Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

Benutzer 72 gelöscht

Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#51

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Di 4. Jan 2011, 10:26

hallo!
Dagmar hat geschrieben:Hallo Roland,

vielleicht findet ja jemand anderes hier aus dem Forum irgendwelche Beiträge im WWW, wo aufgelistet wird, welche Pflanzen im Wald in welchen Mengen geerntet werden (könnten). Das fände ich wirklich interessant. :) Ich habe dazu nichts gefunden.
Falls es wen interessiert - ich hab diese Frage im Harrar-Forum gestellt und einige brauchbare Antworten gefunden - auch unter "welche Bäume wünscht ihr euch?" steht ein bisschen was!
Für mich sieht es trotzdem so aus, dass man bei "Waldgärten" kaum auf Jagd und Fischfang verzichten kann - und da taucht dann wieder das Platzproblem auf :bang:

Wobei dieses stellt sich eigentlich bei der "traditionellen" Landwirtschaft ebenso ein - wenn man überlegt, woher Treibstoffe und Dünger kommen und wohin Düngerüberschüsse und Abgase gehen!!

Wobei ich persönlich seh ja eher eine Zukunft in der Vielfalt - sprich: Waldgärten, Teiche, extensive Viehhaltung und auch "normale" Landwirtschaft - und hier, so denke ich, besteht noch ein großer Forschungsbedarf!!
Wie kann ich wirklich nachhaltig alle in Europas benötigte Nahrung hier erzeugen?

liebe Grüße!

Manfred

Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#52

Beitrag von Manfred » Di 4. Jan 2011, 10:29

Das Problem kommt ja immer wieder auf.
Der Begriff Waldgarten suggeriert in unseren Breiten ein falsches Bild.
Unter Wald stellt man sich einen geschlossenen Baumbestand vor. Und was soll da drunter hierzulande schon groß wachsen? In den Tropen mit ihrer verschwenderischen Ausstattung an Licht und Wasser mag das anders sein.
Von Obst und Nüssen alleine lebt es sich schlecht. Und schon Esskastanien als Mehllieferanten sind in weiten Teilen Deutschlands gar nicht oder nur mit sehr unregelmäßigem Ertrag möglich.

Es muss klar sein, dass es sich bei "Waldgärten" um Mischpflanzungen handelt, die alle Stufen der Sukzession auf engem Raum nachbilden sollen und wo zwischen höheren Gewächsen genug Raum, Licht und Wasser für niedrige Gewächse bleibt. Allein das erfordert schon ständige pflege. Sonst entsteht nach einigen Jahren der unerwünschte geschlossene Wald.
Und auch Nutztiere sollten in unseren Breiten darin eine wichtige Rolle spielen, um die Bandbreite des Ertragspotentials besser nutzen zu können. Gras und Laub verdauen sich für den Menschen so schlecht.

Dass man mit einem klassischen Nutzgarten und Kleintierhaltung eine Familie durchfüttern kann, wurde und wird hinlänglich belegt.
Darüber zu lästern, weil man ja selber mit der schönen neuen Waldgartenidee spielt und alles besser macht, finde ich mehr als unangebracht.
Erst mal gilt es, selber Vorzeigbares zu liefern und Mitstreiter zu gewinnen.
Ich habe in unseeren Breiten noch keinen Waldgarten gesehen, der die Versprechen von höherem Flächenertrag und weniger Arbeit im Vergleich zu klassischen Gärten / Kleintierhaltungssytem erfüllt und aus dem sich eine Familie vollständig und ohne große Einschränkungen bei der Nahrungsmittelauswahl ernähren könnte.
Klar kann man sich mit Kastanienmehl und Brennesselspinat über die Runden retten. Aber wer will das schon?
Eine bunte Auswahl an Obst und Gemüse ist relativ leicht zu produzieren, es fehlen dann aber die Energieträger Kohlenhydrate und Fett. Und das Eiweiß. Hierzlande heißt das meist: Getreide und Tiere. Usw. Die übliche Kritik halt.

