Beefmaster und die Lasater-Philosophie

Manfred

Beefmaster und die Lasater-Philosophie

#1

Beitrag von Manfred » Do 1. Jan 2015, 18:07

Ich begeistere mich ja schon länger für die von der Familie Lasater gezüchtete Fleischrinderrasse Beefmaster.
Inzwischen habe ich auch die 2 Bücher von Laurence Lasater "The Lasater Philosphy of Cattle Raising" (Die Lasater-Philosphie für die Fleischrinderhaltung) und "Tailwind both Ways - A Cowman´s Chronicle" (Die Biographie von Laurence Lasater Senior) vorliegen.

Die darin vorgestellten Zucht- und Selektionskriterien möchte ich hier in einigen Stichpunkten zusammenfassen.

Die Rasse wurde in den südwestlichen USA und Mexiko gezüchtet und ist für die dortigen Trockenstandorte optimiert.
Die Muttertiere, Kälber und Deckbullen werden ganzjährig ohne Zufütterung im Freiland gehalten.
Die Abkalbung erfolgt zur Zeit des besten Graswachstums. Dort also zu den Herbst-/Winterniederschlägen. Bei uns wäre das im Frühjahr/Frühsommer.
Seit Aufkommen der Feedlots werden die Absetzer in Feedlots gemästet. Die Lasaters lassen das im Auftrag machen, behalten aber das Eigentum an den Tieren, um die Schlachtergebnisse als wichtiges Selektionskriterium für die Mütter zu erhalten.

Den Grundstein für die Rasse legte Tom Lasater in den 1930er Jahren durch eine 3-Rassen-Kreuzung aus Hereford, Beef Shorthorn und Brahman.
Seit dieser Zeit ist die Herde (bestehend aus mehreren tausend Tieren) geschlossen (d.h. es werden keinen Tiere von außen zugekauft) und wird nach den 6 Kernkriterien der Lasater-Philosophie selektiert.
Es erfolgt kein Einsatz einzelner "Superbullen" mehr (nachdem einmal alle Nachkommen eines solchen Bullen wegen verschärfter Selektionskriterien gehen mussten), sondern alle guten Bullen jeden Jahrgangs kommen gemeinsam zum Deckeinsatz. Sie müssen sich also im Wettbewerb um die Kühe durchsetzen. Nur hochfruchtbare und durchsetzungsfähige Bullen haben auch viele Nachkommen.
Die Nachkommen werden dann ohne Betrachtung der Eltern selektiert.
Um einen schnellen Zuchtfortschritt zu erreichen, werden ca. 80% der Färsen aufgestellt und die ausgewählten Deckbullen kommen bereits im Alter von gut einem Jahr (also im Jahr nach ihrer Geburt) in den Deckeinsatz.
(Zu den 80% Färsenaufstellung muss man anmerken, dass das Preisgefüge in den USA ein anderes ist als bei uns. Weibliche Tiere zur Bestandsergänzung sind teurer als männliche Tiere für die Mast, d.h. die Aufzucht so vieler weiblicher Tiere ist auch wirtschaftlich rentabler als hier.)

