Fleischreifung

hobbygaertnerin
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Fleischreifung

#1

Beitrag von hobbygaertnerin » Mo 7. Okt 2013, 09:25

Dank eurer Beiträge haben wir Kaninchen abhängen lassen und sind sehr angetan davon.
Aber- der Kühlschrank ist viel zu klein.
Wie oder wo könnte man Fleisch reifen lassen?
Abhängen, vaccumieren, .....................................

Olaf
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Re: Fleischreifung

#2

Beitrag von Olaf » Mo 7. Okt 2013, 09:51

Moin,
wenn Du es vakuumiert kriegst sollte es doch eigentlich auch in den Kühlschrank passen?
Wir haben das sg. Büro, ein einstmalieger Schuppen, den ich ausgemauert, leidlich gedämmt und mit Themoscheiben versehen habe.
Da waren letzte Woche noch so 9 Grad. Da hab ich unsere Ziege reingehängt, aber nach 24 Stunden dann zerlegt und weiter im Kühlschrank gelagert, das war mir doch noch zu warm. So in einem Monat sind dort nur noch 5 Grad, dann lassen wir ggf. das Fleisch da auch die ganze Zeit hängen, bei unseren vergleichsweise leichten Ziegen so 3 Tage.
Leicht OT: Die Wachteln letzte Woche haben wir versucht als Warmfleisch zu verarbeiten. Da muss man offenbar sehr schnell sein, eine, die kleineste war zäh wie Leder und ging an den Hund. Die kriegen künftig also auch wieder Kühlschrank verordnet.
LG
Olaf
Eigentlich bin ich ein netter Kerl.
Wenn ich Freunde hätte, könnten die das bestätigen.

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Re: Fleischreifung

#3

Beitrag von Landfrau » Mo 7. Okt 2013, 10:04

naja, liebe Hobbygärtnerin, die nächstgrößere Variante heißt Kühlzelle. Gibt es auch "im Stück", auch fahrbar, üblicherweise wird sie aber vor Ort aufgebaut. Die Dinger sind teuer für den Nutzen, wenn man sie nur alleine oder privat benutzt.

Etwas kleiner kann man eine Tiefkühltruhe mit nem Zusatzthermostat ausrüsten für Temp im niedrigen Plus - bereich, wir haben so etwas auch, aber als Käselager, da Kühlschränke bauartbedingt weniger energieffzient sind als Truhen.

Dann kann man sich mit dem Schlachten auf die kalte JAhreszeit beschränken und im Prinzip den Schlachtkörper überall aufhängen, wo kein "Veehtüch" (Viehzeug) drankommt. Für größere Tiere eignet sich der Frontheber des Treckers sehr gut, kleinere vielleicht in einem großen Fliegenschrank an dunkler, luftiger Stelle (Scheune?)

Vacuumieren und im Kühler dichtgepackt reift das Fleisch auch, aaaber: es hat nicht den gewünschten Gewichtsverlust / Wasserentzug / Verdichtung der Geschmacksstoffe und es bildet sich logischerweise nicht die vor Verderb schützende Trockenhaut. Außerdem staut sich die bei der reifung entstehende Milchsäure, was zu unerwünschtem Geschmackseindruck führt. VAcuumieren würde ich nur machen, wenn keine andere Reifung möglich ist, es ist immer zweite Wahl.

Fürs Pökeln ist der Vacuumbeutel aber erste Sahne - wobei man das Pökeln im VAcuumbeutel technisch vom Vacuumpökeln unterscheiden muss - letzteres geschieht unter Unterdruck.

Ein Stichwort zum Recherchieren "dry - aged meat" - viel Spaß!

L.
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Re: Fleischreifung

#4

Beitrag von hobbygaertnerin » Mo 7. Okt 2013, 12:59

Hallo Landfrau,
diese "edlen"Fleischreifungsschränke hätten schon was für sich, ebenso ein gutes Vakuumgerät- aber.........die dafür zu löhnenden Geldbeträge.
Danke für das Stichwort- das ist eine ganz andere Welt des Fleisches.


