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Essensgewohnheiten früher und heute

Verfasst: Fr 29. Okt 2010, 17:48
von Sabi(e)ne
Moin,
ich hab gestern ein Gespräch von mehreren Kolleginnen mitangehört, die sich eigentlich über die Mäkeligkeit ihrer Enkel beklagten.
Dabei fielen dann auch solche Sätze wie:
Früher...
...wurde meist nur am Tisch gegessen, nie im Wohnzimmer, höchstens bei Feiern.
...gab es morgens Butterbrot mit Marmelade oder Käse, und Kakao, und fertig.
...gab es mittags einen Teller voll für jeden - der wurde aufgegessen, und Nachschlag gab es kaum, weil paßgenau gekocht wurde.
...gab es viel weniger Fleisch (mit Mengenangaben, so etwa "eine Mettwurst für den Vater und eine zusammen für die Kinder".
...gab es abends meist wieder Butterbrot, oft mit Leberwurst, manchmal mit eingelegten Gürkchen, aber selten etwas anderes.
...war es selten wirklich Butter, sondern meist Margarine, weil billiger.
...war ein Butterbrot mit Zucker bestreut schon was besonderes, weil es sowas eben nicht jeden Tag gab.
...gab es unter der Woche mittags nie einen Nachtisch, nur sonntags, und das war oft eingemachtes Obstkompott.
...gab es samstags fast immer Eintopf.
...gab es Schokolade nur zu besonderen Gelegenheiten.
...gab es den ganzen Süßkram von heutzutage nicht, da war man schon zufrieden, wenn man mit 20 Pfennig beim Bäcker Lakritzschnecken und Schaumzuckermäuse und Weingummi kaufen durfte, und das war eine ganze Tüte voll.
...gab es selbstgebackenen (trockenen) Kuchen am Sonntag, Torten nur zu Feiern, und dann auch selbstgemacht.
...gab es im normalen Haushalt keine Softdrinks, es gab Wasser aus der Leitung, oder Obstsaft (oft selbstgemachter), oder Kräutertees.
...hatte man max. 6 Flaschen Bier und eine Flasche Wein im Vorrat, für den Fall, daß Besuch kam.
...meldete sich Besuch vorher nicht an, sondern stand mangels Telefon einfach so auf der Matte - die Wohnung hatte quasi stets "besucherfertig" zu sein, bis hin zum Schlafzimmer.
...ging man nach 20 Uhr keinesfalls mehr zu unabgesprochenen Besuchen.
...,ganz früher, ging man gern zu einem Nachbarn mit Fernseher, um wenigstens die Tagesschau zu sehen. :mrgreen:

Und so weiter.

Wenn man sich dagegen heute anguckt, was es alles gibt, und welche Ansprüche die Leute haben, die schon so "mit allem" herangewachsen sind, dann wundert man sich nicht mehr, daß Omas hausgemachter Apfelkuchen aus eigenen Äpfeln uncool ist gegenüber den käuflichen Fertigkuchen mit allen möglichen exotischen Zutaten. Und Fleisch gehört anscheinend immer zum Essen, und gegessen wird kaum noch zusammen am Tisch, sondern wegen der beknackten Schulzeiten muß fast jeder allein essen. Und gegessen wird alles mögliche - von high-tec-Cornflakes mit Minus-X-Milch plus nen "bioaktiven Joghurt" dazu, Fast-Food (am liebsten im Auto - warum bloß????), und alles, was man halt so kaufen kann.
Aber kaum noch wirklich handgemachte ehrliche Sachen, die nicht vorgeben, besser zu sein, als sie sind.

Ich sage nicht, daß "früher alles besser war", aber ist da irgendwo eine anerzogene Bescheidenheit verlorengegangen?
Muß man immer überall und jederzeit seine Wasser/Softdrinkflasche mitschleppen und verfügbar haben?
Ist es sooo schlimm, mal ne Stunde nix zu trinken?
Warum kriegen Familien es nicht hin, wenigstens eine Mahlzeit am Tag gemeinsam und in Ruhe zu essen?
Muß man wirklich jeden Sch*** kaufen, den die Kinder meinen müssen zu haben (also essentechnisch jetzt)?
Muß Essen wirklich unbedingt "cool" sein und um Himmelswillen bloß nicht selbstgemacht von Grund auf?
Und warum muß es immer so viel sein, daß dauernd Reste übrig bleiben, die dann eh keiner mehr ißt?
Wann wurde Essen wegschmeißen von "man wirft kein Essen weg" zu "kipp es weg, das ißt keiner mehr"?
Sind wir ne aussterbende Art? :hmm:

Re: Essensgewohnheiten früher und heute

Verfasst: Fr 29. Okt 2010, 17:59
von erdbeben
so kannte ich es auch noch sabine :) und leider leben wir in einer wegwerfgesellschaft.wenn bei uns was überbleibt gibt es nächsten tag resteessen.
hähnchen gab es nur bei uns wenn einer geburtztag hatte 1 ganzes hähnchen für 6 personen mit selbstgemachten pommes das war ein fest :)
lg martina

