Golfareale hinsichtlich Düngeverbrauch und Pflegeaufwand

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emil17
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Golfareale hinsichtlich Düngeverbrauch und Pflegeaufwand

#1

Beitrag von emil17 » Mi 1. Mai 2024, 09:26

Ich möchte mal das Thema Golfsport im Zusammenhang mit Flächenverbrauch und Umweltbelastung zur Diskussion stellen. Die bei (fast) allen Sportarten hinzukommende Umweltbelastung durch Anreise und Ausrüstung wird nicht betrachtet.
Da findet man wie bei allem, wo finanzielle Interessen im Spiel sind, ganz unterschiedliche Angaben.
Ich persönlich finde Golf dekadent, weil man durch eine Freizeitbeschäftigung ohne irgend einen Nutzen für Dritte offenbar wesentlich mehr Wertschöpfung auf besten Landwirtschaftsflächen erzielen kann, als durch Erzeugung von Nahrungsmitteln. Aber ich spiele nicht Golf und ich mache auch Dinge, die andere Leute unnötig finden, deshalb ist das bloss meine persönliche Meinung dazu.
Golfplätze haben allerdings eine wichtige Biodiversitätsfunktion in ansonsten ausgeräumten Agrarlandschaften, weil es dort noch viele Kleingehölze, Tümpel, manchmal auch Steinhaufen und andere Biotope gibt. Meist werden solche Ausgleichsflächen vom Golfplatzbetrieb bewusst angelegt und entsprechend unterhalten. Im Interesse steht jedoch der Düngeaufwand samt möglicher Gewässerbelastung und der Wasserverbrauch, weil das mit dem Golfbetrieb zwingend verbunden ist.
Eine rasche Recherche ergibt folgendes:
Rund 720 Golfplätze sind in Deutschland angelegt. Viele rühmen sich damit, besonders ökologisch zu sein.
50 bis 80 Hektar Land würden für einen Golfplatz im Durchschnitt benötigt, darauf fänden drei Landwirtschaftsbetriebe Platz. Auch prangern sie [die Umweltschützer] den hohen Wasserverbrauch an: "Typischerweise braucht ein Golfplatz mit 18 Löchern in Mitteleuropa ungefähr 35.000 Kubikmeter Wasser pro Jahr. (Stern.de, Magazin)
Pflanzenschutz und Düngung auf Golfplatz gerät in Kritik
Benachbarte Landwirte, deren Wasserquellen Pflanzenschutzmittelrückstände aufweisen, machten Mitte Mai Strafanzeige gegen Golf Küssnacht am Rigi.
Gemäss Proben sind in mehreren Quellen und Bächen rund um den Golfplatz Küssnacht Metaboliten [Abbauprodukte, e17] des Fungizids Chlorothalonil zu finden. Drei Betroffene haben nun Mitte Mai beim Bezirksgericht Küssnacht Strafanzeige wegen starker Gewässerverschmutzung im Gebiet des Golfplatzes Küssnacht eingereicht. Chlorothalonil wurde unter anderem auf Golfplätzen gegen Gras-/Rasenpilze eingesetzt. (Schweizer Bauernzeitung)

Der Golf- Dünger
Viele Umweltschützer bemängeln noch heute die negative ökologische Auswirkung eines Golfplatzes. Dabei werden auf einem Golfplatz nur 5 bis 10 Prozent der Düngemenge verwendet, die auf der gleichen Fläche bei einem Agrarbetrieb benötigt wird. Die pflegebedürftigen und kompliziert angelegten Grüns benötigen dabei den größten Anteil des Golf- Düngers. Aber selbst auf den Grüns werden nur 20 Prozent der auf einem Acker benötigten Düngermenge verteilt. Durch die dennoch bestehende Kritik vieler Naturschützer und einiger Teile der öffentlichkeit, werden ständig neue Maßnahmen zur ökologischen Golfplatzpflege entwickelt und erprobt. Der DGV zeichnet darüber hinaus jährlich besonders ökologisch gepflegte und angelegte Golfplätze mit verschieden Preisen aus, die gleichzeitig auch mit gar keinem oder sehr wenig Golf- Dünger auskommen. (golf-shop.de)

Was wird da mit was in Bezug gesetzt? Ein Golfplatz mit einem Gemüsebau-Intensivbetrieb, oder mit einem Betrieb, der vorwiegend Getreidebau macht, oder gar mit einem Hof, der Viehwirtschaft auf Dauergrünland hat? Hier besteht viel Spielraum für die Berechnung schöner Zahlen und deshalb sagt das wenig aus. Mit Kilogramm NPK pro Fläche und Jahr hätte man verständliche Daten.

