Urbane Selbstversorgung
Verfasst: Fr 10. Feb 2012, 17:46
Hallo liebes Forum,
Ich bin der Ben und lese hier schon eine Weile mit bzw. interessiere mich für Selbstversorgung und "sustainable living".
Generell war mir schon immer eine gewisse Aussteigermentalität zu eigen, über die typischen Konsumschafe kann ich oftmals nur lachen (Beispiel: wer Kaninchen hält und selbst schlachtet wird als grausam und kaltherzig betrachtet, aber Supermarktfleisch oder MacDoof sind voll okay). Ich bin beschämt und unfreiwillig Teil einer Generation die nicht mal mehr selbst ein Brot backen kann geschweige denn darüber nachdenkt wo ihre Verbrauchsgüter herkommen. Naja genug lamentiert, ich wollte hier auf was anderes hinaus. Und zwar:
Wenn ich mit Gleichgesinnten über SV diskutiere, höre ich immer: "ja, wenn ich irgendwann mal nen Bauernhof oder großen Garten hab, mach ich das auch". Ich glaube, dass man auch in der Stadt ganz gut vor sich hin-SVlern kann und möchte diesbezüglich ein Experiment starten.
Meine Freundin und ich bewohnen eine 60qm Mietwohnung mit zwei Balkonen zu je 6qm. Der eine geht nach Osten raus, der andere ist ein Südbalkon mit guter Sonneneinstrahlung. Im Laufe dieses und nächsten Jahres habe ich ein Ziel:
Soviele hochqualitative Lebensmittel wie möglich zu produieren, ohne von meiner ob der schieren Masse an Projekten völlig entnervten Freundin umgebracht zu werden
Dazu muss ich erwähnen, dass ich Student im höheren Semester bin und dieses Jahr mit meiner Diplomarbeit beginnen werde. Ich habe also nur ein endliches Maß an Zeit, und wenn meine monatlichen Ausgaben getätigt sind, bleiben mir s Ca. 60 Euro für Projekte übrig. Deshalb und aus reinem Prinzip versuche ich, Projekte so zu gestalten, dass ein Mensch mit 36-Stunden-Woche sie auch noch betreiben kann, und so LowTek bzw. günstig zu halten, dass sich bestenfalls auch Herr Mtamwe aus Kenia dieses Projekt leisten könnte. Ich werde viel recyceltes Material verwenden und viel improvisier. Geplant bzw. bereits am Laufen sind folgende Projekte:
Pilzzucht: Speisepilze sind eine wertvolle Proteinquelle und wachsen sprichwörtlich auf Abfall. Zudem schmecken die meisten Kulturpilze köstlich. Auf diesem Gebiet habe ich zudem einschlägige Erfahrungen. Um die Energiekosten und den Arbeitsaufwand zu minimieren, werden ausschließlich unsterile Substrate wie Strohpellets und Buchenspäne verwendet, auf Körnerbrut soll wenn möglich verzichtet werden. Momentan bin ich dabei diverse Stämme aus gekauften Impfdübeln weiterzuziehen. Ich habe Winterauster, Kastanienseitling, Ulmenseitling, Nameko, Shiitake am Laufen. Zudem habe ich Kräuterseitling und Kulturausternpilz von Fruchtkörpern aus dem Edeka auf Pappe geklont. Momentan wächst alles gut, Bilder folgen die Tage. Die Pilze bekommen ab Frühjahr eine schattige Ecke auf dem Ostbalkon und sollen aus großen Blumentöpfen fruchten. Ich möchte für jede Jahreszeit mindestens einen fruchtenden Stamm etablieren, wie das bei Pilzen so ist werden einige Stämme auf der Strecke bleiben und was gut fruchtet wird behalten. Ziel sind wöchentlich 300-600g Pilze über das Jahr verteilt, Überschuss wird eingefroren für magere Zeiten.
