Freund der glücklichen Indianer

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Theo
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Freund der glücklichen Indianer

#1

Beitrag von Theo » Sa 1. Jan 2011, 22:57

"Everett beschreibt die Pirahs als ein Volk, das vollständig in der Gegenwart lebt. Für sie existiere nur, was in ihrem unmittelbaren Erfahrungsbereich liege. Zukunftssorgen kennten sie deshalb ebenso wenig wie Reue über vergangene Ereignisse."
Daniel Everett
Gruß
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Thomas/V.
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Re: Freund der glücklichen Indianer

#2

Beitrag von Thomas/V. » Sa 1. Jan 2011, 23:10

den Artikel hatte ich auch schon mal gelesen
was mich besonders beeindruckt hat: sie brauchen keinen "Gott", um glücklich zu sein, sie leben im Hier und Jetzt

womöglich ist das das Geheimnis? brauchen nur auf irgendeine Art und Weise unglückliche Menschen einen?
Lassen sie mich durch, mein Bruder ist Arzt!

Benutzer 72 gelöscht

Re: Freund der glücklichen Indianer

#3

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » So 2. Jan 2011, 10:48

hallo!

Danke fürs Einstellen!
Relativsätze liefen ihrem grundlegenden Lebensprinzip der unmittelbaren Erfahrung zuwider, meint Everett.
In der Kindererziehung soll es keine "um zu"s geben....
Ob das auch damit zu tun hat?

"Ich bade mein Baby, um es früh ans Wasser zu gewöhnen, damit es später nicht wasserscheu wird" - nein! es soll heißen: "Mein Baby hat Spass am Baden - hier und jetzt. Deshalb bade ich es. Es weint, wenn ich es plötzlich ins kalte Wasser gebe - hier und jetzt. Deshalb tu ich das nicht"

Mir ist nur aufgefallen, dass schon wieder mal "Gott" mit dem allmächtigen Ein-Gott des Buchglaubens gleichgesetzt wird :roll:

Ich denke nicht, dass diese Menschen Atheisten sind - im Gegenteil: sie kommunizieren jeden Tag mit "Gott".
Nur heißt der halt nicht "Jesus" und hat vor 2000 Jahren gelebt und wird auch nicht "wiederkommen", um uns alle zu retten oder zu bestrafen.
Sie nennen ihn auch nicht so :im:

"Großes Geheimnis" - ich dachte ... :hmm:
öh, ich nannte das immer "Pantheismus"
Atheismus ist was ganz anderes - das setzt nämlich voraus, dass man einen Gottesbegriff hat, den man ablehnen kann. Wenn alles und jeder Gott ist - ??

Ich glaube, sie haben keine "ismen" - gar keine!!
Der Autor sagt, dass er Atheist geworden ist - aber er sagt auch, dass er niemals so wie sie sein wird - na klar, solange er in "ismen" lebt :mama:

Ich hab definitiv keine Angst vorm Tod - wird ein weiteres spannendes Erlebnis auf meinem Weg sein - aber wieso um alles in der Welt sollte ich davor Angst haben??
Und ich bin definitiv kein Atheist. Für mich gibt es Gott - korrigiere: Götter.
Aber sie sind nicht alles bestimmend für mich und sicher keine alten Männer mit Bart und Buch :aeh:

liebe Grüße!

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kraut_ruebe
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Re: Freund der glücklichen Indianer

#4

Beitrag von kraut_ruebe » So 2. Jan 2011, 11:21

ich hätte da mal eine bitte, insbesondere an ina maka:

wär das möglich, diese gott/religion-diskussion auf einen einzigen strang zu beschränken?

das wär allen anderen gegenüber, die nicht am ständigen zweifeln und suchen sind sehr zuvorkommend.

danke.
There's a crack in everything. That's how the light gets in.