Hierzu auch die Richtlinien über Platzbewirtschaftung in einer wärmeren und trockeneren und reglementierteren Umwelt von swissgolf.ch für das Jahr 2030

Ich finde auf die Schnelle keine Zahlen über den Düngeaufwand oder die zulässige Düngemenge pro Fläche. Ich finde auch keine Information darüber, ob für Golfanlagen mindestens die gleichen Gesetze wie für landwirtschaftliche Nutzflächen bezüglich Düngung und Umweltbelastung gelten.
Es fehlt nicht der Hinweis, dass Golfplätze bezüglich Flächenverbrauch unwesentlich seien, da sie nur 0.4% der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Schweiz beanspruchten. Das ist eine Rechnerei mit unsinniger Bezugsgrösse, denn über die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Schweiz sind Dauergrünland im Gebirge, d.h. fast ausschliesslich steile, hoch gelegene, nur wenige Wochen im Jahr nutzbare Weiden mit geringem Ertrag pro Fläche. Würde man die Golfplatzflächen in Bezug zu Fruchtfolgeflächen setzen, in deren Bereich sie fast ausschliesslich liegen, sähe der Flächenanteil anders aus.
Ich weiss aus meiner Gegend, dass sich bereits Wassernutzungskonflikte mit der Landwirtschaft abzeichnen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man mit einer vertretbaren Düngermenge einen knallgrünen, kurzen, dichten und oft bespielten Golfrasen über den Sommer hinweg erhalten kann. Es wird im oben verlinkten pdf aber schon in Aussicht gestellt, dass sie den Einsatz von Kunstrasen erwägen, wenn das Wässerwasser knapp werden sollte.
Ich finde auch nichts darüber, was mit dem nährstoffreichen Rasenschnittgut geschieht, das dürften grosse Mengen sein. In städtischen Umgebungen kommt natürlich viel von Parks, Sportplätzen, Schwimmbädern usw. hinzu.
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Re: Golfareale hinsichtlich Düngeverbrauch und Pflegeaufwand

#2

Beitrag von Tscharlie » Mi 1. Mai 2024, 10:22

Natürlich macht es Sinn jeden m² Welt möglichst umweltverträglich zu bewirtschaften.

Golfplätze sind gerade in Ballungsgebieten ein gutes Rückzugsgebiet für Tiere aller Art. Denn im Gegensatz zu Flächen in Parks ect. wird dort nicht an zig Stellen gegrillt, keine Hunde laufen frei rum, keine Menschen trampeln alles nieder.

Natürlich brauchen die nur 20 % des Düngers wie in der Agrarwirtschaft. Denn dort soll ja nur dichtes wenige Zentimeter hohes Gras wachsen und nicht z.B. 3 Meter hoher Mais.

Andererseits gibt es viel wildes Gelände auf Golfplätzen.

Und gibt es überhaupt eine "Draußen"-Sportart die nicht die Natur belastet?
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Re: Golfareale hinsichtlich Düngeverbrauch und Pflegeaufwand

#3

Beitrag von Rohana » Mi 1. Mai 2024, 19:55

Tscharlie hat geschrieben:
Mi 1. Mai 2024, 10:22
Natürlich brauchen die nur 20 % des Düngers wie in der Agrarwirtschaft. Denn dort soll ja nur dichtes wenige Zentimeter hohes Gras wachsen und nicht z.B. 3 Meter hoher Mais.
Wie Emil schon gesagt hat gibt es nicht "die Agrarwirtschaft", denn das kann von a bis z pro ha gehen, je nach Frucht und Intensität. Und ein satt dauergrüner Rasen wird wie oft gemäht? Der hat sicher nicht weniger Leistung als dreischnittes Grünland und wenn man den noch möglichst gesund und frei von "allem anderen" halten will, muss da ein entsprechender Pflanzenschutzaufwand (chemisch) dabei. :hmm:
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Re: Golfareale hinsichtlich Düngeverbrauch und Pflegeaufwand

#4

Beitrag von Bernd Belgien » Do 2. Mai 2024, 16:22

Und gibt es überhaupt eine "Draußen"-Sportart die nicht die Natur belastet?

Angeln, Jagen, ...

