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Vorfreude ist die schönste Freude...

Verfasst: Sa 28. Jan 2017, 08:40
von Nightshade
Dies wird ein LANGER Thread.

Mein Papa wurde am 6.1. von seinem entsetzlichen Krebsleiden endlich erlöst. Chemo seit drei Jahren. Vor einem Jahr am 23.12 brach ihm die Wirbelsäule so arg ein, dass er sich bis Juni an zwei Krücken schleppen musste. Am ersten Tag der Sommerferien musste er ins Krankenhaus. Im August kam er nochmal heim, hatte dann aber eine Sepsis. In der ersten Schulwoche erklärten ihn die Ärzte für austherapiert, Er wurde in ein Pflegeheim überstellt. 6 Monate, in denen nur mehr eine Hand willentlich beweglich war, der ganze Körper voller Pilze, neurologische Schluckstörungen, gerades Sitzen unmöglich (wegen Schlaganfall), teilweiser Verlust des Vokabulars.
Jedoch war er bis 8 Stunden vor seinem Tod bei Verstand.
Gegen die PEG-Sonde musste ich kämpfen und endlich wurde er dann mit Morphium eingeschläfert. Ich benutze dieses Wort absichtlich, ich befürworte in solchen Fällen die aktive Sterbehilfe. (Und wer das nicht tut, hat noch keinen solchen Patienten gesehen oder ist ein hoffnungsloser Religionsfall.) Das Morphium war eine Gnade, er musste die Atemnot nicht mehr bewusst miterleben. Offenbar wars recht hoch dosiert... Es wirkt dämpfend aufs Atemzentrum...Zum Mittag bekam er die Spritze, am Abend ging er in entspanntem Schlaf.... DANKE, Herr Doktor, dass dies wenigstens möglich war.

Papi, du fehlst mir dauernd und überall.

Ich war Juli bis Jänner fast täglich in Krebs-und Sterbeeinrichtungen. Nur ein paar Tage hatte ich spitalsfrei wegen Beruf, ansteckender Erkrankung und nervlicher Überlastung. Seit Oktober muss ich Sertralin nehmen. Die Leichenkammer gab mir dann den Rest, ich bin seit 4 Wochen ständig erkältet. Immerhin hat mein Lungenarzt mit ganzheitlicher, rein schulmedizinischer Therapie einen schweren Asthmaanfall bisher verhindert.

Auf den Begräbnis-Teil-Events war ich nicht. Finde es absolut krank, einen Toten über einen Zeitraum von drei Wochen in Etappen zu verabschieden.
Außerdem bin ich eine Frau, und die Aufgabe der Frauen ist es, Leben(sräume) zu schaffen. Begräbnisse sind Sache der Männer, das ist eine höchst sinnvolle Aborigines-Regel, somit habe ich den Händeschüttel-Mein Beileid-Händeschüttel-Mein Beileid-Marathon meinem Bruder überlassen. Prämortem hat er sich eh nie blicken lassen (keinen Frieden gemacht, keinen menschlichen Abschied genommen), somit kann er sich von mir aus postmortem in Schale werfen und wichtig tun, sowas taugt ihm eher.

Da es, wie gesagt, meine Aufgabe ist, Leben um mich zu erschaffen, habe ich mich zur Hausbaumesse verkrümelt.
Seither bin ich auf Wolke 7.

Das Fruchtgenussrecht vom Papa ist jetzt natürlich erloschen, ich kann in meinem Garten endlich Bäume fällen und bauen.
Mein Traumhaus ist gut leistbar, wir verkaufen ein Zinshaus in Toplage, weil es nicht zu unseren beruflichen Wegen passt. (Weder Bruder noch ich wollen dort wohnen und es in Schuss halten.)

Der Baumeister meiner Wahl hielt mich schon beim Erstgespräch für eine sehr schrullige Person. Zwei dick befreundete Weiber saßen vor ihm und setzten ihn über die ungefähren Spezifikationen in Kenntnis:

- Ein Haus für 1-2 Personen in Holzmassivbauweise.
- Ich brauche eine GROSSE KÜCHE und eine GROSSE Werkstatt.
- Kinderzimmer und ein "Wohnzimmer" brauch ich nicht.
- Das Ganze ist so zu planen, dass man nicht dereinst dasteht und wegen dreier unüberwindlicher Stufen ins Pflegeheim muss. Bin da jetzt in gebranntes Kind und weiß auswendig, wie man für Rollis und Treppenraupen bauen müsste.
- Hundebabies pieseln recht viel, also einen passenden Boden. Ja kein Parkett, eher polierter Estrich.
- Hundebabies sabbern, kratzen, pieseln viel, also ein hygienischer Wandanstrich. Ich bin für Kalkzementputz.
- Hunde, wir reden übrigens von Jagdhunden, sind bekanntlich unrein (was besonders auf Jagdhunde zutrifft), deshalb brauche ich kein "Gästeklo" bei der Tür, sondern eine Hunde/Schuhdusche mit strapazierfähigem Abfluss.
- Hunde sind wachsam, zumindest manchmal wenn sie ihren guten Tag haben, und damit man sie nicht sofort sieht, benötige ich eine dezente Hobbithöhle auf der Gartenseite. Die Tür sollte rund sein.
- Was soll bitte heißen, ich müsse die Fassade immer wieder streichen? Sicha ned. Die Fassade, Meister, müssen Sie sich als eine sommer- bis immergrüne Angelegenheit vorstellen, die BLÜHT, die ENTSETZLICH STICHT und in der es SUMMT. Streichen ist nicht. Ich habe nämlich einen Teil der Haussicherheitstechnik schon bestellt, die Königinnen werden im Juli zum Abholen sein. Außerdem klone ich ab März passende Stachelstauden, wie etwa "Gruß an Heidelberg" und die grausige Wildrose am Grundstück meines Freundes. Dem wünsche ich viel Vergnügen, der abends einsteigen wollte. Mein Freund bot entgegenkommend an, ich dürfte mir auch von seinen Hornissen nehmen, aber Bienen sind besser. Mein lieber Herr Lungenarzt verordnete mir einen Epi-Pen und googelte, als ich ging, gerade den Begriff "Skolopender". Ich werde ihm Honig schenken.
- Dann die Nattern. Die brauch ich unbedingt, damit ich den alljährlichen Stress mit der Python-Bestellung fürn Job endlich los bin. Das Sumpfbeet baue ich (weiter aus), aber die wassergefüllte Schlangengrube sollte schon der Bagger ausheben, bitte, Danke. (Apropos Grube, gibt es eigentlich Skorpione, die unser Klima aushalten? *Google*)
-Den Kachelofen hab ich schon ausgesucht.

Hinsichtlich Trauer geht ist mir mittelmäßig. Ich vergesse öfters darauf und bin sehr lebensfroh.

Im Moment ist es halt noch der alte, leicht verwilderte Garten. Aber ie ersten Torfsäcke kamen vorgestern. :grinblum:

Re: Vorfreude ist die schönste Freude...

Verfasst: Sa 28. Jan 2017, 10:11
von Nightshade
Tatsächlich, die Gattung Euscorpius ist bedingt winterhart. Fein. Eine kleine Skorpiongrube, ausbruchssicher und sommerliche Einbrüche demotivierend, sollte zu realisieren sein.
Diese Schatzis dürfen halt nicht entwischen.
Die wären extrem toll fürn Unterricht.
Essbar sind Skorpione auch.


Das gilt auch für die Essbaren Schnecken, die zumindest von mir nicht dauerhaft entwischt sind. (Diese Faunenverfälschung ist bisher in einem Bezirk passiert, wo ein Gewerblicher Schnecken züchtet.)

Edit: Ok, der Alpenskorpion wäre perfekt. Bei dem wäre es auch keine Katastrophe, wenn er entflücht, da er einheimisch ist. Wusste ich nicht... Eine Freundin hat mir erzählt, in ihrer Kindheit in Kärnten wären Skorpione im Keller normal gewesen. Ich dachte immer, sie spräche von der italienischen Art.
Ich habe auch schon wen entdeckt, der solche Tiere abgeben könnte.

Re: Vorfreude ist die schönste Freude...

Verfasst: Sa 28. Jan 2017, 12:29
von Rohana
Skorpione essen? Hört sich etwas gewöhnungsbedürftig an :eek:

Re: Vorfreude ist die schönste Freude...

Verfasst: Sa 28. Jan 2017, 13:22
von viktualia
Ei, ich mag Schlangen und auch Skorpione, aber was bitte machst du damit?
Schlangenleder gerben? O.K., aber Skorpione? Was für ein Unterricht? (wenn ich fragen darf...)