Window Farm: unser großes Wohnzimmerfenster geht nach Süden raus und erhält schön viel Sonne. Dort haben wir eine Windowfarm mit automatischer Bewässerung eingerichtet. Auch hier kommen die Bilder nach. Ziel der Windowfarm ist es, mit Aufwand, der gegen null geht, stets frische Kräuter, bisweilen eine handvoll Rucola und ab und zu ein paar Erdbeeren zu ernten. Die Pflanzbehälter sind Madeleinedosen und PET Flaschen, Kosten für Pumpen, Hydroton und Schläuche: etwa 30 Euro. Das Sytem läuft bereits ganz gut, jetzt in der dunklen Jahreszeit sind leider einige 9W Energiesparlampen nötig, um gerade die Keimlinge vom Vergeilen zu bewahren. In den Tropen hätte das System nur eine Leistungsaufnahme von ca. 12W für die Pumpen. Kräuter zum Kochen selbst zu ziehen ist der erste und einfachste Schritt in die Selbstversorgung: es geht einfach und man spürt sofort einen Anstieg der Lebensqualität. Wann habt ihr das letzte Mal frischen Koriander gesehen? Ich seit Juli nicht mehr. Noch nicht mal bei uns, in der westlichen Welt, ist die Versorgung mit frischen Kräutern außer Basilikum und Schnittlauch gegeben. Also ein optimales SV-Ding. Außerdem ziehe ich in der Anlage Gemüsesämlinge für den Balkon schon mal vor. Mit Tomate, Chili, Aubergine kann man gar nicht früh genug anfangen.
Aquaponikanlage: das große Projekt für den Südbalkon, Baubeginn ist März. Es wird ein selbstgebauter Hochteich aus Vierkanthölzern ("Balken") und Teichfolie mit etwa 300-400 Litern und 1,5m Länge, um den 20 Tilapias genug Schwimmraum zu bieten. Die Beete kommen auf das selbe Gestell eine Etage höher und werden mit Hydroton befüllt. Die kleinen Tilapien werde ich bis Ende April, Anfang Mai im 60l Wasserbecken der Windowfarm großziehen, wo sie gleich auch die Kräuter düngen. Dann kommen sie in den Teich.
Angebaut werden Tomaten, Paprika, Chili, Auberginen (super zum Einkochen, Pesto machen, Antipasti, teuer wenn man sie kaufen will: eine Aubergine 2.99 - nein danke dann lieber selbstgemacht!), und diverse Salate. Die Konstruktion wird mit Gewächshausfolie zu einem Folienhaus verkleidet, um besseres Wachstum der Fische und Pflanzen durch konstant höhere Temperaturen zu erzielen und die Outdoor-Phase zu verlängern. Ziel der Aquaponikanlage ist die Versorgung mit Salat und diversem Gemüse während der warmen Jahreszeit. Was über ist wird getrocknet oder eingekocht. Zudem liefert das System, wenn alles gut läuft, 10kg Fisch am Ende der Saison, der tiefgefroren oder geräuchert wird. Da meine Freundin keinen Fisch mag, bedeutet das, dass ich das ganze Jahr über einmal die Woche Fisch essen kann, und zwar schmackhaften Tilapia.
Als Futter für die Fische dienen Regenwürmer, Wachsmottenlarven samt Substrat, Maismehl, Brotreste, Sojamehl, Keimweizen und Katzentrockenfutter.
Dieses Projekt wird meine ganze Kohle für März, April und Mai verschlingen und hat Top Priorität.
Zudem werden auf dem Südbalkon noch Süßkartoffeln in normaler Erde angebaut. Grund: Süßkartoffeln sind sehr lecker, das Kilo kostet stolze 3,50 wenn man sie überhaupt mal bekommt, sie sind gut lagerbar und außerdem kann man die Blätter als Salat essen. Gedüngt werden die SK mit Kaffeesatz, verbrauchten Substratblöcken aus der Pilzzucht sowie Wurmkompost aus einer Kiste mit Regenwürmern. Die Würmer werden mit Küchenabfällen gefüttert und enden periodisch selbst als Fischfutter.
Schneckenzucht: ich habe noch nie Schnecken gegessen, aber mit ausreichend Knoblauch sollen sie ja durchaus genießbar sein. Achatina fulica wächst bei Zimmertemperatur in einem halben Jahr zu einem Gewicht von locker 100-150g heran. Selbst züchten passiert von ganz alleine, überschüssige Eier und Jungtiere werden an die Fische verfüttert. Ab Juni will ich alle 6 Monate etwa 20 junge Achatschnecken auf einige durchsichtige Ikeaboxen mit Luftlöchern verteilen und mit Küchenabfällen schön fett mästen. Es ist nahrhaftes, günstiges, proteinreiches Essen und wir hätten ganzjährig was zum gerösteten Weißbrot als vor allem von unseren westlichen Nachbarn gepriesene Vorspeise.