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Theo
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Re: Freund der glücklichen Indianer

#5

Beitrag von Theo » So 2. Jan 2011, 11:39

kraut_ruebe hat geschrieben:wär das möglich, diese gott/religion-diskussion auf einen einzigen strang zu beschränken?
Vielleicht grundlegender als das Thema Götter ist das Verhältnis zur Zeit:
"Zukunftssorgen kennten sie deshalb ebenso wenig wie Reue über vergangene Ereignisse."
Dabei ist es doch gerade das, was den Menschen vom Tier unterscheidet:
"...wie der Blick auf Vergangenheit und Zukunft überhaupt den Menschen vom Tier unterscheidet, mag auch die Vergangenheit Vorwürfe und die Zukunft Sorgen mit sich führen, wovon das Tier nichts weiß." (Griechische Kulturgeschichte)
Und ohne dieses Bewußtsein braucht man auch keinen Gott.
Vielleicht könnte man ja sagen, dass Tiere, die keine Relativsätze kennen, keine Menschen im engeren Sinn sind :mrgreen:
Womit natürlich nicht gesagt ist, dass sie nicht zufrieden sein könnten; das ist die Kuh auf der Weide ja auch.
Gruß
Theo

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Benutzer 72 gelöscht

Re: Freund der glücklichen Indianer

#6

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » So 2. Jan 2011, 11:45

hallo!
kraut_ruebe hat geschrieben:ich hätte da mal eine bitte, insbesondere an ina maka:

wär das möglich, diese gott/religion-diskussion auf einen einzigen strang zu beschränken?

das wär allen anderen gegenüber, die nicht am ständigen zweifeln und suchen sind sehr zuvorkommend.

danke.
:schmoll: :schmoll:

ich hätt mich dran gehalten, wenn nicht Thomas aus diesem Artikel geschlossen hätte, dass nur unglückliche Menschen einen Gott brauchen - ich wollte nur die andere Seite zeigen :im:

nix für ungut!

"Ganz im Hier und Jetzt leben zu können"
das kann ich (und ich empfinde mich auch durchwegs als "glücklich")
Was ich sagen ("erwidern") wollte:

dazu muss man nicht Atheist sein, dazu muss man Kind sein .....

oder Rose :flag:
Die Ros´ist ohn Warum,
Sie blühet, weil sie blühet.
Sie acht´nicht ihrer selbst,
fragt nicht, ob man sie siehet.

Angelus Silesius
Quelle: pdf

liebe Grüße!

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Re: Freund der glücklichen Indianer

#7

Beitrag von Theo » So 2. Jan 2011, 11:47

Muuuhh!
:kuuh:
Gruß
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Re: Freund der glücklichen Indianer

#8

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » So 2. Jan 2011, 11:48

hallo!
Theo hat geschrieben:"Zukunftssorgen kennten sie deshalb ebenso wenig wie Reue über vergangene Ereignisse."
Dabei ist es doch gerade das, was den Menschen vom Tier unterscheidet:
"...wie der Blick auf Vergangenheit und Zukunft überhaupt den Menschen vom Tier unterscheidet, mag auch die Vergangenheit Vorwürfe und die Zukunft Sorgen mit sich führen, wovon das Tier nichts weiß." (Griechische Kulturgeschichte)
Und ohne dieses Bewußtsein braucht man auch keinen Gott.
Vielleicht könnte man ja sagen, dass Tiere, die keine Relativsätze kennen, keine Menschen im engeren Sinn sind :mrgreen:
Womit natürlich nicht gesagt ist, dass sie nicht zufrieden sein könnten; das ist die Kuh auf der Weide ja auch.
wow!!

scharf gedacht - du hast das "missing link" entdeckt, nach dem alle Evolutionstheoretiker schon laaange suchen.... ;)

nimm mir den "Witz" nicht übel - ich denke in Wahrheit, dass du es da richtig erkannt hast, woran es liegt, dass sie glücklich sind! :daumen: :rot:

liebe Grüße!

