Die Geschichte von Helga ist nett,
wenn man nicht anfängt nachzudenken.
Sie ist ja nicht falsch, jedenfalls nicht völlig. Und so schön romantisch. Oder doch nur Klischeehaft?
Da wird erzählt wie es früher einmal war:
Treppen ist man gelaufen und nicht Aufzug gefahren; Windeln wurden gewaschen; es gab noch keine elektrischen Haushaltsgeräte; es wurde ein Handmäher statt ein Motormäher benützt, Füllfederhalter wurden nachgefüllt usw...
Alles richtig! Genauso war es. Die "gute alte Zeit" halt.
Aber so eine Kleinigkeit stösst mir dann doch auf :
Wenn es Wegwerfwindeln noch nicht gab, als der Schreiber in den Erinnerungen von "damals" schwelgt, war er vor den 60er Jahren Erwachsen. Denn Wegwerfwindeln gibt es seit Anfang der 60er. Das ist übrigens auch der Zeitraum wo Plastiktüten aufgekommen sind. Wenn dem so ist, frage ich mich, wie dieser Mensch den die Gewohnheit hat entwickeln können Plastiktüten zu benützen. Die gab es doch noch gar nicht.
Und wenn es sie schon gab, dann gab es auch schon Wegwerfwindeln. Dann frage ich mich, warum er das eine benützt hat und das andere nicht? Über Umweltschutzt hat man sich ja noch keine Gedanken gemacht. Vielleicht wirtschaftliche Gründe? Tüten gibt es für geschenkt beim Einkaufen. Windeln waren damals sicherlich für viele noch nicht erschwinglich.
Und irgendwie fehlt mir in dem Bericht das massenhaften Fischsterben, zum Beispiel im Rhein. Oder die Schaumberge auf den Gewässern. Und warum forderte Willy Brandt Anfang der 60er Jahre den blauen Himmel über der Ruhr?
Weil der Schreiber der Geschichte Recht hat. Umweltschutzt gab es damals noch nicht.
Wenn der Autor heute immer noch zu Fuss geht; Wegwerfkugelschreiber ignoriert und seinen Füller weiterhin mit Tinte auffüllt; seine Wäsche immer noch mit der Hand wäscht; keinen Lift benützt und Glasflaschen kauft (ja, ja, die gibt es noch immer!) -
dann kriegt er von mir einen Heiligenschein und ich verzeihe ihm das hier :
Aber ist es nicht traurig, dass die junge Generation herumlamentiert, wie verschwenderisch wir mit unseren Ressourcen umgegangen sind, weil wir damals keinen "Umweltschutz" hatten?
Falls er die gesamten Segnungen der modernen Zeit damals nicht benützt hat weil es sie einfach noch nicht gab oder er sie sich nicht leisten konnte und heute fleissig nutzt - dann drehen sich mir bei dem Schluss die Fussnägel hoch. Scheinheiliger geht es dann wohl nicht mehr. Im kleinen wurde er damals gezwungen umweltfreundlich zu handeln und die großen Umweltsünden der "guten alten Zeit" hat er scheinbar bis heute noch nicht wahrgenommen...
Nix für ungut. Aber ich empfinde dieses "Schwarz-Weiss Gemälde" zu billig. Die Jungen sind blöd und die Alten sind klasse ist genauso blödsinnig wie umgekehrt. In der Vergangenheit wurden viele Dinge richtig gemacht. Zum Teil aus Unwissenheit. Zum Teil aus Ignoranz. Zum Teil aus wirtschaftlichen Gründen.
Aber aus genau den gleichen Gründen wurden auch schwerwiegende Fehler gemacht.
Das gleiche gilt für heute. Es werden immer noch Fehler gemacht. Das Unwissen wird heute oft durch die Firmen durch falsches Wissen ersetzt. Die Ignoranz beinhaltet heute vielfach auch die Bequemlichkeit. Die wirtschaftlichen Interessen sind deutlich mehr geworden.
So what?
Lasst uns lieber zusammen an der Lösung der Probleme arbeiten als aufeinander einzuhauen.
Die Alten haben aber... Die Jungen machen aber...
Das bring uns nicht weiter.
lg Andrea
Ach ja - zum Thema Plastiktüten:
Hier gibt es keine kostenlosen Plastiktüten mehr im Supermarkt. Ist verboten. Nach anfänglichem Geschrei haben sich alle daran gewöhnt. Eine Tüte kostet ein paar Cent. Seit dem sieht man viel weniger Plastiktüten in der Natur (vor allem am Strand). Ein Schelm wer dabei denkt, das nur das was Geld kostet wert geschätzt wird...
Nachtrag: das Angebot an dauerhaft benützbaren Einkaufstaschen hat sich enorm vergrößert. Plastiktaschen werden immer mehr aus recyceltem Plastik angeboten. Das ist jetzt nun wirklich nichts was die Umweltschädigung auf 0 reduzieren würde. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung...