Droht uns das Ende der Natur?

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Rohana
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Re: Droht uns das Ende der Natur?

#211

Beitrag von Rohana » Mo 30. Apr 2018, 21:52

Ah, die Steiermark ist das Regenbogenbutterblümchenland? :grinblum:
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

Manfred

Re: Droht uns das Ende der Natur?

#212

Beitrag von Manfred » Mo 30. Apr 2018, 21:57

emil17 hat geschrieben: Natürliche Wiesen gibts in Mitteleuropa unterhalb der klimatischen Waldgrenzen nur in Lawinenzügen, dort wo Gehölze durch Überschwemmungen oder andere Einflüsse ferngehalten werden, in Salzmarschen, extrem kleinflächig auf Felsbuckeln und vielleicht, wenn man das als Wiese klassifizieren will, auf gewissen Sumpf- und Moorstandorten.
Wie kommst du denn auf diese Ideen?
Und was verstehst du unter natürlich?

Letzteres ist m.E. die entscheidende Frage in dieser Diskussion.
Wie sich in Mitteleuropa die Landschaften seit der letzten Kaltzeit entwickelt haben, unterlag ganz wesentlich menschlichem Einfluss. Ohne den Menschen gäbe es heute in Mitteleuropa wohl nur relativ wenig Wald. Die Niederschläge sind zu gering, um den Megaherbivoren durch Mineralstoffauswaschung die Existenzgrundlage zu entziehen und so Wald zu erzwingen.

hobbygaertnerin
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Re: Droht uns das Ende der Natur?

#213

Beitrag von hobbygaertnerin » Di 1. Mai 2018, 06:45

@Rohana,
zu deiner Schwiegermutter kann ich dir beipflichten, wenn einem von den vielen zu erledigenden Aufgaben keine Zeit mehr für den Garten bleibt, wenn das nur noch einwe weitere Baustelle wird, die man fast nicht mehr schafft, dann kann das schnell das Ende des Gemüsegartens werden.
Ich hatte zu Zeiten, wo die Kinder klein, meine Schwiegereltern zunehmend hilfsbedürftig und der Aufbau des Betriebes auch kraftmässig zehrte, eine Freudin dafür bezahlt, dass sie mir den Garten einigermaßen in Schuss hielt.
Denn nichts ist energieraubender als immer dem Unkraut hinterher zu hechten.
Der einzige Grund, warum ich den Gemüsegarten unbedingt behalten wollte, ich komme in der Regel einmal die Woche zum Einkaufen, da hätte es immer so altes gelagertes Gemüse gegeben.
Ob es einen zu beerntenden Garten gibt und ohne ein Ende der Natur wäre, glaub ich nicht.
Ich merke nur 2 Trends,
auf der einen Seite- selbst der Obst- und Gartenbauverein befasst sich nicht mehr mit dem Gemüsegarten, die in vielen Büchern hochgelobten Bauerngärten - verschwinden, weil es eben auch eine Zeitfrage ist, die Buchsumfassungen machen viel Arbeit und derzeit stirbt der Buchs in den meisten Gärten, die heutigen Baugrundstücke sind sehr viel kleiner geworden, der Platz für Erholung wird gebraucht und Rasenmährobotter und Kiesbeete sind eben die Gartensymbole der jetzigen Zeit.
Der andere Trend, in den Bau- und Gartenmärkten wird alles mögliche für den Garten angeboten, selbst der getopfte Salat, fast erntereif, Maiglöckchen im März, blühende Dahlien im April, Sonnenblumen im Mai, es gibt alles zu jeder Zeit, Hauptsache ausgefallen.
Für jede Pflanze wird ein eigener Dünger und die spezielle Erde angeboten, Geld scheint keine Rolle mehr zu spielen.
aber wirkliches Wissen um die Bedürfnisse der Pflanzen scheint mir nicht mehr viel vorhanden zu sein.
Und irgendwie merke ich auch, dass ich da wohl anderes geprägt bin, ich mag meinen Garten, er ist für mich unsere Insel, aber ich möchte nicht, dass nur der Preis und die teuersten Pflanzen für die Zurschaustellung eines Statusses das Kriterium werden. Ich liebe Blumen, aber irgendwie müssen sie schon mehr als blühen, entweder sie duften ganz besonders, sie sind für Tee zu gebrauchen und im ganz besonderen müssen sie Insekten als Nahrungsquelle dienen.
Vielleicht sind das die bäuerlichen Gene, wo es immer auch irgendwie um eine Art von Nutzen geht.
Wobei ich mir über den Luxus von Platz schon im Klaren bin- Bienen im Obtgarten halten zu können, bedeutet mir sehr viel.
Einen Gemüsegarten zu haben, der seit mindestens hundert Jahren auf dem gleichen Platz ist, dafür auch in Richtung Bodenfruchtbarkeit sehr viel getan zu haben, sich auch unter den alten Apfelbäumen ein wenig in den Schatten setzen zu können, die muntere Schar der gackernden Hühner zu betrachten, sich täglich die frischen Eier holen zu können- das empfinde ich als Reichtum.
Was mir allerdings auch aufgefallen ist, ich habe viele Gartenbücher gelesen, bei den deutschen Büchern wird in der Regel entweder voneinander abgeschrieben, Garten ist in der Regel sehr arbeitsintensiv oder gleich nur für die intelligenten Faulen, wirkliche Informationen fand ich nur in den älteren Ausgaben, die Freude am Garten befördern die Gartenbücher aus England und arbeitssparende und brauchbare Umsetzungsideen für den Nutzgarten, da sind uns die Amis sehr weit voraus.
Bei mir hat es schon einiges an Zeit und Erfahrung gebraucht, bis ich einen machbaren Selbstversorgergarten auf die Reihe gebracht habe, ich habe nicht die Zeit, um den ganzen Tag im Garten zu werkeln, aber mit ein wenig Planung bin ich nicht der Sklave des Gartens.

