Ichweiss nicht, was Du damit sagen willst, aber das klingt für mich zynisch....und viele überleben dann nur weil man kanadischen weizen in flugzeuge quetscht und dort hin karrt.
Interessantes Urteil EuGH
-
Olaf
- Beiträge: 13594
- Registriert: Mi 4. Aug 2010, 14:25
- Familienstand: glücklich verheiratet
- Wohnort: Havelland BRB
Re: Interessantes Urteil EuGH
wieso,die Agrarproduktion, die Hühnerschekel und der echte Hunger stehen doch im Zusammenhang....
Eigentlich bin ich ein netter Kerl.
Wenn ich Freunde hätte, könnten die das bestätigen.
Wenn ich Freunde hätte, könnten die das bestätigen.
-
Benutzer 1612 gelöscht
Re: Interessantes Urteil EuGH
luitpold:
Was Du leider nicht erkennst, ist DEIN Zynismus, nämlich in Deiner Weigerung, den Gesamtzusammenhang zu sehen.
Also noch mal ganz einfach und langsam:
Ernährungssicherheit/ Produktivitätssteigerung -> Folgen: Verarmung unserer Artenvielfalt (z.B. zarte Salatblätter) und damit unserer Lebensqualität -> unsere "erfolgreiche" Ernährungssicherheit dient der Gewinnmaximierung, wir exportieren unsere Überproduktion und sorgen damit für Hunger in der Dritten Welt. Und das ist nur EINE Kausalkette.
Es gibt da noch unzählige in Hinblick auf Saautgut, speziell Stichwort 'Praktiken von Monsanto'.
Schätzchen, schön dass Du immerhin die Schärfe in meinem Beitrag erkannt hast.ich finde es zynisch, luxusprobleme wie die überzarten salatblätter, unsere agrarproduktion die hühnerschenkel und echten hunger in einen beitrag zu packen.
Was Du leider nicht erkennst, ist DEIN Zynismus, nämlich in Deiner Weigerung, den Gesamtzusammenhang zu sehen.
Also noch mal ganz einfach und langsam:
Ernährungssicherheit/ Produktivitätssteigerung -> Folgen: Verarmung unserer Artenvielfalt (z.B. zarte Salatblätter) und damit unserer Lebensqualität -> unsere "erfolgreiche" Ernährungssicherheit dient der Gewinnmaximierung, wir exportieren unsere Überproduktion und sorgen damit für Hunger in der Dritten Welt. Und das ist nur EINE Kausalkette.
Es gibt da noch unzählige in Hinblick auf Saautgut, speziell Stichwort 'Praktiken von Monsanto'.
-
Benutzer 72 gelöscht
Re: Interessantes Urteil EuGH
hallo!
Es geht bei den Hofsorten meiner Ansicht nach aber um viel mehr als "nur" um besseren Geschmack!!
Diese sind einfach an die lokalen Gegebenheiten angepast und brauchen deshalb viel weniger Pflanzenschutz - sprich: liefern mehr Ertrag, wenn man weniger investiert, also mehr Gewinn (sagt man das so?)
Den "Pflanzenschutz" und den Kunstdünger muss Bauer ja auch so gut wie immer von außen zukaufen.
Außerdem kann man dann einfach von jeder Ernte das Saatgut für nächstes Jahr aufheben, wieder ein Verlust.....
Seh nicht ganz ein, warum "die Bauern", die uns ernähren, sich abhängig machen sollen von irgendwelchen Konzernen - weder beim Saatgut, noch bei der Düngung
Wer abhängig gemacht wurde, der überlebt dann natürlich nur mehr, wenn er was bekommt
(egal ob Hühnerschenkel oder Weizen-Tonnen per Flugzeug oder genormtes und patentiertes Saatgut)
- und das finde ich zynisch....
Sorten, die genetisch nicht zu hundert Prozent einheitlich sind, haben noch das Potential sich anzupassen.
liebe Grüße!
Es geht bei den Hofsorten meiner Ansicht nach aber um viel mehr als "nur" um besseren Geschmack!!
Diese sind einfach an die lokalen Gegebenheiten angepast und brauchen deshalb viel weniger Pflanzenschutz - sprich: liefern mehr Ertrag, wenn man weniger investiert, also mehr Gewinn (sagt man das so?)
Den "Pflanzenschutz" und den Kunstdünger muss Bauer ja auch so gut wie immer von außen zukaufen.
