Holundersekt

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Manfred

Holundersekt

#1

Beitrag von Manfred » So 20. Jul 2014, 20:02

Es gibt zwar schon einen Thread mit Holunderrezepten, für dieses Spezialthema möchte ich aber einen eigenen eröffnen.

Auslöser war dieses Thema, in dem parson von seinen explodierenden Holundersektflaschen berichtet hat.
http://www.selbstvers.org/forum/viewtop ... 1&p=205589

Da dieses Problem offensichtlich schon mehrere User hatten und die Sache nicht ganz ungefährlich scheint, habe ich im Landtreff bei den Weinspezialisten nachgefragt:
http://www.landtreff.de/post1188292.html

Das Problem ist, dass bei den Holundersekt-Rezepten im Ansatz viel zu viel Zucker enthalten ist. Wird diese Zuckermenge unter Druck vergoren, bildet zu viel CO2, dass dann irgendwo entweichen muss. Und wenn die schwächste Stelle die Flasche ist, dann platzt diese.

Bei normalem Sekt aus Wein besteht die Herstellung aus 2 bis 3 Schritten (http://de.wikipedia.org/wiki/Sekt):

Zunächst wird mittels druckloser Gärung (also z.B. mit einem wassergefüllten Gäraufsatz) normaler Wein hergestellt.
Dem fertigen Wein wird dann zur C02-Bildung noch mal 22 g/Liter bis 24 g/Liter Zucker und etwas Hefe zugesetzt und das Ganze in Sektflaschen gefüllt und verschlossen.
Dann erfolgt die Gärung unter Druck, bei der aus der kleinen Zuckermenge noch mal etwas Alkohol (ca. 1 % bis 1,5 %) und die gewünschte CO2-Menge entsteht.
Zur Gärung sollten besonders stabile Flaschen (z.B. Bierflaschen mit Bügelverschluss) verwendet werden. Dünnwandige Flaschen sind ungeeignet.


Jetzt stellt sich die Frage, wie man das auf die heimische Holundersektproduktion anwenden kann:

Wenn man einen richtigen Sekt will, der länger lagerfähig ist, muss man wohl auf das zweistufige Verfahren wie bei der Weinherstellung umsteigen.
Zuerst wird ein Ansatz mit einer Zuckermenge erstellt, die dem gewünschten Alkoholgehalt entspricht.
Eine entsprechende Tabelle findet sich hier:
http://www.fruchtweinkeller.de/Wine/oechsle.html
Für 10% Alkohol also 170 g Zucker.
Nach dem Aromatisieren die Holunderblüten absieben und die Ansatz mit einem Gäraufsatz drucklos vergären lassen, bis kein CO2 mehr entweicht.
Dann die oben genannten 22 bis 24 g Zucker / Liter zufügen und dass Ganze in Flaschen füllen, verschließen und fertig gären lassen.

Das Ergebnis sollte ein trockener Sekt sein.

Wer es eher süß mag, hat das Problem, dass sich die Gärung mit Haushaltsmittel nicht so unterbrechen lässt, dass noch nennenswert CO2 im Endprodukt enthalten ist.
D.h. man müsste den fertigen Sekt nachsüßen oder im Ansatz zusätzlich ein zuckerfreies Süßungsmitel verwenden. Evtl. würde Stevia funktionieren? Ich weiß aber nicht, was damit während der Gärung passiert. Müsste jemand ausprobieren.

Andere Möglichkeiten:

-Beim Einstufigen Verfahren bleiben und jeweils nur so kleine Mengen "Sekt" ansetzen, wie man innerhalb von 2 bis 3 Wochen verbraucht. Den sirupartigen Ansatz könnte man auch in größere Menge herstellen und nach Sterilisation lagern. Wenn man dann Sekt will: Flasche auf, etwas Sekthefe rein, Flasche wieder zu und 2 bis 3 Wochen warten.

-Einen süßen Ansatz herstellen, diesen bis zum gewünschten Alkoholgehalt drucklos vergären lassen und dann den Gärvorgang durch thermisches Sterilisieren unterbrechen. Dann hat man einen süßen bis trockenen (je nach Zeitpunkt des Abbruchs) Holunderwein, den man mit einem Trinkwassersprudler (Sodastream etc.) zum Perlwein aufmotzen kann.