Nicht, dass ich nicht selber mit der Idee schwanger ginge. Aber erst abliefern. Dann kann man zeigen, ob und wie es besser geht.

Pro Person stehen in Deutschland 0,35 ha Landwirtschafts- und Waldfläche zur Verfügung.
Das sollte der Anspruch an den Waldgarten sein: Auf dieser Fläche pro Person alle Rohstoffe für Nahrung, Kleidung, Baumaterial, Brennstoff, Treibstoff usw. zu erzeugen. Will man Teile davon nicht (Kleidung, Energie) dann wäre die Fläche entsprechend zu verringern.

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Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#53

Beitrag von Theo » Di 4. Jan 2011, 10:56

BernhardHeuvel hat geschrieben:Provokant gefragt: Wer wird wohl wahrscheinlicher Im Erdloch hausen und sich von erschlagenen Nagern und Bucheckern ernähren?

Der sich vorbereitet oder der sich nicht vorbereitet?
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Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#54

Beitrag von luitpold » Di 4. Jan 2011, 11:39

BernhardHeuvel hat geschrieben:Provokant gefragt: Wer wird wohl wahrscheinlicher Im Erdloch hausen und sich von erschlagenen Nagern und Bucheckern ernähren?
Der sich vorbereitet oder der sich nicht vorbereitet?
wer nicht in der lage ist ein gutes system zu erkennen und an der verbesserung beteiligt zu sein, dem bleibt das erdloch und der nager.

lg
luitpold
Es muß sich alles ändern, damit es bleibt, wie es ist.

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Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#55

Beitrag von Spottdrossel » Di 4. Jan 2011, 11:52

ina maka hat geschrieben:
DieterB hat geschrieben:Die Bodenlebewesen in Waldboeden sind von Pilzgeflechten dominiert, wogegen Gartenboeden fuer Gemuese, Getreide und Huelsenfruechte durch Mikroben gekennzeichnet sind. Aus diesem Grund wachsen die meisten Gemuese nicht in Waldboeden, auch wenn diese als sehr fruchtbar bezeichnet werden.
magst du sagen, woher du das weißt?
finde es sehr interessant!!
Denn woanders habe ich gelesen, dass man doch seinen Gartenboden mit Walderde "impfen" kann, damit auch dort der Humusaufbau schnell und vollständig klappen kann. Ich war ganz begeistert von der Idee und wollte es ausprobieren....

liebe Grüße!
Von Ursache und Wirkung her ist das doch ziemlich logisch?
Wenn die Bäume erstmal hoch stehen, wird der Boden immer nur mit seinem eigenen Laub gedüngt.
Der Baum findet das prima, weil er ja genau die Nährstoffe wieder zurückbekommt, die er beim Abwerfen des Blattes verloren hat.
Als Möhre oder Zwiebel könnte man diesen Boden aber als weniger schmackhaft empfinden, weil man andere Nährstoffe braucht, um sich gut zu entwickeln.
Hühner sind auch nur Menschen...
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Benutzer 72 gelöscht

Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#56

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Di 4. Jan 2011, 12:54

hallo!
Spottdrossel hat geschrieben:Der Baum findet das prima, weil er ja genau die Nährstoffe wieder zurückbekommt, die er beim Abwerfen des Blattes verloren hat.
Als Möhre oder Zwiebel könnte man diesen Boden aber als weniger schmackhaft empfinden, weil man andere Nährstoffe braucht, um sich gut zu entwickeln.
Das heißt, du bestätigst die Theorie, dass man das Gemüse jedes Jahr am selben Platz anbaun soll (nachdem man alle "Abfälle" dieser Gemüsesorte dort verrotten/sich humifizieren/erdisieren ... wie auch immer) hat lassen? :hmm:
Dabei fehlt dann nur mehr das, was mensch weggegessen hat! :)

(in Dieters Zitat ging es aber nicht um Nährstoffe, sondern um die Frage, ob das Bodenleben von Pilzen oder anderen Mikroben dominiert wird)

liebe Grüße!

outdoorfreak
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Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#57

Beitrag von outdoorfreak » Di 4. Jan 2011, 14:10

Also ich will jetzt hier mal was klar stellen:

Wenn man einen Waldgarten anlegen möchte bedeutet das noch lange nicht, dass man auf seinen "normalen" Gemüsegarten mit einjährigen Gemüsepflanzen (Tomaten, Kartoffeln, Bohnen, Paprika, Kürbisse, Soja usw)verzichten muss.

Im Gegenteil, man kann beides machen den "normalen" Gemüsegarten kann man dort anlegen, wo eine freie Fläche ist, denn einjährige Gemüsepflanzen brauchen immer viel Licht.

Den Waldgarten kann man dann drumherum anlegen. Schließlich will man ja auch Obst. Und dorthin, wo man dann die Obstbäume anpflanzen würde, dort kann man doch dann auch gleich einen Waldgarten mit Obstbäumen auf der obersten Schicht, Beerensträucher auf der mittleren Schicht und mehrjährige Gemüsepflanzen auf der untersten Schicht.

Die mehrjährigen Pflanzen kann man schon im Frühjahr ernten, wenn die Bäume noch keine Blätter haben und somit bekommen sie auch genügend Licht zum wachsen.

Der Waldgarten soll den "normalen" Gemüsegarten nicht verdrängen sondern ergänzen in der Periode wo man halt noch keine Erträge im Gemüsegarten hat.

Der Waldgarten soll nicht den Gemüsegarten verdrängen, sondern eher die Getreideäcker, die voll mit Giftchemie sind und immer weniger Nährstoffe enthalten und der Bodenerosion mangels abdeckung gnadenlos ausgeliefert sind.

Früher wurden noch Fruchtfolgen eingehalten, heute baut man jedes Jahr auf der gleichen Fläche die selbe Sorte an und versucht dass dann mit Kunstdüngern nochmal gut zu machen. Das ist alles andere als nachhaltig. Diese Methode hat jetzt ein paar Jahrzehnte guten Ertrag gegeben. Aber das wird sich noch ändern, spätestens dann, wenn die Böden alle ausgelaugt sind und keine Nährstöffe mehr enthalten. Und dann stehen wir alle da und wissen nicht weiter.

Da ist es doch besser, sich im voraus schon mal über ne alternative Bewirtschaftungsmethode nachzudenken. Ich will damit nicht sagen, dass ich schon alle Lösungen parat habe. Laut dem Waldgärtnerbuch ist es möglich, dass wir mit Obstbäumen (Nussbäumen, Kastanienbäumen, Apfelbäumen, Kirchbäumen, Birnenbäumen, Reneklodenbäume, Pflaumenbäume uvm das ganze Jahr durch ernten könnten, da bei jeder Sorte es hunderte verschiedene Arten gibt, die zu unterschiedlichen Zeiten Früchte tragen.

Das funktioniert aber alles nur für Selbstversorgung, nicht für Massenproduktion.

Erst waren wir Jäger und Sammler, dann gingen wir über die Landwirtschaft über. Wer weiss, vielleicht schaffen wir ja jetzt den Übergang zum Gärtner und Sammler :)

Und zum Thema "Gärtnern ohne umgraben". Ich denke dass ist ein sehr wichtiges Thema.

Mir ist niemand bekannt , der gerne umgrabt. Meiner Meinung ist das umgraben auch daran Schuld, dass so viele in die Städte abgewandert sind. Die meisten wollen halt nicht mehr körperlich hart arbeiten, und das ist auch verständlich. Die Leute haben keine Lust mehr im Alter einen kaputten Rücken und mit Krückstöcken rumzulaufen, weil sie sich ihr Leben lang abgerackert haben.

