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Faulbrutsanierung bei offenem Flugloch

Verfasst: Di 3. Jul 2012, 12:51
von Wolkenflug
Grüße

Ein recht komplexes Thema, ich weiß. :hmm:
Im Nachbarkreis wurde im Frühjahr die Faulbrut festgestellt. Da der Hauptbetroffende ein guter Bekannter von mir ist (mein Zuchtmeister, der mich an die Königinnenzucht rangeführt hat) und ich eh schon seit längeren mit einem Bienengesundheitsobmannschein geliebäugelt hab, hab ich mich bei dem abgehaltenen Informationsabend der Veterinärmedizinerin und Guido Eich über das Thema Faulbrut und vorgehensweise der Sanierung gleich als Helfer gemeldet.
Guido Eich ist vielen Imkern ein Begriff (übrigends Grüße an Sabiene von ihm ;) ), viele mögen ihn auch nicht (Grüße ans Imkerforum von ihm ;) ).
Ich persönlich hatte ja anfänglich auch Probleme mit ihm, kommt er doch auf Veranstaltungen, Seminaren etc. doch etwas überheblich rüber.
Habe meine Meinung grundlegend geändert, hab echt Spass das Wochenende mit ihm gehabt und eine Menge gelernt :daumen:
Früher wurden alle Völker, ja ganze Stände, wo die Faulbrut ausgebrochen ist, rigoros abgetötet. Alle Beuten verbrannt, teilweise sogar der Boden wo die Völker standen ausgekoffert und entsorgt :dreh:
Und ganz zum Schluss die Kleidung der Sanierer verbrannt :roll:.
Kein Wunder, dass da niemand Faulbrutverdacht meldet und es lieber versucht klammheimlich selbst zu lösen.
Faulbrutsanierung bei offenem Flugloch ist da um einiges tiergerechter.
Wird ein Faulbrutfall festgestellt (z.B. durchs Monitoring), tritt als erstes die Veterinärmedizin in Aktion. Umliegende Imker werden beprob. Deswegen ist es auch wichtig, dass jeder einzelne Stand gemeldet ist. Mir lief schon früher die Galle über, bevor ich die Wasch/Sanierungsaktion mitgemacht hab, wenn irgendwelche Imker gesagt haben, dass Bienenstände nicht melden (was übrigends kostenlos ist), die irgendwelche fadenscheinige Staats- und Regulierungsparanoia vorschieben weswegen sie es nicht machen. Ich nenne solche Leute un- nein asozial. Wird ein Stand, wird nur ein Bienenvolk welches faulbrütig ist übersehen, so ist die folgend beschriebenen Aktion für die Katz. Nach 2-3 Jahren ist dann die Faulbrut wieder aktiv und alles kann wiederholt werden. Kreis Nienburg und Kreis Rotenburg Wümme kann da ja ein Lied von singen.
Das sollten sich diese Staatsparanoiker immer vor Augen halten, wenn sie weiter ihren Ängsten frönen. Andere Imker sind ihnen sicherlich egal (so sind sie ja meistens), aber die Bienen sollten ihnen dann zumindest nicht egal sein.
Durch die Beprobung der umliegenden Völker durch den Veterinär wird das Gebiet definiert, wo die Faulbrut aktiv ist, dann erst wird ein Speergebiet definiert.
Werden Völker positiv auf Spooren getestet, so wird die betroffene Imkerei saniert. Wurden nur geringe Sporenkonz. bei wenigen Völkern festgestellt, dann reicht es oftmals, das den betroffenen Völkern das Futter und ihre gesamte Brut entzogen wird. Die Beuten der betroffenen Völker ausgetauscht, die kontaminierten Beuten mit Ätznatron ausgekocht (bei Styroporbeuten) oder abgeflämmt werden (Holzbeuten). Die Völker auf neue Mittelwände gesetzt, fertig. Eventuell mit Sporen belastetes Futter in den Mägen der Bienen wird verarbeitet und bis Maden vorhanden sind, die gefüttert werden müssen, verbraucht.
Bei Feststellung einer mittleren bis hohen Sporenkonzentration wird der gesamte Stand, bzw. die gesamte Imkerei saniert. Meist betrifft es ja nicht nur eine Imkerei sondern mehrere. Jetzt wird ein Sanierungswochenende organisiert (in diesem Fall via Guido Eich). Alle betroffenen Imker sanieren gleichzeitig an einem zentral gewählten Ort mit reichlich Platz an diesem besagten Wochenende. An einem vorherigen Infoabend werden Freiwillige rekrutiert (so bin ich ja auch dazugestossen), die den Betroffenen helfen. Allein schafft man es sonst nicht. Behälter für Wachseinschmelzung, Kochbehälter für die Natronlauge wurde von Guido Eich, bzw. vom Laves gestellt. Eine sogenannte Waschstrasse wurde organisiert, wo die ganzen betroffenen Zargen, EWKs/MWKs, Böden, Deckel etc. vorgereinigt werden, dann ausgekocht, bzw. bei Holz abgeflämmt und gekärchert. Ca. 20 Personen waren an diesem Wochenende von früh bis spät beschäfftigt.
Die betroffenen Stände werden vorher von Guido Eich kontrolliert. Sind die Völker durch klinischen Befall von der Faulbrut schon soweit geschwächt, dass sich eine Sanierung nicht mehr lohnt, dann müssen diese leider abgeschweffelt werden. Glücklicherweise ist das aber eher selten. Alle übrigen Völker werden komplett saniert.
Wir waren an einem betroffenen Stand mit ca. 15Mann. Dort standen ca. 20 Völker. Innerhalb von einer halben Stunde wurden diese Völker komplett von ihren Waben/Brut/Vorräten und Zargen befreit und in eine neue Zarge mit Deckel geschlagen. Wer sich mit Bienen auskennt, kann sich so in etwa vorstellen wie das ausgesehen hat.
Pro Volk eine Zarge, ein Deckel ein Boden, sonst nichts. Keine Rähmchen, kein Futter. Flugloch bleibt offen. Übers Wochenende werden nun die weggeholten Zargen gewaschen, Rähmchen von Wachs befreit, Wachs ausgekocht und Rähmchen gewaschen. Rähmchen nachgespannt/gedrahtet und mit neuen Mittelwänden bestückt. Zargen wenn nötig und genug Personal vorhanden neu gestrichen.
Die Völker wärenddessen sitzen in ihren Leerzargen und können ausfliegen. Abends werden sie immer kontrolliert. Eventuell an der Deckelunterseite angebaute Wabenteile werden abends abgebrochen. Bei trachtloser Zeit kann man diese Völker nach 3 Tagen (wie bei uns dann am Montag geschehen) in die desinfizierten Zargen packen, inklusive Mittelwände und leichter Futtergabe (ersten Tag einen halben liter, zweiter Tag einen Liter etc.) Die zargen und Böden/Deckel in denen sie davor waren werden natürlich ausgetauscht und nachträglich gereinigt. Bei trachtreicher Zeit reichen 3 Tage meist nicht, da muss man das Wabenausbrechen so bis zu 5-8Tage wiederholen. Diese Zargen muss der Imker dann natürlich dann auch noch desinfizieren, was er dann aber auch meist allein kann, ist da ja nicht mehr soviel Zeitdruck hinter.
Guido Eich kontrolliert die gesamte Imkerei, wo ich glücklicherweise dran teilnehmen konnte (ich gebe zu, ich persönlich hab nicht unbedingt viel gearbeitet :rot: :) ), ich war mit bei der "CSI Beetaskforce" und hab mit rumgeschnüffelt. Alte Männer sind leider teilweise etwas beratungsresistent. Wir haben altes Wabenmaterial gefunden, in Schränken verborgen. Am Wochende morgens hat er die Völker mit Futterteig versorgt, sollen sie doch hungern um in den Mägen eventuell vorhandenes kontaminiertes Futter verbrauchen. Futter mußte er dann wieder entfernen. Trotz verbot hat er heimlich Königinnen gezogen und EWKs bestückt. :dreh: . EWKs mußten natürlich auch gereinigt werden. Oh was hat er gekämpft um seine Königinnen, sollten die doch eigentlich erst abgetötet werden um die EWKs zu reinigen. Ich hab dann zuhaus schnell aus einem Volk 20 EWks mit Bienen befüllt die Königinnen abgeholt und bei mir aufgestellt. So bin ich dank seiner dusseligen Aktion noch an Königinnen gekommen :lol: . 12 wurden übrigends angenommen und begattet :michel: . Wegen Faulbbrut muss ich mir da keine Sorgen machen, wird sie ja nicht durch eine einzige Biene übertragen.
Hat sich also nicht nur durch das erhaltene Wissen gelohnt für mich ;)
Irgendwann im November wird für die beteiligten dann noch ein Theoriewochenende abgehalten, danach ist man dan staatlich geprüfter Seuchenobmann. Für die betroffenen Imker ist die Aktion natürlich purer Stress, für die Bienen sicherlich auch. Wenn aber kein Volk übersehen wurde, so ist das Gebiet danach dann auch seuchenfrei, was ja der Grund der ganzen Aktion war.

