich überhaupt sinnvoll als eine Einheit managen lassen. Bei der Abwasserproblematik kann ich nicht einfach hochverdichtete Städte, Industrieanlagen und dünn besiedelte ländliche Gegenden in einen Topf werfen. Da können völlig unterschiedliche Lösungsansätze sinnvoll sein, um den gewünschten Zustand zu erreichen.
Was bitteschön bringt es für die Nährstoffproblematik, wenn wir die Tierproduktion in Deutschland in einem Marktumfeld mit offenen Grenzen durch immer schärfere Auflagen immer teurer machen? Zuerst weicht die Erzeugung auf größere Einheiten (niedrigere Stückkosten) aus und verschärft damit das Problem. Wenn das auch nicht mehr hilft, wird die Produktion ins Ausland verlagert, wo sie zu deutlich niedrigeren Standards erfolgt und das Problem noch mal verschärft. Und gleichzeitig ersetzen wir hierzulande den fehlenden Dünger durch schnelllösliche mineralische Düngemittel, was das Bodenleben zerstört, noch schneller im Grundwasser landet und die weltweiter Agrar-Stickstoffmenge insgesamt weiter erhöht.
Wenn das wirklich dein Ziel ist, solltest du unbedingt bei deinem Denkansatz bleiben.
Der ganzheitliche Denkansatz dreht die Sache komplett um. Zuerst schaut man nach den Zusammenhängen, dann überlegt man, wo man hin will, und dann überlegt man sich einen Plan. Und man stellt die Umsetzung dieses Plans unter eine ständige Überwachung unter der Annahme, der Plan sei falsch. Führt eine Maßnahme nicht zum erwünschten Ergebnis, muss sie umgehend korrigiert werden.
Desweiteren achtet man darauf, welche Einheiten sich überhaupt sinnvoll als eine Einheit managen lassen. Bei der Abwasserproblematik kann ich nicht einfach hochverdichtete Städte, Industrieanlagen und dünn besiedelte ländliche Gegenden in einen Topf werfen. Da können völlig unterschiedliche Lösungsansätze sinnvoll sein, um den gewünschten Zustand zu erreichen.
Was bitteschön bringt es für die Nährstoffproblematik, wenn wir die Tierproduktion in Deutschland in einem Marktumfeld mit offenen Grenzen durch immer schärfere Auflagen immer teurer machen? Zuerst weicht die Erzeugung auf größere Einheiten (niedrigere Stückkosten) aus und verschärft damit das Problem. Wenn das auch nicht mehr hilft, wird die Produktion ins Ausland verlagert, wo sie zu deutlich niedrigeren Standards erfolgt und das Problem noch mal verschärft. Und gleichzeitig ersetzen wir hierzulande den fehlenden Dünger durch schnelllösliche mineralische Düngemittel, was das Bodenleben zerstört, noch schneller im Grundwasser landet und die weltweiter Agrar-Stickstoffmenge insgesamt weiter erhöht.
Wenn das wirklich dein Ziel ist, solltest du unbedingt bei deinem Denkansatz bleiben.
- emil17
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Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?
Ich würde auch viel bequemer ganzheitlich und von oben denken.
Es ist einfacher, die grossen Probleme unserer Zivilisation als allgemeinen Vorwurf in die Welt zu stellen (Aber statt das Problem grundsätzlich anzugehen, beharrt man ... usw.).
Dann kann man immer auf die Ignoranten in Bevölkerung, Behörden und sonst wo schimpfen, wenns nicht so läuft wie es sollte.
Wenn ich deine Beziehung zu den Grünen nicht zur Genüge kennte, würde das hier eine klassische Fundi-Realo Diskussion wie in dieser Partei werden. Die einen wollen die Gesellschaft so lange umbauen, bis das Problem zur Lösung passt, die anderen trauen sich nie, sich mal etwas ganz Neues vorzustellen.