Außerdem kann man dann einfach von jeder Ernte das Saatgut für nächstes Jahr aufheben, wieder ein Verlust.....
Seh nicht ganz ein, warum "die Bauern", die uns ernähren, sich abhängig machen sollen von irgendwelchen Konzernen - weder beim Saatgut, noch bei der Düngung
Wer abhängig gemacht wurde, der überlebt dann natürlich nur mehr, wenn er was bekommt
(egal ob Hühnerschenkel oder Weizen-Tonnen per Flugzeug oder genormtes und patentiertes Saatgut)
- und das finde ich zynisch....
Sorten, die genetisch nicht zu hundert Prozent einheitlich sind, haben noch das Potential sich anzupassen.
liebe Grüße!
-
hobbygaertnerin
- Förderer 2019

- Beiträge: 4904
- Registriert: Di 14. Jun 2011, 08:48
Re: Interessantes Urteil EuGH
In Frankreich gabs doch mal den Krieg um die Brennesselbrühe, in Neuseeland wurde ein Gesetz verabschiedet, das auch ganz tief in den Privatbereich von Saatgut und Gartenbau hineinragt,
Landgrabbing in grossem Stile in verschiedenen Ländern-
und eigentlich braucht man nicht allzuviel Vostellungsvermögen, um was es geht.
Bin ja gespannt, wann Selbstversorgung bzw. die Beschäftigung mit dem eigenen Gemüse und dieses auch zu verkochen- unter Strafe bzw. Strafsteuer gestellt wird. So gesehen ist dieses Forum etwas ganz schädliches, ein Austausch von Konsumschädlingen.
Warum ein zarter Salat ein Luxusgut sein soll, das erschliesst sich mir auch nicht, selbst unsere Feldmäuse schätzen den zarten Gartensalat.
Aber dank Luitpold weiß ich jetzt, dass der Stacheldrahtsalat das Ziel ist, was werden die Saatgutkonzerne noch alles unternehmen, damit endlich diese Vielfalt beendet und wir nur noch dankbar auf das greifen dürfen, was uns vorgegeben wird.
Vor 100 Jahren wurden viele Obstsorten gezüchtet, heute kann man aus 5 oder 6 Sorten im Geschäft auswählen, es kommt nur in den Handel, was sich dort bewährt, weil es sich lange hält und der Geschmack bleibt auf der Strecke.
Landgrabbing in grossem Stile in verschiedenen Ländern-
und eigentlich braucht man nicht allzuviel Vostellungsvermögen, um was es geht.
Bin ja gespannt, wann Selbstversorgung bzw. die Beschäftigung mit dem eigenen Gemüse und dieses auch zu verkochen- unter Strafe bzw. Strafsteuer gestellt wird. So gesehen ist dieses Forum etwas ganz schädliches, ein Austausch von Konsumschädlingen.
Warum ein zarter Salat ein Luxusgut sein soll, das erschliesst sich mir auch nicht, selbst unsere Feldmäuse schätzen den zarten Gartensalat.
Aber dank Luitpold weiß ich jetzt, dass der Stacheldrahtsalat das Ziel ist, was werden die Saatgutkonzerne noch alles unternehmen, damit endlich diese Vielfalt beendet und wir nur noch dankbar auf das greifen dürfen, was uns vorgegeben wird.
Vor 100 Jahren wurden viele Obstsorten gezüchtet, heute kann man aus 5 oder 6 Sorten im Geschäft auswählen, es kommt nur in den Handel, was sich dort bewährt, weil es sich lange hält und der Geschmack bleibt auf der Strecke.
-
Manfred
Re: Interessantes Urteil EuGH
Die Sache sieht wol doch nicht so gut aus wie gedacht. Von Freie-Saaten.org habe ich eben folgende Infomail erhalten:
"Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt e.V.
Pressemitteilung 16. Juli 2012:
EuGH bestätigt Verkaufshürden für Saatgutvielfalt
Kokopelli und Erhalterinitiativen in Europa befürchten Nachteile bei der anstehenden EU-Saatgutrechtsreform
Bei der derzeitigen Überarbeitung des EU-Saatgutrechts spielt das Kokopelli-Urteil des EuGH vom 12. Juli 2012 den Agrarkonzernen in die Hände, so der Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt. Der EuGH bestätigt nämlich das bestehende Saatgutrecht, das die Erhalterorganisationen seit langem kritisieren, weil es zum dramatischen Verlust der Kulturpflanzenvielfalt der vergangenen Jahrzehnte beigetragen hat. Die Pressemitteilung des EuGH, auf die sich viele Kommentare berufen, preist die sogenannte Erhaltungssorten-Richtlinie und verschweigt die große Bedeutung nicht zugelassener Sorten für die landwirtschaftliche Vielfalt. Es dürfen nach wie vor nur zugelassene Sorten verkauft werden. Das Ziel laut EuGH, „schädliches Saatgut“ zu verhindern, hat das EU-Saatgutrecht durch seine Begünstigung von Industriesorten mit hohem Bedarf an Agrochemie gründlich verfehlt.
