Raubbau auf meinem neuen Grundstück

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Reisende
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Re: Raubbau auf meinem neuen Grundstück

#41

Beitrag von Reisende » Mi 17. Okt 2012, 12:20

Sargon und kraut_ruebe haben das alles richtig erklärt. Eigentlich habe ich keine Lust, jetzt nochmal einen juristischen Vortrag zu dieser Geschichte zu halten, aber da Luipold mit seinen Bemerkungen hier Verwirrung stiftet, komme ich wohl nicht drum herum... :roll:
Wenn ihr bestimmte Begrifflichkeiten nicht versteht, googelt bitte selbst, wenn ich das alles noch im Einzelnen erklären muss wird das hier ein Roman.


Zur Übertragung von Eigentum bedarf es in D einer Einigung (schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft) und einer Übergabe (dingliches Verfügungsgeschäft). § 929 BGB Hierzu gilt das Trennungs- und Abstraktionsprinzip, d.h.: Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft sind getrennt voneinander zu betrachten, und ein Fehler auf einer Ebene wirkt sich nicht auf die andere Ebene aus.
Bei beweglichen Sachen erfolgt die Übergabe entweder faktisch oder durch Einräumung des (un-)mittelbaren Besitzes. (Besitz = tatsächliche Sachherrschaft, Eigentum = rechtliche Sachherrschaft)
Bei unbeweglichen Sachen (=Grundstücken) steht an Stelle der Einigung die sog. Auflassung § 925 BGB (Abschluss des Kaufvertrags unter notarieller Beurkundung) und an Stelle der Übergabe die Eintragung des neuen Eigentümers ins Grundbuch. § 873 BGB
Alle weiteren Einzelheiten sind im Kaufvertrag zu regeln. Bei uns:
Partei 1 verkauft an Partei 2 das in § 1 dieser Urkunde näher beschriebene Grundvermögen - nachfolgend kurz "Grundstück" genannt. Mitverkauft wird alles, was als Bestandteil und Zubehör gilt.
Was sind also Bestandteile und Zubehör?
Bäume sind erstmal theoretisch (bevor sie gepflanzt werden) bewegliche Gegenstände. Allerdings werden sie wenn sie dann angewachsen sind wesentlicher Bestandteil § 93 BGB des Grundstücks, auf dem sie stehen. Durch diese Verbindung § 946 BGB werden aus den 2 Sachen (Baum und Grundstück) eine einheitliche Sache (Grundstück).
--> Die gefällten Bäume sind Bestandteil des Grundstücks und wurden folglich mitverkauft.
Zubehör ist z.B. das kleine Gartenhäuschen, das auch dort steht.

Durch die Veränderung am Grundstück, die Partei 1 vorgenommen hat (nach Auflassung, vor Eintragung) verletzt er die Verpflichtung, die er mit Abschluss des Kaufvertrags eingegangen ist. Und zwar völlig unabhängig davon, ob der Kaufpreis bereits gezahlt ist, oder nicht. Dadurch ergeben sich für Partei 2 folgende Rechte:
- Rücktritt vom Vertrag
- Schadensersatz neben der Leistung
- ggf. Schadensersatz statt der Leistung

Partei 1 muss also Partei 2 den entstandenen Schaden ersetzen (=Schadensersatz neben der Leistung).
Will ich es jetzt auf die Spitze treiben, könnte ich sogar sagen: Ich trete vom Kaufvertrag zurück. Nun muss ich mir ein neues Grundstück suchen. Ist dieses Grundstück teurer, kann ich die KP-Differenz sowie die Notarkosten als Schadensersatz statt der Leistung fordern, im Extremfall sogar die Zusatzkosten, die mir entstehen, weil das neue Grundstück weiter weg liegt oä. (=Schadensersatz statt der Leistung)

Und noch was: Luipold erweckt hier den Eindruck, wir hätten den Kaufpreis zu spät bezahlt. Das ist nicht der Fall! Ich finds ziemlich frech Luipold, dass du hier solche Verlautbarungen machst, die ein schlechtes Licht auf mich werfen könnten.
Im Kaufvertrag wurde vereinbart:
Der Kaufpreis ist fällig am 15.10.2012, jedoch nicht vor Ablauf einer Woche nach einer schriftlichen Mitteilung des Notars an den Käufer, dass folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
a) Eintragung der Vormerkung im Grundbuch
b) Verzicht auf das Vorkaufsrecht durch die Gemeinde

Die schriftliche Mitteilung des Notars erhielten wir am 11.10.12, also konnten wir zahlen bis spätestens 18.10.12. Die Überweisung ging am 14.10.12 raus, somit ist das Geld auch unter Berücksichtung des Bankweges auf jedenfall rechtzeitig auf dem Konto des Verkäufers.
da ich laktose und gluten hervorragend vertrage, leiste ich mir als ausgleich dafür einige intoleranzen im zwischenmenschlichen bereich.

