Darf man das?

Rati
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Re: Darf man das?

#71

Beitrag von Rati » Mi 23. Nov 2011, 13:47

Frau Hollerbusch hat geschrieben:
Rati hat geschrieben: oder wie bei uns auch schon mal die Kunden oder der Rabbi zur Kontrolle kommen
Stellt Ihr koschere Lebensmittel her? :pop: Das find ich ja mal spannend...
Ja, genauer gesagt Zusatzstoffe, noch genauer Kulturen für alles mögliche (Käse, Jogurt, Silage, Wurst, ectera ecetera)

Bei uns - und auch in vielen anderen Lebensmittelzweigen- wird prinzipiell nach kosher (und Halal) Bedingungen produziert, auch wenn das Produkt gar nicht für den entsprechenden Markt bestimmt ist.

Der Grund ist, das die gesamte Anlage ja einen kosher Status bekommt und zwar vom Rabbi. Produzierst du zwischendurch aber unkosher, wird auch die gesamte Anlage unkosher. Dann müßte erst wieder der Rabbi seinen Segen geben und das ist verdammt teuer.
Also immer kosher. Das betrifft auch die Rohstoffe. Alles muß kosher sein, also arbeiten auch all unsere Liferanten und viele der Kunden nur kosher.
So läufts in der Industrie. :aeh:

Grüße Rati
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Knurrhuhn

Re: Darf man das?

#72

Beitrag von Knurrhuhn » Mi 23. Nov 2011, 14:55

Danke für Deine Erläuterungen Rati, das wußte ich gar nicht, daß das allgemein so gehandhabt wird in der LM-Industrie.
Wow, wenn ich da mal so lese .... die verwenden sogar in den Haushalten unterschiedliches Geschirr für Fleisch- und Milchspeisen. :eek: Das wird doch gespült.

Also, von mir aus kann ja jeder machen was er will.
Ich für meinen Teil bin aber froh, konfessionslos zu sein und mich nicht irgendwelchen glaubensmäßigen Dogmen unterwerfen zu müssen. Werde auch nie verstehen, warum Menschen das machen, aber mei - wenn's schee mocht. :holy:

Was ich aber auch nie verstanden habe ist, warum ich meine Bio-Ware nicht als solche verkaufen durfte. Selbst wenn alle Zutaten aus biol. Anbau kommen, darf man ohne Zertifikat nicht "Bio" draufschreiben. :roll:

Rati
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Re: Darf man das?

#73

Beitrag von Rati » Mi 23. Nov 2011, 16:37

Frau Hollerbusch hat geschrieben:Was ich aber auch nie verstanden habe ist, warum ich meine Bio-Ware nicht als solche verkaufen durfte. Selbst wenn alle Zutaten aus biol. Anbau kommen, darf man ohne Zertifikat nicht "Bio" draufschreiben.
weil du halt alles was als Vorraussetzung für die verwendung dieses - geschützen - Qualitätsmerkmales nach ganz bestimmten Regularien nachweisen und regelmäßig kontrollieren lassen must. :aeh:
Ich kenne Ziegenhalter die das Siegel wieder abgegeben haben weil sie sich die Kosten dafür nicht mehr erlauben konnten.
Bio produzieren die immer noch qualitativ, aber ohne Nachweis kein Siegel. Schlecht für solche wie die oder dich, aber relativ gut um Betrug ein zu dämmen.

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Shura
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Re: Darf man das?

#74

Beitrag von Shura » Mi 23. Nov 2011, 17:21

Soweit ich weiß - Frau Hollerbusch - darfst du aber Bioprodukte weiterverarbeiten, also z.B. Bioessig oder Bioschnaps veredeln. Und das "darfst" du natürlich auf dein vorgeschriebenes Etikett schreiben. Entsprechend kannst du dann auch deinen Preis kalkulieren.

Außerdem: gut Ware ob nun direkt Bio oder einfach gutes Handwerk kommt bei den entsprechenden Kunden immer an.

Wir hatten dieses Jahr den Fall, daß ein Koch von einem "Edelpartyservice" unsere eingelegten grünen Walnüsse probierte und sagte: "Wieso kaufe ich die eigentlich überteuert beim Gastroservice XY... eure sind viel besser!"

Das eigentliche Problem sind die geiz... äh - sparsamen Deutschen. In Deutschland ist die Mehrheit nicht bereit für gute Lebensmittel [Mittel zum Leben] entsprechend zu zahlen. Oder es wird ein Schicki Micki Theater um ne vergoldete Bratwurst gemacht und überteuert in der besseren Pommesbude gespeist.
Nur so kommt es, daß bei Feinkost Albrecht das Kilo magersüchtiger Broiler für 2 € verkauft wird/werden kann.
Unkraut ist für alle da ;)

Knurrhuhn

Re: Darf man das?

#75

Beitrag von Knurrhuhn » Mi 23. Nov 2011, 18:11

Hallo Shura,

das Thema ist inzwischen eh obsolet, da ich das Gewerbe ja aufgeben mußte (nicht wg. Verstoß gegen ein Gesetz sondern aus privaten Gründen! ;) )

Ich habe bei meinen Produkten auch immer "Bio"- mit draufgeschrieben, aber nur bei der Inhaltsangabe. Das ist erlaubt, nur darf z.B. ein Apfelgelee nicht unter dem Handelsnamen "Bio-Apfelgelee" verkauft werden, sondern nur unter der Bezeichnung "Apfelgelee".
Habe den Kunden natürlich auch gesagt, daß da Bioprodukte verwurstet wurden, das darf man ja auch.

Ein Bekannter von mir ist Metzger und stellt inzwischen seine Wurst aus Wild auch nach Bio-Standards her und orientiert sich da an den zugelassenen Hilfsmitteln einer Öko-Verordnung. Trotzdem darf er das auch nicht so deklarieren sondern nur sagen, daß seine Produkte eben diese "guten" Stoffe gemäß Öko-Vorschrift enthalten und nix "schlimmes" drin ist.

Die kleinen Betriebe (siehe Beispiel des Ziegenhofs) sind wegen der hohen Kosten und des Aufwands für so ein Siegel echt die gear***ten, das find ich immer so gemein an diesen Vorschriften. :sauenr_1:
Natürlich soll der Verbraucher geschützt werden, aber wie man an immer wieder auftauchenden Lebensmittelskandalen sieht, wird auch unter einem Öko-Siegel Beschiss fabriziert. Am Ende weiß man doch nur was man wirklich bekommt, wenn man den Betrieb von dem man kauft wirklich selber kennenlernt.

Ich sehe es aber auch wie Du: mit der Zeit setzt sich Qualität schon durch und es spricht sich rum, wer gute Ware anbietet. Hat sich erst mal ein Kundenstamm aufgebaut ist es fast egal, ob dann noch das Bio- vor dem Produktnamen steht oder nicht.

mahalaxmi

Re: Darf man das?

#76

Beitrag von mahalaxmi » Fr 25. Nov 2011, 19:36

Wenn es falsch sein soll, die Nahrung, die einem privaten S.V.ler in kleinem Rahmen im Überschuß geschenkt wird durch seine zwei Hände voll Erde, NICHT zu "realistischen" d.h. kommerziellen Preisen zu verkaufen
- wobei ein großer Teil natürlich nicht wegginge und verdürbe - ,
sondern zu symbolisch niedrigen, damit das Geschenk Gaias eben nicht verdirbt, sondern gegessen wird
und damit auf diese Weise auch Andere und nicht nur ich wenigstens MAL Nahrung essen, an der das üble Karma der Großwirtschaft und des Geldverkehrs nicht oder doch nur symbolisch (1 euro) klebt...
ja zum Deibel, ws is denn dann richtig???
Garnix!

Bzw., wenn wir S.V.ler unsere Produkte verderben lassen sollen, damit die aaarmen Biogärtner, Imker und so fort keine "konkurrenz" kriegen, dann können wir auch alle gleich unsere schönen Permakulturen unterpflügen, Rasen säen und uns in allem dem unwissenden bürgerlichen Mainstream angleichen.

Wer so argumentiert, versteht nicht, warum ich meinen kleinen Nahrungs-Überschuß weitergebe - aus Respekt vor dem Planeten, der ihn wachsen ließ und zwar für uns Menschen - ; und er/sie denkt oberflächlich, denn er/sie nimmt die derzeit modischen Konkurrenzspiele, welche bloß der Mensch erfunden hat, wichtiger als eine zeitlose Wahrheit, welche lautet: achtet die Nahrung, welche der Planet euch gibt, laßt sie nicht verderben und gebt euern Überfluß weiter. Handelt man dieser Wahrheit zuwider, ruft man via Karmagesetz Hungersnot herbei!

Im Buch "Vom Mythos des Hungers" (engl. Orig.: Food First) von . collins und F. Moore-Lappé aus den 1970ern, dem Besten, was ich je über die Themen Hunger und S.V. gelesen habe, wird ein Wirtschaftssystem gefordert, in dem - von mir kurz zusammengefaßt -

Handel Ergänzung der Selbstversorgung,
Geldwirtschaft Ergänzung von Tauschen und Schenken
und Industrie Ergänzung des Handwerks
sein sollte.

Nicht umgekehrt, wie es heute überall ist!

Mein Vorgehen folgt exakt Collins /Lappé. Die Argumente meiner gegner auf diesem Thread hingegen haben keinen wissenschaftlichen Background. Aus ihnen spricht eher eine Furcht vor eingebildeten Dingen.
Ich - und die 10.000 mir Ähnlichen in D und A - sollen Konkurrenz für die Profi-Biobauern sein?
Wir - ein Problem für die Qualität der Nahrung, bloß weil wir als Nicht-Gewerbler den Vorschriftendschungel ignorieren (der längst ausgemistet gehört)?

:haha:

Sabi(e)ne
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Re: Darf man das?

#77

Beitrag von Sabi(e)ne » Fr 25. Nov 2011, 20:07

Hallo, mahalakschmi,
lesen hätte geholfen:
Sabi(e)ne hat geschrieben: Wer was verkauft, sollte "normale" Preise nehmen, oder seine Produkte gleich verschenken, das ist dann ehrlicher.
(oder tauschen, nach Materialwert und Arbeitszeitaufwand).
....
Wer was Gutes tun will, verschenke - wer die Vielfalt der Verkäufer und des Angebots erhalten möchte, kaufe lokal und verkaufe selbst nicht billiger.
Laut Gesetz sind deine Gründe völlig nebensächlich - du "bringst in Verkehr" und hast dich dran zu halten, was Vorschrift ist, sobald du irgendwas abgibst.
Ich hab das nicht erfunden, und hätte einerseits auch gern weniger Vorschriften, sehe aber andererseits dann nur noch mehr Lebensmittelskandale kommen - siehe Ratis Beiträge. Lebensmittelsicherheit ist nicht einfach oder billig zu bekommen, irgendjemand neutrales muß ja die Kontrollen machen und bezahlt werden...
Infrastruktur ist teuer, und beinhaltet auch so Dinge wie Schulen, Kindergärten, Bibliotheken, Museen, Parks - auch da gehen unsere Steuern hin.
Ganz zu schweigen von ordentlichen Straßen und einigermaßen Sicherheit auf denen.

Wer unser System so absolut sch*** findet, ist ja frei, sich ein anderes Land zu suchen, mit weniger Vorschriften... :pfeif:
Aber die meisten kommen spätestens zurück, wenn sie feststellen, daß medizinische Versorgung hier doch besser ist, und das Risiko, für 5€ erschossen zu werden, hier auch deutlich geringer ist. Spätestens als Rentner mit wenig Geld kommt die Erkenntnis, daß sogar sterben im Altersheim in D angenehmer sein kann, als einfach in Kalkutta oder Mexico City auf dem Gehweg an Blinddarmdurchbruch oder ähnlichen Bagatellen zu verrecken.
Mit 20 sieht man das bestimmt noch nicht so, aber so ab 50 wird es einem schon deutlicher... :mrgreen:
Wenn es falsch sein soll, die Nahrung, die einem privaten S.V.ler in kleinem Rahmen im Überschuß geschenkt wird durch seine zwei Hände voll Erde, NICHT zu "realistischen" d.h. kommerziellen Preisen zu verkaufen- wobei ein großer Teil natürlich nicht wegginge und verdürbe - ,
Der letzte Halbsatz ist bermerkenswert - warum baust du mehr an und erntest mehr, als du brauchst?
Das ist doch völlig unsinnig angesichts deiner sonstigen Einstellung.
Außerdem möchte ich zu bedenken geben, was für uns Verderb ist, ist für andere Lebewesen beste Nahrung - es ist alles Kreislauf.
I love life. And it loves me right back.
And resistance is fertile. :-)

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Re: Darf man das?

#78

Beitrag von kraut_ruebe » Fr 25. Nov 2011, 20:18

mahalaxmi hat geschrieben:
Bzw., wenn wir S.V.ler unsere Produkte verderben lassen sollen, damit die aaarmen Biogärtner, Imker und so fort keine "konkurrenz" kriegen, dann können wir auch alle gleich unsere schönen Permakulturen unterpflügen, Rasen säen und uns in allem dem unwissenden bürgerlichen Mainstream angleichen.

Wer so argumentiert, versteht nicht, warum ich meinen kleinen Nahrungs-Überschuß weitergebe -

...
doch, das haben wir schon verstanden. bei dir zuhaus wills keiner essen, also müssen andere herhalten :pft:
There's a crack in everything. That's how the light gets in.

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Re: Darf man das?

#79

Beitrag von guenther » Fr 25. Nov 2011, 20:52

also was jetzt?
freier markt oder price-fixing.
wenn sich eine gruppe, sei es jetzt imker oder bio-bauern untereinander die preise aufeinander abstimmen, das ist doch illegal.
ist zumindest bei den supermaerkten oder bei den strom und gas lieferanten so.
vielleicht aber nur hier in england.
wenn ich mal was ueberschuessig hab ( zb.rhabarber, kohl,eier,junge gemuesepflanzen), und auf den flohmarkt geh(car-boot-sale), wird notfalls alles verschleudert, damit ich nix mehr zurueck nach hause bringe. (illegal-sch...egal :lol: )

halt immer mal einen vorsichtigen blick ueber die schulter, wegen der bio-bauern-imker-mafia :haha: :haha:

lg. guenther

Knurrhuhn

Re: Darf man das?

#80

Beitrag von Knurrhuhn » Fr 25. Nov 2011, 21:33

Maha,

ich weiß ja nicht was Du arbeitest. Aber Du arbeitest doch sicher auch um Geld zu verdienen und hältst Dich an bestimmte Regeln, die für Deinen Beruf gelten? Fändest Du es da ok, wenn andere Deinen Job machen zum Selbstkostenpreis oder für lau, und sich um nichts scheren?

In dem Umfang wie Du es betreibst ist ja auch nicht wirklich volkswirtschaftlicher Schaden zu befürchten. Aber so wie manche das machen kann es doch wohl nicht angehen - entweder, alle halten sich an etwas, oder keiner. Dies mal aus rein wirtschaftlichem Aspekt und unserem Geldsystem heraus betrachtet, bzw. aus Sicht eines Unternehmers, der hohen Aufwand betreibt und somit auch seine Energie und Geld allein da rein investiert, daß er überhaupt was verkaufen kann bzw. darf und sein Laden nicht dicht gemacht wird. (Hier kostet eine Reisegewerbekarte schon 360 Euro ... die muß man erst mal wieder reinbekommen an Gewinn! :nudel: )

Natürlich kann ich Dein Argument auch verstehen, denn wie alles im Leben hat auch dieses Thema zwei Seiten.
Im Grunde ist auch SV, Tauschkreise, Weiterverschenken usw. "wirtschaftsschädigend", klar. Auch nachbar- oder freundschaftliche Hilfe ist das.
Ich weiß grad nicht ob es nur ein entweder/oder geben kann, oder ebenso ein sowohl-als-auch .....
Es ist eine schwierige Frage, über die man endlos diskutieren könnte. Wenn man mag. Ich mag nicht. Denn mir ist das einfach zu komplex, und lösen wird man's eh nicht können. :ohm:

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