Die seit 2009 geltende Erhaltungssorten-Richtlinie hat die Lage nicht verbessert, sondern verschärft. Bauern, die Saatgut seltener Sorten verkaufen wollen, müssen nicht nur eine Zulassung beantragen, sondern sich mit anderen abstimmen, damit sie eine amtlich vorgegebene Gesamtmenge auf dem Markt nicht überschreiten - "gerade so, als ob es bereits zu viele traditionelle Sorten gäbe. Dabei sind drei Viertel aller Sorten laut Weltlandwirtschaftsorganisation FAO bereits verloren“, kommentiert Susanne Gura vom Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt.
Gemüsesorten insbesondere müssen nicht nur zur Zulassung angemeldet werden, sondern die EU schreibt maximale Packungsgrößen vor und verlangt eine Buchführung über jedes verkaufte Gramm Saatgut. Nach Angaben des Gesetzgebers beträgt der Verwaltungsaufwand in Deutschland für den Sortenerhalter zwischen 5,5 und 11 Stunden pro Sorte und Anbausaison, hinzukommen die Zulassungsgebühren. „Für Erhalter, die Hunderte von Sorten allerdings nur in kleinen Mengen verkaufen könnten, ist das ein immenser Aufwand, der über den Verkauf nicht wieder hereinkommt“, so Roland Wüst von Freie Saaten. Der kleine Erhalterverein Freie Saaten, der ca. 1200 Sorten pflegt, würde nach der derzeitigen Regelung zwischen 36.000 und 252.000 € Zulassungsgebühren und für Verwaltung jährlich einen Arbeitsaufwand von ( z.B. bei 20 € Brutto-Stundenlohn) zwischen 132.000 und 264.000 € leisten müssen. „Ein solcher Betrag könnte durch die verkauften Mengen keinesfalls erwirtschaftet werden“, erläutert Roland Wüst. Die Konsequenz: Nur wenige Sorten wurden bisher angemeldet. Erhalter geben stattdessen Saatgut gegen eine Spende ab und müssen riskieren, dass dies rechtlich als Verkauf gewertet wird.
In Frankreich war die Erhalterorganisation Kokopelli, die dort zahlreiche alte und seltene Sorten pflegt, von der Züchtungsfirma Graines Baumaux wegen Verkaufs von nicht zugelassenen Sorten verklagt worden. Die Vorabentscheidung des EuGH erschwert Kokopellis Verteidigung vor dem zuständigen französischen Gericht. Graines Baumaux, Jahresumsatz 14 Millionen €, verlangt eine Zahlung von 100.000€ und die Einstellung des Verkaufs von Saatgut durch Kokopelli. Das wäre ein schwerer Schlag gegen eine der wichtigsten Erhalterorganisationen in Frankreich.
In ganz Europa bestehen rechtliche Risiken für Erhalter. Erst vor kurzem wurden die Besitzer der Farm Neslinko in Lettland wegen Verkaufs von Saatgut auf einer Gartenclub-Veranstaltung ordnungsrechtlich belangt.