Meine Hochachtung zum Umgang mit dem Tod deines Vaters; ich finde es in der heutigen Zeit immer sehr, sehr tröstlich, wenn wer menschlich mit dem Tod umgeht und es nicht versteckt, verleugnet, was auch immer.

Ich wünsch dir alles Gute und bin gespannt auf weiteres!

Re: Vorfreude ist die schönste Freude...

Verfasst: Sa 28. Jan 2017, 13:52
von aron
Rohana hat geschrieben:Skorpione essen? Hört sich etwas gewöhnungsbedürftig an :eek:
In Bangkok werden an jeder 2. Strssenecke geröstet Skorpione zum Verzehr angeboten.

@ Nightshade
Du meinst, Schlangen und Skorpione in einer Grube unter freiem Himmel halten, um damit eventuelle Einbrecher abzuhalten, hab ich das richtig verstanden?

Wünsch dir viel Erfolg bei deinem Neuanfang!

LG

Re: Vorfreude ist die schönste Freude...

Verfasst: Sa 28. Jan 2017, 15:14
von Nightshade
Danke!

@Viktualia:
Ich betreibe einen rücksichtslosen Biologieunterricht, weil ich eine Biologin und keine Pädagogin bin. ;-)
Religiosität halte ich für eine bedauerliche Charakterschwäche, man kann, darf und soll gegen Verdummung vorgehen.
Es ist mir völlig egal, welches Kind sich vor welchem Tier fürchtet oder es für "unrein" hält.
Wenn das jeweilige Vieh am Lehrplan steht, dann besorge ich es in natura, wann immer dies möglich ist.

Konfrontation ist das beste Mittel gegen Phobien.
Das kanns nicht sein, dass sich ein Mensch lebenslang vor Stadttauben, Schmetterlingen, Schafen, Kaninchen fürchtet, vor Hunden und Schweinen sowieso. Extremfälle fürchteten sich vor Wasserflöhen und TRILOBITEN. Und gleich so arg, dass sie hysterisch weinend am Gang draußen standen. So ein Trilobit ist schlimm, sein Aussterben könnte sich übertragen. Oder so.
Eine Kollegin war gezwungen, die Rettung zu rufen, da ein Mädchen wegen eines Weberknechts am Tisch in hysterische Weinkrämpfe verfiel und nicht zu beruhigen war.
Gratuliere den betreffenden Elternpaaren... SO unfähig muss man erst einmal sein.. Und dann gibts genug, die finden es völlig normal, dass ihr 13jähriges Kindchen sich vor den Tauben vorm Fenster ängstigt und auf eine Biene mit ungehemmter, selbstgefährdender Angstaggression reagiert. Dies ist nicht therapiebedürftig, nein.

@Aron:
Ich will Ringelnattern beim Teich. Ein gröberes Moorbeet hab ich schon, aber mein Papa wollte nie einen Teich, und bisher konnte er entscheiden. (Hat er bei der Schenkung so fixiert.) Kröten und Schlangen sind fallweise im Garten, seit das Moorbeet da ist, und es wäre mir lieb, wenn die ansässig würden. Dafür muss die Feuchtfläche größer werden.

Für den Dachs wäre ein Teich wohl auch ein Gewinn, der kann dort trinken. (Er und die Hunde haben sich längst arrangiert. Meine Kläffkläffs wissen, wo sie den Kürzeren ziehen.)

Alpenskorpione waren bei uns offenbar vor langen Zeiten heimisch. Man könnte durchaus Nachzuchten in einer künstlichen Blockmauer ansiedeln (in der Nähe warmer Wände), sie zuerst beaufsichtigen und später verwildern lassen.
Skorpione würde ich gern so unterbringen, dass man sie von draußen sehen kann, dh. mit einem Glaselement im Zaun. Mit interessierten Menschen rede ich gerne. Und bestimmte Elemente bevorzugen Zugänge, wo keine schwer einschätzbaren Tiere sind.

Nach meinen Erfahrungen überstehen es die Tiere ganz gut, wenn sie mal "gekidnappt" und in einer Schule gezeigt werden.
Man muss sie nur raschest wieder in die gewohnte Umgebung bringen.

Buchseiten werden einfach nicht gelernt, Arbeitsblätter nicht gemacht, wenn es um unliebsame Tiere geht. ;-) Nötigenfalls nehmen wir den Fünfer.
Aber z.B. mein streichelsüchtiger Hund lässt sich nicht einfach ignorieren. Auch nicht der Tausendfüßer, die (teuer gemietete) Python, die Therapie-Vogelspinne und ähnliche nette Tierchen. Dagegen kommt heiliges Schriftwerk nicht an. Aug in Auge mit der Bestie ist ein Mensch gezwungen, etwas zu lernen.