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Re: Raubbau auf meinem neuen Grundstück

#42

Beitrag von Dagmar » Mi 17. Okt 2012, 12:58

Hallo

und so hoffen wir alle mal, daß alle offenen Fragen geklärt sind. :daumen:

Und daß du Reisende sauer warst, das kann ich sehr gut verstehen, wäre mir nicht anders gegangen. Also trotzdem viel Spaß mit dem neuen Grundstück. :daumen:


Dagmar
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Re: Raubbau auf meinem neuen Grundstück

#43

Beitrag von Theo » Mi 17. Okt 2012, 13:05

Noch mal zum Merken:
1. In verschiedenen Ländern gibt es unterschiedliche Gesetze
2. Im Vertrag steht oft auch was drin, was in dem Fall sicher der Notar erklären wird
Sargon hat geschrieben:das würde bedeuten, dass der Käufer zwischen Kaufvertrag und Übereignung im Grunde völlig rechtlos ist. Aber - mal ganz unjuristisch gesprochen - kann das sein?
Das könnte sein, aber weil es eine Standardsituation ist, gibt es entsprechende Regelungen, die genau dies verhindern
Gruß
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Re: Raubbau auf meinem neuen Grundstück

#44

Beitrag von luitpold » Mi 17. Okt 2012, 13:08

Will ich es jetzt auf die Spitze treiben, könnte ich sogar sagen: Ich trete vom Kaufvertrag zurück. Nun muss ich mir ein neues Grundstück suchen. Ist dieses Grundstück teurer, kann ich die KP-Differenz sowie die Notarkosten als Schadensersatz statt der Leistung fordern, im Extremfall sogar die Zusatzkosten, die mir entstehen, weil das neue Grundstück weiter weg liegt oä. (=Schadensersatz statt der Leistung)

na da würde ich gerne die argumentation des vom gericht bestellten sachverständigen lesen.

das überschlägt sich dann mit worthülsen wie faktisch ideell wildwuchs, unter jeder wahrnehmung.
Es muß sich alles ändern, damit es bleibt, wie es ist.

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Re: Raubbau auf meinem neuen Grundstück

#45

Beitrag von Theo » Mi 17. Okt 2012, 13:12

Reisende hat geschrieben:Will ich es jetzt auf die Spitze treiben, könnte ich sogar sagen: Ich trete vom Kaufvertrag zurück. Nun muss ich mir ein neues Grundstück suchen. Ist dieses Grundstück teurer, kann ich die KP-Differenz sowie die Notarkosten als Schadensersatz statt der Leistung fordern, im Extremfall sogar die Zusatzkosten, die mir entstehen, weil das neue Grundstück weiter weg liegt oä. (=Schadensersatz statt der Leistung)
Bist Du Juristin, oder stellst Du Dir das so vor?
Gruß
Theo

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Re: Raubbau auf meinem neuen Grundstück

#46

Beitrag von Reisende » Mi 17. Okt 2012, 13:25

Theo hat geschrieben:
Reisende hat geschrieben:Will ich es jetzt auf die Spitze treiben, könnte ich sogar sagen: Ich trete vom Kaufvertrag zurück. Nun muss ich mir ein neues Grundstück suchen. Ist dieses Grundstück teurer, kann ich die KP-Differenz sowie die Notarkosten als Schadensersatz statt der Leistung fordern, im Extremfall sogar die Zusatzkosten, die mir entstehen, weil das neue Grundstück weiter weg liegt oä. (=Schadensersatz statt der Leistung)
Bist Du Juristin, oder stellst Du Dir das so vor?
Ich bin Juristin.
Natürlich kommen für den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung noch einige Voraussetzungen dazu. So muss man dem Verkäufer zunächst eine Frist für die Mangelbeseitung setzen, die erfolglos verstreicht, außerdem muss die Erfüllung des ursprünglichen Kaufvertrags für den Käufer unzumutbar geworden sein. Das wäre in meinem Beispiel wohl eher nicht der Fall. Ich wollte damit nur mal deutlich machen, dass es schwerwiegende Folgen (auch vor Eigentumsübergang) haben kann, wenn man sich nicht an seine Vertragsverpflichtungen hält.
da ich laktose und gluten hervorragend vertrage, leiste ich mir als ausgleich dafür einige intoleranzen im zwischenmenschlichen bereich.

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Re: Raubbau auf meinem neuen Grundstück

#47

Beitrag von luitpold » Mi 17. Okt 2012, 13:50

schwerwiegende Folgen (auch vor Eigentumsübergang) haben kann, wenn man sich nicht an seine Vertragsverpflichtungen hält.
könnte der verkäufer der ansicht gewesen sein er tut dir einen gefallen, wenn er das grundstück von wildwuchs befreit???
Es muß sich alles ändern, damit es bleibt, wie es ist.

