EGMR schränkt deutsches Jagdrecht ein

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andreas
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EGMR schränkt deutsches Jagdrecht ein

#1

Beitrag von andreas » Mi 27. Jun 2012, 15:52

Bahnbrechendes Urteil: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte schränkt deutsches Jagdrecht ein. :daumen:

Es besteht keine Zwangs-Mitgliedschaft mehr in der Jagdgenossenschaft

Hier der Artikel im Spiegel: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/e ... 41103.html

Manfred

Re: EGMR schränkt deutsches Jagdrecht ein

#2

Beitrag von Manfred » Mi 27. Jun 2012, 16:11

Bahnbrechend?
Eine Katastrophe! Jetzt können ein paar Spinner ganze Genossenschaftsjagen zerschlagen und die Nachbarn dürfen wegen der Wildschäden jedes Mal vor Gericht. Angeschossene Tiere müssen elend verrecken, weil keine Nachsuche mehr möglich sein wird etc. etc.

Das Urteil ist zwar nicht bindend für den Gesetzgeber, also wird sich erst mal nichts ändern.
Die Zwangsmitgliedschaft besteht natürlich so lange weiter, bis die Jagdgesetze geändert werden.

Früher oder später wird das Chaos aber losbrechen und eine Neuregelung erforderlich machen.
Ich gehe davon aus, dass dann der Gesetzgeber den Grundeigentümer zur Regulierung der Wildbestände verpflichten wird, was dieser nur umsetzen kann, wenn ers ich wieder der Jagdgenossenschaft anschließt oder selbst den Jagdschein macht und aktiv jagt.
Die Wildschäden auf den Nachbargrundstücken werden ganze Serien von Gerichtsverfahren auslösen.
Und eine Verpflichtung, Wildfolge durch die Grundnachbarn zuzulassen wird kommen müssen, was der Wildere Tür und Tor öffnet.

Es gab in der Sache in den letzten Jahren immer wieder Urteile, die alle andersrum ausgefallen sind.
Keine Ahnung, was die Richter geritten hat...

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Theo
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Re: EGMR schränkt deutsches Jagdrecht ein

#3

Beitrag von Theo » Mi 27. Jun 2012, 18:31

Manfred hat geschrieben:Bahnbrechend?
Eine Katastrophe!
Auch Katastrophen können bahnbrechend sein.
Gruß
Theo

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ahora
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Re: EGMR schränkt deutsches Jagdrecht ein

#4

Beitrag von ahora » Mi 27. Jun 2012, 19:02

das klingt ja nach anarchie und weltuntergang.

sonderlich angetan war ich damals nicht, als auf einmal einige, der von uns verhassten jäger, die den ganzen wald für sich beanspruchten, gerne mal rumballerten, wenn reiter des weges kamen, gerne mal hauskatzen abknallten, sich gerne selbstherrlich gaben, mir selbst mal einer ins gesicht sagte, er könne nicht immer ein wildschwein von einem reiter unterscheiden und die ganze bekannte sch...., ankam, und wollte, dass wir dieser <jagdgenossenschaft> beitreten mit unserem land. :grr: :grr: :grr:

wir haben es dann gemacht, weil wir ja auch die andere seite kennen, die die du geschildert hast, aber erfreut waren wir nicht.


lieber würde ich es sehen, wenn man der ballerei der mallorquiner einen riegel vorschieben würde. z.b. die jagdzeiten verkürzen würde. hier gibt es aber jetzt eine interessante entwicklung, ab einer bestimmten fincagröße kann man sein land als schutzgebiet ausweisen lassen, reicht das land nicht, kann man sich mit nachbarn zusammentun. man muß dann alle 100 m ein schild aufstellen, dass dieses land als schutzgebiet ausweißt - und ich habe solche schilder schon gesehen. :) in den ebenen gibt es nichts anderes zu jagen als diverse vögel und karnickel und hauskatzen :motz: hier gibt es keine rehe, keine hirsche, keine wildschweine, die man in schach halten müßte.

und ich habe die hoffnung, dass die übergewichtigen kinder, also der potentielle jägernachwuchs, lieber an der spielkonsole herumballert als bei regen und kälte in der wildnis.

sehen wir mal, wie sich das alles weiterentwickelt.

lg ahora

Benutzer 72 gelöscht

Re: EGMR schränkt deutsches Jagdrecht ein

#5

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Mi 27. Jun 2012, 21:13

hallo!