Dass die „Erhaltungssorten-Richtlinie“ der biologischen Vielfalt diene, leitet der EuGH lediglich aus dem erklärten Ziel der Richtlinie ab, nicht etwa aus ihren konkreten Regelungen und deren Folgen für die Erhalter von Saatgut traditioneller Sorten. Die von Kokopelli vorgeschlagene Alternative, dass Saatgut-Erzeuger Vielfaltssorten entsprechend etikettiert ohne eine staatliche Zulassung verkaufen dürfen, verwirft der EuGH, weil damit Saatgut verkauft werden könne, „das keine bestmögliche landwirtschaftliche Produktion erlaube.“ Die „bestmögliche Produktion“ sei aber nur durch homogene Sorten gewährleistet, glaubt der EuGH und folgt damit der Sichtweise der mächtigen Agrarkonzerne, die homogene Sorten und Agrochemie als Geschäftsmodell verknüpfen. Homogenität, d.h. genetische Gleichförmigkeit, ist eine Bedingung für die Zulassung. Sie hat zur Verdrängung der traditionellen Sorten mit großer genetischer Breite erheblich beigetragen. Sorten mit großer genetischer Breite jedoch sind gerade heute von großem Wert für die Landwirtschaft, denn sie können sich ohne chemische Hilfsmittel an unterschiedliche Herausforderungen anpassen. Dass der Einsatz von Agrarchemie eben nicht die „bestmögliche landwirtschaftliche Produktion“ ist, hat sich nach mehreren Jahrzehnten längst erwiesen, betonen Kokopelli und viele weitere Fachorganisationen in Europa und anderswo. Wie zum Hohn will das Saatgutrecht laut EuGH „schädliches Saatgut“ von den Äckern Europas fernhalten.
Die höchste europäische Rechtsinstanz hat ihr Urteil aus der Sichtweise der Agrarkonzerne abgeleitet und sogar unüblicherweise das eigene Gutachten, den Schlussantrag der Generalanwältin Kokott verworfen. „Ein höchst ungewöhnlicher Vorgang, der offensichtlich dazu beitragen soll, Forderungen der Erhalterorganisationen eine Absage zu erteilen“, so der Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt. Das Urteil, vom Saatgutindustrieverband ESA zufrieden begrüßt, ist im Zusammenhang mit der derzeit laufenden - „Better Regulation“, d.h. bessere Gesetzgebung genannten - Reform des EU-Saatgutrechtes zu sehen. Laut ESA gehören alte Sorten nicht auf Felder und Gärten, sondern in Genbanken. Saatgut-Erhalterinitiativen fordern unter anderem rechtssichere Möglichkeiten, Saatgut traditioneller Sorten ohne jeden bürokratischen Vorgang direkt an nicht-kommerzielle Nutzer zu verkaufen. Sie pflegen ein essenzielles Welterbe der Menschheit und wollen die Kosten dafür decken können. Das EuGH-Urteil, das nach einer fundamentalen Kritik durch seine Gutachterin nun in einer Kehrtwende die bestehenden Regelungen bestätigt hat, ist nicht Hilfe, sondern Hindernis für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt.
Link zum Urteil des EuGH: http://curia.europa.eu/juris/documents.jsf?num=C-59/11
Link zur Pressemitteilung des EuGH: http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs ... 0097de.pdf
Link zu Kokopelli: http://kokopelli-semences.fr
Weitere Informationen:
Dr. Susanne Gura, Tel.: 0049 177 669 1400, Email: gura@dinse.net
Roland Wüst, Freie Saaten e.V. Tel.: 06324966061, Email: mail@freie-saaten.org; www.freie-saaten.org/
Im Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt e.V. haben sich 15 Organisationen zusammengeschlossen, die die landwirtschaftliche Biodiversität in der Kulturlandschaft stärken wollen. Tätigkeitsschwerpunkte sind Vernetzung, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit; politische Interessenvertretung; sowie Austausch mit relevanten wissenschaftlichen und Umweltorganisationen im In- und Ausland. www.kulturpflanzen-nutztiervielfalt.de"
"Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt e.V.
Pressemitteilung 16. Juli 2012:
EuGH bestätigt Verkaufshürden für Saatgutvielfalt
Kokopelli und Erhalterinitiativen in Europa befürchten Nachteile bei der anstehenden EU-Saatgutrechtsreform
Bei der derzeitigen Überarbeitung des EU-Saatgutrechts spielt das Kokopelli-Urteil des EuGH vom 12. Juli 2012 den Agrarkonzernen in die Hände, so der Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt. Der EuGH bestätigt nämlich das bestehende Saatgutrecht, das die Erhalterorganisationen seit langem kritisieren, weil es zum dramatischen Verlust der Kulturpflanzenvielfalt der vergangenen Jahrzehnte beigetragen hat. Die Pressemitteilung des EuGH, auf die sich viele Kommentare berufen, preist die sogenannte Erhaltungssorten-Richtlinie und verschweigt die große Bedeutung nicht zugelassener Sorten für die landwirtschaftliche Vielfalt. Es dürfen nach wie vor nur zugelassene Sorten verkauft werden. Das Ziel laut EuGH, „schädliches Saatgut“ zu verhindern, hat das EU-Saatgutrecht durch seine Begünstigung von Industriesorten mit hohem Bedarf an Agrochemie gründlich verfehlt.