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Re: Raubbau auf meinem neuen Grundstück

#48

Beitrag von Reisende » Mi 17. Okt 2012, 14:08

Keine Ahnung was der sich dabei gedacht hat. Sein Bruder, der dort die Bäume gefällt hat, wollte definitiv noch schnell das Holz beiseite schaffen. Das lag ja schon vorne zum Abtransport bereit.
Aber das ist zivilrechtlich eh irrelevant.
da ich laktose und gluten hervorragend vertrage, leiste ich mir als ausgleich dafür einige intoleranzen im zwischenmenschlichen bereich.

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Re: Raubbau auf meinem neuen Grundstück

#49

Beitrag von emil17 » Mi 17. Okt 2012, 19:08

Ich will auch noch meinen Senf dazu geben.
Rechtlich gesehen hast Du sicher recht, nämlich dass der Käufer nach Besitzübergabe und mindestens moralisch nach Vertragsunterzeichnung nichts mehr an der Sache ändern darf. Ich vermute aber, dass es hier so gelaufen ist, dass der Verkäufer dem Bruder beiläufig gesagt hat, er habe dieses verwucherte Grundstück (Pappeln und Birken waren wohl nicht gepflanzt) nun verkauft, und dann ist es dem in den Sinn gekommen, dass er da noch einen Posten Kantholz liegen hat.
Wenn im Kaufvertrag nicht explizit dieses bewegliche Gut erwähnt ist, würde ich die Sache auf sich beruhen lassen. Du würdest wohl sogar eine Klage durchbringen - nur, was kannst Du ausser dem Prozess noch gewinnen? Ich vermute, der Verkäufer und sein Bruder sind beide nicht auf die Idee gekommen, dass Du dem Gewucher und Gammelholz irgend einen Wert beimissest. Die wussten vielleicht, dass Du da nen Obstgarten anlegen willst, und dachten, die kommt mit nem Bagger und macht erst alles platt.
Klar, all das hätte man bei den Verhandlungen ansprechen können - wenn einer der beiden Vertragspartner daran gedacht hätte.
Ich musste das auch lernen - habe mal ein kleines Grundstück mit ein paar Birnbäumen drauf gekauft, leider ohne diese Bäume im Vertrag zu erwähnen. "Gekauft und übernommen wie gesehen" oder "Baäume müssen stehen bleiben" hätte schon gereicht. Der Verkäufer hat noch alle entfernt - weil er das Holz wollte "und damit es nun sauber ist".

Recht haben und Recht bekommen sind zwei Dinge - ob Recht bekommen wollen sinnvoll ist, ein Drittes.

Bei vielen Leuten sind an sich selbstverständliche Rechtsbegriffe von Besitz und Eigentum nicht geläufig, wenn es nämlich um (ehemaligen) Familienbesitz geht. Wir wurden z.B. mehrmals jährlich regelrecht von den Verkäufern unseres Hauses zuparkiert. "Das ist doch unser Elternhaus, da haben wir immer ohne zu fragen parkiert". Die haben die Hütte samt Grund zwar inzwischen verkauft, aber was ändert das daran? Eine war sich nicht zu blöd, einen Anwalt einzuschalten, weil wir uns das Zugeparktwerden auf unserem Land ohne vorheriges Fragen verbeten haben. Dem Anwalt hat sie dann offenbar geglaubt, was sie uns nicht glaubte - dass nämlich der Eigentümer entscheiden darf, wer auf seinem Grund parkt und wer nicht. Und dass es völlig egal ist, ob sie mehr Autos als Parkplätze hat und deshalb bei uns parken muss. "Sie hätten ja sagen können, dass es stört, wir waren ja da". Nein, sie soll vorher fragen, ob mich das stört, weil es mich nämlich stört, wenn andere ohne zu fragen sich bei mir irgendwo hinstellen. Nur jetzt sind wir für alle Ewigkeit die zugereisten Deppen, die nicht wissen, was auf dem Land Brauch und Sitte ist, und mit denen man nicht reden kann, Und das wird wohl auch so bleiben.
Deshalb, auch wenn Du im Recht bist - was bringts? Geh lieber hin und sage ihm, er soll doch das Land gleich richtig saubermachen, wenn er nach dem Verkauf da noch irgendwas abschneidet oder abholt. Das wäre wohl leichter verständlich.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

DerElch

Re: Raubbau auf meinem neuen Grundstück

#50

Beitrag von DerElch » Mi 17. Okt 2012, 19:28

Emil...die bäume standen und wurden UMGESÄGT!

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