Die Frage ist halt, wo diese Zahl zur durchschnittlichen Betriebsgröße her kommt.
Nimmt man in D die Betriebe unter 5 ha aus, dann lag die durchschnittliche Betriebsgröße schon 2010 bei 56 ha.
Und die Größe geht steil weiter nach oben.
Im Bereich unter 5 ha gibt es in D mit wenigen Außnahmen (z.B im Weinbau oder im Gemüsebau mit Direktvermarktung) eigentlich nur noch Hobbybetriebe oder auslaufende Betriebe die in Grenzertragslagen lieber noch ein paar Jahre Flächenprämien mitnehmen bei Minimalbewirtschaftung weil das auf diesen Standorten mehr einbringt als die Verpachtung.
Die nächste Generation hat dann idR keinen Lust mehr auf die damit verbundene Arbeit und gibt den Betrieb ganz auf.
In Osteuropa gibt es hundertausende Kleinlandwirte, die meist aus Altersgründen keinen anderen Job mehr finden und sich deshalb mit ihren Subsistenzbetrieben durchschlagen, solange sie körperlich noch können. Davon werden 80 bis 90% beim nächsten Generationswechsel verschwinden.
Wenn du die alle rausfilterst und dich auf die Betriebe konzentrierst, die (egal ob im Neben- oder Haupterwerb) wirklich Geld verdienen wollen, dürfte die durchschnittliche Betriebsgröße europaweit heute schon über 50 ha liegen.
gedaechtnisbuero hat geschrieben:Da steht, dass eine schrittweise Umorientierung auf die Bereitstellung so genannter öffentlicher Güter durch die Landwirte, wie Umweltschutz, Schutz der Kulturlandschaften und der dörflichen Gemeinschaften stattfindet. Tatsächlich kann man wohl Prämien erhalten, ohne besonders produktiv zu sein, allein für die Pflege der eigenen Wiesen und Äcker.
Welche Chance diese Umorientierung auf eine Landwirtschafts-Kultur jenseits der Agrarindustrie hat, soll auch Thema meiner Arbeit werden.
Ich habe genau so einen Betrieb im Nebenerwerb und sehe das sehr zwiespältig.
Wenn du auf der Einnahmenseite großteils auf die EU-Ausgleichszahlungen und die staatlichen Mittel für die Kulturlandschaftspflege und den Vertragsnaturschutz abhängig bist, dann bist du wirschatlich voll und ganz staatlichen Entscheidungen ausgeliefert. Und wie schnell sich da die Fähnchen im Wind drehen, zeigt nicht nur die Geschichte der EU-Agarpolitik, sondern z.B. auch die Entwicklung bei den regenerativen Energien. Eine Flaute in den öffentlichen Kassen (die durch das Euro-Chaos jederzeit über Nacht entstehen kann) oder eine politischer Machtwechsel, und die wirtschaftliche Grundlage des Betriebes ist in kürzester Zeit dahin.
In Bayern z.B. liegen dieses Jahr mehr als 3/4 aller Kulturlandschaftsprogramme für die Neuantragstellung auf Eis, weil der bayerischen Staat auf Entscheidungen zur Kofinanzierung aus Brüssel warten muss und daher keine neuen Verträge eingeht.
Die Verträge haben jeweils 5 Jahre Laufzeit. Bei meinen aktuellen Verträgen müsste ich unterschreiben, dass der Freistaat jederzeit die Zahlungen einstellen kann, ich aber trotzdem (also auch wenn ich kein Geld mehr erhalte) die vollen 5 Jahre sämtliche Auflagen einhalten muss. Und der bayerischer Staat macht das auch nicht aus Spaß sondern deshalb, weil er sonst die Kofinanzierungsmittel nach Bürssel zurückerstatten müsste. Halte ich den Vertrag nicht ein, muss ich sämtliche erhaltenen Mittel für den Vertragszeitraum zurückzahlen. Das kann auch anteilig passieren. Wenn mir ein Verpächter eine Fläche vor Ende des Kulapvertrages wegnimmt und diese vom Verpächter selbst oder durch einen anderen Pächter entgegen der mit mir vereinbaren Auflagen bewirtschaftet, dann muss ich für diese Fläche alles zurückzahlen.
Da diverse Kulap-Maßnahmen für den Gesamtbetrieb gelten, kann ich in der Zeit auch keine wesentlichen Änderungen an der Wirtschafsweise vornehmen. Also z.B. kann ich kein Grünland in Ackerland verwandeln, weil ich mir überlegt habe, lieber Getreide zu produzieren.
Wenn du dich an diese Programme bindest, hast du praktisch keine unternehmerische Freiheit mehr und bist finanziell auf Gedeih und Verderb abhängig.