Re: Essensgewohnheiten früher und heute

Verfasst: Fr 29. Okt 2010, 18:10
von Benutzer 72 gelöscht
hallo!
Sabi(e)ne hat geschrieben:...wurde meist nur am Tisch gegessen, nie im Wohnzimmer
:mrgreen: bei uns ist "das Wohnzimmer" zugleich Eßzimmer, Spielzimmer, Aufgaben-Mach-Zimmer - und dazu noch schläft der Papa hier....
Aber ja: ich gebe es zu - wir essen meistens am Tisch, nur ausnahmsweise mal im Bett oder am Boden (weil es dort soooo gemütlich ist)

Also hier seh ich es eher so, dass "früher" eben mehr Disziplin herrschte und es wichtiger war, nach außen hin einen guten Eindruck zu machen, statt es sich im kleinen Familienkreis gemütlich zu machen - oder?

Der Rest dürfte Gewohnheitssache sein - es gibt auch Familien, in denen das tägliche Getränk Leitungswasser heißt und der (selbstgemachte) Saft oder Tee ein "Luxus" ist.....

Ich weiß noch den bewundernden Blick einer alten Dame in der Straßenbahn als sie meine Tochter (ca. 2 Jahre alt) an einem bloßen Stück Brot herumkauen sah - "Das hab ich schon eeeewig nicht mehr gesehen!" sagte sie, und "wissen Sie, wir hatten früher auch nichts anderes... aber heute wollen die Kinder ja gar kein Brot mehr essen. Gratuliere zu Ihrer Tochter!"
Sie wußte ja nicht, dass es selbergemachtes Sauerteigbrot war :pfeif:
Ich glaube kaum, dass ein Stück Brot mit Butter "von damals" das gleiche war, wie ein Stück Brot mit Butter von heute - oder?
Sabi(e)ne hat geschrieben:Und warum muß es immer so viel sein, daß dauernd Reste übrig bleiben, die dann eh keiner mehr ißt?
Also wenn ordentlich was übrigbleibt, dann kommt es in den Kühlschrank und bildet so die nächste Mahlzeit (ist praktisch, da muss man dann nimmer groß kochen!) - sonst muss halt "das Familienschwein" herhalten - habt ihr das nicht?
"Früher" war es mein Papa, heute ist es "der Papa" ...
ganz im Sinne der Tradition! :opa:

Oh Mann! Ich bin frustriert - große Kinder und Papa sind auf ein Fest gegangen, ich tu zu Hause Brot backen und Baby hüten...
Wir hatten heute kein Brot zum Frühstück (nur Yoghurt mit Marmelade) - muss erst backen, morgen ist es dann dafür ganz frisch!!
Sabi(e)ne hat geschrieben:Muß man immer überall und jederzeit seine Wasser/Softdrinkflasche mitschleppen und verfügbar haben?
Bei kleinen Kindern empfehlenswert, wenn man öffentliches Stillen vermeiden will :mrgreen:

liebe Grüße! :lala:

Re: Essensgewohnheiten früher und heute

Verfasst: Fr 29. Okt 2010, 18:34
von geizhals
:bet: Wo ist sie nur geblieben die gute, alte Zeit!!! :bet:

lg geizhals

Re: Essensgewohnheiten früher und heute

Verfasst: Fr 29. Okt 2010, 18:59
von Grunling
"Früher war alles besser.." :roll:

Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt. Wir sind der Adel der Erdkugel. Wir sind oder waren alle mal verwöhnte Kinder. Und wie benehmen sich verhätschelte Kinder?... Sch****.

Edit: Emoticon vergessen :D

Re: Essensgewohnheiten früher und heute

Verfasst: Fr 29. Okt 2010, 19:01
von geizhals
Grünling hat geschrieben:Früher war alles besser..
Das würde ich NICHT behaupten!

Aber im 2. Teil geb ich dir recht.

lg geizhals

Re: Essensgewohnheiten früher und heute

Verfasst: Fr 29. Okt 2010, 19:04
von kraut_ruebe
:mrgreen: hier bei mir am land ist vieles noch wie früher.

diverse leute stehen einfach so auf der matte, 'besuchsfertig' muss man es immer haben. aber nach 20 uhr geht gar nicht. ich bin dazu auch sauer, wenn kunden nach 20 uhr anrufen, ich find das ein unding. genauso wie sonntag mittag :motz:

am sonntag gibts in jedem ordentlichen haushalt hier einen kuchen. hätte ich familie, würd ich auch einen backen. während der woche würd mir sowas nicht im traum einfallen (wobei ich nachtisch sowieso nicht mag/brauch).

punktgenaues kochen ist mir auch was normales. ausnahmen sind da nur gulasch oder sowas, was extra auf vorrat gekocht wird. reste sind was blödes :pft:

:mrgreen: ich bin ein landei :mrgreen:

Re: Essensgewohnheiten früher und heute

Verfasst: Fr 29. Okt 2010, 19:17
von Spirit
Bei uns war es auch so...generell wurde bei uns völlig anders gekocht als es heute üblich ist.

