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von emil17 » So 31. Okt 2010, 00:00
"Welch ein Unglück, in einer glorreichen Zeit zu leben" - erklärt wohl schon einiges. Wenn es für eine 5köpfige Familie nur 7 Kartoffeln hat, ist die Frage mit dem Nachschlag schnell geklärt.
Was man in der Kindheit erlebt hat, prägt einem so oder anders, aber es prägt. Wer als Kind Hunger hatte, richtig Hunger meine ich, nicht bloss das, was man heute meint, wenn man "ich habe Hunger" sagt - der wird sein Leben lang dadurch beeinflusst. Entweder durch krankhaften Geiz in Lebensmitteln - nichts verkommen lassen - oder durch Fressattacken.
Die gute alte Zeit bedeutet auch, 10 m2 Wohnfläche pro Person, bedeutet niedrige Lebenserwartung durch Unterernährung, unterschwellige Vitaminmangelkrankheiten besonders im Spätwinter, verbunden mit Anfälligkeit auf Infektionskrankheiten, häufig Krebs der Verdauungsorgane wegen Konsum von angeschimmelten oder falsch konservierten Lebensmitteln, und so weiter. Das war die Zeit der Jugend unserer Omas und Opas, zum Teil auch noch unserer Eltern.
Heute liegt es im Trend, Lebensmittel "aufzuwerten", indem man alles bis auf Atome zerlegt und dann wieder zusammensetzt. Milch ist ein Paradebeispiel dafür. Damit kann man Umsatz machen. MacD bietet einen ganzen Kindergeburtstag-Dienst an. Und das von Lebensmittelingenieuren kreierte Zeug schmeckt ja auch - wer Gummibärchen oder Joghurt mit Schoko und Kokos nicht mag, werfe den ersten Stein.
Wir sparen wohl auch einiges an Geld, indem wir als Getränk nur Wasser oder Milch nehmen. Das ist einerseits ein Privileg, weil hier das Wasser wirklich gut ist - ein Grund, im Gebirge zu wohnen! - und wenn es die Kinder so gewohnt sind, vermissen sie auch nichts.
Vielleicht einmal im Monat gibts dann mal Malzbier oder Apfelsaft - immer ein Fest. Hätte man es täglich, wäre es nichts besonderes.
Dann verbrauchen wir im Monat reichlich 80 Liter Milch. Die kommt direkt vom Bauern, ausser im Sommer, wenn die Kühe auf der Alp sind - dann bilden sich Berge von Milchtüten. Zum Frühstück gibts Milch, gewöhnliche Haferflocken, neutrale CornFlakes und etwas Schokoladepulver, keine fertigen Müeslimischungen, die alle viel zu aufgezuckert sind. Als Abendessen oft "nur" Brot, Butter, Marmelade, Käse, Wasser.
Wenn ich, was selten vorkommt, einmal in einen wirklichen Lebensmittel-Supermarkt gerate, wird mir fast schlecht von den Bergen von Fressalien, die da auf ihre Vertilgung warten.
Das wichtigste, damit Speisen gut werden, sind übrigens nicht raffinierte Zutaten, sondern die Art Hunger, die daher kommt, dass man eben gearbeitet hat. Da dürfen es dann gerne Bratkartoffeln mit viel Schmalz sein.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.