Deshalb wurden ja auch die Maschinen und Traktoren erfunden, damit sie uns die harte Arbeit abnehmen. Aber in wircklichkeit, haben sie uns nicht mehr mehr Arbeit abgenommen, sondern es uferte in eine absolute Überproduktion aus. Und auch immer mehr Leute erkennen, dass die Traktoren die Böden kaputt machen und verdichten.


Ich denke, es ist wichtig viel Erfahrungen mit "Gärtnern ohne umgraben zu sammeln" und auch an anfänglichen Fehlern nicht den Mut verlieren. Viel zu viele Leute verbinden mit auf dem Land wohnen und Gärtnern immer noch mit harter und dreckiger Arbeit.

Gärtnern ohne Umgraben könnte da ein Ansatz sein, dass nochmal viele aus den Städten wieder zurück zum Land kommen und wieder Freude an Gartenarbeit und eigener Nahrungsproduktion finden.


Wer sich für das Thema Waldgärten interessiert, dem empfehle ich folgendes Buch:

http://www.amazon.de/gro%C3%9Fe-Handbuc ... =8-1-spell
Wir müssen die Veränderung sein, die wir in der Welt sehen wollen.

Mahatma Ghandi

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guenther
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Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#58

Beitrag von guenther » Di 4. Jan 2011, 14:12

My ultimate dream is to sow seeds in the desert. To revegetate the deserts is to sow seed in people's hearts.

The greening of the desert means sowing seeds in people's hearts and creating a green paradise of peace on earth.


—Masanobu Fukuoka, The Road Back to Nature 1987 -page
.The ultimate goal of farming is not the growing of crops, but the cultivation and perfection of human beings. ”

—Masanobu Fukuoka, The One-Straw Revolution 1978 -page 1
an alle desertifizierten (verwuesteten :lol: ) menschenherzen:
「知らぬが仏と、無心・無意・無為の道を歩むしかない。」
We can only walk the path of not-knowing, of no-mind, no-will, and no-action.

「太古、智恵の木の実を食べた原人の原罪をつぐなう道は唯一つ、無為自然のエデンの花園創りに励むしかない。」
There is only one path of atonement for the original sin of primitive man, eating the fruit of the tree of knowledge. That is to create a Garden of Eden of do-nothing nature.

「すなわち元の自然に還って自然と一体となり、無分別、自他合一(共生)の世界に生きるしかない。」
In other words, we can only return to original nature, become one with it, and live in a world of non-discrimination and unity (symbiosis).
lg. guenther

BernhardHeuvel
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Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#59

Beitrag von BernhardHeuvel » Di 4. Jan 2011, 15:32

luitpold hat geschrieben:wer nicht in der lage ist ein gutes system zu erkennen und an der verbesserung beteiligt zu sein, dem bleibt das erdloch und der nager.
Du bringst mich immer wieder zum Lachen, Luitpold. Lachen ist gesund, deswegen: Danke!

PS: Ein gutes System zeichnet sich dadurch aus, daß es keiner Verbesserung bedarf.


Das weiter oben genannte Handbuch Waldgarten empfinde ich als unbrauchbar und empfehle es nicht. Ich habe es weggelegt und seit Jahren nicht mehr reingesehen, deswegen weiß ich die genauen Kritikpunkte an dem Buch nicht mehr. Jedenfalls war es damals für die praktische Umsetzung nicht sonderlich informativ.

Viele Grüße
Bernhard

ToK_ToK

Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#60

Beitrag von ToK_ToK » Di 4. Jan 2011, 15:39

BernhardHeuvel hat geschrieben:PS: Ein gutes System zeichnet sich dadurch aus, daß es keiner Verbesserung bedarf.
Das ist schon grammatisch falsch: gut - besser - am besten.

Thomas

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