Wenn man sich überlegt, wo man hin will, ist die erste Frage "wer ist man". 80% der Leute wollen ganz wo anders hin als wo du und - staune! auch ich hin wollen. Die interessieren sich erst dann für Abwasser, wenn das Klo verstopft ist. Brot und Spiele, Flugreisen, und ganz billig alles. Die erste Ernüchterung aller Leute, die ökologisch-ganzheitlich denken oder es zumindest glauben. Und deshalb interessieren mich Lösungen vor allem insofern, als sie eine Chance haben, sich im Konsens der freiheitlich-demokratischen Gesellschaft mit den real existierenden Leuten verwirklichen zu lassen. Obwohl Utopia sooo verlockend wäre.
das
Generelle Rundschläge wie diese
Als Realo, der sich auch ein wenig in die grossen Zusammenhänge reinzudenken versucht, frag ich mich immer, warum "die Leute" oder "die Entscheidungsträger" oder "das Etablissement" so dumm sind und das nicht merken, wo es doch so einfach und sonnenklar ist, und warum sie so handeln, wie sie es eben tun.
Die technische Lösung der Schwemmkanalisation mit nachfolgender Abwasserbehandlung hat immerhin den Vorteil, dass sie machbar ist, und zwar hier und jetzt und mit den Leuten, die es nun mal gibt. Sie ist natürlich absolut nicht nachhaltig.
Ich wäre übrigens dabei, wenn eine Gemeinde als Pilotprojekt beschliesst, nur noch Kompostklos zuzulassen und das Ergebnis in der lokalen Landwirtschaft zu verwerten! Ich habe mir nur gestattet, mal so grob zu überschlagen, was das für ganz Deutschland bedeuten könnte. Und da nun mal 3/4 aller Deutschen im städtischen Sieldlungsbereich leben und abkoten, sind dicht besiedelte Gebiete eben wichtig.
Das Problem der Fäkalienentsorgung, heute als Abwasserbehandlung gehandhabt, hat meines Wissens (überholtes Schulbuchwissen ?) nicht viel mit dem der Nitratbelastung des Trinkwassers aus der Landwirtschaft zu tun. Die Landwirtschaft dient höchstens als Senke für Abfälle wie Klärschlamm, die man so los zu werden hofft.
Nitrat aus Abwasser gelangt nämlich nicht ins Trinkwasser, sondern in die grossen Flüsse - und wird dort mit Umkehr- oder Druckosmose oder Ionenaustausch aufwendig wieder entfernt, wenn aus solchem Wasser wieder Trinkwasser aufbereitet werden soll.
Klar ist es denkbar, alle menschlichen Exkremente in die Landwirtschaft zurückzuführen - aber was würde das bedeuten und würden die Leute mitmachen?
Ich habe übrigens deutlich genug zum Ausdruck gebracht, dass die Situation nicht gut ist und dass man Kleine anders behandeln soll als grosse.
Es ist einfacher, die grossen Probleme unserer Zivilisation als allgemeinen Vorwurf in die Welt zu stellen (Aber statt das Problem grundsätzlich anzugehen, beharrt man ... usw.).
Dann kann man immer auf die Ignoranten in Bevölkerung, Behörden und sonst wo schimpfen, wenns nicht so läuft wie es sollte.
Wenn ich deine Beziehung zu den Grünen nicht zur Genüge kennte, würde das hier eine klassische Fundi-Realo Diskussion wie in dieser Partei werden. Die einen wollen die Gesellschaft so lange umbauen, bis das Problem zur Lösung passt, die anderen trauen sich nie, sich mal etwas ganz Neues vorzustellen.
