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von emil17 » Fr 12. Okt 2012, 08:37
Ich glaube, dass man krank wird von irgendwelchen Lebensmitteln, wenn man glaubt, dass sie einem schaden. Aber das wird man medizinisch nie nachweisen können.
Eine positive Esskultur ist, sich bewusst das auszusuchen, was von der Produktionsweise, vom Geschmack und von der Lust her bekömmlich ist, und sich auch Zeit zum Geniessen zu nehmen, und es nicht hastig irgendwann in den Kopf zu drücken.
Ich bin privilegiert: Ich kann essen, was und wann und wo ich will, und soviel ich mag. Ich kann es mir aussuchen. Ich brauche morgens eine halbe Stunde, um einen Milchkaffee zu trinken. Also richte ich es mir so ein, dass das geht, statt über die hektische Zeit zu jammern, die das nicht zulässt. Ich muss mich nicht zum Sklaven meiner Agenda machen lassen und das Handy und die Glotze kann man ausschalten.
Ich weiss, dass mir Chips nicht gut tun, obwohl ich sie mag. Also esse ich eben keine, und gut ist. Das ist mein Problem, nicht das der Chipsfabrik. Ich muss nicht alles fressen, was im Supermarkt ausliegt. Ich trinke 2 Liter Milch pro Tag und fühle mich gut dabei. Hätte ich Laktoseintoleranz, würde ich wohl Tofu und Schwarztee ausprobieren. Die Menschen sind verschieden, nicht alles passt für jeden.
Biite trotz berechtigter Kritik an der industriellen Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie die schlichten Tatsachen nicht vergessen:
Noch nie waren so viele Menschen (in Mitteleuropa) so gesund wie heute.
Früher war die Ernährung oft so, dass die einfachen Leute im Frühjahr nach heutigen Massstäben beurteilt gerade noch keine Vitaminmangelkrankheiten hatten. Lebenserwartung war halb so gross wie heute. Die meisten Krankheiten haben damals ausser dem Betroffenen keinen interessiert. Heuschnupfen oder Bandscheibenprobleme hatte man halt. Allergien? Pech gehabt. Die meisten 50jährigen aus der Unterschicht sahen noch um 1910 so aus wie heute 80jährige aussehen. Ob man Steckrüben und Sauerkraut mag oder nicht, ist ziemlich egal, wenn es nur noch das im Keller hat. Wer lebt heute noch so?
Da Nahrungsmittel bis zu 80% der Lebenshaltungskosten ausmachten, wurden viele halb verdorbenen Lebensmittel trotzdem gegessen. Der Kühlschrank und die industriellen Konservierungsmethoden haben die Lebenserwartung sehr erhöht.
Konserven sind nötig in einem Klima mit Jahreszeiten, wo man nur im Sommer und Herbst ernten kann. Geräuchertes und Pökelfleisch (Nitrit und Teersubstanzen) waren damals in Lebensmitteln wegen falscher Zubereitung in Konzentrationen vorhanden, die einem Lebensmittelingenieur heute das Grausen machen. Lebensmittelkontrollen gab es ja keine. Entsprechend häufig waren Magen-, Darm- und Speiseröhrenkrebse. Dafür enthielt das Zeug fast keine Vitamine mehr. Heute kann man an Mangelkrankheiten in Mitteleuropa eigentlich nicht leiden.
Krankheitsdiagnosen an Knochenfunden von archäologischen Grabungen zeigen, dass früher viele, sehr viele Leute hohle Zähne, als Kind Rachitis und Tuberkulose hatten. Cholera- und Typhusepidemien waren in Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte normal. Fast jeder hatte einen Bandwurm und Läuse.
Gicht und Polyarthritis waren ebenfalls häufiger als heute. Kropf wegen Jodmangel? Normal, wenn du im Gebirge wohnst. Viele blieben wegen Proteinmangel in der Jugend geistig und körperlich zurück.
Man konnte auch im Mittelalter oder in der Steinzeit 80 Jahre alt werden. Nur, heute wird das fast jeder, damals war es vielleicht einer von hundert.
Früher wurden die meisten gar nicht so alt, um das zu kriegen, woran man heute leidet.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.