Glyphosat-Diskussion

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emil17
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Re: Glyphosat-Diskussion

#401

Beitrag von emil17 » So 20. Mär 2016, 18:45

Oelkanne hat geschrieben: Doch. Nicht um sonst werden Grenzwerte festgelgt
Ich frag mal nach, ob ich das richtig verstanden habe: So wie Restfeuchte, Proteingehalt und Reinheit (als Abwesenheit von Beimischungen anderer Getreidearten und Unkrautsamen) wird also bei jeder Ablieferung und von jedem Produzenten individuell der Gehalt an jedem für die betreffende Kultur zugelassenen sowie nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittel bestimmt?

Das Thema Grenzwerte ist sowieso problematisch: Nach Tschernobyl wurden zu hoch belastete Lebens- und Futtermittel trotzdem in Verkehr gebracht, durch Argumente wie "wer isst denn schon 3 kg Fischkonserve pro Tag" oder durch schlichtes Vermischen mit weniger belasteten Chargen.
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Benutzer 4754 gelöscht

Re: Glyphosat-Diskussion

#402

Beitrag von Benutzer 4754 gelöscht » So 20. Mär 2016, 19:22

Ein Teil der Probe die aus jedem Anhänger gezogen wird,wird meines Wissens nach als Rückstellprobe verwahrt.

Aber was die dann mit der Rückstellprobe machen weis ich nicht.

Wildmohn

Re: Glyphosat-Diskussion

#403

Beitrag von Wildmohn » So 20. Mär 2016, 20:33

emil17 hat geschrieben:
Wildmohn hat geschrieben:Da fällt mir eigentlich nur noch folgendes ein:" Das, was man sät, erntet man."
Das passt leider nicht ganz zum Problem: Es ernten auch die, die nicht säen - DAS Problem bei potentiell umweltproblematischen Substanzen.
@emil17
Ich meinte das schlicht und einfach bezogen auf einen user und dem Umgangang mit diesem hier im Forum.

Benutzer 4754 gelöscht

Re: Glyphosat-Diskussion

#404

Beitrag von Benutzer 4754 gelöscht » So 20. Mär 2016, 20:56

Wildmohn hat geschrieben:
emil17 hat geschrieben:
Wildmohn hat geschrieben:Da fällt mir eigentlich nur noch folgendes ein:" Das, was man sät, erntet man."
Das passt leider nicht ganz zum Problem: Es ernten auch die, die nicht säen - DAS Problem bei potentiell umweltproblematischen Substanzen.
@emil17
Ich meinte das schlicht und einfach bezogen auf einen user und dem Umgangang mit diesem hier im Forum.
Hat der auch einen Namen?

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emil17
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Re: Glyphosat-Diskussion

#405

Beitrag von emil17 » So 20. Mär 2016, 21:19

Wildmohn hat geschrieben: Ich meinte das schlicht und einfach bezogen auf einen user und dem Umgang mit diesem hier im Forum.
a) Doppelsinn
b) the real world ...
Oelkanne hat geschrieben:Ein Teil der Probe die aus jedem Anhänger gezogen wird,wird meines Wissens nach als Rückstellprobe verwahrt.

Aber was die dann mit der Rückstellprobe machen weis ich nicht.
Vermutlich machen die gar nichts damit, aber falls die Lieferung des Händlers oder der Abnahmegenossenschaft von einem der Kunden wegen zu hohen Gehalten an wasweissich beanstandet wird, können die zurückverfolgen, wer der Urheber sein könnte.
Wenn du nix hörst, ist die Sache für Dich erledigt. Ob nix in zu hoher Konzentration drin war oder ob sie gar nicht gemessen haben, erfährst du nicht.
Falls also der Gehalt oder besser Nicht-Gehalt an Agrochemikalien ebenfalls ein Qualitätskriterium ist, hast du keine Ahnung, wie gut deine Produkte sind.
Also kann der Produzent nur Anwendungsvorschriften und Wartezeiten einhalten und hoffen. Der Endabnehmer hat kaum eine Möglichkeit, diese Dinge überhaupt in Erfahrung zu bringen, denn Pestizidfreiheit ist keine verkaufsrelevante Produkteigenschaft, sondern hat von Gesetzes wegen vorhanden zu sein. Der Vorteil daran: man muss darüber nicht mehr weiter informieren. Wer warum die Grenzwerte festlegt und überprüft, ist im Einzelfall schwer oder gar nicht nachvollziehbar.

