Tabak und dessen Verarbeitung - ein Bericht

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Matz
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Tabak und dessen Verarbeitung - ein Bericht

#1

Beitrag von Matz » Di 3. Nov 2015, 11:42

Hallo zusammen,

ich baue dieses Jahr zum zweiten Mal Tabak an, nicht weil ich so ein starker Raucher wäre, sondern aus traditionellen Gründen.

Früher wurde bei uns - wie wahrscheinlich vielerorts - Tabak für den Hausgebrauch angebaut. Dieser wurde wohl am Giebel getrocknet, weshalb er hier im Dialekt "Gewwel" hieß ( ich wohne im moselfränkischen Grenzgebiet in der Mitte des Saarlandes).

Wir wollten also wieder unbedingt "Gewwel" haben. Mein Vater bestellte daher bei Dreschflegel irgendeinen Virginia Tabaksamen (vermutlich Virginia Helena). Dieser wurde zuerst in einem Minigewächshaus im Garten (sowas) vorgezogen, dann in längliche Blumenkübel versetzt und schließlich sowohl in den Garten als auch in eine aufgefräste Fläche zwischen in der Obstwiese versetzt.

Der Tabak wuchs außerordentlich gut. Die Blätte wurden dann so ab Anfang August von unten her gelblich und Stück für Stück geerntet. Ich habe sie mit dünnem Leinengarn aufgefädelt (4 fach mit einer großen Nähnadel) und einer Garage und auf dem Dachboden einer anderen Garage aufgehängt. Ein Problem war hierbei die zu schnelle Trocknung. Das Chlorophyl wurde nicht ganz abgebaut und die trockenen Tabakblätter blieben an manchen Stellen grünlich. Dieses Jahr konnte das Problem soweit gelöst werden. Zunächst kamen die Blätter an der Leine in den kühlen Keller. Dort konnten sie abwelken und vortrocknen. Nach einer Woche dann in die Garage und ca. zwei Wochen trocknen. Die Blätter waren dann leider schnell knochentrocken, was bei unseren Luftfeuchten nicht so wirklich ausbleiben. Vor der Verarbeitung müssen sie wieder befeuchtet werden (in ein luftdichtes Gefäß zusammen mit Apfelscheiben).

Was sollte nur aus dem Tabak werden? Zigarrentabak auf keinen Fall, da die Sorte dazu wenig geeignet ist, die Blätter zu trocken wurden und der Aufwand eh viel zu groß ist. Zigarettentabak auch nicht, da ich Zigaretten nicht mag und ich den Tabak mit dem Messer nicht klein genug bekomme. Also musste eine klassische Holzpfeife her. Aber wie wird der Pfeifentabak nun hergestellt?
Zunächst war ich erleichtert, dass Fermentieren kein Muss ist, denn Fermentieren ist (technisch) sehr aufwändig. Es reicht stattdessen ein Saucieren des Tabaks mit einem Sud.
Inhalt des Suds waren (ohne Mengenangaben): Gekochte und ausgepresste Zwetschgen, Rotwein, Vanillezucker, Zucker, Honig und verschiedene Gewürze.

Vor der Behandlung mit dem Sud, wurde bei den Tabakblättern die Mittelrispe entfernt. Zu Beginn haben ich den Sud mit einer Sprühflasche aufgetragen, mittlerweile tauche ich sie einfach in den Sud. Dann liegen sie 2-3 Tage in einer Kaffeekanne und können "ziehen". Ich nehme sie dann aus der Kanne und trockne sie kurz im Backofen vor (1-2 h bei 50°C und Umluft). Dann werden sie mit einem scharfen Messer geschnitten (ich rolle immer mehrere zur einer "Wurst") und dann auf Backpapier luftgetrocknet.

Inzwischen füge icb dem Sud noch Schnaps (Zwetschgen) hinzu, um Schimmer möglicherweise etwas vorzubeugen.

Dieses Jahr habe ich noch Orient Xanthi und Burley angebaut, wobei die Samen wohl beim Gießen etwas durcheinander kamen. Ich bin mir nicht zu 100 % sicher, ob das eine wirklich Burley ist. Der Orient ist an seiner Kleinwüchsigkeit ganz gut zu erkennen. Er reift aber irgendwie schlechter an der Pflanze ab als die anderen Sorten und bleibt auch nach dem Trocknen öfter grün. Den Orient (ich hoffe es ist wirklich welcher), presse ich nach dem Trocknen mit Gewichten in einer Gebäckdose und behandele ihn nur mit Schnaps, weil sich dabei oft etwas Weißschimmel bildet.

Einen teil des Virginias habe ich zu sogenanntem Black Cavendish verarbeitet (wobei der Originale wohl wieder etwas anders behandelt wird). Dazu wird der in Sud getränkte Tabak in ein verschlossenes Einmachglas ohen Dichtgummi gegeben und bei 100 °C mehrere Stunden (mit Umschichten und Abkühlen zwischendurch) erhitzt. Der Tabak wird dabei dunkelbraun und riecht nach Lackritz. Er wird auch deutlich milder. Ich mische ihn etwa zu 1/3 zum anderen Tabak.
Der Tabak schmeckt tatsächlich nach solchem und ist auch teils süß auf der Zunge. Ich rauche ohne Filter und bekomme dadurch auch wegen des Kondensatz Zungenbrand. Da ich aber selten rauche (ca. 2-3 Mal im Monat) macht das nichts aus. Der Filter nimmt mir zu viel Geschmack weg.
Einziges Problem ist der Abbrand. Egal wie feucht oder trocken er ist, ich komme noch nicht so richtig damit klar. Ein gekaufter Flake Tabak eines Freundes brennt viel besser ab, obwohl er genauso grob geschnitten und feucht ist...

Gibt es hier noch Gelegenheitspfeifenraucher?

Grüße
Matthias

Bilder kann ich folgen lassen bei Interesse.

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Re: Tabak und dessen Verarbeitung - ein Bericht

#2

Beitrag von Dyrsian » Do 5. Nov 2015, 21:02

Cooler und nützlicher Bericht, rauche aber selbst nur Zigaretten, und auch da nur eine Handvoll im Monat.

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