utebo hat geschrieben:Wie kann das sein?
Brot und Spiele. So lange sie das haben, ist die Welt doch für sie in Ordnung.
Gut, ist vielleicht jetzt bißchen sehr verallgemeinert .... aber man schaue sich doch nur mal um an solchen Tagen wie letztem Sonntag, als da jemand von den im-Rennauto-im-Kreis-Rumrasern "Weltmeister" wurde. Da gehen die ab wie nurwas, freuen sich mehr als ich, wenn ich einen Schwarm Kraniche auf ihrem Zug nach Süden entdecke (und ich freu mich wirklich wahnsinnig wenn ich das sehe und dies typische Getröte höre!).
Und dann, was ich am schlimmsten finde, ist das große Problem, daß sich der Mensch immer weiter von der Natur entfernt. Baumarktpflanzen sind "schön", alles andere was da wild wächst ist "Unkraut". Der eigene Rassefiffi wird gehätschelt und getätschelt, aber wenn auf der Straße ein Igel plattgefahren wird hat der halt Pech gehabt - was hat der auch da zu suchen, und wieso sollte man denn langsam fahren?! Schließlich bezahlt man ja Steuern dafür, daß man rumrasen darf!
Vögel im Garten zwitschern hören und sich daran freuen? So was albernes, kitschiges - wozu hat man seine Stereoanlage die man bis zum Anschlag aufdrehen kann für seinen Techno oder Rap.
Sich an Bäumen oder einem lebendigen Wald erfreuen?! Höchstens um dort "Party" zu machen oder mit dem Quad durchzuheizen. Da leben Tiere? Welche? Und überhaupt: mir doch egal, mir ist nur mein Spaßfaktor wichtig und nichts anderes.
Mein Haus, mein Auto, mein wasweißich .... materielles Denken über alles, und wo unsere Generation noch einen Bezug zu dem Leben "da draußen" hatte, so ist diese nächste doch gar nicht mehr damit in Berührung gekommen und schon in diesem Konsumwahn großgeworden. Woher sollen sie es also haben, eine Liebe zur Natur oder Achtung vor der Schöpfung? Ich hab's von meinem Vater noch vermittelt bekommen - aber ich kenne keinen meiner Generation, der dies seinen Kindern nahegebracht hätte.
Ich weiß, es gibt auch noch andere, die nicht so drauf sind, und ich freue mich über jeden Einzelnen von ihnen! Aber ich sehe es ähnlich wie Dagmar und hab die Hoffnung aufgegeben... und komme mir mit meinem oft schlechten Gewissen weil ich noch nicht "perfekt bin" und meinen Bemühungen und Gedanken oft lächerlich vor, und frage mich manchmal was das eigentlich alles soll und wofür ich Pläne mache auf Bequemlichkeiten zu verzichten der Umwelt zuliebe.
Manchmal möchte ich diese ganzen Gedanken am liebsten ausknipsen, mir auch eine scheißegal-Haltung zulegen und hoffen, daß es mir damit besser geht und ich ein einfacheres Leben habe.
Aber dann wird mir bewußt, daß ich das nicht kann, daß ich niemals so eine gleichgültige, oberflächliche nach-mir-die-Sintflut Einstellung haben werde.
Am schlimmsten für mich ist, daß ich nicht die Wahl habe, woanders hinzugehen. Weil die Welt, wie sie ist, überall so ist. Es gibt so gut wie keine Nischen mehr, in die man sich noch verkrümeln könnte. Und so kann ich auch nur versuchen eine kleine Oase zu finden in die ich mich zurückziehen kann, und dort mein Leben zu leben wie ich es für richtig halte. Und wenn es nur 1.000 Quadratmeter sind, die ich der Natur zur freien Verfügung zurückgeben kann, dann freu ich mich halt über diese lächerlichen paar Quadratmeter!
Wie schrieb mal jemand in seiner Signatur? Nimm das Leben nicht so ernst - es ist ja nicht für immer! Das ist wahr, und es ist mir oft ein richtiger Trost!