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von emil17 » So 18. Nov 2012, 11:13
Nur so als Anhaltspunkt, die Wasserwerke der Stadt Zürich geben auf ihrer Webseite an, dass die Aufbereitung des Trinkwassers bei ihnen nur 0.65 kWh pro Kubikmeter benötige. Das ist Seewasser, und dank des grossen Zuflusses aus den Alpen ist dieses schon sehr sauber. Für Stuttgart z.B. kommt der Grossteil des Wassers aus dem Bodensee. In vielen Gemeinden mit Karst (Schwäbische Alb, Schweizer Jura usw.) ist die Wasseraufbereitung extrem teuer, weil das Wasser sofort im Boden versickert und oft von weither bezogen werden muss. Zur Energie kommen dann vielfach noch Spezialchemikalien zur Ausfällung und Sedimentierung von Phosphaten usw. hinzu, deren Herstellungsaufwand nicht im Energieverbrauch des Wasserwerks aufscheint.
Bevor man also generell feststellt, dass Wasser sparen keinen Sinn macht, sollte man sich schon die Mühe machen, den Energieverbrauch pro Wassermenge beim Wasserwerk zu erfragen und überhaupt einmal die generellen Hinweise der Wasserwerke für Verbraucher lesen. Die Überzeugung, dass auch dort nur regelementierungswütige und unfähige Bürokraten sitzen, kann man ja dann in der Diskussion verteidigen.
In Regionen mit viel Wald über Gebirge aus Urgestein oder kalkarmen Sedimenten mag es stimmen, dass Wasser sparen wenig Sinn macht. Die Schweiz ist in dieser Situation privilegiert. Seltsamerweise haben auch bei uns viele städtische Wasserwerke Informationskampagnen zum Wassersparen ("Tragt Sorge zum Wasser") durchgeführt. In Deutschland wohnen mindestens drei Viertel der Bevölkerung entweder im Tiefland und/oder in städtischen Gebieten, wo die Wasserversorgung viel aufwendiger ist.
Schon aus rein statistischen Gründen ist die Behauptung, Wasser sparen mache keinen Sinn, also wahrscheinlich falsch.
Dass bauliche Planung manchmal ins betriebswirtschaftliche Abseits führen kann, ist bekannt. Daran dürften allemal übertriebene Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung schuld sein. Die falsche Sparsamkeit der Bürger (lieber billiges Wasser und verrottete oder zu kleine Leitungen statt Wasserzinsen, die auch langfristige Schadenprävention erlauben), wird wohl das Ihre zum Problem beigetragen haben. Aus England ist dank M. Thatcher hinlänglich bekannt, dass die Privatisierung der Wasserversorgung bald zu teurerem Wasser schlechterer Qualität führt.
Wenn man sich mal die Mühe macht, ein Fachbuch zur Stadtentwässerung zu lesen (lohnt sich), dann gibt es da z.B. Empfehlungen für die Querschnittsform von Abwasserkanälen, damit es auch bei geringer Durchflussmenge nicht zur Sedimentation kommt. Wenn natürlich flächendeckend die Leute mit Ziegelsteinen im Spülkasten usw. die Wassermenge pro Spülung deutlich unter dem halten, was die technischen Richtlinien für Sanitärinstallationen vorschreiben (da hat sich jemand etwas dabei gedacht), dann kommt es zu Problemen. Geiz ist geil und Geiz frisst Hirn.
Wer fanatisch Wasser sparen will, soll sich lieber ein Trockenklo anschaffen statt dem WC das Spülwasser unter das technisch nötige Minimum zu beschneiden. Die offiziellen Wassersparhinweise informieren denn auch darüber, wie man unnötigen Wasserverbrauch einschränken kann.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.