Zitat aus dem von andreas verlinkten Spiegel-Artikel:
Außerdem verstießen die Vorschriften gegen das Diskriminierungsverbot. Denn für Eigentümer von Grundstücken, die größer als 75 Hektar sind, bestehe keine Zwangsmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft.
Wieso das?
Gibt es diese ganzen von Manfred angesprochenen Probleme nicht "bei Großgrundbesitzern"?
Da versteh ich irgendwas nicht so ganz, sorry.

liebe Grüße!

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citty
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Re: EGMR schränkt deutsches Jagdrecht ein

#6

Beitrag von citty » Do 28. Jun 2012, 02:17

Hallo,

wieso sollen die Leute mehr wildern als vorher? Das Wild kommt doch so oder so auf's Grundstueck. Ich finde es gut, dass Jaeger nicht einfach auf Privatgrund rumknallen duerfen. Mein Vater wurde beinahe auf unserem eigenen Grundstueck erschossen, direkt neben ihm ist eine Kugel in einen Baumstamm eingeschlagen! Haette es dieses Gesetz damals schon gegeben waere das vermutlich nicht passiert.

Hier in Kanada darf man auch nur mit Erlaubnis des Eigentuemers auf Privatgrund jagen. Wenn mal ein Wildtier nur angeschossen wurde hat bestimmt keiner was dagegen wenn es auf Privatgrund den Fangschuss erhaelt.

LG Citty
Dr. Roger Liebi fan :)

Manfred

Re: EGMR schränkt deutsches Jagdrecht ein

#7

Beitrag von Manfred » Do 28. Jun 2012, 10:46

@ina:
Das gilt auch bei zusammenhängenden Flächen über 75 ha.
Solche Flächen können aber, wenn der Eigentümer es will, als Eigenjagdbezirk ausgewiesen werden. Sie bilden dann ein eigenes Jagdrevier und sind nicht mehr zwangsweise Mitglied in der örtlichen Jagdgenossenschaft.

@citty:
Herrmann (der Kläger) wie sein Anwalt sind beide extreme Jagdgegner. Die würden nie eine Nachsuchevereinbarung mit dem Reviernachbarn unterzeichnen und demzufolge dürfte der ein angeschossenes Tier auf deren Flächen nicht erlösen. Das wäre dann nämlich Jagdwilderei und er wäre seinen Jagdschein los. Der Jäger dürfte nicht mal mit seinem Nachsuchehund und seiner Waffe das Grundstück überqueren, wenn ein angeschossenes oder angefahrenes (ein großer Teil der Nachsuchen wird durch Verkehrsunfälle verursacht) Tier über diese Fläche flüchtet. Er müsste dann außenrum und versuchen auf der anderne Seite die Spur wieder zu finden. Selbst wenn das gelingt ist es durch den Zeitverlust Tierqualierei. Solche Geschichten müssten auf jeden Fall geregelt werden, um unnötiges Leid zu vermeiden.Erreiche mal Sonntag früh um 5 den Grundstückseigentümer und bitte ihn, auf seine Kosten einen Tierarzt zu beschaffen, der das verletzten Tier auf seinem Grundstück einschäfert oder es in die Tierklinik bringt. Das Tier liegt vermutlich bis Mittag da rum, bis mal wer erreicht ist und aufkreuzt...
Jäger dürfen benachbarte Jagdreviere nicht betreten, um verletzte Tiere zu verfolgen. In dem meisten Fällen haben die Reviere aber mit den Nachbarn entsprechend Verträge.
Da es leider auch unter Jägern schwarze Schafe (sprich Wilderer) gibt, würde ein generelle Erlaubnis diese fast unkontrollierbar machen. Wenn du den Verdacht hast, dass ein Nachbar bei dir wildert, könntest du ihn nicht mehr aussperren. Spricht wenn er mitten in deinem Reiver über dem gerade erlegten Reh steht sagt er einfach: Es war verletzt und ich habe es nur verfolgt um es zu erlösen.
Alles nicht so einfach, weil es halt überall menschelt.