Die 6 Kernkriterien sind:
1) Charakter - Die Tiere müssen intelligent und leicht handhabbar sein. Aggressive Tiere werden konsequent aussortiert. Beefmaster-Deckbullen sind trotz des geringen Menschenbezugs der Großherden so friedlich, dass sich ihnen Fremde problemlos nähern und sie anfassen können.
2) Fruchtbarkeit - Jede Kuh muss ab einem Alter von 2 Jahren jedes Jahr ein gutes Kalb absetzen. Weibliche Tiere, die nicht in der 2-monatigen Deckzeit trächtig werden oder die ihr Kalb bei der Geburt oder während der Aufzucht verlieren, egal aus welchen Gründen (auch wegen Raubtieren, Blitzschlag etc.) werden zu 100% aussortiert. Das kann zwar die eine oder andere gute Kuh kosten, aber es gehen garantiert alle schlechten.
3) Gewicht - Gemeint ist die Tageszunahme. Die Kälber werden nach Tageszunahme selektiert. Bei den angehenden Deckbullen erfolgt die Selektion in zwei Stufen. Zuerst nach den Tageszunahmen bis zum Absetzen (Kriterium für eine leistungsfähige Mutter mit viel Milch) und dann einige Wochen später noch mal nach den Tageszunahmen nach dem Absetzen (Kriterium für die Futterverwertung des Bullen selbst).
4) Körperbau - Gemeint ist die Selektion nach Funktionalität, also gutes Gestell, gute Klauen (wer Klauenpflege braucht, fliegt), gutes Euter, langer Körper (je länger, desto mehr Platz für hochwertige Fleischpartien) und gute Bemuskelung
5) Härte - Gemeint ist die Fähigkeit selbst unter den harten Bedingungen der Trockengebiete konstant gute Leistung zu liefern
6) "Milchproduktion" - Gemeint ist damit nicht nur die Milchleistung, sondern auch gute Muttereigenschaften. Schlechte Kälber fliegen beim Absetzen zusammen mit ihren Müttern aus der Herde. Egal, was die Mutter evtl. vorher geleistet hat. Ein schlechtes Kalb ist ein 100% Aussortier-Kriterium.

Was auffällt und auch immer wieder betont wird:
Die Kriterien enthalten keinerlei rein optische Ansprüche an die Tiere. Die Fellfarbe und Fellzeichnung, Form des Kopfes, der Ohren, Größe und Form der Hoden etc. sind also völlig egal. Selektiert wird einzig und alleine nach den genannten Kriterien hinsichtlich Funktion und Leistung.

Was man auch anmerken muss, zur Selektion auf die Tageszunahmen:
Da besteht unter unseren Bedingungen ja immer die Gefahr, dass man auf Elefanten (also sehr großrahmige Tiere) mit relativ schlechter Futterverwertung selektiert.
Dieses Risiko haben die Lasaters und andere Betriebe mit ihren Haltungsbedingungen ohne Zufütterung nicht. Kühe die für ihren Standort zu groß werden, bekommen entweder Probleme bei der Fruchtbarkeit oder sie geben weniger Milch, so dass sie wegen zu geringer Aufzuchtleistung ausselektiert werden.
Im Beefmaster-Zuchtbuch von Südafrika z.B. wiegen die Kühe zum Absetzzeitpunkt durchschnittlich 475 kg. Die Absetzer haben (bereinigt auf ein Alter von 205 Tagen, also knapp 7 Monate) im Schnitt (aus männlich und weiblich) 48,8% des Gewichts ihrer Mutter, also 232 kg.
Beefmaster ist damit die Rasse mit dem im Verhältnis (Absetzer zu Kuh) höchsten Absetzergewicht in Südafrika.

Unter unseren mitteleuropäischen Bedingungen (Winterfütterung mit teilweise hochwertigen Futtermitteln, evtl. Kraftfuttergaben an die Kälber) haben wir das Problem, dass bei reiner Selektion nach Tageszunahme schnell die Effizienz unter die Räder kommt und die Tiere zu großrahmig werden. Dann werden sie unwirtschaftlicher, weil sie mehr Futter pro aufgezogenem kg Kalb benötigen.
Dafür habe ich noch kein wirklich brauchbares Kriterium gefunden, wie man die Effizienz der einzelnen Tiere besser ermitteln könnte.
Bei mir erfolgt das in gewisser Weise automatisch, durch das im vergleich zu anderen Betrieben relativ karge Winterfutter (überwiegend Heu mit etwas späterem Schnittzeitpunkt von extensiven Wiesen).
Wenn dagegen teurere Futtermittel mit hohen Energiegehalt (hochwertige Silagen, gutes Heu, Kraftfutter) gegeben werden, wird die tatsächliche Leistungsfähigkeit und Effizienz immer schwerer ermittelbar.