Leider ist kein Felsenkeller oder sonstige Naturunterbringung in der Nähe.
Aber mir ist was eingefallen, der Räucherschrank, müsste in der kühleren Jahreszeit dafür zu verwenden sein.
Hänge gleich mal das Thermometer rein und schaue, was sich dort tut. Dort wäre es kühl und luftig, müsste doch zum Abhängen gut zu nutzen sein????

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Re: Fleischreifung

#5

Beitrag von Landfrau » Mo 7. Okt 2013, 15:55

Hallo Hobbygärtnerin,

wie kühl es im Räucherschrank ist, hängt auf etwas längere Sicht von der temp des Aufstellraumes des Räucherschrankes ab.

Zur Fleischreifung ist der Räucherschrank mMn nicht geeignet.
Der Luftwechsel ist nicht ausreichend, kaum Auftrieb, großer Strömungswiderstand, die Atmosphäre darin wird zu feucht, da die Stücke ja feuchtigkeit abgeben, die nicht ausreichend abgezogen wird.

Im Gegenteil nehmen wir beim Räuchern die Stücke zwischendurch extra aus dem Räucherschrank, damit sie abtrocknen können. In Shlachtereien sollen die Kühlhaustüren möglichst selten geöffnet werden, weil sich die Feuchte der eindringenden warmen Luft als Kondensat auf dem Fleisch absetzt - das soll nicht sein.

Also - auf den Räucherschrank einen kleinen Ventilator aussetzen, der die Luft absaugt - aber nicht zuviel Wind machen!! Die Luftgeschwindigkeit ist einer der diffzilisten parameter in der Kühlhaustechnik.

Oder im Aufstellraum des Räucherschrankes eine Art Fliegenschrank aufbauen. Wenn der Raum kühl genug ist, dann geht das.
Wir haben so einen Schrank gebaut aus einem Stahlregal, nur oben und unten ein Boden, dazwischen sind Aufhängevorrichtungen für die Wurststangen, Breite passend zum Räucherschrank. Der Schrank hat Rollen, ist also fahrbar (Durchfahrthöhe aller Türen beachten ;-) und ist mit Insektenschutznetz bespannt. Ist stabiler als Gaze und günstiger als Fliegengitter aus Metall. Darin könnte man sicherlich auch kleine Schlachtkörper abhängen lassen.

Für mich ist das Ding ein Segen, denn am Schlachtetag braucht man oft mehrere Meter Wurststangen, die Wurst muss hängen und aber transportabel sein und man kann halt auch Teile länger drin hängen lassen, sicher vor Fliegen, Katzen ......

Außerdem bedenken, dass Licht eine Energieform ist und diese Energie die Enzyme anregt. Fleisch enthält eigene Enzyme und die zersetzen das fett, es wird ranzig. darum: dunkel halten! Die Eiweißzersetzung bei der Fleischreifung funktioniert anders und ist bis zu einem bestimmten grad ja gewünscht, der fettverderb aber nicht. Jäger lassen Tiere in der Jacke abhängen.....

Viel Erfolg!

L.
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Re: Fleischreifung

#6

Beitrag von sybille » Mo 7. Okt 2013, 18:53

Wenn Du ein Fenster hast, das nicht einsehbar ist, kannst Du das Kaninchen auf der Aussenfensterbank aushängen. Geht natürlich nur bei entsprechenden Temperaturen.
Fronlader geht auch, bloß den hat nicht jeder.
Hühner sind Menschen wie Du und ich, nur das sie zur Hausordnung Hackordnung sagen.