Jetzt könnte man natürlich einfach das Genossenschaftssystem zerschlagen und die Gundeigentümer selbst die Jagd organisieren lassen.
Dann besteht aber die Gefahr, dass viele Grundeigentümer für ihre Miniflächen einen Jäger anheuern. Das wäre Wildbiologisch ganz übel, weil kein Management der Wildbestände mehr stattfinden würde. Es würde einfach drauf los geballert und alles geschossen, was die Nase raus steckt, wie das in einigen anderen Ländern heute noch üblich ist. Wildbestände kann man nur vernünftig bewirtschaften, wenn man die Reviergrößen der Tiere berücksichtigt. Dafür sind sogar viele der Genossenschaftsjagden zu klein und schließen sich deshalb zu Hegeringen für bestimmte Wildtierarten zusammen, die sich bei der Bejagung absprechen und Abschusspläne festlegen. Das funktioniert aber nicht, wenn mittendrin lauter 2 ha Kleinstreverie ihr eigens Süppchen kochen.

Die Fage ist halt wie umfangreich die Auswirkungen wirklich sind.
Habe mich gestern mal etws umgehört. In Luxemburg z.B. wurde die Zwangsmitgliedschaft auch zerschlagen.
Dort haben sich aber nur sehr wenige Leute gefunden, die ihre Flächen wirklich aus den Revieren genommen haben. Für die Bejagung der Restfläche stellen sie deshalb kein großes Problem dar. Einen Anspruch auf Wildschadenersatz haben sie natürlich nicht mehr. Was die Nachsucheproblematik angeht, habe ich noch keine Info gefunden.
In D ist das Problem umfangreicher, weil tierschutzfreundliche Stiftungen und Naturzschutzverbände viele 1000 ha Landeigentum haben, das ganze Reviere komplett zerschneidet.

Das Urteil mit ausführlicher Begründung wird wohl erst in einigen Wochen vorliegen. Bis dahin macht es eh keinen Sinn, sich den Kopf zu zerbrechen. Dann wird man prüfen müssen, was und warum die Richter wirklich aussagen wollten.

Die erste Begründung scheint jedenfalls sehr dürftig.
Wenn ich aus aus ethischen Gründen die Jagd ablehne, darf ich sie auf meinem Grund und Boden unterbinden, auch wenn ich eine Entschädigung durch die Jagdpachteinnahmen erhalte.
Wieso muss ich dann Steuern zahlen wenn ich aus ethischen Gründen den Krieg ablehne, mein Staat aber mit meinem Steuergeld Krieg auf mehreren Schauplätzen weltweit führt?
Und wenn ich eine zentralisierte Stromerzeugung aus ethischen Gründen ablehne, muss ich trotzdem Hochspannungs-Fernleitungen über meinem Grund und Boden zulassen?
Das ist doch ein Totschlagargument gegen jedewede Verpflichtung, mit seinem Gundeigentum der Allgemeinheit zu dienen.

In unserem Grundgesetzt in Artikel 14 Absatz 2 ausdrücklich: "(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen."

Aber wir scheinen schon so weit zu sein, dass unser Grundgesetz auf EU-Ebene einen Scheißdreck zählt.

Alba
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Re: EGMR schränkt deutsches Jagdrecht ein

#8

Beitrag von Alba » Do 28. Jun 2012, 13:37

Danke Manfred!

Ich finde es vor dem Hintergrund der geplanten Novelle in NRW mehr als bedenklich.
Dort wird auch dafür plädiert, dass Wildtiere bei einem Autounfall "natürlich" verenden....

Sicherlich kennt jeder ein Negativbeispiel für einen Jäger, aber die andere Seite ist auch nicht rosig.

Manfred

Re: EGMR schränkt deutsches Jagdrecht ein

#9

Beitrag von Manfred » Do 28. Jun 2012, 14:07

Alba hat geschrieben:Dort wird auch dafür plädiert, dass Wildtiere bei einem Autounfall "natürlich" verenden....
Was soll man dazu sagen. Da hilft nur, die Forderer nach dem nächsten Unfall auch der Selbstheilung oder dem natürlichen Verenden zu überlassen, damit sie mal ihre romantisierte Phantasie-"Natur" am eigenen Leib erleben.

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Re: EGMR schränkt deutsches Jagdrecht ein

#10

Beitrag von Theo » Do 28. Jun 2012, 18:13

Manfred hat geschrieben:Was soll man dazu sagen. Da hilft nur, die Forderer nach dem nächsten Unfall auch der Selbstheilung oder dem natürlichen Verenden zu überlassen, damit sie mal ihre romantisierte Phantasie-"Natur" am eigenen Leib erleben.
Einfach Dienst nach Vorschrift machen :kuuh:
Das Deppen-System geht an der eigenen Blödheit zugrunde, dabei kann man nur helfen.
Gruß
Theo

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