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emil17
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Re: Droht uns das Ende der Natur?

#214

Beitrag von emil17 » Di 1. Mai 2018, 07:13

Oelkanne hat geschrieben:das wild lebende Schaf kack da wo es frisst und verhebt es sich nicht bis es im fruchtbaren Tal ist...
a) wild lebende Schafe gab es nie in Mitteleuropa
b) Auf Weiden gibts Lägerstellen, die überdüngt sind, die meisten Stellen werden ausgemagert, weil dort nur gefressen aber eben nicht abgekotet wird. Kann man an bisher jeder Weide, die ich gesehen habe, gut an der Vegetation erkennen.
Ausser der Bauer macht seinen Job, mäht nach und verteilt den Dünger, um sein Dauergrünland schön zu erhalten - früher war Kuhfladen breit machen eine häufige Kinderarbeit.
Manfred hat geschrieben:Und was verstehst du unter natürlich?
Letzteres ist m.E. die entscheidende Frage in dieser Diskussion.
Wie sich in Mitteleuropa die Landschaften seit der letzten Kaltzeit entwickelt haben, unterlag ganz wesentlich menschlichem Einfluss
Natürlich im Sinne von "ohne Einfluss des Menschen"
Keine Wiesen, auch keine Magerwiesen. Also ist es absurd, nur Magerwiesen als unnatürlich auffassen zu wollen, das ertragreiche Dauergrünland (das heute viel mehr Fläche einnimmt) aber nicht.
Ich bin nicht Anhänger der Megaherbivorentheorie. Dagegen sprechen z.B. Pollenprofile aus Seen und Mooren, wo man sehr gut sehen kann, wann (in der Auflösung von Jahrhunderten) windblütige Gräser und wann windblütige Baumarten wie häufig aufgetreten sind und wann welche Arten zum ersten Mal aufgetreten sind.

