frodo hat geschrieben:AlterSchwede hat geschrieben:
In dem System gibt's am Ende keine "offenen Rechnungen" oder "unbezahlte Schulden" oder sowas... Folglich gibt's da auch Niemanden der auf einer Forderung sitzen bleibt...

richtig, - die Frage ist nur WER die Schulden und Rechnungen bezahlt. Bei den letzten Spekulationen im großen Stil war das, nach meiner Kenntnis, immer der Steuerzahler..
Alter Schwede, - wenn Du immer noch selbst das Spekulationsrisiko trägst, hast Du "das System" noch nicht richtig im Griff

Ok - jetzt wirds extrem schwierig... auch weil jetzt Finanzprodukte berührt werden von denen ich auch nicht besonders viel verstehe.
Erinnern wir uns aber erstmal zurück: Der Auslöser der Staatsschulden/Finanzkrise waren sog. strukturierte Wertpapiere. Mit Spekulation haben diese Dinger allerdings vergleichsweise wenig zu tun (wenn man mal davon absieht daß der Käufer natürlich darauf vertraut in einer bestimmten Zukunft einen zugesicherten Ertrag zu erhalten). Strukturierte Wertpapiere muß man sich ja grob so vorstellen daß Jemand (hier Hypothekenbanken) Einen ganzen Haufen Ansprüche in einen "Topf" wirft und daraus ein neues handelbares Wertpapier bastelt. Das interessante ist im konkreten Fall daß alle Beteiligten eigentlich davon ausgingen da eine sehr sichere Sache an der Hand zu haben. Immerhin waren ja die Ansprüche mit Hypotheken abgesichert. Auch der Ertrag dieser Papiere stand sozusagen von Vorne herein fest. Diese Dinger haben also erstaunlich viele Gemeinsamkeiten mit sowas "konservativen" wie Staatsanleihen. Auch die sind bekanntlich handelbar und am Ende der Laufzeit winkt ein "garantierter" Ertrag. Sehr spekulativ ist das ja nun eigentlich gerade NICHT.
Was schiefgelaufen ist wissen wir ja auch: Wegen dem Preisverfall der Immobilien brach diesen strukturierten Wertpapieren ihre "Absicherung" weg. Die Dinger hatten nun "Junkstatus" und waren praktisch gar nicht mehr verkäuflich. Letzteres übrigens weniger wegen der Tatsache daß die vorhandene Sicherheit deutlich geringer waren - sondern vor allem weil die Herausgeber dieser Papiere ebenfalls von diesem unerwarteten Problem heimgesucht wurden. Freddie Mac, Fanny Mae sind Hypothekenbanken... die HRE und deren "Problembeteiligungen" ebenfalls... Und ansonsten traf es halt Jeden der sich solche Dinger als Diversivizierung an Land gezogen hatte. Darunter Lehmans Bros und praktisch alle Großbanken. Und weil diese Papiere für Anleger mit bestimmten Erwartungen (Attraktive Rendite bei hoher Sicherheit) sehr attraktiv waren wurden diese Dinger dann auch noch bis zum Kleinsparer "durchgereicht". Vielfach sogar noch als "künstliches Produkt" ohne den konkreten Bezug zur Realwirtschaft. ((Zertifikate)).
Das Problem dieser Dinger war also nicht daß da Anleger zu Gange waren die besonders "spekulativ" oder "risikoaffin" drauf waren - sondern eher das Gegenteil. Das Problem war ein Mix aus Gier (relativ hohe Rendite haben will...) und Verlangen nach Sicherheit (Immobilien als Basiswert).
Der Witz ist jetzt aber daß wir exakt die selbe Konstellation auch bei Staatsanleihen haben. Dort wird sogar deutlich daß es den Anlegern gar nicht mal um Rendite geht - sondern quasi ausschließlich um Sicherheit. (Die aktuellen Anliehen haben ja vielfach schon eine nominale negative Verzinsung... "nur" negative Realverzinsung ist ja heute schon was "Besseres"). Und auch bei den Staatsanleihen hatten wir jetzt schon Fälle wo man die Dinger zumindest teilweise als Verlust abschreiben konnte... Also nix mit Sicherheit die da eigentlich "Alle" als selbstverständlich angenommen hatten.
Und an diesem Punkt kommt ein weiteres Problem ins Bild: Die "Ausfallversicherung". Wo immer sich selbst kleine Risiken zu einer großen Gefahr addieren wird das "Restrisiko" versichert. Auch da liegt das Problem nicht in Versicherungen (da käme jetzt auch echte Spekulation bzw. der Spekulant ins Bild...) sondern einer Risikoeinschätzung die sich als Irrtum erweist.
