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Arbeiten wir zuviel?

Verfasst: Mi 13. Feb 2013, 21:33
von Rabe

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 Zitat: Ich will nicht arbeiten!
Wir arbeiten zu viel, meint Leser Tobias Häfele. Dabei gebe es viel wichtigere Dinge als Karriere, Erfolg und Wettbewerb.
http://www.zeit.de/karriere/2012-10/les ... iel-arbeit

Re: Arbeiten wir zuviel?

Verfasst: Mi 13. Feb 2013, 21:49
von Benutzer 2354 gelöscht
Die Grenzen zwischen genug Arbeiten .viel Arbeiten und zuviel Arbeiten sind fliesend und von Person zu Person unterschiedlich. Manchmal ist es auch Tagesabhängig .
Wenn ich Irgendwas mache was ich gerne mache stoppt mich nur der Sonnenuntergang und ich habe dann nicht das Gefühl zuviel gearbeitet zu haben.
Bei anderen Sachen ist ne Stunde schon mehr als genug Arbeit......

Re: Arbeiten wir zuviel?

Verfasst: Mi 13. Feb 2013, 22:10
von citty
Super interessanter Artikel, Rabe, vielen Dank!

LG Citty

Re: Arbeiten wir zuviel?

Verfasst: Do 14. Feb 2013, 08:37
von Picassa
A: "...machst´n heute...?"
B: "...nix..."
A: "...haste doch gestern schon..."
B: "...bin nich fertig geworden..."

Re: Arbeiten wir zuviel?

Verfasst: Do 14. Feb 2013, 08:58
von Picassa
Ich sag´s mal so:
(Lohn-)Arbeit macht heutzutage keinen Spaß mehr, ist stressiger und unmenschlicher geworden.

Ich habe damals, vor nun beinahe 30 Jahren, als Technische Zeichnerin angefangen. Am Zeichenbrett, mit Papier, Tuschestift, Zirkel und Lineal. Das war schön, das hat mir Spaß gemacht. Zwischendurch mussten die Zeichnungen im Labor verkleinert und auf Aluminium-Druckplatten gebracht werden. Das war zwar nicht die schönste Arbeit, hat aber Abwechslung gebracht. Die Texte zu den Zeichnungen wurden an ´nem Computer (ohne WYSIWYG, das war noch spannend!) getippt und ausgedruckt. Alles musste ein paarhundert Mal vervielfältig, gelocht, in Ordner geheftet und an unsere Kunden geschickt werden.
Zwischendurch habe ich der Sekretärin bei der Ablage von (Papier-)Rechnungen und Lieferscheinen geholfen, habe für die Sachbearbeiter die Briefe an die Kunden getippt (anfangs noch mit der Schreibmaschine); wir Damen (6w, 6m) haben jeden Tag vor dem Frühstück Kaffee für alle gekocht, nach dem Frühstück den Abwasch erledigt. Botengänge für die Herren gehörten ebenfalls dazu, und zwischendurch Telefonvertretung für die Sachbearbeiter, wenn diese nicht anwesend waren.
Mein Job hat Spaß gemacht bis zu dem Zeitpunkt, da unsere Abteilung aufgelöst, ein Teil der Mitarbeiter auf andere Abteilungen verteilt und ein anderer Teil entlassen wurde.
Mein Zeichenbrett verschwand im Nirvana, ich wurde vor den Computer gesetzt und hatte kaum noch Kontakt mit der Außenwelt. Kein Kopieren mehr, keine Ablage, keine Kundengespräche, kein Abwasch, kein Kaffeekochen und keine gemeinsamen Frühstücke mehr. Immerhin ab und zu mal ´ne Besprechung.
Das war der Anfang vom Ende.
Seitdem habe ich mehrmals die Firma gewechselt, habe (privat) Kurse besucht (Fremdsprachen, CAD, PC), die Arbeit wurde immer stressiger, immer mehr, aber hat sich ausschließlich auf PC-Arbeit konzentriert.
Im Prinzip habe ich letztendlich 10-20 Mal mehr Leistung gebracht (oder sogar noch mehr? Ist schwer einzuschätzen), mein Gehalt wurde gekürzt (dank ERA-Einführung) und der Umgang mit Kollegen schrumpfte auf ein Minimum.
Und da soll Arbeit noch Spaß machen? Und deswegen ist meine Meinung:
Ja, wir arbeiten zu viel, und zwar das Falsche.

Re: Arbeiten wir zuviel?