Die seit 2009 geltende Erhaltungssorten-Richtlinie hat die Lage nicht verbessert, sondern verschärft. Bauern, die Saatgut seltener Sorten verkaufen wollen, müssen nicht nur eine Zulassung beantragen, sondern sich mit anderen abstimmen, damit sie eine amtlich vorgegebene Gesamtmenge auf dem Markt nicht überschreiten - "gerade so, als ob es bereits zu viele traditionelle Sorten gäbe. Dabei sind drei Viertel aller Sorten laut Weltlandwirtschaftsorganisation FAO bereits verloren“, kommentiert Susanne Gura vom Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt.
Gemüsesorten insbesondere müssen nicht nur zur Zulassung angemeldet werden, sondern die EU schreibt maximale Packungsgrößen vor und verlangt eine Buchführung über jedes verkaufte Gramm Saatgut. Nach Angaben des Gesetzgebers beträgt der Verwaltungsaufwand in Deutschland für den Sortenerhalter zwischen 5,5 und 11 Stunden pro Sorte und Anbausaison, hinzukommen die Zulassungsgebühren. „Für Erhalter, die Hunderte von Sorten allerdings nur in kleinen Mengen verkaufen könnten, ist das ein immenser Aufwand, der über den Verkauf nicht wieder hereinkommt“, so Roland Wüst von Freie Saaten. Der kleine Erhalterverein Freie Saaten, der ca. 1200 Sorten pflegt, würde nach der derzeitigen Regelung zwischen 36.000 und 252.000 € Zulassungsgebühren und für Verwaltung jährlich einen Arbeitsaufwand von ( z.B. bei 20 € Brutto-Stundenlohn) zwischen 132.000 und 264.000 € leisten müssen. „Ein solcher Betrag könnte durch die verkauften Mengen keinesfalls erwirtschaftet werden“, erläutert Roland Wüst. Die Konsequenz: Nur wenige Sorten wurden bisher angemeldet. Erhalter geben stattdessen Saatgut gegen eine Spende ab und müssen riskieren, dass dies rechtlich als Verkauf gewertet wird.
In Frankreich war die Erhalterorganisation Kokopelli, die dort zahlreiche alte und seltene Sorten pflegt, von der Züchtungsfirma Graines Baumaux wegen Verkaufs von nicht zugelassenen Sorten verklagt worden. Die Vorabentscheidung des EuGH erschwert Kokopellis Verteidigung vor dem zuständigen französischen Gericht. Graines Baumaux, Jahresumsatz 14 Millionen €, verlangt eine Zahlung von 100.000€ und die Einstellung des Verkaufs von Saatgut durch Kokopelli. Das wäre ein schwerer Schlag gegen eine der wichtigsten Erhalterorganisationen in Frankreich.
In ganz Europa bestehen rechtliche Risiken für Erhalter. Erst vor kurzem wurden die Besitzer der Farm Neslinko in Lettland wegen Verkaufs von Saatgut auf einer Gartenclub-Veranstaltung ordnungsrechtlich belangt.
Dass die „Erhaltungssorten-Richtlinie“ der biologischen Vielfalt diene, leitet der EuGH lediglich aus dem erklärten Ziel der Richtlinie ab, nicht etwa aus ihren konkreten Regelungen und deren Folgen für die Erhalter von Saatgut traditioneller Sorten. Die von Kokopelli vorgeschlagene Alternative, dass Saatgut-Erzeuger Vielfaltssorten entsprechend etikettiert ohne eine staatliche Zulassung verkaufen dürfen, verwirft der EuGH, weil damit Saatgut verkauft werden könne, „das keine bestmögliche landwirtschaftliche Produktion erlaube.“ Die „bestmögliche Produktion“ sei aber nur durch homogene Sorten gewährleistet, glaubt der EuGH und folgt damit der Sichtweise der mächtigen Agrarkonzerne, die homogene Sorten und Agrochemie als Geschäftsmodell verknüpfen. Homogenität, d.h. genetische Gleichförmigkeit, ist eine Bedingung für die Zulassung. Sie hat zur Verdrängung der traditionellen Sorten mit großer genetischer Breite erheblich beigetragen. Sorten mit großer genetischer Breite jedoch sind gerade heute von großem Wert für die Landwirtschaft, denn sie können sich ohne chemische Hilfsmittel an unterschiedliche Herausforderungen anpassen. Dass der Einsatz von Agrarchemie eben nicht die „bestmögliche landwirtschaftliche Produktion“ ist, hat sich nach mehreren Jahrzehnten längst erwiesen, betonen Kokopelli und viele weitere Fachorganisationen in Europa und anderswo. Wie zum Hohn will das Saatgutrecht laut EuGH „schädliches Saatgut“ von den Äckern Europas fernhalten.