Das als die große Chance für die kleinen Betriebe zu begreifen, fällt mir sehr schwer.
Als wirkliche Chance würde ich es ansehen, wenn die Entwicklung dahin gehen würde, dass ich wieder mit den erzeugten Agrarprodukten so viel Geld einnehmen könnte, dass sich der Betrieb rechnen würde. Und das kann ich mit einer derzeitigen Betriebsstruktur nicht annähernd.
Das können zur Zeit (abgesehen von einigen Nischen) nur sehr intensive Betriebe. Den Rhein entlang gibt es z.B. viele intensive Mastbetriebe, die heute schon für ihre Flächen Pachtzahlungen weit über dem Niveau der EU-Ausgleichszahlungen leisten müssen und können. Die haben also gar nichts von den Argarmitteln (abgesehen von den Prämien für ihre paar ha Eigenland) sondern reichen diese 1 zu 1 an die Verpächter durch. Denen würde wenig passieren, wenn diese Mittel über einen längeren Zeitraum abgeschmolzen würden. Sie würden einfach bei den nächsten Pachtrunden die Pachtpreise absenken müssen. Dafür hängen diese Betriebe zu einem guten Teil von der landwirtschaftlichen Investitionsförderung z.B. für Stallbauten ab, die für Kleinbetriebe kaum relevant ist, weil sie meist die Mindestinvestitionssummen nicht erreichen oder weil der Betriebsleiter bei Nebenerwerbsbetrieben keine offizielle landwirtschafltiche Ausbildung hat (wie in meinem Fall).
Ich bewirtschafte ca. 40 ha Grünland und 3 ha Wald.
13 ha (inkl. Wald) davon sind Eigentumsflächen, der Rest Pachtland.
ca. 30 ha des Grünlandes bewirtschafte ich mit staatlichen Kulturlandschaftspflege-Verträgen. Knapp 10 sind privatwirtschaftlich finanzierte Kulturlandschaftspflege. Das anfallende Gras wird durch Mutterkühe verwertet.
Der "Trick" bei der Sache ist, die Bewirtschaftungskosten so weit zu drücken, dass von den Mitteln aus der Landschaftspflege noch etwas übrig bleibt als Gewinn. Die erzeugten Rinder würden nicht mal annähernd die Kosten decken.
Eine große Hilfe für mich und andere Betriebe dieser Größe und Ausrichtung wäre es, wenn die bürokatischen Auflagen für die eigene Schlachtung, Verarbeitung und Vermarktung der Erzeugnisse deutlich reduziert würden. Es ist für mich z.B. völlig unwirtschaftlich einen eigenen Zerlegeraum nach EU-Vorschriften einzurichten, von einer eigenen Schlachtstätte ganz zu schweigen. Könnte, wie es früher üblich war, aus einfacher Hausschlachtung Produkte verkaufen, könnte ich meine Einnahmen für die erzeugten Produkte mindestens verdoppeln (damit wäre natürlich auch mehr Arbeit verbunden).
Und ich keine einen Menge Leute, die gerne solche Produkte aus einer normalen Hausschlachtung (ganz ohne den EU-Schlacht-Hygienekram) kaufen würden.
Die Eurokraten sind aber der Meinung, dass die Verbraucher derart dumm und unselbständig sind, dass sie nicht selber entscheiden dürfen, welche Produktions- und Hygienestandards die von Ihnen gekauften Produkte zu erfüllen haben.
Dabei wäre gerade diese kleinbäuerliche Erzeugung völlig transparent. Die Kunden könnten sich ja selber ansehen, was und wo mit ihren Lebensmitteln bei mir auf dem Hof passiert.
Und wer unbedingt seine Lebensmittel nach Eurokratenstandards erzeugt haben will, der kann doch jederzeit solche Lebensmittel kaufen. Niemand zwingt einen Verbraucher, sich mit mir auf dem Hof einzudecken. Es gibt im Nachbarort 3 Discounter und Edeka baut auch gerade wieder einen gigantischen Markt. Dann sind es 4 auf einem Haufen, die alle wunderbare EU-Ware verkaufen würden, auch wenn ich diese Standards nicht einhalten müsste.
Das wäre die einzige wirkliche Zukunftsperspektive für die Kleinbetriebe: Sie müssten wieder von dem Leben können, was sie produzieren.
Und die ständig neuen staatlichen Auflagen erreichen genau das Gegenteil. Die Betriebe rutschen immer tiefer in die Abhängigkeit vom Staat und dem Goodwill irgendwelcher Naturschutzorganisationen, etwas in kleinen Mengen zu produzieren wird immer unwirtschaftlicher und das Produzierte selber zu vermarkten wird ebenfalls immer unwirtschaftlicher.