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Re: Fleischreifung

#7

Beitrag von hobbygaertnerin » Mo 7. Okt 2013, 19:07

Hallo Sybille,
Frontlader für Kaninchen :) , Rinder haben wir früher am Frontlader hängen lassen, wäre heute absolut unmöglich, von wegen Fleischbeschau und den ganzen Gesetzen. Ich habe den Kühlschrank ausgeräumt und die Kaninchen am obersten Rost festgebunden, andere Roste rausgeräumt.
Ist nicht perfekt, aber kühl und dunkel.
@Landfrau, ich habe mir den Räucherschrank genauer angesehen, der ist nicht Mäusedicht, möchte jetzt nicht, dass die dort über das Fleisch rennen. Der Schrank wurde schon seit dem Tod meines Schwiegervaters nicht mehr benutzt, schon langsma wird's Zeit, dass wir das Räuchern wieder lernen.
Wo finde ich Infos über Fleischreifung, so geschrieben, dass ich als Greenhorn das auch verstehe, ohne ein Chemiestudium gemacht haben zu müssen?
Dieses Thema interessiert mich, weil noch so gute Fütterung, Haltung, stressfreies Schlachten vorausgesetzt, doch eher umsonst war, wenn das Fleisch nicht ausreichend abgehangen wird.
Leider ist das ein absolutes Stiefkind, klar, es kostet und macht das Fleisch teurer.
Nur - wird dann immer geschumpfen auf die schlechte Fleischqualität- und doch lieber zum billigen Hähnchenfleisch gegriffen.

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Re: Fleischreifung

#8

Beitrag von Landfrau » Mi 9. Okt 2013, 10:18

Liebe Maria,

das Thema Fleischreifung / -verarbeitung auf erweiterter Hobbyebene findet sich im I - Net kaum.

Entweder man ließt zB baumgartner, das ist die high - end - Variante oder man spekuliert mit anderen herum, zB im Wursten Forum bei chefkoch. de.

Das Wissen ist in der Tat kaum online, wer das macht, äußerst sich zu entscheidenden Details nicht (wär er auch schön blöd....) und wer es macht erntet häufig gute - auch gute bis sehr gute - Zufallsprodukte, weiß aber nicht, warum und reproduzierbar sind sie darum nicht.

Entweder man macht es so wie es die Leute - in der Region, das ganze ist ja klimaabhängig - "früher" gemacht haben. Aber die Alten wissen oft auch nix mehr oder eben nicht die entscheidenden Sachen oder die Orte / gebäude stehen nicht mehr zur Verfügung. In Nds zB die rauchfänge der feuer auf den Deelen - es gibt keine Rauchhäuser mehr.

Außerdem bin ich überzeugt, dass es den Leuten früher primär ums Haltbarmachen ging und nicht um den allerletzten Gaumenkitzel. Ein Tier war viel zu wertvoll (manche Leute, insbesondere Selbstversorger, aßen oft genug ein ganzes Jahr kein Fleisch...weil sie keins hatten...). Darum hat man, je nach klimaregion, gesalzen, gepöklet, geräuchert, getrocknet was ging und nicht das Fleisch der Gefahr des verderbs ausgesetzt. Gammelig wurde es schnell genug, dass musste man nicht forcieren.

regionsunabhängig kann man heute alles machen, das bedarf aber einer entsprechenden Klimatechnik. Parmaschinken geht heute auch im Dschungel und Bündner Fleisch auch in Riga - nur, dass es nicht so heißen darf. Übrigens hat ein Schweizer Ort sich umbenannt in "Tilsit", um Tilsiter Käse herstellen zu können, der ursprünglich kein Schweizer Produkt ist...anderes Thema.

Zum Trost sei gesagt, dass Fleisch aus anständiger appetitlicher Haltung schon so viel besser ist als agroindustrielles, dass es schon ein großer Schritt ist, nach Durchlaufen der Totenstarre und einer tierartbedingten Reifezeit (Geflügel gar nicht, Schweine 2 Tage, Rinder 2 Wochen) das Fleisch zu verzehren. Es muss nicht unbedingt jahrelang vor sich hinschimmeln......auch wenn es dadurch unendlich *lecker* wird, es ist so schon unbezahlbar gut.