Selbst griechische Staatsanleihen galten noch vor gar nicht so langer Zeit als "Bombensicher". Eine Versicherung gegen "Staatspleite" (Zahlungsausfall) war entsprechend billig zu haben. Viele Anleger in Staatanleihen haben sich also für "Peanuts" versichert... und jetzt wäre der eigentlich für unmöglich gehaltene Versicherungsfall eingetreten...
Die Versicherer wären in diesem Fall vorwiegend Banken gewesen... die Versicherten vorwiegend Rentenfonds.
Ich weis jetzt nicht wieviele oder gar welche Banken alleine an den Forderungen zerbrochen wären die sich aus der Pleite Griechenlands und den damit einhergehenden "Versicherungsansprüchen" ergeben hätten. Sicher wäre wohl nur daß es Einige gewesen wären... und auch sicher nicht nur auf Niveau "Stadtsparkasse Stenkelfeld". Jetzt denken wir von hier weiter: Einige Banken haben nicht nur "kein Geld mehr" sondern sind tatsächlich nicht mal in der Lage die im Raum stehenden Ansprüche "der Versicherten" zu bedienen.
Die Folge wäre nun daß der Zahlungsausfall u.A. bei den Rentenversicherern voll ins Kontor schlägt. Die "Rente" wäre nun über Nacht plötzlich alles andere als "sicher"...
Um diese Situation zu vermeiden kam zuletzt der Steuerzahler ins Bild. Sein Geld (bzw. seine Garantien) halfen jetzt die Staatspleite Griechenlands irgendwie so hinzukuddelmuddeln daß sie eben keine "richtige" Staatspleite mit ihren "eigentlich natürlichen" Folgen war...
An diesem Punkt hat m.E. sogar Frau Merkel recht wenn sie sagt: Das ist für die Steuerzahler die bessere Variante als die Pleite...
Ok - aber an dieser Stelle ist man eben auch schon an der Wurzel des Problems angekommen. Das eigentliche Problem liegt darin daß Politik bestimmt daß bestimmte Schuldner wie in Europa die Staaten per definitionem als "bombensicher" gelten. Viele Institutuionen wie die öffentliche Hand aber auch Versicherer sind sogar gesetzlich dazu verpflichtet sich bei bestimmten Anlagen an derartig "bombensichere" Anlagen zu halten. ((Das waren übrigens auch diese Strukturierten Wertpapiere aus den USA - sonst hätte sich ja jeder "Stadtkämmerer" oder "niederetagige Versicherungsfuzzi" mit sowas direkt in den Knast "geordert"..))
Konkret ist die Ursache des Problems also der Wunsch von Staaten sich "unbegrenzt Geld leihen zu können" - oder umgangssprachlich: Geld drucken zu dürfen. Ohne dieses Schuldgeld wäre in den USA eine Sub-Prime-Krise nicht denkbar gewesen. ((Letztere war ja genaugenommen nur möglich weil die anhaltende Inflation i.S.v. Geldmengenausweitung zu fortwährenden nominalen "Wert"steigerungen der Immobilien (aber auch Aktiendeopots...) führte. Sprich nur dank dieser "garantierten" ständigen (nominalen) "Wert-"Steigerungen war es auch möglich Immobilien mit immer höheren Hypotheken zu belasten... Hauseigentümer ließen sich in den USA sozusagen den nominalen Wertzuwachs ihrer Immobilien für Konsumzwecke "ausbezahlen" ((oft kauften sie dann von dem Geld noch weitere Häuser...))
In Europa hätten wir ohne diese "Geldvermehrung" keine problematischen Verschuldungsniveaus von Staaten. Ohne diese "Sicherheit per definitionem" müßten Staaten ihre Anleihen zu erheblich höheren Zinsen aufnehmen. Sprich: Sowas wie Griechenland hätte der freie Markt schon wesentlich früher "den Geldhahn zugedreht". Griechenland hätte dann einfach keine weiteren Schulden machen können...
Letzteres war natürlich politisch von allen Seiten nicht erwünscht. Auch Deutschland wollte ja einen griechischen Staat und griechische Verbraucher die Deutschland mit Aufträgen/Bestellungen "zugeschissen" haben. Da ging's ja seinerzeit vor allem darum die Probleme mit der Wiedervereinigung "abzufedern"... Auch die damit einhergegangen probleme waren bekanntlich politisch so "gewollt"...
Ok - jetzt wind wir thematisch von Warentermingeschäften - namentlich der Nahrungsmittesspekulation - so weit entfernt wie man eigentlich nur entfernt sein kann. Entsprechend wenig Sinn macht es auch diese Beiden über einen Kamm zu scheren...