Dann hat also jemand die Unverschämtheit, in vielen Biersorten und im Urin praktisch aller Personen der Bevölkerung Glyphosat zu finden. Das kann gar nicht sein, denn alle sind sich ja ihrer Verantwortung im Umgang mit Agrochemikalien bewusst.
Die allgemeine Reaktion seitens der Produzenten wie der Behörden wie der Hersteller von Glyphosat darauf ist: Macht nichts, man kann gar nicht so viel Bier saufen, um an einer akuten Glyphosatvergiftung zu sterben.
Dann sollte man sich vielleicht nicht wundern, wenn immer mehr Konsumenten die Regierung und die Behörden und die Landwirte und die Chemiefirmen und die EU-Kommission und die lebensmittelindustrie in einen Topf werfen und niemandem gar nichts mehr glauben.
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Benutzer 4754 gelöscht

Re: Glyphosat-Diskussion

#406

Beitrag von Benutzer 4754 gelöscht » So 20. Mär 2016, 21:40

Vermutlich machen die gar nichts damit, aber falls die Lieferung des Händlers oder der Abnahmegenossenschaft von einem der Kunden wegen zu hohen Gehalten an wasweissich beanstandet wird, können die zurückverfolgen, wer der Urheber sein könnte.
Das würde mMn garnicht funktionieren.

Wenn hier gedroschen wird, stehen an der Gosse vom Lagerhaus meist ein paar Schlepper an, und geteilt nach Getreidearten und Qualitätsstufen (A-Weizen, E-Weizen usw) wird dann von allen Landwirten das Getreide durch die Reinigungsanlage geschleust und dann in die passende Halle verblasen.

Die Hallen fassen mehre tausend Tonnen, da wird dann alles zwangsläufig bunt gemischt.

Wenn ich also 15t sch...-Weizen da hinein kippen würde und hinterher ein LKW kommt und das Getreide wieder rausholt hab ich wenns hoch kommt eine Schaufel voll von meinem Weizen in den Ganzen 25t die im LKW sind, sorgfältig eingemischt in 24998kg einwandfreien Weizen.

Wenn dann müsste eine große Zahl an Landwirten was falsch machen, das das hinter her noch auffällt.

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Re: Glyphosat-Diskussion

#407

Beitrag von Rohana » Mo 21. Mär 2016, 08:55

Wenn jede einzelne Anlieferung auf alles Mögliche untersucht werden soll bevor weiterverarbeitet/gemischt wird, wird das vom Verbraucher bezahlt? Würde ja auch für Bio-Getreide gelten, denn ich hoffe WENN man schon untersucht, sucht man nicht nur nach Glyphosat, um bei fehlendem Befund zu behaupten etwas wäre giftfrei, weil man nicht nach anderen Giften gesucht hat... :pfeif:
Gibt noch ein paar andere kleine Probleme, aber das würde zu weit weg vom Thema führen.
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

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Re: Glyphosat-Diskussion

#408

Beitrag von emil17 » Mo 21. Mär 2016, 09:13

... womit du eigentlich ganz plausibel erklärt hast, dass ein einzelner Landwirt mit solchen Stoffen ziemlich hemmungslos herumsauen kann, ohne erwischt zu werden. Ich unterstelle damit keinem, dass er das bewusst tut.
Die heutige Analysentechnik ist so gut, dass trotz einer Verdünnung 2kg auf 25'000 kg (1:12'500) die meisten Substanzen noch problemlos nachweisbar wären.
In so einem Fall wären all die Proben der Lieferanten schematisch auf den Gehalt an dieser Substanz zu prüfen. Der Aufwand dabei ist die Aufbereitung: Die Proben müssen homogenisiert, eventuell chemisch vorbereitet, in Proberöhrchen abgefüllt und ihre Nummer mit einer Datei der Produzenten abgeglichen werden. Den Rest macht dann je nach Substanzklasse z.B. ein automatischer Gaschromatograph. Denkbar ist auch ein zweistufiges Screening-Verfahren - zuerst wird in einem billigen Test die Masse der problemlosen Proben eliminiert, die verbleibenden wahrscheinlich kontaminierten Kandidaten werden dann genauer untersucht.
Das sind alles weitgehend problemlose standardisierte Verfahren der modernen analytischen Chemie.