Die höchste europäische Rechtsinstanz hat ihr Urteil aus der Sichtweise der Agrarkonzerne abgeleitet und sogar unüblicherweise das eigene Gutachten, den Schlussantrag der Generalanwältin Kokott verworfen. „Ein höchst ungewöhnlicher Vorgang, der offensichtlich dazu beitragen soll, Forderungen der Erhalterorganisationen eine Absage zu erteilen“, so der Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt. Das Urteil, vom Saatgutindustrieverband ESA zufrieden begrüßt, ist im Zusammenhang mit der derzeit laufenden - „Better Regulation“, d.h. bessere Gesetzgebung genannten - Reform des EU-Saatgutrechtes zu sehen. Laut ESA gehören alte Sorten nicht auf Felder und Gärten, sondern in Genbanken. Saatgut-Erhalterinitiativen fordern unter anderem rechtssichere Möglichkeiten, Saatgut traditioneller Sorten ohne jeden bürokratischen Vorgang direkt an nicht-kommerzielle Nutzer zu verkaufen. Sie pflegen ein essenzielles Welterbe der Menschheit und wollen die Kosten dafür decken können. Das EuGH-Urteil, das nach einer fundamentalen Kritik durch seine Gutachterin nun in einer Kehrtwende die bestehenden Regelungen bestätigt hat, ist nicht Hilfe, sondern Hindernis für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt.
Link zum Urteil des EuGH: http://curia.europa.eu/juris/documents.jsf?num=C-59/11
Link zur Pressemitteilung des EuGH: http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs ... 0097de.pdf
Link zu Kokopelli: http://kokopelli-semences.fr
Weitere Informationen:
Dr. Susanne Gura, Tel.: 0049 177 669 1400, Email: gura@dinse.net
Roland Wüst, Freie Saaten e.V. Tel.: 06324966061, Email: mail@freie-saaten.org; www.freie-saaten.org/
Im Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt e.V. haben sich 15 Organisationen zusammengeschlossen, die die landwirtschaftliche Biodiversität in der Kulturlandschaft stärken wollen. Tätigkeitsschwerpunkte sind Vernetzung, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit; politische Interessenvertretung; sowie Austausch mit relevanten wissenschaftlichen und Umweltorganisationen im In- und Ausland. www.kulturpflanzen-nutztiervielfalt.de"
- kraut_ruebe
- Förderer 2019

- Beiträge: 10832
- Registriert: Di 3. Aug 2010, 09:48
- Wohnort: Klimazone 7b - pannonisches Klima
Re: Interessantes Urteil EuGH
auch wenn sich das hier wie die diskussion um des kaisers bart ausnimmt, und ich nicht zu jemandes 'schätzchen' mutieren möchte:Stadtgärtner hat geschrieben:luitpold:Schätzchen, ....ich finde es zynisch, luxusprobleme wie die überzarten salatblätter, unsere agrarproduktion die hühnerschenkel und echten hunger in einen beitrag zu packen.
Ernährungssicherheit/ Produktivitätssteigerung -> Folgen: Verarmung unserer Artenvielfalt (z.B. zarte Salatblätter) und damit unserer Lebensqualität -> unsere "erfolgreiche" Ernährungssicherheit dient der Gewinnmaximierung, wir exportieren unsere Überproduktion und sorgen damit für Hunger in der Dritten Welt. Und das ist nur EINE Kausalkette.
diese kausalkette fuktioniert nur, weil nicht genügend andere ihren teil zur erhaltung, zur vielfalt und zur umverteilung leisten. diese 'anderen' sind auch wir.
die paar konzerne die mit gewinnausrichtung die versorgung der massen sicherstellen (beides im grunde nix schlechtes - geld erwirtschaften müssen wir auch ob wir wollen oder nicht und all die menschen in den ballungszentren müssen bitte schon auch versorgt werden - wovon sollten die ansonsten ihre ernährung bestreiten?) können ihre vormachtstellung am weltmarkt zu erringen, weil niemand dagegenhält.
