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von emil17 » Di 27. Mär 2012, 08:19
Bis ein Programmierer begreift, was der Kunde will, und bis der Kunde begreift, dass er genau wissen sollte, was er will, und dass er das, was er zu wollen glaubt, so formulieren sollte, dass es ein andere Mensch nachvollziehen kann, bis dann vergeht soviel Zeit und bis dahin gibt es Gelegenheit zu soviel Missverständnissen, dass es sogar bei Leuten, die die gleiche Sprache sprechen, eigentlich nie auf Anhieb klappt (Die Wirklichkeit ist noch komplizierter als dieser Satz).
Der Programmierer hasst das Wörtchen "irgendwie" beim Kunden und neigt dazu, die Wünsche des Kunden seinen Fähigkeiten anzupassen. Der Kunde liebt das Wörtchen "irgendwie" (wofür zahle ich die EDV-Experten, wenn die nicht mal programmieren können, was meine gute, aber teure Sekretärin spontan richtig macht?) und begreift selten, dass man sich als Programmierer auch um "seltene Spezialfälle" kümmern sollte: "Was ist, wenn ein Kunde in einer Fremdwährungszahlung in Verzug ist? Soll die Forderung mit Guthaben in der Hauptwährung verrechnet werden, und falls ja, was ist mit der Differenz?" "Ach, darum kümmert sich meine Sekretärin ... "
In der Praxis leiden weder der Geschäftsführer noch der EDV-Spezialist darunter, sondern das niedere Schalterpersonal, das den Kunden nicht so bedienen kann, wie es beide gerne möchten, weil "das System" es nicht zulässt.
Als Folge davon liest man dann, dass ein Spital nach Umstellung auf das viel bessere Buchhaltungssystem ein halbes Jahr lang keine Rechnungen schreiben konnte.
Unsere Institutssektretärin hat, obwohl offiziell unzulässig, deshalb das alte System für die Bezahlung der Fahrtkosten für Exkursionen beibehalten.
Kosten auf sinnvollen Betrag runden, Liste der Teilnehmer auf Papier im Marmeladenglas, in welches auch das Geld kommt und wo der Name bei Bezahlung mit einem schlichten Bleistift gestrichen wird.
Vor Abfahrt steht dann der Leiter mit dem Zettel vor dem Bus: "Müller: sie haben noch nicht bezahlt. Ich krieg jetzt Fr. 20.- von Ihnen, oder sie fahren nicht mit" - funktioniert immer und es braucht kein Mahnwesen.
Das EDV-System kann zwar jederzeit den Zwischensaldo ausweisen, aber nicht sagen, ob jemand schon bezahlt hat oder nicht.
Ich mag es z.B. nicht, wenn ich bei jeder Rückfrage gebeten werde, eine Kunden- oder Auftragsnummer anzugeben. Ich habe einen Namen, der ausreicht, mich von anderen Leuten zu unterscheiden, meine Bestellung hat ein Datum, und wenn die Firma ihr Warenmanagement mit EDV macht, ist das noch kein Grund, von den Kunden zu verlangen, sich die internen Nummern zu merken und zu verwenden, die das Programm braucht.
Was das Sprachproblem betrifft: Ich rede selbstverständlich nicht extra Dialekt, wenn mein Gegenüber das nicht verstehen kann, aber ich rede genau so selbstverständlich in der Kaffeepause nicht Englisch mit meinen Kollegen, bloss weil jemand im Raum ist, der nur Englisch kann. Wenn ich in einen anderen Kanton ziehe, dann muss ich mich damit abfinden, dass die dort so reden, wie sie eben reden. Warum ich da hingezogen bin, ist unwesentlich.
Viele Firmen wissen schon lange, dass es viele Vorteile hat, wenn Leute mit Kundenberührung die regionale Sprache beherrschen. Ein Landmaschinenvertreter, der nur Hamburger Dialekt spricht, dürfte es auf der Schwäbischen Alb nicht leicht haben. In der Schweiz sind deshalb zweisprachige Leute (Italienisch oder französisch und Schweizer Dialekt) sehr gesucht.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.