ooh, schönes Thema, und auch schön, Eure Erfahrungen zu lesen.
Meine Eltern mußten damals auf den Pfennig gucken, aber heute sehne ich mich oft nach den damaligen Gewohnheiten zurück.
Bei uns auf'm Dorf gab es keine Pommesbude oder dergleichen, also hat meine Mutter sich schon mal erbarmt und ging mit uns zu MacDoof, wenn wir 1-2 mal im Jahr in die Stadt fuhren (natürlich mit dem Zug und der am Schalter gekauften Papp-Fahrkarte, in die der Schaffner ein Loch knipste. Zum Bahnhof mußten wir ca. 20 min. laufen, über'n Berg. War total normal).
Pommes gab es mal auf der Kirmes oder wenn ich bei Verwandten zu Besuch war, auch das war immer ein absolutes Highlight.
Zur Kirmes fuhren wir auch ein paar Ortschaften weiter zu meiner Großtante. Die machte dann immer Buttercremetorte, Käsekuchen und Prummetaat. Nie wieder habe ich einen sooo leckeren Kuchen gegessen (sagt mir jedenfalls mein romantisch verklärter Gaumen).
Bekamen wir mal 'ne Mark oder zwei, dann trabten wir zum Lebensmittelladen, kauften uns "Düsenjäger"-Eis oder weiße Mäuse davon und fühlten uns wie die Könige.
Unsere täglichen Getränke waren Wasser, Tee, oder Kakao. Apfel- und O-Saft gab es zu Weihnachten, der wurde eigens aus einer Firma in der Gegend geholt, die ihn herstellte. Bei meinen Cousinen zu hause bekam ich immer Limonade, was hab ich das jedes Mal genossen.
Samstags zu den gemeinschaftlich genossenen Fernsehshows gab es dann eine Tafel Schokolade für vier Personen, oder mein Bruder und ich durften uns eine Tüte Chips teilen und eine Dose Dunkelbier oder Kinder-Cola trinken.
Zum Frühstück aßen wir meistens Haferflocken oder ein Butterbrot, Brötchen gab es nur Samstags mal, natürlich mit Margarine.
Butter gab es nur zu Weihnachten, genauso wie am Heiligabend mittags eine Hühnersuppe und abends Würstchen mit Kartoffelsalat. Am ersten Feiertag eine Pute, am zweiten die Reste von selbiger.
Die Weihnachtsteller oder Osternester mit Süßigkeiten wurde ordentlich eingeteilt, damit man lange was davon hatte. Was man nicht mochte tauschte man mit den Geschwistern. Außer diesen Saisonalen Dingen hatten wir keine Süßigkeiten zur freien Verfügung. Die gab es nur als zugeteilte Ration oder mal, wenn wir Mami ganz lieb danach gefragt hatten.
Samstags wurde ein Rührkuchen gebacken, und als ich so ca. 10 Jahre alt war fing ich dann an, das zu tun. Hat mir riesigen Spaß gemacht.
Wenn mein Vater von der Arbeit kam freute ich mich immer schon auf sein "Hasenbrot", kennt ihr das auch? Ein olles, übrig gebliebenes Butterbrot, das er tagsüber nicht gegessen hat und das den ganzen Tag in der Tasche vor sich hin schmorte. Für mich irgendwie das allergrößte.
Freitags gab es immer Pfannekuchen mit Äpfeln, Kirschen oder Pflaumen, je nach Jahreszeit. Oder Milchreis, Griesschnitten oder sowas in der Art. Dabei eine Tasse Kakao und mein Bruder und ich durften im Wohnzimmer beim Essen "Dick und Doof" in der Glotze angucken.
Kotletts, Würstchen o.ä. wurde auch genau nach Stückzahl eingekauft, für jeden eines. Sogar um die restlichen Knochen haben wir uns gezankt und die wurden schön abgenagt.
Bei uns gab es deftige/normale Hausmannskost, bei nachmittäglichem Hunger ein Obst, vielleicht auch mal ein Kaffeeteilchen wenn grad der Bäcker mit seinem Auto durch's Dorf kam. Da wir also insgesamt nicht so viel süßes hatten und uns ständig draußen bewegten hatte ich nie Figurprobleme. Hab neulich mit meiner Mum noch die alten Fotos angeschaut und habe mich gefragt, wie sich das nur so ändern konnte.
Mit 16 kam ich in die Lehre und somit täglich in die Stadt, da ging es dann los ... ich konnte den Versuchungen der täglich präsenten Junk-Food-Welt sehr schwer widerstehen. Und ich fing an, Frust und Streß mit Essen zu kompensieren. Leider frönte ich dann im jungen Erwachsenenleben viel zu sehr der modernen Ernährungswelle, hab selten und ungern gekocht und lebte eine ganze Weile nur von Frittenbude und Fertigfraß. Heute könnte ich mich deshalb ....
Nun heißt der Weg: zurück zu den Wurzeln. Auch wenn ich mich insgesamt gesünder oder besser ernähre mangelt es trotzdem immer wieder mal an Disziplin. Mir macht kochen inzwischen wirklich Freude und ich probiere gerne was aus, genieße einfaches Essen total und programmiere meine Sinne von künstlichen Aromen auf natürliche zurück.
Nur leider, leider, kommt viel zu oft der Schweinehund

angeflogen, und der treibt mich dann zu Dingen, die ich doch eigentlich gar nicht mehr will.
Begriffe wie "gute Butter" oder "Bohnenkaffee" kennt heute ja kaum noch jemand. Ich bestelle im Café gerne mal eine "Gute Tasse Bohnenkaffee", wo andere nur ihren Latte oder ein Gedöns ordern. Da gucken die meisten KellnerInnen mich an als hätte ich ihnen einen unsittlichen Antrag gemacht.
Kennt ihr das auch, daß ihr bestimmte Gerichte/Getränke auch mit bestimmten Haushaltswaren verknüpft? So hat meine Mutter heute noch eine kleine Steingutkanne, in der Bouillon gemacht wurde (schon instant). Oder ich erinnere mich an die gepunkteten Plastikbecher bei meinem Onkel, aus der ich Zitronenlimo schlürfte.
Klar, früher war sicher nicht alles besser, aber ich glaube, der Blick in den rosaroten Rückspiegel ist wohl normal. Als Kind hat man die Augen verdreht, wenn die Eltern von "früher" sprachen oder schwärmten. Heute ertappe ich mich immer öfter dabei, wie ich selber so rede. Aber eines war es früher mit Sicherheit, und zwar gemütlicher und sozialer.