Demnach war Mitteleuropa nach Ende der Kaltzeit bis ins letzte Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung im Wesentlichen ein Waldland.
Manfred hat geschrieben:Ohne den Menschen gäbe es heute in Mitteleuropa wohl nur relativ wenig Wald. Die Niederschläge sind zu gering, um den Megaherbivoren durch Mineralstoffauswaschung die Existenzgrundlage zu entziehen und so Wald zu erzwingen.
Das ist falsch. Vergleiche Karten potentieller Vegetation mit der Niederschlagsmenge. Ganz Mitteleuropa hat ganzjährig Niederschlagsüberschuss. Unter diesen Bedingungen stehen sommergrüne Laubwälder auf je nach Unterlage schlecht bis gut entwickelten tiefgründigen Böden, keine Wiesen.
Grasland gibts erst dort, wo das Klima Steppe begünstigt, also in unseren Breiten in relativ sommertrockenem Klima mit deutlichem Winter. Das ist in Osteuropa der Fall, und dort kann ich mir vorstellen, dass Herbivoren den Verlauf der Grenze von Wald zur Steppe beeinflussen. Aber nicht weiter westlich.
Wäre "wegregnen von Wald" möglich, gäbe es z.B. die ausgedehnten Küstenregenwälder der kanadischen Pazifikküste nicht - auf Vancouver Island mit bis über 6000 mm Regen steht dichtester Wald, die Böden sind nicht ausgewaschen, da nie gerodet. 6000 mm Niederschlag sind sechs Kubikmeter Wasser pro Quadratmeter und Jahr, die da runterkommen, rund das sechsfache dessen, was in Deutschland so üblich ist. Die Hornisgrinde im Schwarzwald als extrem verregneter Ort hat knapp 2000 mm p.a, das ist mehr als an 99% der Messstellen Deutschlands nach Deutschem Wetterdienst). Auch die Appalachen, mit einem Klima das dem der deutschen Mittelgebirge vergleichbar ist, waren zur Zeit der Landnahme der Weissen ein undurchdringliches Waldland (lies "Nordwestpassage" von Kenneth Roberts).
Die guten Böden sind bei uns natürlich als erste gerodet worden.
Ruiniert worden sind Böden immer erst durch Landwirtschaft vor allem in Zeiten, wo die Bevölkerungsdichte hoch war. Lies Annie Francé-Harrar. Die einschlägige wissenschaftliche Fachliteratur ist zäh zu lesen und kommt im Wesentlichen zum gleichen Ergebnis.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Re: Droht uns das Ende der Natur?

#215

Beitrag von Rohana » Di 1. Mai 2018, 07:48

Da nunmal Menschen existieren finde ich es interessant aber müssig zu disputieren was vielleicht ohne Mensch passiert wäre...
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

Manfred

Re: Droht uns das Ende der Natur?

#216

Beitrag von Manfred » Di 1. Mai 2018, 08:43

emil17 hat geschrieben: Wäre "wegregnen von Wald" möglich,
Vermutlich hast du mich falsch verstanden.
Es ist genau anders herum.
Die Megaherbivoren werden weggeregnet, nicht der Wald.
Wo die Niederschläge zu hoch sind, entsteht Wald.
Man kann das aber nicht einfach an der Niederschlagssumme festmachen, sondern muss auch die Verteilung übers Jahr und weitere klimatische Faktoren berücksichtigen.

Was meinst du, wieso die Wiesente in Bialowieza im Winter gefüttert werden und wieso die paar freilaufenden Wisente in NRW so viel Ärger auslösen?
Oder wieso die Rotwildbestände in den Wald-Nationalparks in D reguliert werden?
Oder wieso in Oostvaardersplassen die Bäume weitgehend verschwunden sind?
Oder wieso Ziegenhalter solche Probleme haben, Bäume in ihren Weiden zu schützen?
Und das sind nur einige Überbleibsel der ehemaligen Megaherbivorenfauna.

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Re: Droht uns das Ende der Natur?