Hoffe es war halbwegs verständlich :)

Wolkenflug

Re: Faulbrutsanierung bei offenem Flugloch

Verfasst: Di 3. Jul 2012, 13:25
von Waldläuferin
Hi,
danke für den Bericht.
Verstehe ich richtig: Du kannst die Kö übernehmen, weil Du eigene - faulbrutfreie - Bienen zutust und eigene saubere Kästchen benutzst?
Grüße
Waldläuferin

Re: Faulbrutsanierung bei offenem Flugloch

Verfasst: Di 3. Jul 2012, 14:38
von Wolkenflug
Waldläuferin hat geschrieben:Verstehe ich richtig: Du kannst die Kö übernehmen, weil Du eigene - faulbrutfreie - Bienen zutust und eigene saubere Kästchen benutzst?
Genau. Bzw. nur die Königinnen aus dem Faulbrutbereich raushole und bei mir in die EWKs reinpacke.

Re: Faulbrutsanierung bei offenem Flugloch

Verfasst: Di 3. Jul 2012, 19:54
von greymaulkin
Sehr interesssanter Bericht. Ich hatte auch Post vom Vet.amt wegen der Faulbrut. Habe mir schon überlegt gehabt, was mit meinen Bienchen geschehen würde, falls wir die Faulbrut hätten. Hatten wir aber nicht. Glück gehabt.

Gruß, Bärbel