Spinat mit Kartoffeln und an guten Tagen ein Spiegelei dazu. In den heutigen Speiseplänen ist der Spinat im besten Falle ein Beilage zum Fleisch. :schmoll:

Bei uns gabs z.B. (wir Kinder liebten das heiss) Wurstschüsserln.

Das waren ca. 1cm dicke, relativ große Wurstscheiben, wo die Wursthaut/pelle dranblieb. Die Scheiben wurden gebraten, durch die Haut zogen sie sich zu "Schüsserln" zusammen, danach wurde die Haut entfernt. Gefüllt wurden sie mit gekochten Erbsen, darauf kam ein Spiegelei. War ein buntes Festessen.

Heute käme kein Mensch mehr drauf, sowas als Hauptmahlzeit zu servieren.

Oder eingebrannte Erdäpfel mit Salat - Erdäpfel sind heute eher als Beilage zu finden.

Manche Dinge aus meiner Kindheit hab ich mir und der Familie erhalten, einfache Speisen ohne Fleisch, wie z.B. Karfiol mit Butterbrösel. Wird gerne gegessen. Und den Spinat essen wir heute noch als Hauptmahlzeit - ohne Fleisch.

Die meisten einfachen Speisen brauchen einfach mehr Zeit in der Zubereitung, ich denke, das wird ein Hauptgrund sein, warum sie vom Speiseplan verschwunden sind. Ein guter Suppenstrudel braucht Zeit. Oder Griesnockerl - die gibts fertig beim Hofer/Aldi zu kaufen, da brauchen sie 0 Minuten.:roll:

Und viele berufstätige Menschen werden nicht selbst Kartoffeln schälen, schneiden, braten - wenns doch die fertigen Pommes im Packerl gibt.

Das ist auch wahrscheinlich der Preis, den man fürs Geldverdienen bezahlt.:hmm:

Liebe Grüße
Spirit

Re: Essensgewohnheiten früher und heute

Verfasst: Fr 29. Okt 2010, 19:26
von Sabi(e)ne
Ich hab doch extra gesagt, daß ich NICHT sage, früher wär alles besser gewesen - aber anscheinend war man früher bescheidener oder maßvoller oder ärmer - warum auch immer, man war auf jeden Fall sparsamer als heute.
Und sparsamer zu sein, ist gewiß nie schlecht, oder?
Wir reden doch hier oft von freiwilliger Selbstbeschränkung - tun tun es aber die wenigsten, die nicht im Forum sind, ich kenn jedenfalls kaum jemand im normalen Leben, der "maßvoll" mit "ausreichend" übersetzen würde.

Ist das jetzt wirklich nur die Werbung schuld? Oder die jederzeitige Verfügbarkeit von allem im Überfluß?

Re: Essensgewohnheiten früher und heute

Verfasst: Fr 29. Okt 2010, 19:32
von Little Joe
Sabi(e)ne hat geschrieben:ganz früher, ging man gern zu einem Nachbarn mit Fernseher, um wenigstens die Tagesschau zu sehen.
... und um am samstag Abend Bonanza zu sehen. :michel:

und wenn unangemeldeter Besuch kam, gab es immer Schnittchen mit sauren Gurken.
Sabi(e)ne hat geschrieben:war es selten wirklich Butter, sondern meist Margarine, weil billiger
... nee meine Ma hasst Margarine, die gabs und gibt es bei meinen Eltern und bei mir nie
Sabi(e)ne hat geschrieben:gab es unter der Woche mittags nie einen Nachtisch, nur sonntags, und das war oft eingemachtes Obstkompott
doch, ein Essen ohne Nachtisch ist doch kein Essen (Pudding, Griesbrei, eingemachtes Obst, Früchtequrk, Obstsalat)
Sabi(e)ne hat geschrieben:gab es samstags fast immer Eintopf.
STIMMT
Sabi(e)ne hat geschrieben:gab es im normalen Haushalt keine Softdrinks, es gab Wasser aus der Leitung, oder Obstsaft (oft selbstgemachter), oder Kräutertees.
Von Leitungswasser bekommt amn Läuse in den Bauch, weisst du das nicht. Selbstgemachter Apfelsaft oder Holundersaft mit Wasser (sind die LÄuse dann im Saft?)

Bei den Nachbarn hatten die Kinder immer TriTop fürs Wasser, da waren mein Bruder und ich ganz heiss drauf, aber bei uns gabs sowas nicht.