Balkonwachteln: ab ca. August/September wird ein Hahn und sechs Hennen der schweren Linie (Fleischwachteln) bei uns einziehen. Sie bekommen 4qm des 6qm großen Ostbalkons, ein Stall mit zwei Etagen wird die Fläche auf 5qm erhöhen. Hier experimentiere ich lieber nicht und hole gescheites Ziergeflügelfutter, das mit 18% Rohprotein und viel Calcium zudem auch optimal für die Achatschnecken ist. Die Wachteln sollen es gut bei uns haben, immerhin erwarte ich in der warmen Jahreszeit 5 Eier am Tag zu finden. Ich werde versuchen, sie zur Naturbrut anzuregen, funktioniert das nicht werde ich Winter 2012/2013 einen Inkubator holen, um dann 2013 auch Küken haben zu können. Der Zuchtstamm soll Bruteier und Speiseeier liefern und wird nur einmal pro Jahr ausgewechselt (Hahn: halbes Jahr), über das Jahr 2013 verteilt will ich jedoch immer wieder zeitweise einen Teil des Geheges abgrenzen und darin Gruppen von Küken großziehen, um sie im Alter von 8 Wochen zu schlachten. Über Frühling, Sommer und Herbst verteilt will ich, wenn alles funktioniert, 48 Küken großziehen, damit wir alle zwei Wochen Sonntags Wachtel essen können. Die Federn wollen wir erstmal aufheben, aus Leber und Herz Patè oder Pastete machen usw. Das von den Wachteln vollgekackte Stroh geht als Substrat par excellence in die Pilzzucht.
Das Gehege für die Wachteln wird ebenfalls aus Vierkantholz und Volierendraht bzw. Sperrholz und außen Styropor (Stall) gebaut. Sowohl Freilauf als auch Stall werden unterteilbar, um bei Bedarf die Jungtier/"Mast"-Gruppe vom Zuchtstamm/Legegruppe zu trennen. Ich würde höchstens 8-10 Küken pro Schub aufziehen, weil mir sonst der Platz doch zu wenig wird. Indem ich die Zuchtgruppe nur alle Jahr auswechsele, statt mit den Küken weierzuzüchten, würde ich Inzucht unter den Nachkommen verhindern. Einmal im Jahr werden Bruteier eines anderen Stamms zugekauft zwecks Durchmischung/Blutauffrischung. Zugefüttert wird mit Regenwürmern, Wachsmaden und Keimweizen. Läuft das nach Plan, bedeutet das ca.350g Wachtelei pro Woche und 14kg Fleisch im Jahr.
Projekte, die ich gerne noch machen würde, aber (noch) nicht kann:
Kaninchen: ein Pärchen Burgunder oder rote Neuseeländer samt Nachwuchs freilaufend auf dem Südbalkon, dürften auch mal Streifzüge durch die Wohnung machen. Aber erstmal die oben genannten Sachen, und erstmal dazu durchringen eine Wachtel zu schlachten, bevor ich mich da dran wage.
Tauben: freifliegende Fleischtauben, auf dem Balkon nur hängende Nistkästen und Futter anbieten, aber spätestens dann bringen mich die Nachbarn wahrscheinlich um. Hätte eigentlich viel lieber Tauben als Wachteln, weniger Arbeit, mehr Fleisch dran, praktischer. Geht aber einfach nicht im Wohngebiet.
Bisher ist das Meiste noch reine, durchgerechnete Theorie, aber wenn Pilze, Fisch, Wachteln und Schneckenzucht tatsächlich laufen, könnten wir ohne übermenschlichen Aufwand aus einer Stadtwohnung heraus einen Großteil unseres Bedarfs an Eiweiß decken. Von Gemüse, Salat, und frischen Kräutern ganz zu schweigen. Was ich jetzt bereits häufig selbst mache ist Brot, Essig und leckeren, spritzigen Cider.
Wäre mal gespannt, ob es unter euch noch urbane Selbstversorger gibt, wie eure Umstände sind, wie viel Platz, Geld und Zeit ihr investiert/investieren wollt, und vor allem was ihr so alles auf Balkonien oder am Fensterbrett anbaut.
Ich jedenfalls werde das Jahr über hier meine Projekte dokumentieren und freue mich auf Feedback.