Verfasst: Do 14. Feb 2013, 09:29
von bioke
Picassa hat geschrieben:A: "...machst´n heute...?"
B: "...nix..."
A: "...haste doch gestern schon..."
B: "...bin nich fertig geworden..."
Das Gespräch könnte mit mir geführt worden sein. Wenn ich Sachen machen muß, die mir extrem unangenehm sind, wie den mit Gerichtsprozessen verbundenen Papierkram über Stunden abarbeiten oder auf Veranstaltungen mit vielen Leuten verantwortlich zu sein, dann stelle ich oft fest, daß ein Tag Erholung davon nicht reicht. Ich nehme mir dann oft noch einen zweiten Tag und mache ganz bewusst nur das, wozu ich Lust habe. Wenn ich das nicht mache, dann bekomme ich über kurz oder lang massive Probleme.
Ich fange in meinem Garten ebenfalls oft mit Sonnenaufgang an und arbeite mit kurzen Pausen und Essenkochen für meine arbeitende Frau bis Sonnenuntergang. Wenn ich mich duschen gehe liegt sie schon im Bett. Für mich ist deswegen etwas, das ich gern tue, keine Arbeit sondern eben leben. Es zählt nur die fremdbestimmte Arbeit, die laugt einen aus und deswegen versuche ich die zu vermeiden. Die ist auch massiv mehr geworden seitdem der Mensch den massiven Verantwortungsentzug bei der Arbeit eingeführt hat.
Richtig erwerbstätig bin ich deswegen nur noch einen Tag pro Woche, das reicht völlig aus um vernünftig leben zu können, und selbst für die Tätigkeit habe ich mir eine Nische gesucht.
Ich habe auch mal gelesen, daß die meisten Kulturen nur eine Arbeitsleistung von im Schnitt 4 Stunden täglich (aber eben jeden Tag) entwickelt haben (indigene Völker, vorindustrielle Kulturen), der Rest war "Freizeit" wo aber eben auch was gemacht wurde, nur eben selbstbestimmt.

Re: Arbeiten wir zuviel?

Verfasst: Do 14. Feb 2013, 12:31
von fuxi
Wir (als Gemeinschaft) arbeiten nicht zuviel, sondern zu ungleich. Wenn alle nötigen (und meinetwegen auch noch ein paar unnötige) Arbeiten auf alle arbeitsfähigen Menschen aufgeteilt würde, wären wir eh bei maximal 3 bis 4 Stunden pro Tag.

Hach! *träum* Da will ich hin. 3 bis 4 Stunden Erwerbsarbeit jeden Tag würde ich problemlos machen.

Re: Arbeiten wir zuviel?

Verfasst: Do 14. Feb 2013, 12:38
von Picassa
Fuxi, da kann ich Dir nur voll und ganz zustimmen.

Re: Arbeiten wir zuviel?

Verfasst: Do 14. Feb 2013, 12:40
von Adjua
Fuxi :daumen:

Deswegen bedingungslose Grundsicherung ...

Re: Arbeiten wir zuviel?

Verfasst: Do 14. Feb 2013, 13:01
von Reisende
der fred hier hat mich grad nachdenklich gemacht. in mir kommt eine frage auf, die ich mir schon oft gestellt habe, die für mich aber irgendwie schwer zu formulieren ist. ich versuchs trotzdem mal.

es gibt menschen, die arbeiten viel und gerne. sie definieren sich stark über ihre arbeit und sind damit zufrieden.
es gibt menschen, die arbeiten viel aber nicht gerne. einige aus der notwendigkeit geld zu verdienen, andere aus pflichtgefühl. weil es sich so gehört. weil erst die arbeit kommt, dann das vergnügen. weil man sich abends nur dann beruhigt entspannen kann, wenn man vorher etwas getan hat. auch diese menschen definieren sich über ihre leistung, aber glücklich macht sie dies nicht (immer).
ich glaube, worauf ich hinaus will, ist der gesellschaftliche / persönliche (anerzogene?) leistungsdruck. das gefühl, nur dann etwas wert zu sein, wenn man etwas geleistet hat.
dieser mechanismus erscheint mir häufig als "einfach gegeben". aber es kommt mir irgendwie nicht richtig vor. jeder mensch hat doch seine eigenen stärken und schwächen, qualitäten, begabungen. nicht jeder ist dafür gemacht, in unserer gesellschaft gleichstromförmig mitzuschwimmen. nichtsdestotrotz halte ich solche menschen für genauso wichtig. sie lenken den blick auf andere werte. warum also sind wir zumeist nicht in der lage, den einzelnen für seine vorzüge zu schätzen, auch wenn er kein leistungsträger im eigentlichen sinne ist?