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Tanja
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Re: Freund der glücklichen Indianer

#9

Beitrag von Tanja » So 2. Jan 2011, 12:01

also manchmal frag ich mich, wie es dann mal mit einer realistischen Einschätzug der eigenen Perspektive und der von anderen zur Urteilsbildung wäre.
Dan Everett ...

... studiert Bibelkunde und Theologie. Als er 26 Jahre alt ist, will er Missionar werden.

1977 geht er zum ersten Mal in den brasilianischen Dschungel, um mit dem Urvolk Pirah zu leben. Seitdem hat er insgesamt acht Jahre bei ihnen verbracht.

Everett ist derzeit Dekan an der Bentley-Universität in der Nähe von Boston. Er ist ...
Mit einem Wisch wird die Wahrnehmung dieses Mannes, die während eines mehrjährigen Erlebens, absolut entgegen seiner eigenen religiösen Grundeinstellung und in Konsequenz sogar mit einschneidenden Folgen für sein ganz persönliches Leben erfolgte, einfach so weggewischt.
Ich denke nicht, dass diese Menschen Atheisten sind - im Gegenteil: sie kommunizieren jeden Tag mit "Gott".
Wenn man doch zumindest selbst auch einige Zeit lang bei den Pirha gelebt hätte...

Da klettert jemand auf einen Berg und oben angekommen ruft er vom Gipel herunter und berichtet, was er von dort aus sehen kann. Am Fuß des Berges wird gelauscht und eine Stimme ist zu hören: "Ich denke nicht, dass er das sieht, was er beschreibt. Im Gegenteil..." :lol:
Tanja

:blah:

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Re: Freund der glücklichen Indianer

#10

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » So 2. Jan 2011, 12:26

hallo!

Ich bewundere diesen Mann, weil er zwar mit Missionierungswillen hingegangen ist, aber trotzdem sich hat bekehren lassen!!

Nein, ich war noch nie bei den Pirha - mich tät brennend interessieren, warum sie keine Angst vor dem Tod haben?
Leider wird darüber in dem Artikel kaum was geschrieben.
Ich kenne Ayahuasca-"Trinker" und Peyote-"Esser" - die sehen was.......

Weiters finde ich diesen Satz bemerkenswert:
Er weiß, dass sie vollkommen anders sind als Menschen wie er und er nicht sein kann wie sie. „Dazu habe ich gar nicht die Fähigkeiten“, sagt er.
Also muss da mehr sein ! oder?
(mehr als der Wechsel vom Buchglauben zum Atheismus, meine ich - obwohl auch das ein bemerkenswerter Schritt ist!)
die Pirah von Gott zu überzeugen. Er konnte keinen einzigen konvertieren. Heute weiß er schon fast nicht mehr, warum er es jemals versucht hat. „Hast du Jesus gesehen?“ fragten sie ihn. Wenn er das verneinte, war die Sache für sie erledigt.
[....]
Auch Everett hat erfahren: „Sie sind viel glücklicher als wir. Sie kennen weder Depressionen noch Essstörungen. Dabei glauben sie nicht an Gott.“
Da ist leider ein Fehlschluss drin - sorry, obwohl ich nicht dort war, bilde ich mir ein, das beurteilen zu können.
Ich kenne ein paar sehr überzeugte "Bibelanhänger" - und für die ist die Idee, dass jemand mit "Gott" wen anderen als den Bibelgott meinen könnte, total unmöglich - wenn ich anfang, mal etwas vom "Großen Geheimnis" zu erzählen, dann wird sofort gekontert "das ist nicht Gott - du glaubst nicht" (was doch bedeutet, sie unterstellen mir, Atheistin zu sein?)
Deshalb muss man alles mit Vorsicht lesen und darf man eben nicht den Hintergrund wegwischen, den der Autor hat (alles, was er sagt, wird davon beeinflußt!! hihihih - da gilt auch für mich)

Vielleicht sind sie einfach nur deshalb so glücklich:
Außerdem sei der Ort „der schönste Platz auf der Welt“, schwärmt Everett.

:kuuh:

liebe Grüße!

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