Zur Weideführung:
Die Lasaters haben als eine der ersten Rancher-Familien in den USA die Vorteile des Holistic Management nach Allan Savory erkannt.
Sie haben seinerzeit sogar die erste Veranstaltung von Allan in den USA finanziert.
Es wird also eine geplante Beweidung durchgeführt. Und das mit sehr gutem Erfolg. Die Lasaters haben bereits diverse gepachtete und eigene Ranches wesentlich im Wasserhaushalt und Futterertrag verbessert.
Auch das Wildtiermanagment wird mit berücksichtigt und die Rinder werden auf den Umgang mit Prädatoren und anderen Gefahren selektiert. Tom Lasater hat z.B. als einer der ersten die Bejagung von Kojoten und das Töten von Klapperschlangen auf seiner Ranch (was zum Schutz der Rinder und Pferde intensiv betrieben wurde und oft noch heute betrieben wird) unterbunden. Die Rinder haben über die Generationen durch die Selektion gelernt, mit diesen Gefahren klar zu kommen. Sogar die bereits ausgerotteten Präriehunde (in deren Löcher sich öfter Nutztiere die Beine brachen) hat er wieder angesiedelt.

Manfred

Re: Beefmaster und die Lasater-Philosophie

#2

Beitrag von Manfred » Do 1. Jan 2015, 18:14

Hier ein Bild einer Beefmaster-Kuh aus dem erstgenannten Buch.
Genau so stelle ich mir perfekte Fleischrinder-Kühe vor. Ich wünschte, ich hatte Tiere dieser Qualität auf der Weide stehen. :)
Beefmaster.png
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Sabi(e)ne
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Re: Beefmaster und die Lasater-Philosophie

#3

Beitrag von Sabi(e)ne » Do 1. Jan 2015, 23:49

Wow, das kannte ich ja noch gar nicht - Danke, Manfred. :daumen:
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Benutzer 2354 gelöscht

Re: Beefmaster und die Lasater-Philosophie

#4

Beitrag von Benutzer 2354 gelöscht » Fr 2. Jan 2015, 20:56

schmecken die den auch ?
bekommt man denn auch irgendwoher Kälber ?
oder möchtest du was einkreuzen . oder musst du direkt ne Kuh abholen.?

Manfred

Re: Beefmaster und die Lasater-Philosophie

#5

Beitrag von Manfred » Fr 2. Jan 2015, 21:24

In D scheint es die Rasse noch nicht zu geben.
Und für mich als kleiner Nebenerwerbswurstler ist es nicht realistisch, Zuchttiere zu importieren. Da müsste ich in die Zuchtviehvermarktung einsteigen, damit sich das jemals amortisiert. Und das ist nicht meine Welt.
Spermaimport scheint auch nur in größeren Mengen für spezialisierte Firmen möglich zu sein, mit diversen Auflagen.
Evtl. noch machbar wären Embryos. Da sind die Auflagen seltsamer Weise geringer als für Sperma. Aber das ist auch viel Aufwand und ich darf sie als Biobetrieb nicht einsetzen.

Bleibt wohl nur darauf zu warten, dass ein Züchter die Rasse nach Deutschland holt.
Was in inzwischen machen kann ist, die Lasater-Philosophie auf meine eigenen Tiere anzuwenden. Was die Lasaters machen, kommt dem eh schon sehr nahe, was ich mir die letzten Jahre selbst als Selektionsziel zusammengebastelt habe.
Nur die Qualität meiner Gebrauchsherde kommt halt nicht annähernd an die heran, die einige Beefmaster-Herden inzwischen erreicht haben.