#217

Beitrag von emil17 » Di 1. Mai 2018, 09:48

wir können gerne drüber diskutieren.
Gegen die Megaherbivorentheorie als einzige Ursache der Waldlosigkeit sprechen:
Die Pollendiagramme
Die Tatsache, dass alle nordhemisphärischen Klimagebiete dicht bewaldet waren, bevor die sesshafte Landwirtschaft eingriff (Nordostasien, nordamerikanische Pazifikküste, nordamerikanische Atlantikküste, Westeuropa)
Die Tatsache, dass Grossherbivoren wie die von Dir zitierten in Wäldern eben nicht ohne Zufütterung usw. in einer Bestandesdichte überleben können, die Bäume verschwinden lässt.
Die Tatsache, dass sich ausschliesslich beweidetes Dauergrünland ohne Mensch hier nicht hält. Im Schweizer Jura, den ich gut kenne, verbuschen auch intensiv beweidete Flächen rasch und werden zu Wald, wenn man nicht alle paar Jahre eingreift und die Wiesen offen hält. Das Klima dort ist typisches mitteluropäisches Buchenwaldklima.
Die Tatsache, dass sich geschlossene Wälder auch dort halten, wo es bis in jüngste Zeit grosse Bestände von wild lebenden Grossherbivoren gab (Nordamerika). Die Bisons haben sich nicht grundlos auf Steppe spezialisert.
Die Tatsache, dass ausser in Westeuropa die Grossherbivoren nirgendwo ausgerottet worden sind und sich dort trotzdem geschlossener Wald eingestellt hat.
Die Tatsache, dass Schafe und Ziegen nicht aus Mitteleuropa stammen, sondern aus südlicheren Gebieten. Nahe verwandte Wildformen sind Gemse und Steinbock, die im Gebirge leben, wo es oberhalb der Baumgrenze natürliche Wiesen gibt.
Natürlich gibt es Hystereseeffekte: in graslanddominierten Gebieten mit hohem Besatz an Grossherbivoren, aber Waldklima dauert es anfangs lange, bis sich Wald einstellt, weil die Viecher in ihrer Verzweiflung alles abfressen, was grün ist.
Ebenso sind in Mitteleuropa überall die Bestandesdichten an Rotwild zu hoch, weil die vom überall vorhandenen, menschlich geschaffenen Grünland profitieren. Dadurch werden sie zu Forstschädlingen und müssen reguliert werden. Aus ethischen Gründen kann man das nicht die Natur erledigen lassen, denn wenn Grosswild von Grossräubern gerissen wird oder verhungernd herumliegt, macht sich das nicht gut. Die Probleme in den grossen Wildparks rühren meiner Meinung nach daher.
"Deine" Theorie ist nicht absurd - es könnte so funktionieren, wie ja die klassische Dauergrünlandwirtschaft beweist, die nachhaltig über Jahrhunderte funktionieren kann und die im Gegensatz zu reinem Waldland Menschen ernähren kann. Aber du brauchst dazu eine Geschichte mit Grossherbivoren, die irgendwann mal da waren und Menschen, die sie ausgerottet haben, wofür es kaum direkte Belege gibt. "Meine" einfachere Variante benötigt nur das gegenwärtige Klima und ist belegt, z.B. eben durch diese Pollendiagramme, die lückenlos bis zur Eiszeit zurückreichen.
Die Grossherbivorentheorie benötigt einen wieder verschwundenen "Deus ex machina", die Steinzeitjäger, die wieder verschwunden sind, damit die Theorie funktioniert, was ein wissenschaftstheoretischer Murks ist.
Duergrünlandwirtschaft litt in Mitteluropa übrigens meistens an Holznot - vor Einführung der Metalle wurden für Häuser, Zäune, Gerät aller Art, Heizen und Kochen Unmengen von Holz verbraucht, was für die Bevölkerung oft ebenso einschränkend war wie die Beschaffung der Nahrung.

Zur Niederschlagsverteilung: Alle erwähnten Gebiete im sommergrünem Laubwald haben einen Winter und das ganze Jahr über Niederschlagsüberschuss. Die Wälder verlieren ihre im Boden gespeicherten Nährstoffe erst nach Rodung: Genauso wie im tropischen Regenwald wird unter intakter Vegetation gar nichts ausgewaschen, egal wie viel es regnet. Sobald es neben einem Winter eine trockenheitsbedingte Sommerpause hat, kommt das Grasland.
Ausgelaugte und falsch wieder aufgeforstete Böden (aufgeforstet weil die landwirtschaftliche Nutzung nur noch extensive Dauerweide hergab und man spät, aber immerhin die Schutzfunktionen der Wälder gegen Bodenerosion und Überschwemmungen erkannt hat) sind natürlich noch Jahrhunderte lang arm, das wächst sich nicht in einigen Jahrzehnten aus und bei Podsolen unter Nadelholz dauert es noch wesentlich länger.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Viehhaltung ist in weiten Gebieten Mitteleuropas, sinnvoll durchgeführt, die wohl nachhaltigste, weil dem Klima am besten angepasste Methode, Landwirtschaft zu betreiben. Aber sie ist auch nicht "natürlich".

