Immer schneller und immer schlechter

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Theo
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Immer schneller und immer schlechter

#1

Beitrag von Theo » Mo 3. Jan 2011, 15:12

"Alles, was wir machen, geschieht neuerdings im Turbogang: Wir wollen, dass unsere Kinder nach acht Jahren das Gymnasium hinter sich haben, dass sie in drei Jahren das BA-Studium beenden können. Wir wollen möglichst schnell und effizient arbeiten, um in der Freizeit möglichst viele Angebote zur Zerstreuung wahrnehmen zu können."
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Rabe
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Re: Immer schneller und immer schlechter

#2

Beitrag von Rabe » Mo 3. Jan 2011, 15:26

Theo hat geschrieben:"Alles, was wir machen, geschieht neuerdings im Turbogang: Wir wollen, dass unsere Kinder nach acht Jahren das Gymnasium hinter sich haben, dass sie in drei Jahren das BA-Studium beenden können. Wir wollen möglichst schnell und effizient arbeiten, um in der Freizeit möglichst viele Angebote zur Zerstreuung wahrnehmen zu können."
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Grunling

Re: Immer schneller und immer schlechter

#3

Beitrag von Grunling » Mo 3. Jan 2011, 16:54

Zur Sendung...
http://swrmediathek.de/tvshow.htm?show= ... 26b975f2e6

Meine Erfahrung.
Im Bachelor nach Regelstudienzeit bei den Ingenieuren und Co sind 30 Semesterwochenstunden Durchschnitt. Das ist 90% reine Vorlesungszeit. Dazu kommen je nach Fach und Begabung nochmal 10-40 Stunden. Je nach Fall kann man noch die Arbeitszeit für Studiengebühren und/oder Lebensunterhalt addieren. Motivierte kommen so auf 100+ Stunden.
Das macht aber kaum jemand lange mit. Also wendet man das komplette Abi-Wissen an: Mogeln und selektives Lernen. So kann man das Studium dann teilweise bis 20 Arbeitsstunden stutzen. So werden Dummschwätzer mit guten Noten geschaffen. Und Genau diese Studis stolzieren dann in Krawatte vor die Presse und erzählen was vom Erfolg des Bachelors...
Im Gegenzug wird der Druck auf die Studis weiter von den Universitäten erhöht, um sich selber als Elite zu profilieren und Drittgelder zu schöpfen....:motz:

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si001
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Re: Immer schneller und immer schlechter

#4

Beitrag von si001 » Mo 3. Jan 2011, 17:10

Naja, Turbo(lehr)gänge gab es vor 30 Jahren auch: Ich habe nach 10 Jahren meinen Schulabschluss gemacht, dann in 3 Jahren Abi+Berufsausbildung und dann in 9 Semenstern meinen Dipl.Ing. Mit 24 1/2 Jahren war ich damit fertig.
Ich will nicht behaupten, dass meine Ausbildung schlechter ist. Beim Abi habe ich die zentralen Prüfungen durchlaufen. Da gab es für "Turboschüler" keine Sonderregelung. Das Studium war wesentlich effizienter, als ich es an den Uni-Studenten jetzt sehe. Wir bekamen ein (kleines) Stipendium und brauchten uns deshalb nicht um einen Job kömmern. Vorlesungszeit war täglich von 7.30 - 15.30 Uhr. Außer der Mittagspause waren da keine Hohlstunden. Damit es uns am Abend nicht langweilig wurde, hatten wir immer studenbegleitende Belege zu machen. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich an Weihnachten im erste Semester meine Pläne am Esstisch meiner Eltern mit Tusche gezeichnet habe. (Tusche- kennt das noch einer ??)

Ach ja, nach der "Wende" habe ich im "Westen" angefangen zu arbeiten und stand meinen Kollegen nicht nach. Einige meiner Mitmenschen mussten da erkennen, dass ein "Ossi" auch was kann. :pfeif:


Meine Tochter ist jetzt 17, ab Herbst wird sie dann die "Turbo-Ausbildung" - ein 3-jähriges BA-Studium machen. Sie hat seit August einen Arbeitgeber. Das BA-Studium ist ein duales Studium. Es vereint Studium und Praxis. Sie wird ein Gehalt bekommen, das es ihr ermöglicht, Studiengebühren, Lebensunterhalt und Wohnung zu finanzieren. Der Arbeitgeber wird schon aufpassen, dass die Ausbildung an der BA vernünftig ist - schließlich zahlt er dafür.
Mit Sicherheit ist diese Art Ausbildung kein Kindergeburtstag. Es gibt z.B. keine Semesterferien, sondern 25 Tage Urlaub. Die eingesparte Ferienzeit ist auch Zeit, die diese Turbostudenten für ihre Ausbildung nutzen.

Also: Vorurteile gab es früher und gibt es heute. Man muss sich aber genau mit dem Thema befassen, um zu sehen, das es keine Ausbildung 2. Klasse ist, nur weil die Ausbildungszeit kürzer ist.
So werden Dummschwätzer mit guten Noten geschaffen. Und Genau diese Studis stolzieren dann in Krawatte vor die Presse und erzählen was vom Erfolg des Bachelors...
Ich glaube nicht, dass man alle über eine Kamm scheren kann. Diese Behaupting macht mich stinksauer! :sauenr_1:
--------

Das Thema "Bachelor löst Dipl-Ing." ab möchte ich in diesem Zusammenhang nicht diskutieren.
Liebe Grüße, si001!
-----------------------
www.miteigenenhaenden.de

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Re: Immer schneller und immer schlechter

#5

Beitrag von Landfrau » Mo 3. Jan 2011, 19:09

Ich schon ;-), nachdem ich einige Male als Gutachterin in Akkreditierungsgremien solcher Studiengänge tätig war.

Armes Deutschland, muss man dazu sagen.

Mit einem BAchelor in einem Ing - Studiengang ist niemand berufstauglich, nicht mal ansatzweise.

Faktisch entspricht es etwa dem alten Grundstudium und der eine oder andre wird sich dran erinnern, dass es zu einem Gutteil aus Stoff bestand, dan man aus dem Gym hätte mitbringen sollen. Schlicht und ergreifend nat-wissenschaftliche Basics plus etwas mehr Mechanik, Thermodynamik etc.
Ich hab da allen Ernstes das Ohmsche Gesetz und die Polynomdivision wiedergetroffen!

Wer nun mit so einem aufgefrischten Schulstoff als BAchelor - Ing ins Berufsleben will, der und sein Arbbeitgeber haben die A***karte.

Das kieferrunterklappendste, was mir das je begegnet ist in einer Anhörung war ein zartes Mädel, im O-Ton etwa so: "Ja, nach dem Abi hab ich erstmal ein Jahr Au-Pair gemacht in Amerika und danach wollte ich studieren, ich dachte, vielleicht etwas Technisches oder so. Und für diese Hochschule habe ich mich entschieden, weil ich hier keine Berufsausbildung und kein Praktikum brauchte....."

Arrrrgh - nach ein paar Bachelorsemestern mit SChulwiederholungsstoff läuft so ein Persönchen dann als Ing durch die Gegend! Hat in ihrem Leben noch keine verölten Lappen in der Hand gehabt, keinen Technikraum von innen gesehen.

Die Vorturner dieses Studiengangs wollte übrigens erzielen, dass ihre Absolventen als "of Science" nicht etwa "of Engineering" rausgingen. ich fand das schaurig, waren es doch Gebäudetechniker und angehende Schiffsoffiziere, also absolut keine Wolkenkuckucksheimbewohner, die sie ausbildeten.

*grins* und darf mir hier ausnahmsweise mal in vollem Ernst auf die SCHulter klopfen, mit dem Einwurf, wir könnten und sollten stolz darauf sein, Ingenieure zu haben und sie auch so zu nennen, die noch ihren Hintern vom Schreibtisch wegbewegen könnten um im Keller und eine Heizungspumpe zu wechseln, damit waren die ANtragsteller dazu zu bewegen, das alberne "of Science" fallenzulassen. Sie machen nun doch Ings. wenn auch keine Dípls mehr.

Na gut. Ich hab da mal viel Energie reingesteckt und finde es höchst bedauerlich, dass auch der Dipl-Ing made in Germany irgendeiner Globalisierung, Mainstreamisierung, z dt Gleichmacherei zum Opfer gefallen ist.

Landfrau, Dipl.

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Re: Immer schneller und immer schlechter

#6

Beitrag von Olaf » Mo 3. Jan 2011, 19:46

Der Zustand unseres Bildungssystem hat mich wesentlich beeinflußt, über eine zumindest partielle Selbstversorgung nachzudenken. DIe Vorstellung, dass "die" mal unsere Rente verdienen (oder als Ingenieure überspitzt "die Welt retten") sollen, ängstigt mich mehr als jede peak oil.
Und das meine ich nicht ironisch...
Olaf

Frage OT: Welches Geschlecht hat peak oil im Deutschen?
Eigentlich bin ich ein netter Kerl.
Wenn ich Freunde hätte, könnten die das bestätigen.

Landfrau

Re: Immer schneller und immer schlechter

#7

Beitrag von Landfrau » Mo 3. Jan 2011, 19:53

Was heißt das überhaupt auf deutsch???

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Re: Immer schneller und immer schlechter

#8

Beitrag von Olaf » Mo 3. Jan 2011, 20:00

na ich halte ohne Nachzugucken Peak für (die) Spitze, so in der Kurvendiskussion: Umkehrpunkt. Deswegen hab ich das jetzt auch wbl. gemacht....
Eigentlich bin ich ein netter Kerl.
Wenn ich Freunde hätte, könnten die das bestätigen.

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Theo
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Re: Immer schneller und immer schlechter

#9

Beitrag von Theo » Mo 3. Jan 2011, 20:24

Olaf hat geschrieben:na ich halte ohne Nachzugucken Peak für (die) Spitze, so in der Kurvendiskussion: Umkehrpunkt. Deswegen hab ich das jetzt auch wbl. gemacht....
???
Was heißt "wbl."?
Gruß
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Re: Immer schneller und immer schlechter

#10

Beitrag von Grunling » Mo 3. Jan 2011, 21:05

Ich glaube nicht, dass man alle über eine Kamm scheren kann. Diese Behaupting macht mich stinksauer! :sauenr_1:
Das ist keine Behauptung, sondern meine Erfahrung. Siehe Überschrift.

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