emil17 hat geschrieben:
1. sind im Sinne der Definition des Begriffs auch Tümpel und Schilfgürtel Biotope, warum sollen die Wasser akkumulieren?
2. funktioniert die Nährstoffspeicherung über ein gewisses Mass hinaus nur in Böden, also nicht in den Pflanzen selbst. Das geht aber nur in gewissen Klimazonen - speichert die Pflanze Nährstoffe und Wasser, wird sie als Futter interessant. Sie muss sich dann verteidigen, was Aufwand bedeutet und weshalb Kakteeen stachlig und so ziemlich alle Zwiebelpflanzen giftig für fast alle Herbivoren sind.
Die Tatsache, dass unsere Böden fast unbegrenzt viele Nährstoffe speichern können, ist Grund dafür, dass sie so tolerant gegen Anbausünden sind. Schon der tropische Regenwald ist hierin viel empfindlicher.
Was passiert mit einem Schilfgürtel oder Tümpel, der nicht in der Lage ist, Wasser zu akkumulieren?
Er trocknet aus und seine Arten werden ersetzt.
Kakteen waren mal Pflanzen der Extremstandort. Ihre aktuelle Massenverbreitung verdanken sie dem Missmanagement des Menschen.
Wo in diesen Gegenden der verlorene Herdenzug gekonnt simuliert wird, drängen die Pflanzen des Graslandes die Kakteen schnell zurück.
Natürlich haben sie ihre Berechtigung in ihrer Nische. Dafür hat die Natur sie gemacht. Aber wir wissen heute, wie die Natur diese Lebensräume einst fruchtbar gemacht hatte, bevor wir sie zerstört haben. Und wir wissen, wie wir diese Fruchtbarkeit und die damit verbundene enorme Biodiversität (abgesehen von den bereits ausgestorbenen Arten natürlich) wieder herstellen können.
Da prallen dann die besten Praktiker unter den Bauern und der althergebrachte "Naturschutz" aufeinander. Letzte versuchen krampfhaft den kranken Status Quo zu erhalten. Erstere haben dieses Dogma überwunden und schaffen wieder eine deutlich höhere Biodiversität, lagern Kohlenstoff wieder in den Boden und die Biomasse ein, bringen den Wasserkreislauf wieder in Gang etc.
Dabei entstehen natürlich Veränderungen, die letzte krampfhaft zu verhindern suchen. Ein Spezialist für Algenkrusten auf Wüstenböden wird halt arbeitslos, wenn jemand daherkommt, der die vermeintliche Wüste wieder in fruchtbares Grasland verwandelt, weil er das tut, was die Natur dort getan hatte, bevor der Mensch sein Zerstörungwerk begonnen hat. Die Arten der Algenkrusten werden deshalb nicht aussterben. Für sie bleiben reichlich Nischen, in denen sie auch früher gewirkt haben. Aber ihre Ausbreitung geht halt deutlich zurück, zugunsten anderer Arten und höherer Biomasse.
Das Problem mancher tropischen Regenwälder bei der Nährstoffspeicherung sind die hoch anstehenden, anaeroben Wasserhorizonte. Diese verhindert, dass die Pflanzen tiefer wurzeln und so einen größeren Bodenraum erzeugen können. Dazu kommt die sehr schnelle mikrobielle Umsetzung toter Pflanzenmasse das ganze Jahr über. Aber auch dafür hat die Natur ja eine extrem produktive Lösung gefunden. Tropische Regenwälder erzeugen pro ha und Jahr etwa 4 x so viel Biomasse wie unsere landwirtschaftlichen Flächen. Und solange der Mensch dort angepasst gelebt hat, hat er durch die vorübergehenden Lichtungen, die er erzeugt hat, wesentlich zur Biodiversität dieser Wälder beigetragen. Nicht nur durch die Schaffung Lichtungen als Nischen, sondern auch weil er so die Dominanz einiger weniger hochwachsender Baumarten verhindert hat.
Wo wir dann an dem Punkt wären, wo man mal grundsätzlich darüber nachdenken sollte, wofür die Evolution den Menschen geschaffen hat. Die längste Zeit seines Wirkens war er nämlich durch seine Potenz als Störfaktor in sich ausbreitender Monotonie ein wesentlicher Vektor für die Biodiversität. Das ist erst gekippt, als er als Gestalter immer potenter wurde, aber gleichzeitig die Tragweite seines Handelns nicht verstanden hat. Als er quasi selbst zur Quelle von Monotonie geworden ist.
Will sagen: Natürlich konnte die grüne Revolution die Monotonie unsere Großeltern noch toppen. Heute haben wir aber das Wissen, wieder eine hohe Biodiversität in den Böden zu schaffen. Das Ergebnis sind dann aber keine Magerwiesen auf abgemagertem Dreck und die daraus resultierenden Heuschreckenplagen, sondern deutlich fruchtbarere Biotope. Die Magerwiesenpflanzen werden trotzdem weiter ihre Nischen finden, so wie sie es auch lange Zeit getan haben, bevor der Mensch ihre Massenausbreitung begünstigt hat.