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Re: Golfareale hinsichtlich Düngeverbrauch und Pflegeaufwand

#5

Beitrag von emil17 » Fr 3. Mai 2024, 07:33

Genau genommen gibt es das gar nicht. Durch blosse Präsenz belastet man die Umwelt, es ist dann alles eine Frage der Menge.
Beispiel Sportklettern: Ruhig, verhältnismässig wenig Materialbedarf, aber wenn jeder Fels verbohrt wird und Brutvögel wegen der schieren Masse an Leuten gestört werden und sich am Fusse der Einstiege Abfallberge türmen (alles selbst gesehen, trotz energischer Aufrufe der Kletterorganisationen, sich nicht so zu verhalten), dann ist es eben zu viel.
Bei der Jagd hat man z.B. Stahlschrot eingeführt, wegen Bleivergiftungen von Wasservögeln, die das verschossene Korn in den Kaumagen aufnehmen. Und wenn du an einem Badegewässer entlang mit einem Metalldetektor sondelst, findest du immer wieder verlorenes Fischerblei.
Jagd und Fischerei erfüllen allerdings wichtige Hegezwecke, deshalb würde ich das nicht als reinen Sport (Bewegung um der Bewegung willen, ansonst zwecklos) einordnen.
Am ehesten ist wohl Wandern dabei.

Zum Thema:
Ich vermute, Golfgrün liegt beim Düngerverbrauch gleichauf mit mähroboterfähigem Zierrasen ums Haus, mit Sportplätzen usw. Ich weiss nur, dass stark strapazierter Zierrasen viel Dünger und Wasser braucht, weil die Regenerationsfähigkeit des Grases stark beansprucht wird. Da gibt es Rasenmischungen mit speziellen Sorten von Gräsern extra dafür gezüchtet. Das ist alles eine Wissenschaft für sich.

Was auch dafür spricht, dass da viel draufgehauen wird, und deshalb bin ich drauf gekommen: Das Schnittgut von Rasenmähern (das, was nach einem warmen Tag zu fermentieren anfängt und was man massenweise auf Gründeponieplätzen findet) hat extrem gute Düngewirkung. Wenn ich mit meinem Rasenmäher solches Material zu Mulchzwecken verwende, wirkt das deutlich weniger.

Auf die Schnelle finde ich
Stickstoffbedarf der Rasengräser

Der Bedarf der Rasengräser an Stickstoff (N) liegt je nach Belastung bei 20-30 g Rein-N/m²/Jahr.
Wird der Sportplatz 15-20 Stunden pro Woche belastet, dann sollte man mind. 20 g Rein-N/m²/Jahr düngen.
Bei einer Belastung von mehr als 25 Stunden pro Woche benötigen die Rasengräser zum Wachstum und zur Regeneration mindestens 25 g Rein-N/m²/Jahr.
Um eine gleichmäßige Nährstoffversorgung zu gewährleisten, sollte ein Sportplatz 4 bis 5 Mal pro Jahr mit einem entsprechendem Rasendünger gedüngt werden. Um auf den notwendigen N-Bedarf der Gräser zu kommen, sollten pro Einzelgabe 4-6 g Rein-N/m² gedüngt werden.
(Quelle)
25 g/m2 sind 250 kg/ha, also mehr, als was ein Hochleistungs-Kartoffelacker benötigt.
Benötigt Golfgrün auch so viel, sind aber 80% des Golfplatzes ungedüngte Flächen, dann fünftelt sich rechnerisch der Düngeaufwand pro Fläche und alles sieht sehr viel besser aus.
Das Beispiel zeigt, dass es nicht "trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast" heissen muss, sondern "Statistik ist richtiges Rechnen mit falschen Zahlen". Eine Berechnung nach "unser Gelände hat 76 ha und wir bringen pro Jahr 4.7 t Stickstoff im Dünger aus, also knapp 62 kg/ha - die meisten Landwirtwschaftebetriebe brauchen viel mehr" ist ja auch nicht falsch.
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Re: Golfareale hinsichtlich Düngeverbrauch und Pflegeaufwand

#6

Beitrag von Rohana » Fr 3. Mai 2024, 11:29

Wohin kommt eigentlich das Schnittgut vom Golfrasen?
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Re: Golfareale hinsichtlich Düngeverbrauch und Pflegeaufwand

#7

Beitrag von Amigo » Fr 3. Mai 2024, 18:42

Wenn die Mäher fast jeden Tag drüber fahren könnte man es ja liegen lassen . Glaube ich aber nicht wirklich. Da fährt wohl eher noch einmal der Staubsauger drüber.
.
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Re: Golfareale hinsichtlich Düngeverbrauch und Pflegeaufwand

#8

Beitrag von Tscharlie » Fr 3. Mai 2024, 19:03

Greeenkeeper haben NACH einer Berufsuasbildung eine 3jährige Ausbildung.

So einfach ist das wohl alles nicht.
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Re: Golfareale hinsichtlich Düngeverbrauch und Pflegeaufwand

#9

Beitrag von Rohana » Sa 4. Mai 2024, 14:04

Gehört ja noch n bissl mehr dazu als nur das Mähen. Sonst wäre ja jeder Gartenrasen nix anderes...
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

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