Weil so eine Breitband-Analyse kostet und weil es viel Aufruhr und schlechte Presse macht, werden alle Beteiligten das möglichst vermeiden. Zudem werden die Daten gewöhnlich nicht publiziert, "um Verunsicherung bei der sachunkundigen Bevölkerung zu vermeiden".
Das Risiko ist gross, dass die Kontamination nicht auf einen Anwendungsfehler eines Einzelnen zurückgeführt werden kann (der dann die Anwendungsvorschriften verletzt hätte und also schuldig am Debakel wäre). Man hat ja bereits festgestellt, dass die Substanz (hier Glyphosat) eben in der Praxis doch nicht so abgebaut wird wie in den Zulassungsdaten behauptet. Offenbar sind in vielen Lebens- oder Futtermitteln schon lange hohe Gehalte vorhanden. Denn warum sonst findet man in Bier oder Menschenurin Glyphosat?

Die Agroindustrie ist sehr geschickt darin, zur Verteidigung ihrer Interessen (die nicht diejenigen der Bauern sind) die Landwirte einzuspannen. Es wird einfach pauschal behauptet, dass "eine Randgruppe sachlich haltlos Angst schürt, um auf dem Buckel unserer Landwirte ihr politisches Süppchen zu kochen, und damit Arbeitsplätze und Ernährungssicherheit gefährdet".
Deswegen wäre es für mich wichtig zu wissen, wie denn Ackerbau auf ertragreichen Böden ohne Glyphosat aussehen könnte. Ist es unmöglich, ist es bloss aufwendiger?
Würde EU-weit ein Sekkierverbot für Getreide erlassen, wäre für mich zwingend, dass nur Getreide importiert werden dürfte, wo das auch befolgt worden ist. Monsanto &Co wollen das natürlich verhindern, denn erstens wollen sie verkaufen (was an sich noch nicht verwerflich ist) und zweitens wäre das Argument vom Tisch, die Landwirde würden durch Zulassungseinschränkung existentiell bedroht.

Die nächste Stufe wird die übliche Verzögerungstaktik sein: Bei grossen internationalen Firmen kommt bei einer Klage wegen Verstoss gegen was auch immer kaum je was raus dabei, weil die Verantwortlichen sich zuerst auf die behördliche Zulassung berufen, dann plötzlich in anderen Ländern sitzen und weil sie mit ihren Hausjuristen die Sache beliebig lange verzögern und auch politisch Druck machen können. Das lohnt sich, denn man will die marktbeherrschende Stellung nicht verlieren und jedes Jahr Verzögerung bringt Millionenprofite (Glyphosat bringt etwa 40% des Umsatzes von Monsanto in Europa). Zudem kann man immer behaupten, bis zur Entwicklung neuer Produkte wäre die Ernährungssicherheit der Bevölkerung gefährdet und deshalb müsse man weiterhin Glyphosat spritzen dürfen.

Es läuft immer so.
Die Parallelen von Glyphosat zu Bleibenzin oder Asbest oder DDT sind für mich sehr auffällig. Es gab zu Beginn keine direkt erkenntlichen Folgeschäden, akute Vergiftungen waren selten und kamen bei Befolgen der Gebrauchsanleitungen nicht vor, und plötzlich war das Zeug überall.
Es wurde dann auf Zeit gespielt. Irgendwann war das Zeug verboten, aber man redet lieber nicht mehr darüber. Wie ernst es den Firmen mit ihrer Sorge um die Gesundheit der Betroffenen ist, kann man an den Prozessen sehen, die von Leuten mit chronischen Krankheiten wegen dieser Substanzen gegen diese Firmen geführt worden sind.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Re: Glyphosat-Diskussion