Bis dann,
euer Kaufnix ;-)
Ich bin der Ben und lese hier schon eine Weile mit bzw. interessiere mich für Selbstversorgung und "sustainable living".
Generell war mir schon immer eine gewisse Aussteigermentalität zu eigen, über die typischen Konsumschafe kann ich oftmals nur lachen (Beispiel: wer Kaninchen hält und selbst schlachtet wird als grausam und kaltherzig betrachtet, aber Supermarktfleisch oder MacDoof sind voll okay). Ich bin beschämt und unfreiwillig Teil einer Generation die nicht mal mehr selbst ein Brot backen kann geschweige denn darüber nachdenkt wo ihre Verbrauchsgüter herkommen. Naja genug lamentiert, ich wollte hier auf was anderes hinaus. Und zwar:
Wenn ich mit Gleichgesinnten über SV diskutiere, höre ich immer: "ja, wenn ich irgendwann mal nen Bauernhof oder großen Garten hab, mach ich das auch". Ich glaube, dass man auch in der Stadt ganz gut vor sich hin-SVlern kann und möchte diesbezüglich ein Experiment starten.
Meine Freundin und ich bewohnen eine 60qm Mietwohnung mit zwei Balkonen zu je 6qm. Der eine geht nach Osten raus, der andere ist ein Südbalkon mit guter Sonneneinstrahlung. Im Laufe dieses und nächsten Jahres habe ich ein Ziel:
Soviele hochqualitative Lebensmittel wie möglich zu produieren, ohne von meiner ob der schieren Masse an Projekten völlig entnervten Freundin umgebracht zu werden

Dazu muss ich erwähnen, dass ich Student im höheren Semester bin und dieses Jahr mit meiner Diplomarbeit beginnen werde. Ich habe also nur ein endliches Maß an Zeit, und wenn meine monatlichen Ausgaben getätigt sind, bleiben mir s Ca. 60 Euro für Projekte übrig. Deshalb und aus reinem Prinzip versuche ich, Projekte so zu gestalten, dass ein Mensch mit 36-Stunden-Woche sie auch noch betreiben kann, und so LowTek bzw. günstig zu halten, dass sich bestenfalls auch Herr Mtamwe aus Kenia dieses Projekt leisten könnte. Ich werde viel recyceltes Material verwenden und viel improvisier. Geplant bzw. bereits am Laufen sind folgende Projekte:
Pilzzucht: Speisepilze sind eine wertvolle Proteinquelle und wachsen sprichwörtlich auf Abfall. Zudem schmecken die meisten Kulturpilze köstlich. Auf diesem Gebiet habe ich zudem einschlägige Erfahrungen. Um die Energiekosten und den Arbeitsaufwand zu minimieren, werden ausschließlich unsterile Substrate wie Strohpellets und Buchenspäne verwendet, auf Körnerbrut soll wenn möglich verzichtet werden. Momentan bin ich dabei diverse Stämme aus gekauften Impfdübeln weiterzuziehen. Ich habe Winterauster, Kastanienseitling, Ulmenseitling, Nameko, Shiitake am Laufen. Zudem habe ich Kräuterseitling und Kulturausternpilz von Fruchtkörpern aus dem Edeka auf Pappe geklont. Momentan wächst alles gut, Bilder folgen die Tage. Die Pilze bekommen ab Frühjahr eine schattige Ecke auf dem Ostbalkon und sollen aus großen Blumentöpfen fruchten. Ich möchte für jede Jahreszeit mindestens einen fruchtenden Stamm etablieren, wie das bei Pilzen so ist werden einige Stämme auf der Strecke bleiben und was gut fruchtet wird behalten. Ziel sind wöchentlich 300-600g Pilze über das Jahr verteilt, Überschuss wird eingefroren für magere Zeiten.
