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Samen pfropfen ?

Verfasst: Fr 20. Aug 2010, 11:50
von dobi
Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit diversen landwirtschaftlichen Techniken im Altertum.

Unter anderem ist hier die Rede davon, dass man Samen auch pfropfen könne, z.B. Samen von Kalebassenkürbissen in Brombeerholz (die Kürbisse sollen dadurch weitgehend frostfest geworden sein), Samen diverser Kräuter in die abgeschnittenen Strünke soeben abgeerteter Pflanzen, (der Keimling soll den bereits vorhandenen Wurzelstock benützen), in Bohnen war ein Loch zu bohren, ein anderer Same einzulegen und mit Mist zu verschließen, usw.

Ist das - theoretisch - möglich, oder hat das schon jemand versucht?

lg dobi

Re: Samen pfropfen ?

Verfasst: Fr 20. Aug 2010, 12:14
von Manfred
Ich kenne das nur von Esskastanien und Wahlnüssen, wo der junge Keimling entfernt und durch einen jungen Trieb einer Edelsorte ersetzt wird.
Dass das artübergreifend funktionieren soll (Kürbis auf Brombeere) kann ich mir nicht vorstellen. Dann müsste man die ja auch aufeinander veredeln können. Das geht aber nur in seltensten Fällen über Artengrenzen hinweg. Dass man Keimlinge einer Art mit einem Wurzelstock oder einer stärkeren Sorte der gleichen Art irgendwie verbinden kann, könnte schon in einigen Fällen möglich sein.

Re: Samen pfropfen ?

Verfasst: Fr 20. Aug 2010, 12:38
von Landfrau
Vermute, es handelt sich nicht um "Propfen", also eine heterovegetative Vermehrung, aus der nachher eine aus 2 Individuen bestehende Pflanze entsteht, sondern darum, dass der Same das Material der anderen Pflanze als Substrat benutzt.

Mag sein, dass das manchmal besonders gut funktioniert.
Es gibt Leute, die füllen Milch! in Kürbisstengel für große Früchte.
Dass Frostfestigkeit einer Gattung durch das gewählte Substrat entstehen soll strapaziert meinen beschränkten Vorstellungshorizont aber etwas sehr.

Und es gibt Leute, die füllen Mist in Kuhhörner, buddeln sie ein und irgendwann wieder aus und bereiten daraus einen aufs extremste verdünnten Dünger. Wer weiß, wozu es gut ist?

Es gibt viele spannende Sachen, aber die langweiligen bewährten funktionieren in der Regel auch.

LAndfrau

Re: Samen pfropfen ?

Verfasst: Sa 21. Aug 2010, 00:18
von Seppel
Von einer Veredelung Gurke auf Kürbis habe ich mal gehört. Soll gegen bodenbütige Krankheitserreger (Pilze) helfen. Generell lassen sich Pflanzen besser pfropfen, je näher sie miteinander verwandt sind. Kürbis und Brombeere sind so verschieden, dass sie nicht kompatibel sind. Frosthärte durch Pfopfung wird ganz sicher nicht funktionieren.

Wo du aber nach alten Techniken fragst, fällt mir ein: Bei Nachtschattengewächsen gibt es die Tomoffel. Dabei wird Tomate auf eine Kartoffel-Unterlage veredelt. Das Ergebnis sind oben Tomaten und unten Kartoffeln. Ist allerdings mehr Spielerei als Nutzen.

Wie Landfrau schon sag, gibt es durchaus bewährte Kombinationen. Relativ einfach gehen mehrere frühe+späte Apfelsorten auf einer gemeinsamen Unterlage, so dass du fast immer etwas ernten kannst. Wenn dich alte Techniken interessieren, informiere dich mal über "Vorspann" bei Bäumen.

Re: Samen pfropfen ?

Verfasst: Sa 21. Aug 2010, 19:21
von dobi
Es geht mir nur um die artübergreifende Möglichkeit des Pfropfens, im Antiksprech "Vermählung von Gegensätzlichem".

Wenn man dem Glauben schenken kann, haben die kreuz/quer über die Arten gepfropft, sowohl mit Reisern als auch Samen.

So sollen grüne, saure Äpfel auf Maulbeeren gepfropft rote süße ergeben haben, Mandel mit Pflaumen Mandelpflaumen usw.