Benutzer 2354 gelöscht

Re: Beefmaster und die Lasater-Philosophie

#6

Beitrag von Benutzer 2354 gelöscht » Fr 2. Jan 2015, 22:09

es würde ja schon reichen wenn jemand die Rasse in Europa einführt. vielleicht sehen wir uns ja nächsten Samstag ,ist sicher ein Interessantes Feld. :)

smallfarmer
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Re: Beefmaster und die Lasater-Philosophie

#7

Beitrag von smallfarmer » Sa 3. Jan 2015, 16:26

Manfred. Sprich doch mal mit dem Chef von Göpel-Genetic. Ist ein netter Kontakt, der sehr aufgeschlossen ist. Auf seiner Linkliste findest du auch Leute die mit Brahma Genetic arbeiten. Obendrein wohnen die auch nicht so weit weg von Dir :)

IngeE
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Re: Beefmaster und die Lasater-Philosophie

#8

Beitrag von IngeE » Sa 3. Jan 2015, 20:44

Warum eigentlich sollte diese Rasse auch in Europa gezüchtet werden? Sie ist doch für andere, ganz spezielle Umweltbedingungen konzipiert.
In Europa gibt es doch auch gute angepasste und durchgezüchtete Rassen für jede Nutzung.
Zum anderen, als Züchter in Europa,ist man ev. auch geneigt ( unwissentlich) zu mogeln. Die Bestände in Extensivhaltung sind doch viel kleiner als Lasaters.
Da wird dann das Kalb durchgebracht und die Kuh auch wieder gedeckt, war ja nicht ihre Schuld, etc.
Als Liebhaberzucht sieht das natürlich ganz anders aus.
Gruss
Inge

Manfred

Re: Beefmaster und die Lasater-Philosophie

#9

Beitrag von Manfred » So 4. Jan 2015, 12:50

IngeE hat geschrieben:Warum eigentlich sollte diese Rasse auch in Europa gezüchtet werden? Sie ist doch für andere, ganz spezielle Umweltbedingungen konzipiert.
In Europa gibt es doch auch gute angepasste und durchgezüchtete Rassen für jede Nutzung.
Dass es doch schon für alles die passende Rasse gäbe, wird gerne behauptet, ist aber faktisch falsch.
Beefmaster hat sich inzwischen fast überall in Nord- und Südamerika bewährt und auch den Sprung nach Afrika geschafft.
Und seit der offiziellen Anerkennung der Rasse 1954 hat sie sich zu einer der häufigsten Rassen in den USA gemausert.

Ich glaube zwar nicht, dass die reinrassigen Südstaaten-Beefmaster zu 100% für unsere Bedingungen und schon gar nicht für unseren durch Schlachtmasken geprägten Mastmarkt passen,
aber die Genetik hat sehr großes Potential, um damit wieder zu züchten, was wir m.E. hier für eine wirtschaftliche Fleischrinderhaltung benötigen. Tiere, die mögl. effektiv das auf unseren Höfen erzeugte Grünfutter in Fleisch umsetzen.
Ich gönne jedem Züchter seine Rasse und seinen Züchterstolz. Aber die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, inkl. der Art und Weise der Bewertung und Vermarktung, haben mehr und mehr dazu geführt, dass die Fleischrinderhalter für ihre Tiere arbeiten müssen statt umgekehrt. Und das drückt sich auch in den Betriebsergebnissen der Fleischrinderhalter und im Rückgang der Fleischrinderhaltung mangels Wettbewerbsfähigkeit deutlich aus.

Manfred

Re: Beefmaster und die Lasater-Philosophie

#10

Beitrag von Manfred » Di 6. Jan 2015, 09:40

Hier ein schönes Beispiel für die relative Aufzuchtleistung (Gewicht Kalb zu Gewicht Kuh) kleiner Rinderassen.
Eine gute Mashona-Kuh (auf der Ranch von Jim Elizondo) mit 6 Monate altem Stierkalb:
2015-01-06_Mashona.jpg
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