Wenn man sich überlegt, wo man hin will, ist die erste Frage "wer ist man". 80% der Leute wollen ganz wo anders hin als wo du und - staune! auch ich hin wollen. Die interessieren sich erst dann für Abwasser, wenn das Klo verstopft ist. Brot und Spiele, Flugreisen, und ganz billig alles. Die erste Ernüchterung aller Leute, die ökologisch-ganzheitlich denken oder es zumindest glauben. Und deshalb interessieren mich Lösungen vor allem insofern, als sie eine Chance haben, sich im Konsens der freiheitlich-demokratischen Gesellschaft mit den real existierenden Leuten verwirklichen zu lassen. Obwohl Utopia sooo verlockend wäre.
das
ist doch klassisch problemorientierte Handlungsweise beziehungsweise selbstverständlich - Differenzen können höchstens darin entstehen, was man als Ergebnis akzeptiert.Manfred hat geschrieben:Führt eine Maßnahme nicht zum erwünschten Ergebnis, muss sie umgehend korrigiert werden
Generelle Rundschläge wie diese
bringen nicht viel, denn sie wollen sagen, dass die zuständigen Behörden und Entscheidungsträger unfähig sind und nichts machen und keine Ahnung von den Zusammenhängen haben. Damit gewinnt man in öffentlichen Diskussionen oder am Stammtisch immer Applaus, aber es trägt nichts weiter bei - und stimmt meistens nicht einmal.Manfred hat geschrieben: Aber statt das Problem der Abwasserpanscherei wenigstens in den Neubaugebieten mal grundsätzlich anzugehen, beharrt man lieber auf jahrzehntealten, überholten Lösungen und baut an die hinten dran immer weitere teure, großtechnische Anlagen (weitere Klärstufen, Müllverbrennung, Phosphatrückgewinnung etc.).
Als Realo, der sich auch ein wenig in die grossen Zusammenhänge reinzudenken versucht, frag ich mich immer, warum "die Leute" oder "die Entscheidungsträger" oder "das Etablissement" so dumm sind und das nicht merken, wo es doch so einfach und sonnenklar ist, und warum sie so handeln, wie sie es eben tun.
Die technische Lösung der Schwemmkanalisation mit nachfolgender Abwasserbehandlung hat immerhin den Vorteil, dass sie machbar ist, und zwar hier und jetzt und mit den Leuten, die es nun mal gibt. Sie ist natürlich absolut nicht nachhaltig.
Ich wäre übrigens dabei, wenn eine Gemeinde als Pilotprojekt beschliesst, nur noch Kompostklos zuzulassen und das Ergebnis in der lokalen Landwirtschaft zu verwerten! Ich habe mir nur gestattet, mal so grob zu überschlagen, was das für ganz Deutschland bedeuten könnte. Und da nun mal 3/4 aller Deutschen im städtischen Sieldlungsbereich leben und abkoten, sind dicht besiedelte Gebiete eben wichtig.
Das Problem der Fäkalienentsorgung, heute als Abwasserbehandlung gehandhabt, hat meines Wissens (überholtes Schulbuchwissen ?) nicht viel mit dem der Nitratbelastung des Trinkwassers aus der Landwirtschaft zu tun. Die Landwirtschaft dient höchstens als Senke für Abfälle wie Klärschlamm, die man so los zu werden hofft.
Nitrat aus Abwasser gelangt nämlich nicht ins Trinkwasser, sondern in die grossen Flüsse - und wird dort mit Umkehr- oder Druckosmose oder Ionenaustausch aufwendig wieder entfernt, wenn aus solchem Wasser wieder Trinkwasser aufbereitet werden soll.
Klar ist es denkbar, alle menschlichen Exkremente in die Landwirtschaft zurückzuführen - aber was würde das bedeuten und würden die Leute mitmachen?
Ich habe übrigens deutlich genug zum Ausdruck gebracht, dass die Situation nicht gut ist und dass man Kleine anders behandeln soll als grosse.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.
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Manfred
Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?
Etwas Lesestoff dazu:emil17 hat geschrieben: Als Realo, der sich auch ein wenig in die grossen Zusammenhänge reinzudenken versucht, frag ich mich immer, warum "die Leute" oder "die Entscheidungsträger" oder "das Etablissement" so dumm sind und das nicht merken, wo es doch so einfach und sonnenklar ist, und warum sie so handeln, wie sie es eben tun.
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