Die ganze Naturgeschichte muss als historische Disziplin aufgefasst werden. "Wie sähe Europa ohne Mensch aus" ist eine ähnliche Frage wie "Was wäre das 20. Jahrhundert ohne Hitler oder Stalin" - es kann keine Antwort geben, weil die Geschichte eben nicht wiederholbar ist.
Vielleicht ist die Unfähigkeit, seine Nahrungsgrundlage nicht zu übernutzen, eine typisch europäische Eigenschaft und deshalb ist der Einfluss des Menschen in Europa so heftig. Immerhin haben ja auch die europäischen "Kulturvölker" so schöne Dinge wie Kolonialismus und Heuschreckenkapitalismus erfunden.
Aus heutiger Sicht ist die taditionelle Landwirtschaft hauptverantwortlich für den Artenreichtum Mitteleuropas. Ob man den heutigen Artenverlust als Kollateralschaden für eine industrielle Landwirtschaft hinnehmen will oder nicht, ist eine Diskussion, die alle betrifft und daher von allen geführt werden muss. "Natürlich" bedeutet in diesem Kontext das, was im Wortsinne natürlich ist, also was früher selbstverständlich da war. Das ist eben nicht das ursprüngliche Waldland, sondern die traditionelle Kulturlandschaft unserer Gross- und Urgrosseltern. Weil es sich nicht um die Vegetation ohne menschliches Zutun handelt, ist es für das Leitthema dieses Diskussionsthemas im Forum auch unerheblich, ob nun Europa ohne Mensch reines Gras- oder reines Waldland wäre.
Es ergibt sich daraus aber ebenso zwingend, dass Artenvielfalt ohne Landwirtschaft unmöglich ist. Folglich gilt es, eine Landwirtschaft zu ermöglichen, die dieses leistet und zwar so, dass die Landwirte, welche ja die Arbeit machen, davon auch anständig leben können.
Anständig möchte ich hier nicht bloss auf finanzieller Ebene verstanden wissen, sondern auch so, dass man sich der Wichtigkeit der Arbeit bewusst ist und dies von der Gesellschaft entsprechend anerkannt wird.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

viktualia

Re: Droht uns das Ende der Natur?

#218

Beitrag von viktualia » Di 1. Mai 2018, 10:03

(Edit: wieso bekomm ich nur manchmal angezeigt, dass zwischendurch was geantwortet wurde? Ich habs jetzt nur überflogen - bitte meins in diesem Sinne verstehen! Danke.)
Und was verstehst du unter natürlich?
Letzteres ist m.E. die entscheidende Frage in dieser Diskussion.
Himmel hilf, traut ihr euch wirklich zu, diese Frage umfassend zu beantworten? Also differenzierter als mit so was allgemeinem wie "Vielfalt"?!?
Ne Diskussion zu dem Thema "Ende derselben", die den Menschen seit jeher als "Störfaktor" und dann Störfaktoren als "Unnatürlich" definiert, bringt uns auch nicht weiter, oder?
Lasst uns kurz den "Faktor Sprache" mit ins Boot nehmen und deklarieren, dass sich der "normale Sprachgebrauch" aus kulturellen Gründen schwer damit tut, die Tatsachen <scheissen, sterben, vergessen> als "natürlich" anzusehen (das fällt gemeinhin unter "Bäh"), auch Irren und Demut sind leider unwesentlich in den normalen Betrachtungen über "unsere" Natur.

Ne Grundsatzdiskussion über die Megaherbivorentheorie https://de.wikipedia.org/wiki/Megaherbivorenhypothese ist zwar hochspannend, aber nicht wirklich zielführend, weil egal, ob´s nu genau so war oder nicht, "die Natur" ist wohl grade dabei, das nächste Kapitel aufzuschlagen, Zeitenwende und so.
Und eines der grundsätzlichen Probleme dabei scheint mir zu sein, dass meine Zeitgenossen sich nicht als Teil des "natürlichen Kreislaufs" empfinden und aus dieser Grundeinstellung heraus komische Dinge planen. ("Artevorentheorie": - Kunstproduktverzehrer...)