Angelesener Weise wäre noch zu berichten, dass Wild solange abhängt (in der Decke, kopfüber) bis sich an der Nase ein öliger Tropfen bildet (Was nur zersetzes Fett sein kann - börks) und Fasane solange abhängen, bis ihnen die Schwanzfedern ohne kraft ausgezupft werden können, Auch börks. Und, ja, vieles von dem Wild, dass in dt Handel und Restaurants kommt, wird in Polen geschossen und in der Decke in Kühlhäuser geworfen, dort liegengelassen, bis mal wieder ein Transport geht und es dafür aufgearbeitet wird.....noch ein börks. Selbermachen! Die einzige Chance auf appetitliche Fleischwaren.......

ich habe diese Art von Perfektionismus bei Rohpökelwaren - Speck, Schinken, Mettwurst.
Und auch schon viel Lehrgeld bezahlt - ganze Chargen verwerfen müssen aber auch ein "wie Serrano - Schinken, hervorragend" - Lob geerntet, von jemandem, dessen Urteil in der Branche das letzte Wort ist :-).
Und alte Leute sagen "so was kriegt man ja seit Jahrzehnten nicht mehr zu kaufen".....

Aber reproduzierbar?
Natürlich habe ich viel gelernt dabei, auch Wissen, dass ich nicht weitergebe - aber das Wetter - und damit die klimatischen verhältnisse auch drinnen, ich habe ja keine Klimakammer, kann ich nicht vorherwissen. Außerdem kann jedes Tier individuell sich vom Vorgänger unterscheiden. Inder Industrie kommen 1000 Schweine in einen Topf, (bzw man verwendet gezielt Parteien und Tiere für ein bestimmtes Produkt) darüber wird gesteuert.

Hat man nur eines auf der Schlachtbank, spielen Alter, fettanteil. Fütterart und Ernährungszustand, Geschlecht und Hormonlage, genetik eine so große Rolle, dass man wirklich nicht von reproduzierenbaren Waren ausgehen kann.

"Dämpfen" kann man die Auswirkungen dieser Parameter durch allerhand Chemie, die der Fleischereibedarf bereithält, aber bei deren verwendung wär ja die ganze Mühe umsonst.

Aber damit soll es gut sein, dein Thema ist ja die Reifung von unverarbeitetem Fleisch.


Viel Erfolg und Freude, dabei!

L.
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Sabi(e)ne
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Re: Fleischreifung

#9

Beitrag von Sabi(e)ne » Mi 9. Okt 2013, 10:35

dass es schon ein großer Schritt ist, nach Durchlaufen der Totenstarre und einer tierartbedingten Reifezeit (Geflügel gar nicht, Schweine 2 Tage, Rinder 2 Wochen) das Fleisch zu verzehren.
Das sehe ich aus meiner Erfahrung heraus etwas anders - Geflügel durchaus 2-3 Tage, Schweine eine Woche, und Rinder 4 Wochen.
Der Unterschied ist enorm. Und ist mit Haushaltsmitteln nicht zu erreichen - dafür braucht es die sehr trockene Kühlkammer. Beim Rind geht dann etwa 12% des Wassers raus - kann sich jeder ausrechnen, warum Vakuumieren so beliebt ist.... :)
I love life. And it loves me right back.
And resistance is fertile. :-)

Words are no substitute for actions...

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Re: Fleischreifung

#10

Beitrag von Landfrau » Mi 9. Okt 2013, 13:39

Es ist durchaus nicht so, dass Fleisch durch Reifen nicht - eine Zeitlang - besser wird - aber das ist die zweite Stufe der Qualitätssteigerung.

Die erste ist, dass man appetitliches Fleisch erzeugt. Und das ist schon mal mehr, als man kaufen kann.
Wenn man das nicht hat, führt der zweite Schritt vielleicht zu aromagebender Proteolyse, nicht aber zu appetitlichem Fleisch.

Die Luftfeuchte "Trockenheit" einer Kühlzelle ist schlicht abhängig von deren Temperatur.
Trocken "genug" ist sie bei den Fleischreifungstemperaturen immer.
Das kann man am Verdampfer eines jeden Kühlgerätes sehen.

Deutlich schwieriger ist es, eine feuchte Kühlraumatmosphäre zu erzeugen wie sie zB für die Gärunterbrechung / Gärverzögerung von Teiglingen benötigt wird. Aber das ist ein anderes Thema......

L.
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