Muss man seinem Kind immer seine eigene "hochgepriesene" Lebensführung aufzwingen ?
Ich weiß ja nicht...
Auf der einen Seite kann ich dich beruhigen, meine Jüngste hatte auch mal so eine Phase nach dem Schulwechsel. Wir sind finanziell gesehen ganz normale Menschen und auf einmal kam sie in Kontakt mit Kindern aus recht reichen und vor allem protzigen Familien. Sie hatte dann eine wirklich gruselige Freundin, ziemlich reich aber sehr vernachlässigt und auf dem Weg in die schiefe Bahn ( Drogen, Alkohl, sehr komischer Freundeskreis ).
Da half nur noch bedingungsloses Vertrauen in meine Tochter und vorsichtige Gespräche mit Hinweisen auf bestimmte Verhaltensmuster der Freundin. Es war teilweise wirklich grausig, was meine Tochter dann auf einmal "ablieferte". Einmal machten wir gemeinsam mit der Freundin einen Ausflug nach Tropical Island. Auf der Rückfahrt war meine Jüngste recht quengelig und wollte noch nach Mc Doof und in der Tanke irgendwelche Süßigkeiten u.s.w. Ich wieß sie darauf hin, dass wir ja auf den Weg nach Hause sind und wir im TI schon 120,-€ ! bezahlt haben. Darauf hin meinte die Freundin: na und, soviel bezahl ich mal eben für meine Strickjacke

Öhm...und meine Kleine fand den Spruch voll in Ordnung und berechtigt. Na ja...
Grade zu meiner Jüngsten besteht ein sehr enges und vertrauenvolles Band und nach einigen Monaten und ausprobieren verschiedenster Sachen beendete sie dann diese Freundschaft. Mehr als ihr immer wieder zu vermittel, dass sie jederzeit zu mir kommen kann und wenn sie Mist gebaut hat ich sie nicht bestrafe, konnte ich nicht machen. Vertrauen ...
Und dieses Vertrauen hat sich bis heute bewährt. Ich fand es nicht toll, dass sie mal gekifft hat und Alkohol getrunken hatte, einmal hat sie glaube ich auch was mitgehen lassen, aaaaber: sie hat es mir erzählt, wir konnten drüber reden, ich konnte sie auf die entsprechenden Gefahren hinweisen und es hat uns noch enger zusammen geschweißt als es vorher ohnehin schon war.
Hätte ich ihr den Umgang verboten ( was ich liebend gern getan hätte ) wäre der Schuss nach hinten losgegangen. So durfte sie selber lernen, zwar hab ich sie mit Argusaugen beobachtet, aber sie durfte ihre Erfahrungen machen und sich freiwillig entscheiden.
Ich persönlich mag Zwänge und aufpropfen gar nicht. Nur weil ich Vollkornbrot super toll finde und gerne mag, heißt das doch noch lange nicht, dass meine Kinder kein weißes Toastbrot essen sollten/dürfen. Meinereiner läuft fast immer rum wie eine olle Ökotante, meine Jüngste ging auf High Heels zur Schule ( nach etlichen wundgelaufenen Füßen dann auch nicht mehr

. Darauf hinweisen kann ich, die wunden Füße und die Erfahrung muss sie selber machen ).
Mein Tip: lass sie ihre Erfahrungen sammeln und sich auch von dir mal distanzieren. Der Freundeskreis ist wichtig und wenn grade so ein Hund der allerletzte Hit ist ... ja und ? Da geht doch die Welt nicht von unter. Und wenn sie gerne mal was anderes essen möchte, als das was ihr selber angebaut oder hergestellt habt ... ja und ? Gehste halt mit ihr in den Edeka und sie kann sich mal was aussuchen was SIE möchte.
Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten und kein Abziehbild von einem selber, bzw. die Bestversion von einem selber. Ein Stück weit darf man seine Kinder auf ihrem Lebensweg begleiten, manchmal gehen sie voraus, manchmal gehen wir voraus und so kann jeder mal Vorbild für den anderen sein. Und besonders schön ist es, wenn man eine Zeit lang gemeinsam im Gleichschritt einen Weg entlang schreitet. Und wie Wege denn mal so sind ... sie gehen fast nie geradeaus, sondern machen mal Schleifen, gehen mal links, mal rechts und manchmal biegt man auch falsch ab und läuft in die Irre. Passiert ... so ist Leben
Vertrau ihr und lass ihr ihr Leben. Sei da und vermittel ihr das auch, aber dränge dich nicht auf. Mit 9 Jahren ist sie vielleicht/warscheinlich ( die Kids von heute sind viiieeel früher reif als wir das mal waren ) schon in der Vorpupertät und sie muss sich von euch abgrenzen. Du musst ja nicht jeden Quatsch mitmachen, Grenzen sind wichtig und auch richtig. Aber lass sie sich doch mal ausprobieren. Meine Mädels hatten auch jede Menge rosa Plastik Blig-Bling und Barbiekram in ihren Zimmern. Und ? Womit haben sie hauptsächlich gespielt ? Töpfe, Kochlöffel, Bauklötze und besonders beliebt: Kartons.
Lass sie dürfen und sie werden es dir danken.
Könnte es eigendlich auch sein, dass eure Bekannten das Problem schon verstehen, aber ihr nicht ? Ich frag ja nur mal ganz vorsichtig ... ist manchmal schwierig, eigene Überzeugungen zu hinterfragen. Das ist wirklich ganz, ganz schwer und echt nicht einfach. Ich drück euch beide Daumen und ich denke, ihr werdet das schon gemeinsam schaffen.
Liebe Grüße,
Marion