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von Landfrau » Di 22. Okt 2013, 11:48
Hallo Dagmar,
an einer Stelle oben habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Nicht das halbwarme Herumstehenlassen gespülter Gläser ist das Problem (immer mit der Öffnung nach unten), sondern die Zeit zwischen dem herstellen der Wurstmasse und dem Einkochen. Kochstreichwurst (und dazu gehört Geflügelleberwurst) soll möglichst heiß hergestellt (je roter die Finger, umso besser die Wurst, zum Auslösen Spezialhandschihe verwenden) und eingefüllt und sofort eingekocht werden - hierbei kann und soll die Temperatur des Wassers beim Einstellen der Gläser der Temp des Glasinhaltes entsprechen- sonst kühlt sich der Inhalt wieder ab und wird dann wieder aufgewärmt. Was zu vermeiden ist, weil man ja wieder in den kritischen lauwarm - bereich kommt.
ANdererseits lässt sich bei so einem kleinen tier und dem erforderlichen gefummel eh kaum vermeiden, dass das Kochfleisch erkaltet - was der Qualität abträglich ist.
ich glaube übrigens nicht, dass beim Vorbereiten der Gläser ein Problem aufgetreten ist, sondern bei der Fleischauswahl.
Geflügelfleisch aus agroindustrieller Haltung und MAssenschlachtung ist so ziemlich das mikrobiell belastetste, was auf dem Markt ist.
Steht sogar schon in der Boulevard - Presse, by the way. Und Geflügelleber, wegen des hohen Blutanteils (blut ist extrem leicht verderblich, daher auch die hohen ANforderungen ans Ausbluten bei rituellen helal - Schlachtungen.) ist auch was für die Katz.
Die Viecher (Hühner, Katzen zwar auch, sind aber nicht gemeint) haben eine große Oberfläche und wenig Fleischmasse. Die Oberfläche kommt in Kontakt mit BRühwasser, federn, Blut, Resten aus Kropf und Darm, dem Husten des Personals, eigentlich allem, was bäh ist. Fleisch von gesunden entspannten Tieren ist (erstmal) keimfrei. Die Haut und Schnittstellen nicht. Hat ein SChlachtkörper nun viel Fläche und wenig Inhalt und wandert durch einen Massenschlachthof, ist das, was rauskommt eh schon nur noch mit GUmmihandschuhen anzufassen und am besten direkt ins kochende Wasser zu werfen.
Die Lebern liegen auch zu Tausenden beieinander und tauschen munter Keime aus, während das Blut sich zersetzt.
Man muss sich darüber im Klaren sein, dass mikrobielles Wachstum exponentiell verläuft, was sich der Mensch aber nicht vorstellen kann......es geht einfach immer schneller, ja länger es dauert.
Die Einkochzeiten, die Weck für Fleischkonserven aus rohem fleisch angibt, gelten übrigens für Warmfleisch, also für fleisch, das vor dem Durchlaufen der Totenstarre ins Glas gefüllt und eingekocht wird. Warum? Weil dies der mikrobiell unkritischste Status ist, Nur kann man solches Fleisch nicht kaufen.
Alle Gerätschaften, die nun mit der Wurstvorbereitung in Berührung gekommen sind, würde ich mindestens abkochen.
Eine Flasche Sterilium in der Wirtschaftsküche schadet auch nicht.
"biohühner" oder eigene sind mMn auch keine Lösung, deren mikrobielle Belastung ist eher höher und wenn aus Hausschlachtung wäre ich eher skeptisch. Je kleiner der Betrieb (die Viecher laufen jahreaus jahreien auf gleicher Fläche) , desto problematischer die Hygienezustände sagte unser Lebensmittelkontrolleur. Hab ich auch erstmal geschluckt, aber er hat wohl recht. Will sagen, bio und klein schützt vor Keimen kein bischen. Nur vor dem Austausch und der Ausbreitung neuer Keimarten.
Ich würde auch aus unseren Hühnern keine Leberwurst machen, dazu sind die mir zu schade.
Nochmal zur Temp:
Sog. Kesselkonserven müssen eine Kerntemp von 98 Grad erreichen. dazu ab Kochbeginn 1,5 min pro mm Kaliber einkochen.
Halbkonserven werden nur pasteurisiert, Kerntemp 68 Grad, sind kühlpflichtig, Vollkonserven (was man so kaufen kann....) gehen nur im Autoklaven, Kerntemp 121 Grad. Tropenkonserven sind noch toter und nur was für die ganz ausgebufften Katastrophenfreaks.
Und noch ein Tipp. versuch dein Rezept einfach mal in kleiner Menge mit Schwein. Einfach deshalb, weil man gerade bei Kochwürsten in erster Linie die Würze schmeckt. Es dürfte mikrobiell viel einfacher zu beherrschen sein, man kann viel schneller arbeiten. Und es ist auch nicht so, dass man nach dem Verzehr von Schweinefleisch tot umfällt. Vielleicht darf man dann nicht zu Rechten Allahs sitzen oder eines anderen Gottes.
Die Leber darf übrigens nicht eingefroren gewesen sein und wird heutzutage gekuttert bis sie emulgiert. Das spart fett im Rezept.
"herkömmliche" Rezepte (also die, die in all diesen Hobby - Wurstmach - Büchern stehen) sehen das Brühen der Leber vor. Dabei wird sie innen nicht durchgegart (wie das bei Geflügelleber gehen soll, ist mir schleierhaft) und verbleibt also auch im mikrobiell kritischen zustand. Umso wichtiger, die Wurstgläser hinterher ausreichend einzukochen.
Das soll es nun gewesen sein. Das Schwein steht schon zum Verladen im Stall und ich habe noch zu packen, Gewürze zu mahlen, Zwiebeln zu schmoren, Eimer und Wannen zusammenzustellen.....das Genialste ist dann die erste Bratwurst aus dem BRühschrank, in eine Scheibe frisches BRot geklemmt.....die Intensität der gewürze lässt nämlich erstaunlich nach aber in unterschiedlichen Tönungen, weshalb es nicht reicht "mehr" zu würzen, sondern nur, frischer zu essen.
Womit ich ausdrücklich zum Selbermachen anstiften will, auch wenn es aus gekauftem Fleisch ist und viel Erfolg wünsche.
Fleischer ist ein beruf, der Hauptschülern offensteht.
Und hat mit Hokuspokus nichts zu tun.
Nur mit guter Qualität, Frische, Schnelligkeit, Hygiene und wenig mehr Know - How, als in ein berufsschulbuch passt.
Zumindest fühle ich mich als Hauswirtschafterin dem durchaus gewachsen ;-).
Also allen, die sich autodidaktisch mit Wissen selbst versorgen, alles Gute!
L.
Den Inhalt einer Botschaft bestimmt der Empfänger :-)