Imkerei mit Körben - Nordamerika anno 1600

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Manfred

Imkerei mit Körben - Nordamerika anno 1600

#1

Beitrag von Manfred » Sa 1. Feb 2014, 02:04

Für Imker vermutlich nichts Neues:

Ich schmökere noch immer bei Mark Shepard.
Im Kapitel über Bienen beschreibt er, wie die Imkerei bei den frühen europäischen Siedlern ablief.
Die hatten schon 10.000ende Völker und die Wachsproduktion hatte noch einen sehr hohen Stellenwert. Es gab ja keine Elektrizität.

Die Imkerei erfolgte großteils in den aus Europa bekannten Bienenkörben.
Die starken Völker wurden im Frühjahr geteilt und so vermehrt.
Dann überlies man die Körbe übers Sommerhalbjahr weitgehend sich selbst.
Nach Ende der Blütentracht im Herbst wurden die Völker an einem kalten Morgen sortiert:

Die schwachen Völker ertränkte man. Ihre Waben wurden dann aus den Körben genommen und zerteilt.
Verdeckelte Honigzellen wurden herausgeschnitten und in Holzkisten oder Tonkrügen für den späteren Verzehr gelagert.
Unverdeckelte Honigzellen wurden in einem großen Topf gesammelt und aufgekocht. Dadurch schwamm das Wachs und Verunreinigungen wie Bienenleichen etc. auf. Nach dem Abkühlen konnte der erstarrte Schwimmdeckel aus Wachs und Schmutz abgenommen werden.
Wabenteile mit Puppen wurden zur Wachsgewinn eingeschmolzen. Das ergab helles, hochwertiges Wachs.
Wabenteile mit Brut (Eiern und Larven) wurden ebenfalls zur Wachsgewinnung eingeschmolzen. Das ergab dunkles Wachs, das man für Sachen verwendete, wo es auf die Optik nicht so ankam. z.B. als Wagenschmiere.

Die starken Völker wurden nicht angetastet. Ihnen wurde der gesamte Honigvorrat belassen, damit sie gut über den Winter kommen.

So erfolgte eine intensive Selektion auf Gesundheit und Ertrag, lange bevor Darwin seine Evolutionstheorie erstellte.

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citty
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Re: Imkerei mit Körben - Nordamerika anno 1600

#2

Beitrag von citty » Sa 1. Feb 2014, 02:27

Interessant! Dass man schwache Voelker ertraenkte hat mich doch etwas schockiert. Was bedeutet eigentlich "schwaches Volk" - kranke Bienen? Schwarm zu klein oder?

LG Citty
Dr. Roger Liebi fan :)

Manfred

Re: Imkerei mit Körben - Nordamerika anno 1600

#3

Beitrag von Manfred » Sa 1. Feb 2014, 11:20

Die haben wohl einfach die gewünschte Zahl an Völkern zur Überwinterung ausgewählt, natürlich die Leistungsfähigsten zuerst, und alles andere ertränkt.
Die kranken Völker waren dann automatisch dabei. Auch die mit altersschwachen Königinnen und solche die evtl. wegen genetischer Veranlagung nicht so viel Honig gesammelt haben etc.

Habe inzwischen noch etwas weitergelesen. Viele interessante Ding für mich als Nichtimker.

Er berichtet z.B. über die Arbeit von Lorenzo Langstroth (1810-1895), der die Bienenhaltung auf Rahmen wesentlich weiterentwickelt hat.
Langstroth hat entdeckt, dass Bienen alle Lücken unter 1/4" (6,4 mm) mit Propolis zukleistern. Und dass sie alle Lücken über 3/8" (9,5 mm) mit Waben zubauen.
Spaltmaße dazwischen (also von ca. 6,4 mm bis 9,5 mm) lassen sie weitgehend in Ruhe.
Das nutze er und legte die Spaltmaße zwischen Rähmchen und Kastenwand und zwischen Rähmchen und Deckel entsprechend aus.
So war es erstmals möglich, die Kisten problemlos zu öffnen und einzelne Rähmchen zu entnehmen. Vorher hatten die Bienen alles mit Propolis oder Waben zusammengeleimt, so das jedes Öffnen der Kisten nur mit Gewaltanwendung und entsprechenden Folgeschäden möglich war.

Mit dem Aufkommen des Schleuderns konnte die Honigproduktion massiv gesteigert werden.
Die Bienen verbrauchen anscheinend die Honigmenge von drei Waben, um das Wachsgerüst für eine Wabe bauen zu können.
D. h. wenn die Waben mit einem heißen Messer entdeckelt und geschleudert werden, dann kann man sie wieder in den Stock hängen damit die Bienen sie neu befüllen. Da sie so keine neuen Waben bauen müssen und sich die dafür benötigte Energie und Arbeitszeit sparen, lagern sie viel mehr Honig ein.