Aber ich hab ne andere Frage an Manfred, bissl aus nem ähnlichen Tenor heraus, deshalb formulier ich´s "vorsichtig":
als Meerschweinchenhalterin und unbescheidene Kräuterhexe frag ich mich die ganze Zeit, ob ich da nun den blinden Fleck habe mit meinen "Medizinalkräutern", oder ob das am "Landwirtschaftsfilter" bei dir liegt. Sprich: gib mir bitte Input darüber, woher die ganzen Saponine, Schleim-, Bitter-, Gerbstoffe und Flavonoide kommen würden, wenn alle Wiesen soviel Stickstoff einlagern sollen, wie sie können?
Seh ich das richtig, dass wir dafür weiterhin "Nischen" brauchen, wenn auch halt wieder viel mehr, oder siehst du da andere Möglichkeiten? (Ich hak´ da auch bei Mrs Ingham noch, mit ihrem "Weed" und "pro Pilze", im Sinne von: ich bekomm es noch nicht eingeordnet.)
Es gibt ja durchaus Pflanzenfresser, die Weidelgras nicht in den Mengen vertragen, wie es Kühe tun.
Auch Emils Antwort zu der Frage würde mich interessieren.
(Und: aufgewachsen bin ich nicht hier in der Börde, sondern im Schiefergebirge des Ahrtals, mit Umweg über die Eifel, Nähe Effelsberg, da wo das Teleskop ist. Ich hab also sehr unterschiedliche Landschaftsformen erlebt, bzw. sind in meiner Nähe vorhanden; vielleicht liegt es daran, dass ich so auf dem <"Entweder- Oder" ist Nonsens, die Feinabstimmung muss immer vor Ort entschieden werden> Trip bin.)

Dyrsian
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Re: Droht uns das Ende der Natur?

#219

Beitrag von Dyrsian » Di 1. Mai 2018, 10:27

emil17 hat geschrieben: Ausser der Bauer macht seinen Job, mäht nach und verteilt den Dünger, um sein Dauergrünland schön zu erhalten - früher war Kuhfladen breit machen eine häufige Kinderarbeit.
Joel Salatin lässt seine Hühner nach / mit den Rindern auf die Weide und behauptet, dass diese u.a. die Kuhfladen breit scharren. Wichtig scheint wohl auch zu sein, keine Dauertränken zu installieren, weil dann im Bereich der Tränke Matsch entsteht und vor allem durch das häufige Defäkieren dort eine massive Überdüngung stattfindet.
Ich habe aber von Viehhaltung Null Ahnung.

Benutzer 72 gelöscht

Re: Droht uns das Ende der Natur?

#220

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Di 1. Mai 2018, 10:27

Rohana hat geschrieben: Meine Schwiegermutter [....] da hat sie wirklich keine Zeit noch einen Garten zu beackern :aeug:
So ein Leben ist wirklich hart - keine Zweifel!!
Trotzdem grüble ich jetzt schon über den "argen Zeitaufwand", den Gartenarbeit angeblich oder wirklich (??) bedeutet.
Vielleicht ist es je nach Region anders. Aber unser Garten draußen in Niederösterreich wird normalerweise nur ein mal die Woche und das auch nur ein paar Stunden lang bearbeitet. :im:
Wir können nicht davon leben, dafür ist er zu klein (geschätzte 80m², wir sind 6 Personen). Aber wir ernten ordentlich und es macht Riesenspaß, erdet und ... als Nebeneffekt können bei uns auch "Unkräuter" und "den Menschen begeleitende Insekten" überleben! :holy:

Die Sorten müssen sich an unseren Garten anpassen und man muss Langmut haben. Aber wegen der wenigen Zeit gar keinen Garten?

Das täte ich nicht aushalten. ist aber auch meine Leidenschaft und es gibt mir nichts, vor dem Fernseher zu sitzen oder im Liegestuhl gepflegte Konversation zu betreiben...
Und ich muss ehrlich sein - empfindliche "Luxusgemüse" haben wir in Wien, aber dort ist der Paltz noch begrenzter, dafür kann ich drei Mal die Woche eine halbe Stunde hin.
Das Obst braucht kaum Zeit für die Pflege.

hat aber wieder kaum etwas mit dem Titelthema zu tun - oder doch?

****************************

@Rohana: meinst du das etwa abwertend?
schade, ich meinte es ernst, dass ein bisschen mehr "einfach sein lassen" die Artenvielfalt erhöht. :hhe:

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