Window Farm: unser großes Wohnzimmerfenster geht nach Süden raus und erhält schön viel Sonne. Dort haben wir eine Windowfarm mit automatischer Bewässerung eingerichtet. Auch hier kommen die Bilder nach. Ziel der Windowfarm ist es, mit Aufwand, der gegen null geht, stets frische Kräuter, bisweilen eine handvoll Rucola und ab und zu ein paar Erdbeeren zu ernten. Die Pflanzbehälter sind Madeleinedosen und PET Flaschen, Kosten für Pumpen, Hydroton und Schläuche: etwa 30 Euro. Das Sytem läuft bereits ganz gut, jetzt in der dunklen Jahreszeit sind leider einige 9W Energiesparlampen nötig, um gerade die Keimlinge vom Vergeilen zu bewahren. In den Tropen hätte das System nur eine Leistungsaufnahme von ca. 12W für die Pumpen. Kräuter zum Kochen selbst zu ziehen ist der erste und einfachste Schritt in die Selbstversorgung: es geht einfach und man spürt sofort einen Anstieg der Lebensqualität. Wann habt ihr das letzte Mal frischen Koriander gesehen? Ich seit Juli nicht mehr. Noch nicht mal bei uns, in der westlichen Welt, ist die Versorgung mit frischen Kräutern außer Basilikum und Schnittlauch gegeben. Also ein optimales SV-Ding. Außerdem ziehe ich in der Anlage Gemüsesämlinge für den Balkon schon mal vor. Mit Tomate, Chili, Aubergine kann man gar nicht früh genug anfangen.
Aquaponikanlage: das große Projekt für den Südbalkon, Baubeginn ist März. Es wird ein selbstgebauter Hochteich aus Vierkanthölzern ("Balken") und Teichfolie mit etwa 300-400 Litern und 1,5m Länge, um den 20 Tilapias genug Schwimmraum zu bieten. Die Beete kommen auf das selbe Gestell eine Etage höher und werden mit Hydroton befüllt. Die kleinen Tilapien werde ich bis Ende April, Anfang Mai im 60l Wasserbecken der Windowfarm großziehen, wo sie gleich auch die Kräuter düngen. Dann kommen sie in den Teich.
Angebaut werden Tomaten, Paprika, Chili, Auberginen (super zum Einkochen, Pesto machen, Antipasti, teuer wenn man sie kaufen will: eine Aubergine 2.99 - nein danke dann lieber selbstgemacht!), und diverse Salate. Die Konstruktion wird mit Gewächshausfolie zu einem Folienhaus verkleidet, um besseres Wachstum der Fische und Pflanzen durch konstant höhere Temperaturen zu erzielen und die Outdoor-Phase zu verlängern. Ziel der Aquaponikanlage ist die Versorgung mit Salat und diversem Gemüse während der warmen Jahreszeit. Was über ist wird getrocknet oder eingekocht. Zudem liefert das System, wenn alles gut läuft, 10kg Fisch am Ende der Saison, der tiefgefroren oder geräuchert wird. Da meine Freundin keinen Fisch mag, bedeutet das, dass ich das ganze Jahr über einmal die Woche Fisch essen kann, und zwar schmackhaften Tilapia.
Als Futter für die Fische dienen Regenwürmer, Wachsmottenlarven samt Substrat, Maismehl, Brotreste, Sojamehl, Keimweizen und Katzentrockenfutter.
Dieses Projekt wird meine ganze Kohle für März, April und Mai verschlingen und hat Top Priorität.
Zudem werden auf dem Südbalkon noch Süßkartoffeln in normaler Erde angebaut. Grund: Süßkartoffeln sind sehr lecker, das Kilo kostet stolze 3,50 wenn man sie überhaupt mal bekommt, sie sind gut lagerbar und außerdem kann man die Blätter als Salat essen. Gedüngt werden die SK mit Kaffeesatz, verbrauchten Substratblöcken aus der Pilzzucht sowie Wurmkompost aus einer Kiste mit Regenwürmern. Die Würmer werden mit Küchenabfällen gefüttert und enden periodisch selbst als Fischfutter.
Schneckenzucht: ich habe noch nie Schnecken gegessen, aber mit ausreichend Knoblauch sollen sie ja durchaus genießbar sein. Achatina fulica wächst bei Zimmertemperatur in einem halben Jahr zu einem Gewicht von locker 100-150g heran. Selbst züchten passiert von ganz alleine, überschüssige Eier und Jungtiere werden an die Fische verfüttert. Ab Juni will ich alle 6 Monate etwa 20 junge Achatschnecken auf einige durchsichtige Ikeaboxen mit Luftlöchern verteilen und mit Küchenabfällen schön fett mästen. Es ist nahrhaftes, günstiges, proteinreiches Essen und wir hätten ganzjährig was zum gerösteten Weißbrot als vor allem von unseren westlichen Nachbarn gepriesene Vorspeise.