Re: Vorfreude ist die schönste Freude...

Verfasst: Sa 28. Jan 2017, 21:04
von Archibald
Mein Beileid zum Verlust deines Vaters, und meinen Glückwunsch dazu, dass ihr einen akzeptablen Abschluss gefunden habt. Ich denke, fast jeder wird sich für sich selbst wünschen, dass in dem Fall, dass man es selbst nicht mehr kann, jemand "Stop!" sagt.

Ob jemand religiös ist oder nicht, verdient meiner Meinung nach keine Arroganz, außer, derjenige trägt sie selbst vor sich her. Und Charakterschwäche? Es ist doch überall so, dass Menschen die selben Dinge sehen und zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Wer Toleranz für sein Leben erwartet, muss sie wohl oder übel auch für das der anderen aufbringen - auch wenn das ja nur unwissende Deppen sind. :)

Bio zum Anschauen und Anfassen ist eine feine Sache. Sicher trifft man dabei auch oft genug auf all die Entfremdungsphänomene und schief gelaufenen Dinge, die du beschreibst. Das haben wir hier auch. Aber wenn man den Kindern wirklich etwas vermitteln will, jenseits von "Du hast doch einen an der Waffel!", reicht ein "möglichst hart und krass, weil so ist ja die Wissenschaft" wohl nicht. Die selben Kinder, die gerade noch alle Steine auf eine große Wolfsspinne geworfen haben, können plötzlich ganz fasziniert zuhören, wenn man ihnen etwas über ihr Opfer erzählt. (Nach einem deutlichen Verbot, ich rede nicht von Weichspülerziehung.) Das hysterisch taubenängstliche Kind könnte es vielleicht schaffen, mit einem neuen Weg aus der Sache herauszugehen anstatt mit dem Gefühl, komplett bescheuert zu sein. Pädagogin oder nicht, aber wenn man mit Kindern arbeitet, sollte ein respektvoller Umgang und ein gewisses Interesse am anderen Voraussetzung sein.

Insgesamt scheinst du jedenfalls eher mit unerfreulichen Menschen zu rechnen? (Skorpione etc.)

Re: Vorfreude ist die schönste Freude...

Verfasst: Sa 28. Jan 2017, 22:21
von Benutzer 72 gelöscht
Archibald hat geschrieben:Ob jemand religiös ist oder nicht, verdient meiner Meinung nach keine Arroganz, außer, derjenige trägt sie selbst vor sich her.
und genauso arrogant kann man ein "ich bin nicht religiös" vor sich hertragen.....

Den Kindern echte Tiere nahebringen ist eigentlich ein schönes Anliegen!! :)
klappt halt besser, wenn man dabei ein bisschen behutsam ist.
Eines meiner Kinder hatte mal echte Angst vor Hunden. Bis eine Nachbarin ihrem Hund die Schnauze (sanft!!) gehalten hat und mein Kind herrief: "komm, streichel mal - der tut nichts"
Das hat viel viel besser gegen ihr/sein hysterisches Gehupfe geholfen als 1000 Erklärungen a la "hupf nicht! Dann glaubt der Hund du willst spielen".

ist Angst vor Spinnen etwas religiöses??
(ich kann diese Angst irgendwie absolut nicht verstehen, aber hmmmm)

edit: musste doch noch googeln: Skorpione in Österreich fand ich zuuu spannend! sind aber eher winzig: Alpenskorpion

Re: Vorfreude ist die schönste Freude...

Verfasst: Sa 28. Jan 2017, 22:30
von Archibald
@ ina maka: Genau so. :)

Ich habe Höhenangst, und es hilft mal echt Null, wenn jemand beruhigend auf mich einredet, dass so eine Brücke nicht einstürzt. Ich bin ja nicht doof. Den Spinnenleuten geht das vermutlich auch so, die Angst ist unter dem Verstand und schlecht zu packen.

Re: Vorfreude ist die schönste Freude...

Verfasst: So 29. Jan 2017, 08:10
von kraut_ruebe
coole planung. viel spass noch in der projektierungsphase :)

ich bin gespannt auf bilder von all den kleinen lebewesen. ich steh besonders auf die schnecken, aber die skorpione sind auch spannend.