Auf diese Art sollen unzählige neue Sorten entstanden sein, man war der Überzeugung, dass es bei Obst nichts mehr zu erfinden gab.
Plinius gibt an, dass der Ertrag dieser Bäume den eines ganzen Landgutes der "Alten" übertraf.
Von der Bestäubung hatten sie wenig Ahnung, sodass ich mich frage, ob unsere heutigen Sorten eventuell ganz anders entstanden sind?
Ich habe mir die wissenschaftlich kommentierte Ausgabe geleistet, sie bleibt in der Erklärung seltsam vage, so in der Art : diese Technik ist heute unbekannt.
Hm. :hmm:

lg dobi

Re: Samen pfropfen ?

Verfasst: Mo 23. Aug 2010, 14:09
von Landfrau
Moin Dobi,

mein pflanzenphysiologisches Wissen ist zu gering, um behaupten zu mögen "das geht nicht".

Aber wenn du erste Erfolge hast, lass es uns wissen!

Und vllt magst du dein Vorhaben mal im Forum von Garten pur vorstellen, da sind einige Obstbaumfreunde und Botaniker unterwegs, die mehr davon verstehen.

Erfahrungsheilkundler sagen manchmal "wer heilt, hat recht" - unabhängig davon, ob es eine weltanschaulich passende Theorie zur wirksamen Praxis gibt.
Vllt wäre das auch für den Obstbau ein Novum.

Und dann müsste dieser Frankenstein des Obstbaus sich auch nicht mehr so anstrengen, wenn PLinius das schon vor 2000 Jahren konnte:
http://www.davewilson.com/z_file/zaiger_varieties.html

Ach, Mandel auf Pflaume haben wir auch schon veredelt, kam aber - erwartungsgemäß - nur ein Mandelbaum bei raus, ohne Pflaumenqualitäten. Und Quitte auf Weißdorn gibt auch nur Quitte.

Landfrau

Re: Samen pfropfen ?

Verfasst: So 29. Aug 2010, 14:59
von AnamPrema
Hallo dobi,

ich verstehe davon garnix,
kann Dir aber mit 100% Bestimmtheit sagen,
dass ich mal auf einer Finca einen Pflaumenbaum
mit einem Ast Mandel hatte und
beide Arten gleichzeitig dort Ertrag brachten - vielleicht hülfffts ja :)
Auf jeden Fall: ausprobieren, nur weil 99,9% der Menschen sagen:
es geht nicht,
heisst das nicht, dass es auch 100% so ist!

AnamPrema

Re: Samen pfropfen ?

Verfasst: So 29. Aug 2010, 16:51
von Manfred
AnamPrema hat geschrieben:dass ich mal auf einer Finca einen Pflaumenbaum
mit einem Ast Mandel hatte und
beide Arten gleichzeitig dort Ertrag brachten
Wer behauptet, dass das nicht geht?
Sind doch eng verwandte Arten und wird öfter gemacht. Pfirsch und Mandeln auf Pflaume gibt es öfter. Habe auch schon einen Versuch gemacht, Pfirsiche auf Zwetschgen zu veredeln.
War etwas zu spät im Jahr, aber ein Auge ist angewachsen. Leider hat es über den Winter irgendein Viech (vermute Vogel auf Nahrungssuche) demoliert...

Re: Samen pfropfen ?

Verfasst: So 29. Aug 2010, 19:03
von dobi
Hi,

ich habe einen alten Gärtnermeister gefragt, er sagt, bei Pflanzen gibt es alles mögliche, das es eigentlich nicht geben dürfte. Das Pfropfen allein wirds sicher nicht gewesen sein, man muss sich die jeweiligen Zutaten ansehen.

So haben sie z.B. reichlich Weinhefe benützt, zum Einlegen von Samen etc. Da die Hefe Most in Wein "veredelte", ging man von einer universalen Wirkung aus.
Wer's probieren will: Irisknollen (die auf dem Speisezettel standen), sollen, in Weinhefe eingelegt und dann damit gedüngt, die Blütenfarbe verändern.

lg dobi

Re: Samen pfropfen ?

Verfasst: So 5. Sep 2010, 00:18
von dobi