Balkonwachteln: ab ca. August/September wird ein Hahn und sechs Hennen der schweren Linie (Fleischwachteln) bei uns einziehen. Sie bekommen 4qm des 6qm großen Ostbalkons, ein Stall mit zwei Etagen wird die Fläche auf 5qm erhöhen. Hier experimentiere ich lieber nicht und hole gescheites Ziergeflügelfutter, das mit 18% Rohprotein und viel Calcium zudem auch optimal für die Achatschnecken ist. Die Wachteln sollen es gut bei uns haben, immerhin erwarte ich in der warmen Jahreszeit 5 Eier am Tag zu finden. Ich werde versuchen, sie zur Naturbrut anzuregen, funktioniert das nicht werde ich Winter 2012/2013 einen Inkubator holen, um dann 2013 auch Küken haben zu können. Der Zuchtstamm soll Bruteier und Speiseeier liefern und wird nur einmal pro Jahr ausgewechselt (Hahn: halbes Jahr), über das Jahr 2013 verteilt will ich jedoch immer wieder zeitweise einen Teil des Geheges abgrenzen und darin Gruppen von Küken großziehen, um sie im Alter von 8 Wochen zu schlachten. Über Frühling, Sommer und Herbst verteilt will ich, wenn alles funktioniert, 48 Küken großziehen, damit wir alle zwei Wochen Sonntags Wachtel essen können. Die Federn wollen wir erstmal aufheben, aus Leber und Herz Patè oder Pastete machen usw. Das von den Wachteln vollgekackte Stroh geht als Substrat par excellence in die Pilzzucht.
Das Gehege für die Wachteln wird ebenfalls aus Vierkantholz und Volierendraht bzw. Sperrholz und außen Styropor (Stall) gebaut. Sowohl Freilauf als auch Stall werden unterteilbar, um bei Bedarf die Jungtier/"Mast"-Gruppe vom Zuchtstamm/Legegruppe zu trennen. Ich würde höchstens 8-10 Küken pro Schub aufziehen, weil mir sonst der Platz doch zu wenig wird. Indem ich die Zuchtgruppe nur alle Jahr auswechsele, statt mit den Küken weierzuzüchten, würde ich Inzucht unter den Nachkommen verhindern. Einmal im Jahr werden Bruteier eines anderen Stamms zugekauft zwecks Durchmischung/Blutauffrischung. Zugefüttert wird mit Regenwürmern, Wachsmaden und Keimweizen. Läuft das nach Plan, bedeutet das ca.350g Wachtelei pro Woche und 14kg Fleisch im Jahr.
Projekte, die ich gerne noch machen würde, aber (noch) nicht kann:
Kaninchen: ein Pärchen Burgunder oder rote Neuseeländer samt Nachwuchs freilaufend auf dem Südbalkon, dürften auch mal Streifzüge durch die Wohnung machen. Aber erstmal die oben genannten Sachen, und erstmal dazu durchringen eine Wachtel zu schlachten, bevor ich mich da dran wage.
Tauben: freifliegende Fleischtauben, auf dem Balkon nur hängende Nistkästen und Futter anbieten, aber spätestens dann bringen mich die Nachbarn wahrscheinlich um. Hätte eigentlich viel lieber Tauben als Wachteln, weniger Arbeit, mehr Fleisch dran, praktischer. Geht aber einfach nicht im Wohngebiet.
Bisher ist das Meiste noch reine, durchgerechnete Theorie, aber wenn Pilze, Fisch, Wachteln und Schneckenzucht tatsächlich laufen, könnten wir ohne übermenschlichen Aufwand aus einer Stadtwohnung heraus einen Großteil unseres Bedarfs an Eiweiß decken. Von Gemüse, Salat, und frischen Kräutern ganz zu schweigen. Was ich jetzt bereits häufig selbst mache ist Brot, Essig und leckeren, spritzigen Cider.
Wäre mal gespannt, ob es unter euch noch urbane Selbstversorger gibt, wie eure Umstände sind, wie viel Platz, Geld und Zeit ihr investiert/investieren wollt, und vor allem was ihr so alles auf Balkonien oder am Fensterbrett anbaut.
Ich jedenfalls werde das Jahr über hier meine Projekte dokumentieren und freue mich auf Feedback.
Bis dann,
euer Kaufnix ;-)