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Re: Holundersekt

#2

Beitrag von parson » Mo 21. Jul 2014, 06:54

Hi Manfred,
da hast du mal wieder in gewohnt gründlicher Weise recherchiert und dir absolut kreativ Gedanken darüber gemacht, wie der laienhaften Sektproduktion abgeholfen werden könnte.

Vielen Dank dafür!!!

In ähnlicher Weise machte ich mir auch schon "einen Kopf" und verwarf für den Normalo-SV-Haushalt die Sektproduktion im 'Einmalverfahren', nachdem das dermaßen in die Hosen gegangen ist.

Grade das kennzeichnet simple Möglichkeit aus: Ausprobieren und wenn's klappt ist's gut - wenn nicht, is halt nix zu machen.

Da fällt mir immer der Uraltfilm "Alexis Sorbas" mit Antony Quinn ein; solltest du den kennen, weißt du was ich meine.

Was den Hollersekt angeht, werde ich eben zurückfahren . . . wenn er blüht, einen Pott voll ansetzen und innerhalb von 1 -2 Wochen wegtrinken.
Nur er hat dieses unvergleichlich leichte, duftige Sommeraroma der Naturhefen.

Meine Hollunder-Wein-Produktion heuer ist dagegen ein voller Erfolg, wobei der grundlegend anders schmeckt (ist ja auch mit Zuchthefen vergoren, was den Normal-Alkoholgehalt für Wein so zwischen 10 und 14Vol.% erst ermöglicht. Dafür bringen diese Hefen aber auch nicht dieses unverwechselbare Aroma.

Wäre ich Profi-Weinerzeuger, würde ich mich in die Züchtung dieses Naturhefenstammes einarbeiten, der auf den Hollunderblüten regelmäßig zu finden ist.

Also nochmals vielen Dank für deinen profunden Beitrag!
lg parson


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Manfred

Re: Holundersekt

#3

Beitrag von Manfred » Mo 21. Jul 2014, 08:59

Im Landtreff wurde noch eingewandt, dass das normale, einstufige Rezept mit reduzierter Zuckermenge (100 g pro Liter) auch funktioniere.
Es gibt also einiges zu probieren. Da ich selbst keinen Alkohol trinke, müsst aber ihr ran. ;)

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Re: Holundersekt

#4

Beitrag von parson » Mo 21. Jul 2014, 10:14

Bisher nahmen wir immer 160g/l ; das wäre ja klar zu viel und auch logisch, dass da zuviel Druck entsteht.
Und es ist ja jahrelang "gut" gegangen mit dem zuviel an Zucker - bis auf heuer.
Das gäbe ja Hoffnung! :pfeif:
Mal sehen, ob ich noch einen Versuch hinbekomme...

Falls der Mut uns nicht verlassen hat und ein neuer Versuch läuft, werde ich berichten! :sekt:
lg parson


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Re: Holundersekt

#5

Beitrag von Sarek » Mo 21. Jul 2014, 14:48

Besten Dank für die Recherchen!
Hier ist dieses Jahr der Holunder schon in einigen günstigen Bereichen reif (!). Unglaublich. Letztes Jahr wars im September...

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Re: Holundersekt

#6

Beitrag von parson » Di 22. Jul 2014, 07:05

@ sarek,
du hast aber schon mitbekommen, dass es sich beim Sekt um die Blüten und nicht um die Früchte handelt? :hmm:
Blüten gibt's jetzt nur noch vereinzelt - aber immer noch!

Ich werde mich also aufraffen und eine 5l-Test-Charge :pfeif: ansetzen, explosionssicher verwahren und abwarten, ob sich was tut!

Von den Beeren werde ich mir auch ein Pfund abpressen, den Saft auf etwa 80° C erhitzen. Den nehme ich zum Färben von z. B. recht 'farblosem' Marillenwein...
Der sieht dann wunderbar wie ein echter Rosé aus . . . . wenn schon panschen, dann auch optisch :pft: !

Es ist übrigens unglaublich, wie der Holunderbeerensaft färbt!
lg parson


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Re: Holundersekt

#7

Beitrag von Benutzer 2354 gelöscht » Di 22. Jul 2014, 08:27

Holunder wird in der Industrie auch zum natürlichen färben von genommen, funktioniert recht gut. ;) ich hab damit mal Brot gefärbt wollt aber irgendwie keiner probieren :aeh:

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