es interessiert nicht ausreichend viele, sonst hätte es schon lange viel mehr saatgutanbieter, viel mehr andere forschungen, viel mehr alternative distributionswege gegeben. firmen wie M. sind mit der zeit entstanden, die sind kein relikt aus christi zeiten. die waren schon mal klein genug dass ihnen hätte jemand mit nem violetten erdäpfel eins überziehen können - aber es ist nicht passiert, es war ein ganz anderer bedarf da.
uns paar exoten, die wir egoistisch überdurchschnittlich viel land für uns beanspruchen, steht es überhaupt nicht zu über die ernährung aller anderen menschen zu richten. dass uns diese entwicklung nicht passt ist logisch aber unser dazutun dass sich daran was ändert ist so überhaupt nicht erwähnenswert dass es extrem anmassend ist sich deswegen aufzupudeln.
wenn einer von euch diskutierenden ne samenbank für alte sorten betreiben würde oder nen verein zur erhaltung regionaler arten würd ichs mir noch einreden lassen. aber so...geh, bitte: wer von euch ohne diesbezüglicher sünde ist werfe den ersten stein - oder nen erdäpfel, dann würde wenigst ein bisschen artenvielfalt unter die leute kommen.
There's a crack in everything. That's how the light gets in.
-
Benutzer 1612 gelöscht
Re: Interessantes Urteil EuGH
@krautrübe: Deinen Beitrag verstehe ich nicht.
Bist Du der Meinung, dass man nicht über etwas diskutieren sollte/ darf, wenn man nicht direkt (beruflich?) damit befasst ist?
Insofern, als dass wir Bürger der Bundesrepublik Deutschland sind UND ergo Mitglied der Europäischen Union, gibt das doch eine gewisse Berechtigung, sich Gedanken zu machen (und diese mit anderen auszutauschen) über das, was die Führungen dieser "Institutionen" beschließen.
Und natürlich sind WIR Teil all dessen, was geschieht. Wenn ich im Supermarkt Fleisch aus Deutschland kaufe, dann ist das Rind/ Huhn/ Schwein mit gentechnisch verändertem Mais z.B. aus USA gefüttert worden, aber es steht nirgendwo drauf, weil es nicht deklarationspflichtig ist. UND das Fleisch ist billig, aufgrund unserer Wirtschaftweise (incl. der Subventionen). Ich kaufe es und freue mich vielleicht über das Schnäppchen, bin aber schon "mitschuldig" geworden.
Daraufhin aber zu sagen: Na, was hilft es denn schon wenn ich als kleiner Niemand (plus vielleicht noch 26 andere) mir da auch nur Gedanken mache? Bleibt alles ein Tropfen auf dem heißen Stein. Oder: Ich habe ja nicht direkt damit zu tun, was geht's mich also an? - das ist doch eine Strategie von Vogel Strauß.
Ein Freund von mir hat mir mal folgenden Spruch gesagt: "Fatal handelt, wer nichts tut, weil er nur wenig tun könnte." Aber das ist wieder ein anderes Thema...
Bist Du der Meinung, dass man nicht über etwas diskutieren sollte/ darf, wenn man nicht direkt (beruflich?) damit befasst ist?
Insofern, als dass wir Bürger der Bundesrepublik Deutschland sind UND ergo Mitglied der Europäischen Union, gibt das doch eine gewisse Berechtigung, sich Gedanken zu machen (und diese mit anderen auszutauschen) über das, was die Führungen dieser "Institutionen" beschließen.
Und natürlich sind WIR Teil all dessen, was geschieht. Wenn ich im Supermarkt Fleisch aus Deutschland kaufe, dann ist das Rind/ Huhn/ Schwein mit gentechnisch verändertem Mais z.B. aus USA gefüttert worden, aber es steht nirgendwo drauf, weil es nicht deklarationspflichtig ist. UND das Fleisch ist billig, aufgrund unserer Wirtschaftweise (incl. der Subventionen). Ich kaufe es und freue mich vielleicht über das Schnäppchen, bin aber schon "mitschuldig" geworden.
Daraufhin aber zu sagen: Na, was hilft es denn schon wenn ich als kleiner Niemand (plus vielleicht noch 26 andere) mir da auch nur Gedanken mache? Bleibt alles ein Tropfen auf dem heißen Stein. Oder: Ich habe ja nicht direkt damit zu tun, was geht's mich also an? - das ist doch eine Strategie von Vogel Strauß.