Mit der Einführung dieser Methode (entdeckeln, schleudern, zurück in den Stock) kamen aber auch die ersten großen Wellen des Bienensterbens auf, in Abständen von ca. 30 Jahren. z.B. die Faulbrut-Epidemie um 1900. Der Grund liegt nach seiner Einschätzung in der viel schlechteren Hygiene. Sprich die Krankheitskeime in den alten Waben kamen zurück in den Stock statt wie bisher als Kerzen zu verbrennen.

Die Königinnen-Trenngitter hat wohl auch Langstroth entwickelt oder von irgendwoher eingeführt. Sie ermöglichten es Brutraum und Honigraum zu trennen. Die Arbeiterinnen passen durch das Gitter, die Königin nicht, so bleiben die Honigwaben frei von Brut. Diese führte ebenfalls zu einer Ertragssteigerung, weil bei der Honigentnahme keine Brut mehr vernichtet wurde. Für die Hygiene dürfte es wiederum nachteilig sein, weil immer wieder die selben Zellen für die Brut verwendet werden statt ständig frische wie bei der Haltung anno dazumal.

Da scheint die Bienenhaltung nicht anders zu sein als anderen Formen der Intensivtierhaltung auch. Je weiter man die Leistung mit irgendwelchen Tricks hochschraubt, desto empfindlicher wird das System.

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Re: Imkerei mit Körben - Nordamerika anno 1600

#4

Beitrag von Sabi(e)ne » Sa 1. Feb 2014, 11:51

http://www.bienenaktuell.com/forum/korb ... s-teil-1-8
Alle 8 Teile der Korbimkerei in der Heide, leider mit engl. Kommentaren - es gibt das auch irgendwo auf deutsch, finde ich aber nicht auf die Schnelle.
Das System ist rein auf Heidehonig ausgelegt, und sehr ausgefuchst.
Aber wenn man sieht, wie oft die jeden Korb anfassen müssen - grausam.
Da sieht man übrigens auch, wie wenig Heide/Scheibenhonig dabei rumkommt pro Korb, auch wenn der Preis dafür exorbitant war und ist.
Wer interessiert ist, sollte sich die Serie mal ansehen. :daumen:
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Re: Imkerei mit Körben - Nordamerika anno 1600

#5

Beitrag von Manfred » Sa 1. Feb 2014, 12:22

Ja. Aber deren Verfahren ist schon viel moderner als das, was Shepard beschreibt.
Habe gerade noch mal in den Teil Wachspressen geguckt. Die nennen da einen Preis von 12 DM pro kg.
Muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, wie viel Geld das damals war.
Wann wurde der Film gedreht? In den 50ern? 1955 betrug ein durchschnittliches Jahreseinkommen 4500 DM und hat eine ganze Familie ernährt. Seine 500 kg Wachs waren da deutlich mehr als ein Handwerker-Jahresgehalt. Rechnet das mal hoch, was das Wachs heute kosten müsste, wenn der Wachspreis im gleichen Maß gestiegen wäre wie die Löhne.
Auf der Website steht, Großvater Klindworth hat die Imkerei 1901 gegründet. Lass ihn da 20-25 gewesen sein. Dann könnte 50er Jahre gut hinkommen.

Manfred

Re: Imkerei mit Körben - Nordamerika anno 1600

#6

Beitrag von Manfred » Sa 1. Feb 2014, 15:04

Hm. In Teil 6 am Ende steht das Jahr 1978.
Dann lag ich wohl etwas daneben und der vermeintliche Großvater wird der Vater sein?
Die Honigpreise werden in dem Teil mit 25 Mark für 500 g Wabenhonig und 10 bis 15 Mark fürs Pfund Presshonig angegeben.

Manfred

Re: Imkerei mit Körben - Nordamerika anno 1600

#7

Beitrag von Manfred » Sa 1. Feb 2014, 15:15

Im Teil 6 werden die Überwinterungsvölker ausgewählt.
Die schütteln die Bienen aus den zu erntenden Körben in solche die überwintert werden sollen.
Die Brut in den entvölkerten Körben wird dann durch Schwefeln getötet.

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Re: Imkerei mit Körben - Nordamerika anno 1600

#8

Beitrag von Sabi(e)ne » Sa 1. Feb 2014, 23:05

:) Vor drei Jahren war der Preis für Scheibenhonig (=Heidehonig in Wabe) von Imker zu Imker bei 38€/kg....aber da ist halt auch das Risiko enorm - Heide blüht ja immer im August, aber sie honigt nicht unbedingt auch.
Und wer schon mal morgens früh im September eine Heidefläche mit dem Tau auf den tausenden Spinnennetzen gesehen hat, weiß, warum es heißt "Heide frist Bienen".
Henry aus Leipzig hat vor ein paar Jahren mal eine Ost-Heide angewandert mit 20 fetten Völkern, und ist komplett ohne Bienen zurückgekommen.
Und zu wenig Honig, als daß sich das gerechnet hätte.
Mir wären meine Bienen zu schade für sowas.
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