#409

Beitrag von emil17 » Mo 21. Mär 2016, 09:29

Manfred hat geschrieben: Auch da ist es falsch zu pauschalisieren, Emil.
Jeder landwirtschaftliche Betrieb hat andere Voraussetzungen.
Ich tue mich als überwiegender Grünlandbetrieb mit Mutterkuhhaltung, der seinen Umsatz zum großen Teil durch öffentliche Mittel erwirtschaftet, und der auf einem Grenzertragsstandort wirtschaftet, ungleich leichter mit dem Verzicht als ein Ackerbaubetrieb auf einem guten Ackerbaustandort mit hoher Dichte an Veredelungsbetrieben und entsprechend hohen Pachtkosten für die Flächen.
Andere runterzumachen ist einfach, bringt aber außer Verletzungen und noch mehr verfestigten Fronten gar nichts.
Damit die Bauern runter kommen vom dem Zeug, braucht es funktionierende Konzepte, die wirtschaftlich konkurrenzfähig sind.
Schön. Dazu sind die Agroberater und staatlich getragenen Fachstellen da. Die Fachleute eben.
Wozu fliessen Milliarden von Steuergeldern in die Landwirtschafts-Bürokratie, wenn die nicht mal sicherstellen können, dass Lebensmittel frei von industriell hergestellten naturfremden Chemikalien sind?
Mit frei meine ich frei, nicht "weniger als die Menge, die Monsanto mit den Behörden ausgeschnapst hat".
Ich lass mich als Konsument jedenfalls nicht dazu verknurren, glyphosathaltiges Bier trinken zu müssen, nur weil sonst manche landwirtschaftlichen Betriebe wirtschaftlich nicht mehr konkurrenzfähig wären.
Ich will auch nicht zwanzig Zeilen Kleingedrucktes auf einem Etikett und ich will auch nicht 17 Qualitätslabels kennen und unterscheiden müssen.
Ich will einfach glyphosatfreie Lebensmittel. Dafür bezahle ich gerne 17 oder auch 32 Cent mehr pro Kilo Backmehl oder Halbe Bier.
Ich unterschreibe auch jede Forderung, wonach Lebens- und Futtermittel nicht importiert werden dürfen, wenn sie im Ausland nach Standards erzeugt worden sind, die im Inland unzulässig sind. Egal ob es um Kinderarbeit bei der Turnschuhherstellung oder um Pestizide bei der Lebensmittelproduktion geht. Den Mehrpreis dafür zahle ich auch anstandslos.
Aber den Schuh, als Konsument könne ich sowas nicht wollen, wegen Strukturproblemen in der Landwirtschaft, den muss ich mir nicht anziehen.
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Re: Glyphosat-Diskussion

#410

Beitrag von Rohana » Mo 21. Mär 2016, 09:49

emil17 hat geschrieben:... womit du eigentlich ganz plausibel erklärt hast, dass ein einzelner Landwirt mit solchen Stoffen ziemlich hemmungslos herumsauen kann, ohne erwischt zu werden. Ich unterstelle damit keinem, dass er das bewusst tut.
Jein. Kann er nicht, weil er a) das Zeug herkriegen b) einsetzen muss ohne dass es bemerkt wird. Ausserdem macht es imo reichlich wenig Sinn zu riskieren wegen schweren CC-Verstössen auf Jahre hinaus bzw. auch rückwirkend bestraft zu werden - das geht ins Geld. Theoretisch ist natürlich alles *möglich* ...
Die Agroindustrie ist sehr geschickt darin, zur Verteidigung ihrer Interessen (die nicht diejenigen der Bauern sind) die Landwirte einzuspannen. Es wird einfach pauschal behauptet, dass "eine Randgruppe sachlich haltlos Angst schürt, um auf dem Buckel unserer Landwirte ihr politisches Süppchen zu kochen, und damit Arbeitsplätze und Ernährungssicherheit gefährdet".
Schön dass du da differenzierst - es kommt oft nur anders rüber.
Deswegen wäre es für mich wichtig zu wissen, wie denn Ackerbau auf ertragreichen Böden ohne Glyphosat aussehen könnte. Ist es unmöglich, ist es bloss aufwendiger?
Und was machen wir mit den weniger ertragreichen Böden?
Ohne Glyphosat ist nichtmal das Problem, das haben nur die pfluglos wirtschaftenden... "regulär" ist es punktuell für den Einsatz gegen sehr schwer bekämpfbares Zeug interessant (Quecke z.B.), ansonsten nicht wirklich relevant.
Würde EU-weit ein Sekkierverbot für Getreide erlassen, wäre für mich zwingend, dass nur Getreide importiert werden dürfte, wo das auch befolgt worden ist.
Genau das ist ein Problem. Hierzulande wird beschränkt, aber importiert wird hemmungslos - das gilt nicht nur für Sikkation/Glyphosat.

Edit: Mist, da war noch ein Post. Kann und will grad keine Romane schreiben.
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

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