Ein Freund von mir hat mir mal folgenden Spruch gesagt: "Fatal handelt, wer nichts tut, weil er nur wenig tun könnte." Aber das ist wieder ein anderes Thema...
Re: Interessantes Urteil EuGH
Das Nachbauverbot existiert erst seit 1998 oder 1999..... also seit etwas mehr als zehn Jahre. Ist mir nicht aufgefallen, das wir dadurch nun reicher geworden sind. Saatgut- und Betriebsmittelpreise steigen kontinuierlich, die Auflagen werden immer höher, die Erzeugererlöse dümpeln auf dem Niveau der 1970iger....luitpold hat geschrieben: dann sollte man sich ein wenig mit geschichte befassen, stichwort bauernbefreiung, über mechanismen unserer gesellschaft nachdenken, zb. arbeitsteilung.
dann könnte man überlegen warum gerade unsere gesellschaft reich wurde, seit den landwirtschaftsreformen im vorvorigen jahrhundert, hungersnöte eine seltenes bis nicht mehr vorkommendes ereignis sind, im gegensatz zu regionen wo sich keine sau um gesetze und deren einhaltung kümmert, dort gibt es oh wunder dann auch nur einen bruchteil der produktivität.
wer die bedingungen beim bauer spielen nicht mag, soll es lassen und selbstversorger bleiben, da interessiert das saatgut kein borstentier.
Irgendwas haut an Deiner Theorie nicht hin. Von Befreiung keine Spur.
Klar, wir erhöhen die Produktivität, Jahr für Jahr, in einem Markt der völlig übersättigt ist...
Und, mit jedem Produktivitätsschritt steigen auch die Kosten. Es gibt gute, plausible Untersuchungen, wonach der Preis für die Herstellung einer Tonne Getreide, überall, und zu allen Zeiten ungefähr gleich ist. Ob ich mit dem Ochsen in Afrika, oder mit dem sündhaftteuren Hightechtraktor den Acker bestelle....
Auch in der Historie nicht, man denke an die Einführung des römischen Bodenrechts, Mitte des 15Jh., welche einen großen teil der Bauernschaft einfach enteignete, zu Gunsten der Kirche und des, der Kirche genehmen, Erbadels. Stichwort Bauernkriege.
Hungesnöte kamen gingen nie in Europa von den Bauern und ihrem Saatgut aus, sondern waren immer eine Auswirkung von Kriegen und/oder Naturkatastrophen. Davor sind wir auch heute nicht gefeit, sondern eher noch anfälliger, dank unserer empfindliche HighTech. Bisher haben wir nur Glück gehabt, aber was sind schon 50Jahre...seit Beginn der Industrialisierung und Monopolisierung der Landwirtschaft und der periphären Industrie... passende Meldung von heute dazu: http://www.spiegel.de/wirtschaft/untern ... 44528.html
Und jetzt komm mir nicht mit der Großen Hungersnot in Irland, auch die hatte weit tiefer liegende Gründe auf Ebene der Landespolitik und der Gier der Eliten. Die Phytophtera war nur der Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte.
In Gedenken an einen Kollegen: http://www.youtube.com/watch?v=Vo2IXBHn ... re=related
Re: Interessantes Urteil EuGH
Auf dem Sack ist nichts kleingedruckt, soll ich Dir ´nen leeren schicken?^^luitpold hat geschrieben:da irrst du dich.tyr hat geschrieben:Wenn ich saatgut kaufe, gehört es mir.
lies einmal das kleingedruckte.
aber der weg zum EUgh steht jeden offen.
In Gedenken an einen Kollegen: http://www.youtube.com/watch?v=Vo2IXBHn ... re=related
Re: Interessantes Urteil EuGH
Die würden besser überleben, wenn wir die Möglichkeiten schaffen, das sie sich selbst ernähren könnten.....und nicht ihr Land aufkaufen und unsere Sorten. Bearbeitungsvorstellungen in den dortigen Markt pressen.luitpold hat geschrieben:und viele überleben dann nur weil man kanadischen weizen in flugzeuge quetscht und dort hin karrt.
ich finde es zynisch, luxusprobleme wie die überzarten salatblätter, unsere agrarproduktion die hühnerschenkel und echten hunger in einen beitrag zu packen.
In Gedenken an einen Kollegen: http://www.youtube.com/watch?v=Vo2IXBHn ... re=related
